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KOMMENTAR/088: Nanofood (2) - "Asbest" à la carte (SB)


Die Zukunft: Buckys, Tubes und Nanomüll in den Adern

... und keiner merkt's:


Appetitlich, haltbar und wohlschmeckend sollen die Produkte sein. Ungeahnte Möglichkeiten bietet dabei die Verwendung von Nanopartikeln. Doch aussagekräftige Studien gibt es nicht. Experten sehen unkalkulierbare Gefahren. (24. Januar 2008, Welt, Deutsche und europäische Experten warnen vor Nanopartikeln im Essen)

Es ist schon erschreckend, dass es bis vor wenigen Jahren auf einem Forschungsgebiet, das 12.000 Zitate pro Jahr vorweisen kann, weder Modelle zur Risikobewertung noch toxikologische Studien zu synthetischen Nanomaterialien gab.
(16. August 2006 Vorabdruck, Teil 2. Die Joghurt-Lüge)

Die Gefährlichkeit von Nanopartikeln läßt sich inzwischen kaum noch verschleiern, denn das, was man in der Allgemeinen Chemie an den mikrosopisch kleinen Strukturen und ihrer dadurch extrem vergrößerten Oberfläche so schätzt, ihre ungewöhnliche und fast chaotisch zu nennende Reaktivität mit allem und jedem, sollte nach normalen Ermessen des menschlichen Verstands nichts in einem lebendigen Organismus zu suchen haben. Gerade die künstlich gesteigerte Reaktionsfreudigkeit der oberflächenaktiven Substanzen, die etwa so klein wie Proteine sind, so daß sie mühelos in jede Körperzelle dringen könnten, bereitet verantwortungsbewußten Forschern Kopfschmerzen. Dagegen sprechen diejenigen, die in der neuen Technologie einen noch endlos freien Markt und das große Geld wittern, trotz dieser Risiken bestenfalls von homöopatischen Größenordnungen, die man vernachlässigen könne...

Zunächst läßt sich die potentielle Gefährdung, die speziell von Nanomaterialien in Lebensmitteln ausgeht, nicht verallgemeinern, da unter den harmlosen Begriff Nano (von griech. nannos = Zwerg) eine Vielzahl von unterschiedlichen Materialien fällt, die alle nur eins gemein haben, daß sie mindestens 500mal kleiner als der Durchmesser eines Haares sind (die Vorsilbe "nano" heißt "ein Milliardstel").

Vertreter dieser molekularen Größe lassen sich nicht mehr mit einem Lichtmikroskop ansehen und deshalb beruhen alle weiteren Hypothesen über ihr mögliches Verhalten letztlich auf der Messung elektronischer Spannungsunterschiede und den daraus abgeleiteten meist verharmlosenden Interpretationen.

Um aussagekräftigere Hinweise auf ihre Toxizität zu erlangen, muß man zu unpopulären Tierversuchen greifen. Ergebnisse von Labormäusen lassen sich allerdings ebensowenig wie Reagenzglasversuche an Zellgeweben direkt auf den Menschen übertragen. Langzeitschäden oder schleichende Vergiftungen werden sich deshalb höchstwahrscheinlich erst beim regulären Gebrauch der fraglichen Artikel erweisen, und dann ist es zum Umdenken längst zu spät, zumal, wenn es keine Alternativen für die neuinstallierten Produkte gibt.

Bisher gingen wirtschaftliche Nano-Interessengruppen von der mit Hoffnung gepaarten Erfahrung aus, daß winzige Spuren eines Stoffes normalerweise überhaupt nicht schädlich sind. Dabei sind es in der Welt des Mikrokosmos gerade die winzigsten Organismen (z.B. Viren), die oft am gefährlichsten und heimtückischsten sind.

Das scheint sich nun auch für Nanomaterialien zu bestätigen: Sie sind nicht nur kleiner, sie können darüber hinaus noch andere Eigenschaften annehmen als die gleichen Stoffe in Makroform. Scheinbar ungiftige Stoffe (Sand oder Kohlenstoff) zeigen in Form von Nanostrukturen plötzlich toxische oder sogar explosive Wirkungen (man denke nur an die berüchtigten Staubexplosionen). Nanoröhrchen aus Kohlenstoff lassen sich beispielsweise schon durch einen Photoblitz entzünden. Das mußten Wissenschaftler erfahren, die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit photographieren wollten.

