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MELDUNG/036: Wo die Erde sich selbst verschluckt (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 09.09.2010

Wo die Erde sich selbst verschluckt

Nina Kukowski ist neue Lehrstuhlinhaberin für Allgemeine Geophysik der Universität Jena


Jena (09.09.10) Das Spielen in einem Sandkasten, kleine Landschaften bauen mit Bergen und Tälern, das machen nicht nur Kinder gern. Für Prof. Dr. Nina Kukowski von der Friedrich-Schiller-Universität Jena gehört das Modellieren im "Sandkasten" sogar zum Arbeitsalltag: Die neue Lehrstuhlinhaberin für Allgemeine Geophysik nutzt Laborexperimente, um physikalische Prozesse zu erforschen, die ansonsten im Erdinneren ablaufen. "Voraussetzung für realistische Modelle und Simulationen sind das Messen und das Monitoring - das Erfassen von geophysikalischen Prozessen über lange Zeiträume, wie es z. B. im zur Universität Jena gehörenden geodynamischen Observatorium in Moxa betrieben wird", unterstreicht Prof. Kukowski den besonderen und in Deutschland einmaligen Zuschnitt des Jenaer Lehrstuhls.

"Mich interessieren dabei die Prozesse in der Erdkruste", so die gebürtige Leverkusenerin. Diese verlaufen aber sehr langsam und lassen sich nicht direkt beobachten. Erst das Zusammenspiel von Messen, Monitoren und Modellierung erlaube es, diese Prozesse besser zu verstehen, erläutert Prof. Kukowski und nennt als Beispiel die Stoff- und Wärmetransporte in den großen Subduktionszonen der Erde. "Das sind die Bereiche, in denen sich eine Kontinentalplatte unter eine andere schiebt." Subduktionszonen finden sich vor allem entlang der Küsten des Pazifischen Ozeans und im Indischen Ozean. Infolge dieses "Abtauchens" entstehen Vulkane und türmen sich mächtige Gebirgszüge auf.

Mit diesem Forschungsschwerpunkt bieten sich für die Geophysikerin in Jena interessante neue Anknüpfungspunkte. "Im Bereich von Subduktionszonen lagern sich Sedimente ab und es entstehen Sedimentbecken wie sie auch im Inneren von Kontinenten vorkommen." Deshalb hat sie sich sofort in dem großen interdisziplinären Forschungsverbund "INFLUINS" engagiert, in dem das Thüringer Becken derzeit untersucht wird. Prof. Kukowski leitet ein INFLUINS-Teilprojekt, das neben Forschern der Jenaer Universität auch Partner von außeruniversitären Forschungsinstitutionen, Behörden und Unternehmen vereint. Sowohl Subduktionszonen als auch Sedimentbecken seien hervorragend geeignet, geophysikalische Forschung in der Oberkruste und den darüberliegenden Sedimenten zu betreiben, unterstreicht Prof. Kukowski. Zwar sei die Kenntnis dieser Vorgänge zunächst reine Grundlagenforschung, sie lasse sich aber auch praktisch nutzen, etwa zur Einschätzung von Rohstoffvorkommen und Naturgefahren.

Nina Kukowski ist vom Deutschen GeoforschungsZentrum in Potsdam an die Jenaer Universität gewechselt. In Potsdam hat sie mehr als zehn Jahre das Geodynamische Labor geleitet. Bereits seit der Promotion, die sie 1992 mit der ersten geophysikalischen Dissertation an der Uni Bonn abschloss, gilt ihr Forschungsinteresse den Subduktionszonen. Zuvor hatte Nina Kukowski an der TU Clausthal Geologie und Geophysik studiert. Nach der Promotion ging sie als Post-Doc und später als wissenschaftliche Assistentin ans Leibniz-Institut für Meeresforschung (GEOMAR) der Uni Kiel.

Dass sie als Geowissenschaftlerin häufig reisen muss, ist für Nina Kukowski eine "positive Begleiterscheinung" ihres Berufs, der sie schon häufiger etwa in die südamerikanischen Anden nach Chile und Peru oder nach Neuseeland führte. Nach Jena hatte es sie - bis zu ihrem Ruf an die Friedrich-Schiller-Universität - allerdings noch nie verschlagen. "Doch sowohl die Uni als auch die Stadt haben mich sofort überzeugt", macht die Geowissenschaftlerin deutlich, warum sie einen zeitgleich erfolgten Ruf an die Ruhr-Universität Bochum zugunsten der Friedrich-Schiller-Universität abgelehnt hat.

Hier möchte die engagierte Hochschullehrerin, die in ihrer Freizeit gern klassische Musik hört und im Chor singt, vor allem die Möglichkeiten des interdisziplinären Arbeitens mit ihren Jenaer Kollegen nutzen. Doch auch an bestehende internationale Forschungskontakte knüpft die Neu-Jenaerin an: So wolle sie eine erfolgreich laufende Kooperation zu neuseeländischen Kollegen weiter ausbauen und ab kommenden Frühjahr eine Dissertation eines peruanischen Nachwuchsforschers über Gashydrate in marinen Sedimentbecken betreuen.

Weitere Informationen unter:
http://www.uni-jena.de

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Dr. Ute Schönfelder, 09.09.2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. September 2010