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MELDUNG/063: Sechs Jahre nach der Tsunami-Katastrophe - Technischer Aufbau abgeschlossen (GFZ)


Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ - 23. Dezember 2010

Sechs Jahre nach der Tsunami-Katastrophe

Technischer Aufbau abgeschlossen


Sechs Jahre nach der Tsunamikatastrophe vom 26. 12. 2004 ist der Aufbau des deutsch-indonesischen Tsunami-Frühwarnsystems für den Indischen Ozean (GITEWS) abgeschlossen. Das Projekt endet zum 31. März 2011. Danach wird Indonesien die alleinige Verantwortung für das Gesamtsystem übernehmen.

"Der innovative technische Ansatz von GITEWS beruht auf einer Kombination verschiedener Sensoren, deren zentrales Element eine schnelle und präzise Erfassung und Auswertung von Erdbeben, unterstützt durch GPS-Messungen, ist" sagte dazu Professor Reinhard Hüttl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ. "Die vom GFZ entwickelte Seismologie-Auswertung durch das System SeisComp3 erwies sich als so schnell und zuverlässig, dass sie mittlerweile in über 40 Ländern installiert wurde."

Eine Tsunami-Warnung erfolgt maximal fünf Minuten nach einem Seebeben auf der Basis aller verfügbaren Informationen von den ca. 300 Messstationen, die in den letzten 6 Jahren in ganz Indonesien aufgebaut wurden. Dazu gehören Seismometer, GPS-Stationen, Küstenpegel und Bojensysteme. Diese Informationen werden über ein Tsunami-Simulationssystem in ein Lagebild umgesetzt, das entsprechende Warnstufen für die betroffenen Küstenabschnitte liefert. Ein wesentliches Ergebnis des GITEWS-Projekts ist aber auch, dass in diesem Prozess, der in diesen ersten Minuten abläuft, die Bojensysteme keinen Beitrag liefern können. Es bestehen daher Überlegungen, die GITEWS-Bojen weiter hinaus auf den Ozean zu verlagern und sie zur Verifizierung eines ozeanweiten Tsunamis zu nutzen, der andere Anrainerstaaten des Indik bedrohen könnte.

Das Mentawai-Beben vom 25. Oktober dieses Jahres zeigte allerdings auch die Grenzen jeder Tsunami-Frühwarnung auf. Von dem Tsunami, den dieses Beben auslöste, wurden die vorgelagerten Pagai-Inseln im Sunda-Bogen stark betroffen. Etwa zeitgleich mit dem nach 4 Minuten 46 Sekunden ausgelösten Tsunami-Alarm liefen hier die ersten Wellen auf und forderten rund 500 Menschenleben. Mehrere Teams von Tsunami-Fachleuten aus Japan, Indonesien, Deutschland und den USA stellten bei der Nachuntersuchung fest, dass die Warnung auf diesen Inseln angekommen war, aber keine Zeit für eine Reaktion blieb. Für die Hauptinsel Sumatra mit den größeren Städten Padang und Bengkulu hat die Zeit zwischen Warnung und Eintreffen der ersten Wellen ca. 40 Minuten betragen, allerdings haben bei diesem Beben die Pagai-Inseln als perfekter Schutzschirm vor einem Tsunami an der Küste von Sumatra gewirkt.

Die wichtige Schlussfolgerung daraus ist, dass auch bei den extrem kurzen Vorwarnzeiten vor Indonesien das GITEWS-System sich technisch und organisatorisch als funktionstüchtig gezeigt hat. Seit September 2007 konnten vier Tsunami-Ereignisse erfasst und eine Warnung ausgegeben werden. Gerade für die Bewohner der vorgelagerten Inseln muss aber die Ausbildung für ein bedrohungsgerechtes Verhalten intensiviert und verbessert werden. Dazu gehört nicht nur die richtige Reaktion auf einen Tsunamialarm, sondern auch das richtige Verhalten vor, während und nach Erdbeben.

Direkt nach der Katastrophe vom 26. Dezember 2004 erteilte die Bundesregierung der Helmholtz-Gemeinschaft, verteten durch das Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, den Auftrag zur Entwicklung und Implementierung eines Frühwarnsystems für Tsunamis im Indischen Ozean. Die Mittel in Höhe von 45 Millionen Euro stammen aus dem Beitrag der Bundesregierung im Rahmen der Flutopferhilfe. Ein Naturereignis wie der Tsunami von 2004 kann nicht verhindert werden und solche Katastrophen werden auch bei einem perfekt arbeitenden Alarmsystem weiterhin ihre Opfer fordern. Aber die Auswirkungen einer solchen Naturkatastrophe können mit einem Frühwarnsystem minimiert werden. Das ist das Ziel von GITEWS.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 23. Dezember 2010
Franz Ossing
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Dezember 2010