Auch US-Forscherin Eva Oberdörster machte schon vor Jahren darauf aufmerksam, daß ...

...Buckyballs, das sind synthetische Kohlenstoff-Nanostrukturen, zumindest bei zwei Lebewesen nachhaltige Auswirkungen auf deren Gesundheit hatten: Wasserflöhe sind bei der Berührung mit den kleinen Kohlenstoffpartikeln gestorben, bei Fischen kam es zu Gehirnstörungen, berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist.
(pressetext.de, 30. März 2004)

Die zweite Hoffnung der Nanochemie und -Industrie war, daß der Eintrag dieser winzigen Teilchen in die Umwelt unwesentlich und ungefährlich sein würde. Deshalb wurde zunächst auch gar nicht danach gesucht.

Selbst auf der jüngsten NanoEco-Umwelttagung zum Thema "Wie verhalten sich Nanopartikel in der Umwelt?", die auf dem Monte Verità ("dem Berg der Wahrheit") bei Ascona, Schweiz, mit über 100 Wissenschaftlern aus aller Welt stattfand, zog man immer noch die Augenwischerei schlichten Fakten vor. Unter anderem wurden von Forschern der Empa (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt), die Stofflüsse sowie die Umweltverteilung verschiedener Nanopartikel allein mit Hilfe von Modellrechnungen "abgeschätzt". Kein Wunder, daß dabei nichts anderes herauskam, als man immer schon vermutet hatte. Fazit dieser vermeintlichen Studie, die vor kurzem in der Zeitschrift "Environmental Science & Technology" veröffentlicht wurde, und über die "Nature Nanotechnology" in ihrer Juni-Ausgabe berichtet:

Je nach Art der Partikel und ihrer Verwendung sind vor allem kleinere Fliessgewässer mit hohem Abwassereintrag betroffen; in Luft und Boden werden von den in der Studie untersuchten Nanopartikeln dagegen nur geringe Mengen vorausgesagt.
(idw, 14. Mai 2008)

Dabei wurde nur einen Tag zuvor in der gleichen Quelle im Rahmen des Verbundprojekts "Bioneers" unter Federführung der Universitäts-HNO- Klinik Mainz praktisch das Gegenteil veröffentlicht:

Viele Nanoteilchen - etwa in Sprays oder im Feinstaub - verbreiten sich hauptsächlich über die Luft und könnten über die Epithelzellen, die die Atemwege auskleiden, aufgenommen werden und letztendlich in den Blutkreislauf gelangen.
(idw, 13. Mai 2008)

Denn Stäube oder Partikelabrieb, die sich zwangsläufig in der Atmosphäre verteilen und auch bei der Produktion von Nanomaterialien entstehen, lassen sich nicht einfach wegbehaupten.

Konkrete Hinweise und Ergebnisse sind kaum noch zu übersehen. So soll es dem Eawag-Forscher Ralf Kägi und seinen Kollegen im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit der Empa zur Untersuchung des Auswaschverhaltens von Nanopartikeln aus Gebäudematerialien gelungen sein, erstmals synthetische Titandioxid-Nanopartikel (TiO2) in einer Wasserprobe aus einem Schweizer Fluß nachzuweisen. TiO2 kommt beispielsweise in "selbstreinigenden" Anstrichen zum Einsatz, aber auch als UV-Schutz in Kosmetika. Die TiO2-Partikel werden vermutlich aus den Hausfassaden ausgewaschen - im Fassadenablauf sind sie in relativ hohen Mengen zu finden - und gelangen über die Kanalisation in die Oberflächengewässer, wo sie stark verdünnt werden und daher recht schwierig nachzuweisen sind. Daß es sich bei den TiO2-Partikeln in diesem Fall um künstlich hergestelltes Material handelte (TiO2 kommt auch natürlicherweise in Böden vor), belegte ihre Größe und gleichmäßig sphärische Morphologie, die die Forscher mit Hilfe eines Transmissionselektronenmikroskops erkennen konnten. Künstliches und vor allem nanoskaliertes Titanoxid wird aber auch zunehmend in Lebensmitteln eingesetzt. So ist in KOMMENTAR/086 u.a. von Titandioxidpartikeln die Rede, die Schokoladenoberflächen vor der sogenannten "Patina" bewahren. Der US-amerikanische Nahrungsmittelkonzern Mars hat hierauf ein Patent angemeldet. Darüber hinaus wird der allgemein als harmlos geltende Stoff derzeit noch unüberprüft und ungefiltert mit Hausmüll oder Abwasser entsorgt.

