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UMWELTLABOR/265: Pyrrolizidinalkaloide (3) Das Kreuz mit dem Kraut (SB)


Die Medien-Mär von der wuchernden Killerpflanze Jakobskreuzkraut


Wie es sich inzwischen darstellt, geht die neu geschürte Furcht vor gefährlichen Giftpflanzen, die sich ungezügelt ausbreiten, auf eine Pressemitteilung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Sommer 2009 zurück, die der Informationsdienst Wissenschaft verbreitete und die u.a. auch im Schattenblick veröffentlicht wurde. Sie enthielt unter dem Titel "gefährliche Giftpflanze auf dem Vormarsch" den folgenden beunruhigenden Wortlaut:

In der Tigray-Region in Nord-Äthiopien sind in den vergangenen Jahren mehr als 300 Menschen an einer rätselhaften Vergiftung gestorben. Dank der Hilfe eines Pharmazeuten der Universität Bonn ist es inzwischen gelungen, den Verursacher zu identifizieren: Es handelt es sich um eine Pflanze, deren Inhaltstoffe die Leber nachhaltig schädigen können. In Deutschland ist momentan eine verwandte Art auf dem Vormarsch, das so genannte Jakobskreuzkraut. Es soll hierzulande für den Tod etlicher Pferde verantwortlich sein. [...]

In Baden-Württemberg gibt es inzwischen einen ersten Todesfall beim Menschen. Dort hat eine Frau während der Schwangerschaft große Mengen eines Gesundheitstees getrunken, der eine Pflanze mit Pyrrolizidinalkaloiden enthielt. Dadurch wurde die Leber des Fötus so sehr geschädigt, dass das Kind kurz nach der Geburt verstarb. Momentan wird am Pharmazeutischen Institut untersucht, ob diese toxischen Stoffe in die Nahrungsmittelkette gelangen können. Es mehren sich die Hinweise, dass das Toxin möglicherweise in die Milch von Kühen übergehen kann, die Jakobskreuzkraut gefressen haben. Durch Bienen kann es zudem in Honig gelangen; dort wurde es bereits nachgewiesen. (Schattenblick -> INFOPOOL -> UMWELT -> FAKTEN
FORSCHUNG/552: Gefährliche Giftpflanze auf dem Vormarsch
(idw))

Dies wurde von zahlreichen Medien (darunter maßgebende Fernsehsender, Zeitungen und Nachrichtenmagazine wie n-tv, Focus Online, ZEIT ONLINE, General-Anzeiger-Bonn, Ruhr Nachrichten, ADHOC-Pressedienst, Halterner Zeitung, Handelsblatt, aber auch Fachmagazine wie die Chemie-Nachrichten Online, www.organische-chemie.ch/chemie/2009mai/jakobskreuzkraut.shtm) wortwörtlich übernommen, ohne die Vorfälle näher zu hinterfragen oder genauere Daten bzw. Quellen anzugeben.

Zunächst ist der bedeutungsschwere Begriff "Giftplanze" eine Übertreibung. So muß sogar der Arbeitskreis Kreuzkraut, der sich die Bekämpfung dieser Pflanzenart auf die Fahnen geschrieben hat und diese Kategorisierung unbedingt begrüßen würde, auf seiner eigenen Webseite zugeben:

Jakobskreuzkraut u.a. Kreuzkrautarten sind, obwohl von der WHO als stark leberschädigend, embryonen- und erbgutschädigend sowie krebserregend eingestuft, nicht in der Deutschen Giftpflanzendatenbank als giftige Pflanze benannt.
(aus Humangefährdung, Arbeitskreis Kreuzkraut e.V.: www.jacobskreuzkraut.de/humangefaehrdung.htm)

