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MELDUNG/020: Georg Braungart wird eine Literaturgeschichte der Geologie schreiben (idw)


Eberhard Karls Universität Tübingen - 07.06.2010

"Opus magnum"-Förderung für Tübinger Literaturwissenschaftler

Georg Braungart wird eine Literaturgeschichte der Geologie schreiben


Professor Georg Braungart, Literaturwissenschaftler an der Universität Tübingen, erhält im Rahmen der Initiative "Pro Geisteswissenschaften" eine "opus magnum"-Förderung, um unter dem Titel "Poetik der Natur" eine Literaturgeschichte der Geologie zu schreiben. Die Finanzierung einer Lehrvertretung durch das "Opus magnum"-Programm ermöglicht es Braungart, sich für zwei Jahre auf dieses anspruchsvolle Projekt zu konzentrieren.

Mit den umwälzenden Entdeckungen der Geologie und Paläontologie um 1800 wird das Alter der Erde nicht mehr nach der christlichen Zeitskala mit etwa 6000 Jahren angesetzt, sondern in eine unermessliche "Tiefenzeit" hinein verlängert. Erstmals öffnet sich die Schere zwischen der Geschichte der Menschheit und der Erdgeschichte, und es wird nicht nur der biblische Schöpfungsmythos, sondern auch die menschliche Position in der Geschichte dieser Schöpfung fundamental erschüttert. Der Mensch und seine gesamte Zivilisation sieht sich einer zeitlichen Marginalisierung ausgesetzt, die ihn zu einer bloßen Episode der Erdgeschichte herabstuft. Nun blickt man in den "dunklen Abgrund der Zeit" und imaginiert - in "transhumaner Perspektive" - eine Erde ohne Menschen. - Das geplante Werk soll erstmals umfassend der Vorgeschichte und den literarischen Reflexen dieser Erschütterung nachgehen und die kulturellen Vernetzungen (des Sammelns und Ordnens von Fossilien, der Visualisierung und Popularisierung geologisch-paläontologischen Wissens) sowie die ideengeschichtlichen Kontexte und Folgerungen darstellen (das geologisch-Erhabene; die geologische Lektüre der Natur, die "Schriftengewölbe der Erde" u. a.). Das Konzept einer "Poetik der Natur" soll einen methodologischen Ansatz für eine transdisziplinäre Untersuchung der Wechselbeziehungen zwischen Literatur- und Wissensgeschichte bereitstellen, der auf Modelle der Wissenschaftsgeschichte ebenso zurückgreift wie auf neuere literatur- und kulturwissenschaftliche Ansätze.

Georg Braungart hat seit 2003 einen Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur an der Universität Tübingen inne, von 1994 bis 2003 lehrte er als Ordinarius an der Universität Regensburg. Schwerpunkte seiner Forschung sind - neben dem Gebiet "Literatur- und Wissenschaftsgeschichte" - auch Rhetorik, Ästhetik und Poetik, die Literaturgeschichte der Frühen Neuzeit und der Klassischen Moderne sowie die Gegenwartsliteratur.

Die Initiative "Pro Geisteswissenschaften" ist ein gemeinsames Angebot der Fritz Thyssen Stiftung und der VolkswagenStiftung in Zusammenarbeit mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Ihre Zielsetzung ist es, die Geisteswissenschaften mit Angeboten zu unterstützen, die ausdrücklich auf deren Bedürfnisse und Forschungspraxis zugeschnitten sind.

Weitere Informationen zur Initiative "Pro Geisteswissenschaften":
http://www.volkswagenstiftung.de/foerderung/strukturen-und-personen/pro-geisteswissenschaften.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution81


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Eberhard Karls Universität Tübingen, Michael Seifert, 07.06.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2010