Gerade Titanoxid-Nanopartikel konnten die Wissenschaftler des GSF- Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg bei München bereits davon überzeugen, daß nanoskalierte Feststoffe ganz allgemein gefährlich sein müssen:

Ein Versuch - wiederum mit Ratten - bestätigt diese Annahme: Das darin verwendete Titandioxid löste nach einer zweijährigen Verabreichung Lungenkrebs aus.
(16. August 2006 Vorabdruck, Teil 2. Die Joghurt-Lüge)

Das bestätigt auch Paul Borm von der Zuyd-Universität in Heerlen (Niederlande):

Versuche mit Titandioxid hätten gezeigt, dass 20 Nanometer große Teilchen bei Ratten zu Entzündungen in der Lunge führen, größere Partikel dagegen nicht.
(www.welt.de/wissenschaft/article1580343.html, 22. Januar 2008)

Das ist allerdings nicht neu. Schon 2003 hatten Forscher festgestellt, daß Nanostrukturen Lungenfunktionsstörungen bei Mäusen auslösen, wenn sie eingeatmet werden. Doch schon ein Jahr danach hörte man wieder beschwichtigende Töne von Chemieprofessorin Vicci Colwin, die an der Rice-University in Houston, Texas, an möglichen negativen Auswirkungen der Nanotechnologie in einem kleinen, interdisziplinär arbeitenden Team forscht:

Im Gegensatz zu Dieselruß, neigen die künstlichen Nanoteilchen im Körper dazu, zu größeren Partikeln zusammenzuklumpen. Sie agieren in der Lunge also nicht mehr als einzelne Partikel. Dadurch geht der Körper anders mit ihnen um. Auf die Nanoröhrchen z.B. reagiert er nicht mit einer Entzündung wie er das etwa bei Asbestfasern tut, sondern das Immunsystem kapselt den Fremdkörper ein, zu einem sogenannten Granulom. Das schützt den Organismus vor einem Stoff, mit dem er lieber nichts zu tun haben möchte.
(Deutschlandfunk 19. Januar 2004)

Für die wissenschaftliche Bestätigung dieser Mutmaßungen gab es nie die nötigen Untersuchungen. Tatsächlich ist z.B. die Wirkung von Rußpartikeln, die ebenso wie Nanoteilchen aus Kohlenstoff bestehen und teilweise ebenfalls im Nanomaßstab vorkommen, nachweislich krebserzeugend.

Der Toxikologe Günter Oberdörster von der Universität Rochester (US- Staat New York) wies ebenfalls schon vor Jahren nach, daß Nanopartikel im Körper Entzündungen hervorrufen können. Werden die Teilchen mit dem Essen aufgenommen, können sie über die Darmwand ins Blut gelangen. Dieses transportiere die Partikel zu den Organen, auch die Blut-Hirn- Schranke wird dabei passiert. Was dort geschieht, läßt nur Schlimmes vermuten.

Überall im Körper können sich die kleinen, aber überaus stabilen und nadelspitzen Nanoröhrchen durchaus in Zellen bohren, woraufhin die betroffene aus dem Gleichgewicht gerät und womöglich zur Krebszelle mutiert. Speziell die meistbenötigten Nanoröhrchen haben eine Größe, um die sich die Doppelhelixstruktur der DNA, d.h. eine der wichtigsten chemischen Strukturen im Erbmaterial der Zelle, bequem wickeln läßt und - wie sich in einer wissenschaftlichen Arbeit vor kurzem herausstellte - dies offenbar auch ganz von selbst. Dresdner Forscher nutzen dieses Prinzip, indem sie einzelne DNA-Stränge als Werkzeug zum Sortieren von Kohlenstoff-Nanoröhrchen einsetzen:

Wissenschaftler der TUD griffen die Idee auf, DNA-Ketten zur Aussonderung von Nanoröhrchen aus dem unlöslichen Gemisch zu nutzen. Die Größenordnung der offenen DNA-Wendeltreppe passt ideal für Röhrchen mit einem Durchmesser von 0,3 bis 0,4 Nanometer (ein Millionstel Millimeter). Gibt man aus Bakterien gewonnene oder synthetische DNA-Ketten in das vorher kräftig geschüttelte Gemisch von Nano-Röhren, so legen sich die DNA-Ketten wie Spiralen ganz gezielt nur um passende Röhren.
(idw, Forschungszentrum Dresden, 15. Januar 2008)

Die Vorstellung, daß Nanoröhrchen gewissermaßen als winzig kleine Löffel im Erbgut rühren könnten, läßt sich vor diesem Szenario kaum verdrängen.