Das hängt damit zusammen, daß nach der Einnahme von Pyrrolizidinalkaloiden (von denen es eine erhebliche Anzahl unterschiedlicher Varianten gibt) selbst in hoher Dosierung keine akuten Vergiftungssymptome auftreten, sondern wie bei vielen anderen Alkaloiden erst ihre Entgiftung (d.h. ihr metabolischer Abbau) über die Leber allmählich zu einer gesundheitlich einschränkenden Leberschädigung und unter Umständen auch zum Tod führen soll, so daß laut dem Akademischen Direktor des Pharmazeutischen Instituts der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Dr. Helmut Wiedenfeld, der seit Jahrzehnten an pyrrolizidinalkaloidhaltigen Pflanzen forscht, ein Mensch erst nach Latenzzeiten von Wochen, Monaten oder auch Jahren erkrankt. Diese "Vergiftungserscheinungen" lassen sich dann kaum mehr auf die Aufnahme von entsprechenden Pflanzen, Kräutern oder Tees zurückführen. Das gilt bei vielen Stoffen, vor allem aber bei umweltrelevanten Schadstoffen, mit denen die Leber des modernen Menschen zunehmend fertig werden muß. Auch der Nachweis der Cancerogenität einer Substanz stellt die Medizin vor dieses Problem, sich im wesentlichen auf Mutmaßungen beziehen zu müssen und lieber zu früh als zu spät zu warnen.

Dennoch kann man an der Tatsache nicht vorbeisehen, daß die direkte Schädigung eines Menschen durch das Jakobskreuzkraut oder andere verwandte, heimische Arten bisher nicht nachgewiesen werden konnte.

Selbst in der umfangreichen Studie zu mit pyrrolizidinalkaloidhaltigem Greiskraut verunreinigten Salatmischungen des Bundesinstituts für Risikobewertung heißt es an einer Stelle:

Nach Auskunft der Giftnotrufzentrale in Bonn und der Berliner Beratungsstelle für Vergiftungserscheinungen und Embryonaltoxikologie im Frühjahr 2006 liegen keine Berichte über akute Vergiftungserscheinungen nach akzidentellem Verzehr von Senecio vulgaris L. [lateinische Bez. für Greiskraut, Anm. d. SB-Red.] vor.
(Stellungnahme Nr.028/2007 des BfR vom 10. Januar 2007)

Greiskraut enthält allerdings auch nur zwei schädliche Alkaloide, die ebenfalls im Jakobskreuzkraut vorkommen. Man kann somit eine gewisse Ähnlichkeit der Wirkung beider Kräuter erwarten, mehr aber auch nicht.

Mit den üblichen Kriterien zur Kategorisierung der Gefährlichkeit eines Stoffes könnten auch nur bestimmte sogenannte ungesättigte Pyrrolizidinalkaloide dieser Gruppe bestenfalls als "gesundheitsschädlich" eingestuft werden.

Man muß also den Eindruck gewinnen, daß durch diese Wortwahl und das absichtliche Zusammenfügen unterschiedlicher Tatsachen in der Nachricht vom 25. Mai (Rätselhafte Vergiftungen in Äthiopien, vermeintliches Pferdesterben durch pyrrolizidinalkaloidhaltige Pflanzen und, besonders schwerwiegend, der Tod eines Neugeborenen) sowie die Erwähnung einer möglichen Lebensmittelgängigkeit der fraglichen Toxine über die Nahrungskette bei den Lesern eine wohl nicht ganz unbeabsichtigte Voreingenommenheit gegen pyrrolizidinalkaloidhaltige Pflanzen in unseren Breiten erzeugt werden soll.

Für sich allein hätte keine dieser Nachrichtenfetzen die Bedeutung, die dem Gesamtarrangement zukommt. Allein die Meldung von 300 Vergiftungsfällen in Äthiopien würde sich schon stark relativieren, wenn die Fälle hinterfragt worden wären. Zwar kann man in der klassischen Hungerregion Tigray inzwischen nicht mehr von Millionen Hungertoten sprechen, doch die Gefahr des Hungers ist dort noch lange nicht gebannt [1]. D.h. die Menschen vor Ort müssen möglicherweise zum reinen Überleben an vorhandenen heimischen Pflanzen schlicht alles zu sich nehmen, was gemeinhin als eßbar und nahrhaft gilt, sind aber schon durch die schlechte und mangelhafte Ernährung geschwächt.

