Eberhard Karls Universität Tübingen - 30.04.2015
Signal zur Einleitung der Schädlingsabwehr ist in Pflanzen doppelt gesichert
Tübinger Forschergruppe entdeckt ein bei Pflanzen bisher unbekanntes Signalmolekül und klärt seine Funktion bei der Immunantwort auf
Wird eine Pflanze von Fressfeinden wie zum Beispiel Schmetterlingsraupen angegriffen oder von Pilzen, die ihr absterbendes Gewebe verdauen, so schaltet sich ihre Immunabwehr ein. Die Pflanze bildet nach der Verwundung eine aktive Form des Hormons Jasmonsäure, die für die Freisetzung von Hemm- und Abwehrstoffen sorgt. Diese sollen die Schädlinge vom Fressen abhalten oder ihre Entwicklung negativ beeinflussen. Nun hat eine internationale Forschergruppe um Dr. Gabriel Schaaf vom Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) der Universität Tübingen herausgefunden, dass aktive Jasmonsäure allein nicht tätig werden kann. Sie benötigt bei der Schädlingsabwehr eine Substanz aus der Gruppe der Inositolpyrophosphate als Partner. Die Forscher haben den molekularen Mechanismus des Zusammenwirkens der Signalstoffe aufgeklärt. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich vom Fachjournal Plant Cell vorab online veröffentlicht.
Die Inositolpyrophosphate waren bis vor kurzem nur aus den einzelligen
Amöben, tierischen Zellen und Hefen bekannt. Sie greifen dort in
Funktionen wie Alterungsprozesse und den programmierten Zelltod zur
geregelten Entsorgung alter oder schadhafter Zellen ein, regulieren aber
auch den Membranfluss in der Zelle. Den Tübinger Forschern ist es
gelungen, diese Stoffe in der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), die
häufig in der Pflanzenforschung eingesetzt wird, nachzuweisen und deren
Biosynthese aufzudecken. Durch Kombination biochemischer, struktureller
und molekularbiologischer Methoden konnten die Forscher darüber hinaus den
Wirkmechanismus von Inositolpyrophosphaten aufklären: Die Pflanze bildet
nach einer Verwundung aktive Jasmonsäure, die an einen sogenannten
F-Box-Proteinkomplex bindet. "Dieser gibt das Signal zur Einleitung von
Abwehrmaßnahmen jedoch nur weiter, wenn gleichzeitig Inositolpyrophosphat
gebunden wird", erklärt Gabriel Schaaf. Die Regelung des Doppelsignals sei
kein unnötiger Umstand, sondern eine sinnvolle Absicherung: "Dadurch wird
verhindert, dass die Pflanze vorschnell Abwehrreaktionen auslöst. Denn
dies kann das Pflanzenwachstum erheblich beeinträchtigen", führt Debabrata
Laha, Doktorand am ZMBP und Erstautor der Studie, aus, "da Pflanzen mit
anderen Pflanzen im ständigen Konkurrenzkampf um Licht und Nährstoffe
stehen, muss sorgfältig abgewogen werden, ob und in welchem Ausmaß solche
Abwehrrektionen ausgelöst werden."
Die Aufklärung des molekularen Mechanismus bei der Pflanze könnte auch Hinweise für die Funkti-on von Inositolpyrophosphaten bei Mensch und Tier geben. "Auch wir Menschen besitzen zahlreiche F-Box-Proteine von zum Teil erheblicher medizinischer Relevanz, deren Funktionsweise nicht vollständig geklärt ist und für die eine Beteiligung von Inositolpyrophosphaten diskutiert wurde", sagt Gabriel Schaaf.
Publikation:
Laha D, Johnen P, Azevedo C, Dynowski M, Weiß M, Capolicchio S, Mao H,
Iveng T, Steenbergen M, Freyer M, Gaugler P, de Campos MKF, Zhen N,
Feussner I, Jessen HJ, Van Wees SC, Saiardi A, and Schaaf G (2015):
VIH2 Regulates the Synthesis of Inositol Pyrophosphate InsP8 and
Jasmo-nate-Dependent Defenses in Arabidopsis.
Plant Cell, doi:10.1105/tpc.114.135160
[Epub ahead of print]
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Eberhard Karls Universität Tübingen, Dr. Karl Guido Rijkhoek, 30.04.2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Mai 2015
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