Zwar behauptete Colwin bislang, das Gewebe reagiere auf das Eindringen von Nanomaterial mit einer Verkapselung, die dem weiteren Vordringen entgegenwirkt. Von Asbestfasern wissen wir aber, daß manchmal auch schon das Eindringen ins Gewebe (z.B. Lungengewebe beim Einatmen) ausreicht, d.h. letztlich die veränderten Druckverhältnisse vor Ort, um eine Krebsentwicklung einzuleiten.

Auch wird von manchen Kritikern allein durch das mechanische Durchdringen der Zellmembran als elektrochemische Barriere des Systems eine Art Kurzschluß erwartet, der ebenfalls krebsstimulierend gewertet wird.

Colwins Behauptungen wurden allerdings auch noch im gleichen Jahr durch Tierexperimente mit Fischen und Wasserflöhen widerlegt: Ein Bericht von der Southern Methodist University in Dallas konnte zeigen, daß Nanopartikel für die Umwelt doch eine ernstzunehmende Gefahr darstellen. Bei den Fischen kam es zu Gehirnstörungen durch die Hirnkrankheit "Lipid-Peroxidation", ein Zustand, der der Alzheimer Erkrankung ähnlich ist.

Die wohl beunruhigendsten Ergebnisse einer langjährigen Forschung wurden jedoch erst in den letzten Tagen publik. Sie liefern auch für die schlimmsten Befürchtungen den noch ausstehenden wissenschaftlichen Nachweis:

... Die kleinen Partikel sehen nicht nur so aus wie Asbest. Sie sollen sich laut einer in "Nature Nanotechnology" jetzt veröffentlichten Studie auch genauso verhalten, wenn sie in entsprechenden Mengen eingeatmet werden.
(Global Press 21. Mai 2008)

Daß dies auch allgemein für das Eindringen von Nanowerkstoffen in den menschlichen Körper gelten kann, ging aus der näheren Beschreibung der Versuche hervor.

Die britisch-amerikanische Forschergruppe interessierte sich für die Wirkungen von Nanoröhrchen aus Kohlenstoff. Diese erst 1991 entdeckten, dünnwandigen Gebilde gelten als besonders vielseitig. Die extrem stabilen Röhrchen werden teilweise schon jetzt zur Beschichtung von Oberflächen, Festplatten oder zur Herstellung von Klebstoffen und Wärmeleitpasten eingesetzt. Da sie leicht und zugleich robust sind, werden sie außerdem Verbundmaterialien zugesetzt, aus denen etwa Autokarossen, Fahrradrahmen, Tennis- oder Golfschläger hergestellt werden. Aber auch in Arznei- und Lebensmitteln liegt ihre Zukunft:

In einer Studie des interdisziplinären Forschungs- und Dialogprojekts "Conano - Comparative Challenge of Nanomaterials", das die möglichst frühzeitige und offene sachliche Auseinandersetzung über Chancen und Risiken der Nanotechnologie an konkreten Produktbeispielen anstrebt, werden nanoskalierte Kohlenstoffstrukturen wie die fußballähnlichen C-60 Moleküle oder Nanoröhrchen durchaus als Transportvehikel für winzige Chemikalienmengen in kosmetischen Artikeln oder Pharmazeutika diskutiert. Von der pharmazeutischen Nutzung bis zur Anwendung in Lebensmitteln ist nur ein kleiner Schritt.

Tatsächlich haben die langgestreckten Nanoröhrchen mit ihrer faserähnlichen Gestalt sehr viel mehr mit Asbest gemein als man bisher glaubte. Donaldson und seine Kollegen von der Universität Manchester und vom Woodrow Wilson Center in Washington traten hierfür den direkten Vergleich an. Die Wirkung der Nanoröhrchen wurde an Mäusen überprüft:

Um das Eindringen über die Atemwege zu simulieren, injizierten sie den Nagetieren unterschiedliche Proben in die Bauchhöhle: einmal kurze Nanoröhrchen, etwa fünf Mikrometer (tausendstel Millimeter) lang, dann 20 Mikrometer lange Nanoröhrchen, zudem kurze und lange Asbestfasern sowie klumpenförmigen Kohlenstoff. "Das Ergebnis ist eindeutig", sagt Donaldson. "Lange, dünne Nanoröhrchen zeigen dieselben Effekte wie dünne Asbestfasern."
(Tagesspiegel 22. Mai 2008)

Es kam zu Entzündungen am Mesothelium, dem Gewebe, das die Lungen und andere Körperorgane umhüllt. Zudem entstanden kleine Knötchen, Granulome, die zu Tumoren führen können. Bei kurzen Fasern traten dagegen nur bei einer Maus Entzündungen auf.