Darüber hinaus können Verdauungssystem, Speiseröhre, Magen und Darm durch den zwar verbotenen, aber immer noch praktizierten Kath-Konsum (eine populäre Maßnahme, um den Hunger zu unterdrücken, dessen regelmäßige Anwendung zu Schleimhautentzündungen führt [2]) vorgeschädigt sein, so daß ganz andere Resorptionsbedingungen vorliegen als bei gesunden Menschen und schädigende Stoffe wesentlich leichter aufgenommen werden können.


Zunehmende Gefahr für Pferd und Rind?

Was die schon 2006 vom Bundesinstitut für Risikoabschätzung propagierte "zunehmende Gefahr für Pferde und Rinder" angeht, so wird diese von einigen kritischen Stimmen heute als irrelevant eingeschätzt, wie wir schon im ersten Teil andeuteten (UMWELTLABOR/256: Pyrrolizidinalkaloide (1) Neues Gift oder alter Krimi? (SB)). Dort zitierten wir eine Entwarnung für die Freilandhaltung von Vieh der Landwirtschaftskammer für Nordrhein- Westfalen. Auch in anderen Bundesländern sieht man bisher noch keine Gefahr für Mensch und Tier durch das alkaloidhaltige Kraut.

In einer Reaktion auf die aus Bonn stammende Pressemitteilung vom 25. Mai bewertet der fränkische Botaniker Meierott die geschürte Sorge über eine mögliche Gefahr, die von Jakobskreuzkraut ausgehen könnte, als "Hysterie" und "Hype" (d.h. auf deutsch: eine modebedingte Überreaktion):

Während das Jakobskreuzkraut in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in Folge massenhafter Vermehrung mittlerweile offenbar ein echtes Problem ist, gibt der Würzburger Botaniker Lenz Meierott Entwarnung für Unterfranken. "Bei uns in der Gegend kommt es nur vereinzelt vor, zum Beispiel am Straßenrand." [...]

"Erfahrene Pferde meiden die Pflanze, sie wird nicht abgefressen und kann sich deshalb gut ausbreiten." Als Gegenmittel empfiehlt er zweimalige Mahd zur Blütezeit.
(siehe www.mainpost.de/lokales/franken/Die-Giftpflanze-am- Strassenrand;art1727,5225015)

Da die Pflanzen ausgesprochen bitter schmecken, reicht gewöhnlich ein einmaliger Versuch, daß Pferde und Rinder ihre Mäuler davon lassen, wenn sie ihnen nicht durch entsprechende Zubereitung und mangels besserer Alternativen aufgezwängt werden.

So gibt es ein rosettenförmiges Anfangsstadium der noch nicht ausgewachsenen Pflanze, die keine Bitterstoffe enthalten soll, und durch die Bearbeitung, d.h. durch Trocknung (Heu) und Silage nimmt der bittere Geschmack (nicht aber das Alkaloid) ab. Die Gefahr, daß ein Tier gesundheitsgefährliche Substanzen aufnehmen kann, wäre in diesem Fall durch die Aufmerksamkeit des Tierhalters leicht abzuwenden. Zumal bekannt ist, daß sich die Pflanze auf gut gepflegten Weiden ohne Verbiß gar nicht durchzusetzen vermag. Und so ist auch das folgende Zitat zu verstehen:

Eine akute Pyrrolizidinalkaloid-Vergiftung beim Pferd ist durch die große Menge an aufzunehmendem Jakobskreuzkraut (25 - 200 kg bei einem 500 kg-schweren Pferd) selten und verläuft innerhalb weniger Tage tödlich.
(Der Hannoveraner, Juli 2009, Jutta Schröter, Senecio jacobaea - Jakobskreuzkraut - Eine neue Gefahr? [8])

Schädigungen durch Jakobskreuzkraut kommen somit kaum vor!

