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LABOR/057: Weiße Weihnacht garantiert


SCHABERNACK UND EXPERIMENTE FÜR HOBBYALCHIMISTEN - Kunstschnee

Weiße Weihnacht garantiert

Pulverschnee vom Feinsten


Daß ein flockenweißes Weihnachtsfest allein von dem geneigten oder auch schlecht gelaunten Wettergott abhängig sei, ist nun schon lange "Schnee von gestern". Überall da, wo das Wetter oder die klimatischen Gegebenheiten nicht hinreichen oder auch nur im Innern von Kaufhäusern und Schaufenstern werden schon seit Jahrzehnten Schneeimitate für die Weihnachtskulisse eingesetzt. Feingebröseltem Styropor und Wattebäuschchen sieht man allerdings die Dekoration schon von Ferne an, Fälschungen sind nun einmal nicht mit echtem Schnee zu vergleichen, oder doch?

Ein zeitgemäßer Alchimist hat damit keine Probleme und schafft einen Schneezauber, der dem echten in nichts nachsteht und ihn vielleicht noch in seiner funkelnden Schönheit übertrifft.

So gibt es nicht von ungefähr in diesen Tagen fast überall die berühmten kleinen Spraydosen mit klebrigen, glitzernden Schnee zu kaufen, der so gut an Fensterscheiben und Tannenbäumen haftet, daß sie aussehen wie frisch eingeschneit.

Allerdings ist die darin verwendete Chemie nicht nur gesundheitsschädlich, bei den Treibgasen, mit denen die weiße Masse in zarten Flocken aus der Dose aufgeschäumt werden, handelt es sich nämlich um jene Umweltgifte, die nicht nur für eine weitere Erwärmung des Klimas, sondern auch direkt für einen Abbau der hilfreichen Ozonschicht in der Stratosphäre sorgen. D.h. mit dem Druck auf die Dose tragen wir quasi dazu bei, daß es auch im nächsten Jahr keine weißen Weihnachten gibt, weil sich das Klima langsam immer weiter aufheizt und durch die ausgedünnte Ozonschicht UV-Licht und andere für unseren Organismus ungewohnte und ungesunde kosmische Strahlen in die Atmosphäre eindringen. Diese können, sofern sie reflektiert werden, wiederum in Wärme umgewandelt werden. Schlimmer ist jedoch ihre schädigende Wirkung auf Zellkerne, so daß beispielsweise seit Beginn dieser Entwicklung die Hautkrebsstatistiken weltweit dramatisch angestiegen sind.

Kurz und gut, läßt sich unbedenklicher Kunstschnee, der verblüffend authentisch wirkt, auch mit einfachen Mitteln selbst anfertigen, ohne daß man Umwelt oder Gesundheit belasten müßte.


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Dafür benötigen wir folgenden Zutaten:

* 50 g weißes Dextrin (Künstlerbedarf)
* 50 ml lauwarmes Wasser
* 10 g Titandioxid
* 10 g feinstes Glimmerpulver (Bastelbedarf)

* Ein kleiner Kochtopf


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Und so wird's gemacht:

Dextrin wird mit 50 ml lauwarmem Wasser zu einem zähen Kleister klümpchenfrei verrührt. Die Konsistenz ist dann richtig, wenn die Substanz fast nicht mehr vom Löffel tropft. Anschließend gibt man 10 g Titandioxid hinzu.

Letzteres gilt als völlig ungiftig und ist sogar als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. Zuletzt wird das Glimmerpulver untergerührt. Die Glimmerplättchen reflektieren das Licht sehr intensiv und verstärken bei entsprechender Beleuchtung den Eindruck von frischem Schnee.

Den fertigen Kunstschnee kurz eindicken lassen und mit einem Pinsel auf die Zweige des Weihnachtsbaums bzw. des zu dekorierenden Gegenstands auftupfen. Zu glitzern beginnt der Schnee nach etwa 3 Stunden Trocknungszeit.


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Was noch zu den Inhaltstoffen zu sagen wäre:

Titandioxid

Titandioxid ist ein äußerst begehrter Rohstoff für alle Arten von Pigmenten, und zwar nicht nur für Lebensmittel, sondern auch für kosmetische Zwecke und vor allem bei den Herstellern von Anstrichfarben. Es besitzt nämlich eine ausgezeichnete Deckkraft, wenn es zu feinem Pulver gemahlen und in einem Farbträger eingebettet ist. Selbst in Kunststoffen sorgt es für blütenweiße Flächen.

Im Gegensatz zum früher verwendeten Bleiweißpigment ist Titandioxid selbst tatsächlich völlig ungiftig. Sogar in Medikamenten z.B. im Mantel von Filmdragees ist es zugelassen. Auch Zuckerüberzüge von Torten und Dragees werden oft mit Titandioxid zusätzlich geweißt.

Gewonnen wird Titan aus Titanerz (Ilminit). Die Metamorphose vom tiefschwarzen Titan-Erz (Ilminit) zum weißen Titanoxid ist an sich schon recht verblüffend.

Der einzige Haken an diesem ansonsten so vorteilhaften Rohstoff liegt in seiner Herstellungsmethode begründet. Die bei der Produktion anfallende sogenannte Dünnsäure wurde lange Zeit und in manchen Ländern immer noch im Meer "verklappt". D.h., sie wurde auch hierzulande mit Spezialschiffen einfach in die Nordsee gekippt. Seit dieses Verfahren jedoch verboten wurde, hat die deutsche Herstellerfirma inzwischen offenbar ein Verfahren entwickelt, bei dem, wie sie verbindlich erklärte, diese schädliche Dünnsäure nicht mehr anfällt. Leider gibt es aber immer noch ausländische Firmen, die ihre giftige Brühe weiterhin ungehindert ins Meer laufen lassen.

Titan ist allerdings auch als Metall begehrt, weil es fast so fest wie Stahl, aber leichter als Aluminium ist. Kein Wunder, daß es in der Flugzeug- und Weltraumtechnologie nicht mehr wegzudenken ist. So läßt sich Titan, vom Lippenstift bis zum Metallgehäuse, kaum mehr aus unserem Alltag entfernen. Ob es sich allerdings angesichts befürchteter Engpässe gerade im Bereich der Bodenschätze rechtfertigen läßt, wertvolle Metalloxide als Dekorationsmaterial in weißen Schnee zu verpulvern, bleibt eine offene Frage.

23. Dezember 2005