Wie Donaldson betonte, wurde noch kein Fall von Krebs nachgewiesen. Von Asbestfasern ist allerdings bekannt, daß sich die beschriebenen Granulome noch nach Jahrzehnten zu Krebsgeschwulsten entwickeln können. Donaldson will sich aber selbst angesichts dieser Brisanz noch nicht festlegen. Um die Risiken ganz abschätzen zu können, bedürfe es noch weiterer Details:

"Wir wissen nicht, ob die Nanofasern überhaupt in die Luft gelangen und eingeatmet werden", sagte der britische Forscher. Zudem sei unklar, ob die Fasern sich von der Lunge in das Außengewebe durcharbeiten könnten. Geschähe das allerdings, dann könnten die Betroffenen Tumoren entwickeln - vielleicht erst Jahrzehnte später. Donaldson appellierte an die Regierung, die Gefahr ernst zu nehmen und die Menschen vor der Exposition mit Nanopartikeln zu schützen.
(Tagesspiegel 22. Mai 2008)

Auch das deutsche Projekt "INOS", das hierzulande die Gesundheits- und Umweltrisiken von Nanomaterial bewerten soll, mußte diese Ergebnisse bestätigen:

Diese Ergebnisse decken sich etwa mit den Fakten, die wir über die Risiken der Nanopartikel kennen", sagt Volkmar Richter.
(Tagesspiegel 22. Mai 2008)

Der Physiker vom Fraunhofer-Institut (FHI) arbeitet für dieses Projekt. Auch er sucht die harten Fakten zu beschönigen, indem er darauf verweist, daß nur starre und spitze Nanoröhrchen riskant wären und es noch gar nicht erwiesen sei, ob die Teilchen unter realen Bedingungen überhaupt in die Lunge gelangen könnten. Dabei läßt sich ein Eindringen der Röhrchen ins Blut, das bekanntlich immer wieder die Lunge passiert, nicht ausschließen.

Sollten sich die Ergebnisse der aktuellen Studie bestätigen, dürften Feststoffe aus Nanomaterialien ebenso wie Asbestplatten zunächst nicht mehr gebohrt oder gesägt werden, um Stäube zu vermeiden.

Der Materialwissenschaftler Richter sieht darin jedoch kein Problem, man müsse dann eben auf weniger spitze und kurze, also ungefährliche, Nanofasern ausweichen.

Dagegen endete ein Bericht der Sendung Forschung aktuell zum gleichen Thema doch etwas ungeschminkter. Darin kam Andrew Maynard, ein Experte für Nanotechnologie beim Woodrow Wilson International Center in der US- Hauptstadt Washington zu Wort:

Wir dürfen annehmen, dass es Arbeitsplätze gibt, an denen man den Nanoröhrchen ausgesetzt ist und sie einatmet. Die Folgen könnten so gravierend sein, dass man die Sache auf jeden Fall genauer überprüfen sollte. Und dann ist auch noch die Frage: Was passiert mit den Nanoröhrchen, wenn die Produkte später einmal verschrottet werden und auf dem Müll landen? Werden sie dann vielleicht frei? Auch das müssen wir abklären.
(DLF, 21. Mai 2008)

Laut Maynard könne man heute sogar schon Nanoröhrchen über das Internet bestellen, und damit nach Belieben experimentieren. Oft werde das Material als "synthetischer Graphit" bezeichnet. Von einem Risiko beim Einatmen sei keine Rede, und auch nicht davon, wie man es umweltfreundlich entsorgt...

Über Wasser, Luft oder Nahrung läßt sich inzwischen eine unwissentliche Kontamination mit Nanomaterialien wie auch die unabsichtliche Einnahme dieser Stoffe, die selbst in der vermeintlich als harmlos eingeschätzten Form zwangsläufig in Blutbahn und Körperzellen gelangen und dort ihr Unwesen treiben können, wohl kaum noch ausschließen.

29. Mai 2008