Das Zitat findet man in einem vom Verband freier Tierheilpraktiker e.V. veröffentlichten Bericht (von Jutta Schröter), in der aber auch noch sogenannte LD50-Werte für Jakobskreuzkraut aus der Giftpflanzen-Datenbank der Uni Zürich angegeben werden (als tödliche Dosis, ermittelt über Fütterungsversuche). Diese werden normalerweise gerne bei Giften als Anhaltspunkte angegeben, um den Grad der Gefährdung bei einer möglichen Kontamination abzuschätzen:

Der LD50-Wert (tödliche Dosis, ermittelt über Fütterungsversuche) wird von der Giftpflanzen-Datenbank der Uni Zürich angegeben für

Pferd/Rind 5 - 20 % des Körpergewichts (KG)
Ziege 125 - 400 % des KG
Schaf > 200 % des KG
Huhn 50 g/ kg KG
Maus 1,5 kg/kg KG
Ratte 5- 20 % des KG

(Der Hannoveraner, Juli 2009, Jutta Schröter, Senecio jacobaea - Jakobskreuzkraut - Eine neue Gefahr? [8])

Auf der Webseite des Arbeitskreises Kreuzkraut finden sich, ebenfalls auf Untersuchungen aus der Schweiz zurückgehend, völlig andere Angaben:

Letale Dosis Tier (Jacobskreuzkraut)
Pferd: 40 bis 80 g Frischgewicht (FG) je kg Körpergewicht

Das entspricht bei einem 350 kg schweren Islandpferd 14 bis 28 kg FG bzw. 2 bis 4 kg getrocknetes JKK im Heu

Rind: 140 g Frischgewicht je kg Körpergewicht
Bei 1% im Heu in drei Monaten erreicht, bei 10% in 20 Tagen

(Angaben www.strickhof.ch, eine Abteilung des Amtes für Landwirtschaft und Natur, ALN, der Baudirektion Kanton Zürich)

Und auch der vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Oktober 2002 veröffentlichte Fallbericht aus der Pathologie "Tod eines Norwegers" bezieht sich trotz wiederum abweichender bzw. falsch kolportierter Daten auf die gleiche Züricher Giftpflanzendatenbank:

Der LD50-Wert wird in der Giftpflanzen-Datenbank der Universität Zürich für das Pferd mit 0,05-0,20 kg getrockneter Senecio jacobaea/kg KG angegeben. Dies entspricht der Aufnahme von 25 - 100 kg getrockneter Pflanze / 500 kg schweres Pferd über einen Zeitraum von Tagen bis Monaten. (Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Oktober 2002,Quelle: www.vetpharm.unizh.ch/Index.htm).

Nun muß man wissen, daß die letale Dosis (LD) die Dosis eines bestimmten Stoffes ist, die für ein bestimmtes Lebewesen tödlich (letal) wirkt. Wie die LD50 (LD50 bedeutet mittlere letale Dosis) ist das ein definierter und durch Tierversuche statistisch ermittelter Wert, bei dem so ungenaue Angaben "5 - 20% des Körpergewichts" wie im ersten Beispiel strenggenommen nicht möglich sind. LD50 steht für die Menge des Gifts, das bei "einmaliger" Einnahme bei der Hälfte (50 Prozent) der Versuchstierpopulation sicher zum Tod geführt hat. Das wird ermittelt, indem einer statistisch repräsentativen Anzahl von Versuchstieren, genau diese Menge Gift gegeben wurde, die man vorher in abgestuften Einzelversuchen abschätzt. Um diesen Wert zu erhalten, müssen somit viele Tiere sterben.

Eine tägliche Zufuhr über einen Zeitraum von Tagen bis Monaten wie im letzten Beispiel ist in dieser Definition gar nicht vorgesehen.

Die mittlere Dosis (LD50) bzw. Konzentration ist normalerweise ein beliebtes Maß für gefährliche Stoffe, weil in einer Versuchsreihe, bei der alle bzw. keine Individuen sterben, die Dosis entweder sehr groß bzw. sehr klein gewählt wurde. Werte wie LD0, LD1, LD99 oder LD100 sind aber kaum aussagekräftig, da sie bloß vom empfindlichsten bzw. widerstandsfähigsten Individuum innerhalb der Versuchsreihe abhängig sind.

Es ist nun allerdings schon aus wirtschaftlichen Überlegungen schwer vorstellbar, daß an einem Institut derartige Fütterungsversuche mit gesunden, teuer zu erwerbenden Tieren wie Pferden oder Rindern in einer statistisch relevanten Größenordnung für den LD50 Wert durchgeführt worden sind. Und doch wurde diese maßlose Verschwendung an Lebewesen durchgeführt, ohne statistisch relevante Ergebnisse.

Geht man nämlich direkt auf die in den Beispielen angegebene Webseite des Instituts für Veterinärpharmakologie und -toxikologie in Zürich, werden dort tatsächlich Fütterungsversuche mit pyrrolizidinalkaloidhaltigen Pflanzenfutter an genau 27 Pferden, einem Pony und einem Esel beschrieben, aus deren Kurzfassungen allerdings nicht erkennbar ist, in welchem gesundheitlichen Zustand sich die Tiere befanden bzw. welche Lebenserwartung sie noch hatten. Darüber hinaus wurden den Tieren in jedem Einzelfall unterschiedliche Mengen des Krautes jeweils über verschieden lange Zeiträume gegeben, so daß die Ergebnisse nicht miteinander vergleichbar und die Fallbeschreibungen - abgesehen von einer nicht zu leugnenden Gefährdung mit Todesfolge der Tiere - nicht besonders aussagekräftig sind, schon gar nicht, um eine mögliche Gefährdung der Weidetiere durch Jakobskreuzkraut abschätzen zu können, da hier in keiner der angegebenen Fallstudien überhaupt Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea), sondern die seltenen, aber als ebenso toxisch eingeschätzten Arten Senecio burchelli bzw. Senecio latifolius verabreicht wurden [9].

Fütterungsversuche:
Pferd:
1) Einem 14 Jahre alten Shetland-Pony wurden täglich 60 g/kg Körpergewicht einer getrockneten, 0.6% pyrrolizidinalkaloidhaltigen Pflanze, gemischt mit 1.4 kg Getreide und Heu ad libitum, bis zur Verweigerung des Pflanzenmischfutters gefüttert. 3 Wochen später wurde das Pferd euthanasiert. Makroskopisch zeigte die Leber keine Veränderung. Histologisch fanden sich eine biliäre Hyperplasie und Fibrose.

2) Einem Pferd wurde während 65 Tagen täglich 42.5 g Senecio burchelli gefüttert. Das Pferd zeigte nur Konditionsverlust. Die Leber war zirrhotisch.

3) 2 Pferde wurden mit Senecio latifolius gefüttert. Das erste erhielt täglich 907 g der getrockneten Pflanze, 13 Tage lang. Am 14. Tag verweigerte es das Futter und wurde krank, am 16. Tag verstarb es.

Das zweite bekam 113 g während 64 Tagen. Das Pferd zeigte einen graduellen Konditionsverlust und nach dem Ende des Versuchs 3 Tage lang Kolik. Am 5. Tag nach Versuchsende frass es nicht mehr und starb 4 Tage später.

4) 24 Pferde und ein Esel wurden mit Senecio latifolius gefüttert. Die Tiere bekamen 170-737 g täglich während 46-100 Tagen. Ein Pferd frass kein Senecio. Die anderen 23 Pferde starben wenige Tage nach dem Auftreten der ersten Krankheitssymptome, beziehungsweise 20-96 Tage nach Absetzen des Seneciohaltigen Futters.
(Webseite des Instituts für Veterinärpharmakologie und -toxikologie in Zürich [9])

Damit aber nicht genug an irreführenden, eine nicht vorhandene Wissenschaftlichkeit vortäuschenden Details. In der sehr alarmierenden Ergänzung dieser Werte beim Arbeitskreis Kreuzkraut e.V. ...

Rind: 140 g Frischgewicht je kg Körpergewicht
Bei 1% im Heu in drei Monaten erreicht, bei 10% in 20 Tagen

(Angaben www.strickhof.ch, eine Abteilung des Amtes für Landwirtschaft und Natur, ALN, der Baudirektion Kanton Zürich)

... wird auch nicht berücksichtigt, daß ein großer Teil des aufgenommenen Alkaloids nicht erst in der Leber metabolisiert, sondern vorher schon direkt ausgeschieden wird, so daß auch diese Angabe letztendlich ganz anders berechnet werden müßte. So konnte man hierzu in der Studie zu mit pyrrolizidinalkaloidhaltigem Greiskraut verunreinigten Salatmischungen des Bundesinstituts für Risikobewertung schon 2007 lesen:

Toxikokinetik und Wirkungsmechanismus:

Ungesättigte PA werden nach peroraler Aufnahme durch den Menschen leicht resorbiert und schnell metabolisiert. Im Allgemeinen werden ca. 80 % der peroral aufgenommenen ungesättigten PA unverändert innerhalb weniger Stunden vornehmlich über die Niere, zu geringerem Anteil mit den Faeces ausgeschieden. Der relativ kleine im Organismus verbleibende Anteil liegt hauptsächlich in Form der Metaboliten an Gewebebestandteile gebunden vor. Die Verstoffwechselung der ungesättigten PA erfolgt durch Hydrolyse, N-Oxidation und Dehydrogenierung des Pyrrolizidinrings zu Pyrrolderivaten. Die bei der Hydrolyse freiwerdenden Necinsäuren scheinen toxikologisch keine Relevanz zu besitzen. Gebildete N-Oxid-Metaboliten sind sehr gut wasserlöslich und werden schnell mit dem Urin ausgeschieden, so dass dieser Stoffwechselweg als Entgiftung betrachtet wird. Die in der Leber durch mischfunktionelle Oxidasen erfolgende Umwandlung der ungespaltenen Ester zu toxischen Pyrrolderivaten (Dehydropyrrolizidinester) stellt jedoch eine Giftungsreaktion dar.
(Stellungnahme Nr.028/2007 des BfR vom 10. Januar 2007 [5])

Das bestätigt dann auch Dr. Helmut Wiedenfeld als Experte auf der Webseite des Arbeitskreis Kreuzkraut e.V.:

Wie erwähnt spielt der Detoxifizierungsprozess hier eine zentrale Rolle: ist die aufgenommene Menge gering, ist der Organismus in der Lage, diese Stoffe auszuscheiden. Wird aber eine bestimmte Grenzmenge, die unterschiedlich ist für die verschiedenen Tierspezies und den Menschen, überschritten, erfolgt unweigerlich die metabolische Toxifizierung. (siehe Webseite des Arbeitskreis Kreuzkraut, Was passiert, wenn Pyrrolizidin-Alkaloide
(PA) aufgenommen werden, Wiedenfeld September 2008: www.jakcobskreuzkraut.de)

Die darauffolgende Schädigung der betroffenen Leber, die dann in der Folge den sogenannten Detoxifizierungsprozess immer schlechter vollziehen kann, sei - so heißt es weiter - von der Menge an aufgenommenen Pyrrolizidinalkaloiden und der speziescharakteristischen Empfindlichkeit abhängig. Pferde gelten dabei als besonders sensibel. Was nicht gesagt wird, aber durchaus in der heutigen Zeit vorstellbar wird, ist die Tatsache, daß die Lebern vieler Weidetiere durch Agrochemikalien u.a. Umwelteinflüsse längst vorgeschädigt sind, die dann ebenfalls der metabolischen Toxifizierung der Leber Vorschub leisten.

Da sich toxische Effekte demnach nur bei hohen Dosen innerhalb kurzer Zeit aufgenommener ungesättigter Pyrrolizidinalkaloide manifestieren können, wird verständlich, warum sich die vermeintlich gehäuften Fälle an Jakobskreuzkraut verendeter Pferde doch noch sehr in Grenzen halten. Die durchaus gesundheitsgefährlichen Bestandteile dieses Unkrauts werden unter normalen Bedingungen und bei entsprechender Aufmerksamkeit der Tierhalter nicht in den dafür notwendigen großen Mengen in ein Tier gelangen, wenn ausreichend gesundes Futter zur Verfügung steht. Allerdings müssen Tierhalter insgesamt neben vielen anderen auch aus dieser Quelle mit einer weiteren zusätzlichen Schadstoffbelastung der Tiere rechnen, die zu den Schwermetallen und Umweltchemikalien in Boden, Wasser und Pflanzen noch dazukommen kann.

Was von dem bewußt zusammengestellten Nachrichtenkonglomerat über die drohende Humangefährdung durch pyrrolizidinalkaloidhaltige Pflanzen letztlich übrigbleibt, ist der schreckliche und jeden aufrüttelnde Tod eines Säuglings aus jüngster Zeit, über den jedoch kaum weitere Einzelheiten in Erfahrung gebracht werden konnten. Auch eine Anfrage beim Pharmazeutischen Institut Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn und seinem Akademischer Direktor, Dr. Helmut Wiedenfeld, blieb bislang unbeantwortet.

Parallele Darstellungen anderer Vergiftungsfälle, die stellvertretend statt der fehlenden wissenschaftlichen Dokumentation nahegelegt werden, verdichten zunehmend die schon in Teil 1 geäußerten Vermutungen, daß ganz andere Interessen durch diese gezielte Mediennutzung verfolgt werden als die vorgebliche Warnung vor einer die Menschheit bedrohenden Gefahr. Lesen Sie dazu den vorerst letzten Teil.

Fortsetzung


*


Quellen:
[1] weitere Informationen siehe:
www.evangelisch.de/themen/gesellschaft/die-welt-hat-aus-dem-grossen- hunger-wenig-gelernt, 23. Oktober 2009 und
www.travelhomepage.de/ethiopia/ethiopia.htm (Äthiopien - eine Reise in das älteste Kulturland Afrikas)

[2] weitere Informationen siehe:
www.giz-nord.de/php/index.php?option=content&task=view&id=80&Itemid=85 (Inhaltsstoffe und Wirkungsweise des Khat)

[3] weitere Informationen siehe Webseite der Sprecherin für ländliche Räume, Dr. Christel Happach-Kasan,
www.happach-kasan.de/?seite=news&katid=5&newsid=1260

[4] Rasenack R, Müller C, Kleinschmidt M, Rasenack J, Wiedenfeld H: Veno-Occlusive Disease in a Fetus Caused by Pyrrolizidine Alkaloids of Food Origin. Fetal Diagn Ther 2003; 18: 223-225

[5] Stellungnahme Nr.028/2007 des BfR vom 10. Januar 2007, siehe auch:
www.bfr.bund.de/cm/208/ salatmischung_mit_pyrrolizidinalkaloid_haltigem_geiskraut_verunreinigt.pdf

[6] 30. Roulet M, Laurini R, Rivier L, Calame A; 1988. Hepatic veno-occlusive disease in newborn infant of a woman drinking herbal tea. J Pediatr, 112 (3): 433-436

[7] Röder E; 1992. Pyrrolizidinalkaloidhaltige Arzneipflanzen. Deutsche Apotheker Zeitung, 132. Jahrgang, Nr. 45: 2427-2435.

[8] Schröter J; 2009 Senecio jacobaea - Jakobskreuzkraut - Eine neue Gefahr? Der Hannoveraner 7/09 siehe auch
www.freie-tierheilpraktiker.de/pdf/Jakobkreuzkraut.pdf

[9] weitere Informationen siehe Institut für Veterinärpharmakologie und -toxikologie, Winterthurerstrasse 260, 8057 Zürich, Schweiz 2009,
www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?giftdb/pflanzen/0038_vet.htm?inhalt_c.htm

22. Januar 2010