Hochschule Mittweida - University of Applied Sciences - 27.06.2017
Blockchain Competence Center an der Hochschule Mittweida
Kryptowährungen, Smart Contracts, Blockchain - Begriffe, die für eine junge Technologie und eine grundlegende Veränderung in der Wirtschaft und in der Verwaltung stehen. Die Hochschule Mittweida gründet in dieser Woche das "Blockchain Competence Center Mittweida" (BCCM), ein Institut mit fachübergreifenden Kompetenzen in Informatik, Mathematik, Automatisierungstechnik sowie Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. Das neue Institut bündelt diese Kompetenzen und ist Ansprech- und Entwicklungspartner für Institutionen und Unternehmen der Finanz- und Realwirtschaft sowie der Politik und des Staatswesens.
Blockchain wurde weltweit bekannt als technologische Basis für
Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether. Doch warum sollte eine sächsische
Hochschule sich mit einer Technologie befassen, die mit Geldwäsche und
dunklen Geschäften im Darknet assoziiert wird?
Vielen ist bekannt, dass Kryptowährungen derzeit mit extrem steilen
Kursentwicklungen für Furore an den Internetbörsen sorgen. Kaum jemand in
Deutschland weiß jedoch, dass derzeit fast alle Banken und großen
Unternehmen und auch schon einzelne Behörden in Deutschland versuchen, das
Potential dieser Technologie auszuloten, denn hinter dem Begriff
Blockchain verbirgt sich noch weitaus mehr. An der Hochschule Mittweida
weiß man um diese Bedeutung. "Blockchain-Technologie wird die
verschlüsselungstechnische Basis für die digitalen Wertströme der Zukunft
sein. Damit wird sie voraussichtlich das Staatswesen, die Finanzwirtschaft
und die Realwirtschaft in bisher nie dagewesener Art und Weise verändern.
Fälschungssichere digitale Nachweise ebnen den Weg vom Internet der
digitalen Kopien, in dem wir jetzt arbeiten, zum Internet der digitalen
Originale", erläutert Prof. Dr.-Ing. Andreas Ittner, designierter Direktor
des Blockchain Competence Center Mittweida (BCCM).
Das BCCM erhält den Status eines In-Instituts der Hochschule Mittweida und
ist an der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften
angesiedelt. Gründungspaten sind neben der Volksbank Mittweida eG und der
Stadt Mittweida Unternehmen der Region. Auch Vertreter großer Konzerne,
der Deutschen Bundesbank und Politik werden zum Gründungsakt am
Donnerstag, dem 29. Juni 2017, erwartet.
Das Zentrum soll als Ansprech- und Entwicklungspartner für Institutionen
und Unternehmen der Finanz- und Realwirtschaft sowie der Politik und des
Staatswesens dienen. Neben der bedarfsgerechten Entwicklung neuer
Studiengänge für die Ausbildung notwendigen Fachkräftenachwuchses sollen
Forschungs- und Transferprojekte zu anwendungsbezogenen Themenkomplexen
und die Initiierung von Start-ups zu den Hauptaufgaben des Zentrums
gehören.
In Anbetracht des revolutionären Potentials dieser noch jungen Technologie sind unabhängige Institutionen mit interdisziplinärer Kompetenz notwendig, um
All diese Aufgaben können mit den an der Hochschule Mittweida gebündelten Kompetenzen in Informatik, Mathematik, Automatisierungstechnik, Wirtschafts- und Rechtswissenschaften angegangen werden.
Prof. Dr. Ludwig Hilmer, Rektor der Hochschule Mittweida, sieht seine Hochschule in der Verantwortung: "Bereits seit der ersten industriellen Revolution profitiert die Region sehr von der technischen Kompetenz der Hochschule vor allem im Maschinenbau. Auch für die sich nun ankündigende digitale Revolution ist die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Mittweida hervorragend aufgestellt. Mit der Gründung eines Kompetenzzentrums für Blockchain-Technologie kann aus der Hochschule heraus eine dringend benötigte Kernkompetenz in der Region aufgebaut werden."
Die konkret hier in Forschung, Lehre, Wissens- und Technologietransfer abzubildenden Themenkomplexe sind Blockchain-Anwendungen in der Realwirtschaft und in der Finanzwirtschaft, neue Business-Konzepte, Schnittstellen digitaler Wertströme zum Fiskus, Finanzpolitische und volkswirtschaftliche Technikfolgenabschätzung, digitale Sicherheit von Anwendungen und regionale Chancen in der Digitalen Welt.
Leonhard Zintl, Vorstand der Volksbank Mittweida eG, äußert in Bezug auf die Chancen: "Im Gesamtkontext hat der vorgestellte Ansatz das Potential, Mittweida und den Landkreis Mittelsachsen zu einer Schaufensterregion für Anwendungen der Blockchain-Technologie zu entwickeln."
Blockchain bedeutet, dass zeitlich aufeinanderfolgend erzeugte Datensätze von Werttransaktionen über ihre pseudonymisierten Inhalte verschlüsselungstechnisch verwoben sind, so dass eine logisch verknüpfte Kette dieser Datensätze entsteht. (Vereinfacht könnte man sagen, die Prüfsumme eines Datenblocks wird in den jeweils nachfolgenden Datenblock mit hineingeschrieben, so dass dessen Prüfsumme von der des Vorgängerblocks abhängt.)
Die so entstehende Blockchain kann in einem weltweit verteilten Netzwerk tausendfach redundant gesichert und für alle zugänglich gemacht werden (public Blockchain), kann aber auch auf einem einzigen oder wenigen Rechner(n) gespeichert und nur ausgewählten Personen zugänglich gemacht werden (private Blockchain). Die Unmöglichkeit, den Dateninhalt eines dieser Kettenglieder nachträglich zu ändern, ohne einen jederzeit ersichtlichen Widerspruch in der Verschlüsselungskette zu erzeugen, stellt einen Quantensprung in puncto Transaktionsverarbeitung und Datensicherheit dar. Das Ergebnis sind fälschungssichere digitale Nachweise.
Im Zusammenhang mit sogenannten Smart Contracts ergibt sich damit ein gigantisches Anwendungspotential. Smart Contracts sind Computerprogramme und -protokolle, die Verträge abbilden und/oder überprüfen bzw. die Verhandlung oder Abwicklung eines Vertrags technisch unterstützen. Im gesamten Feld der Wirtschaftsinformatik werden künftig Anwendungen auf Basis von Blockchains und Smart Contracts für die Abbildung digitaler Wertströme entwickelt. Wertstrom bezeichnet hierbei den Besitzwechsel von Geld in Staatswährung (€, $, ...) bzw. in digitaler Währung (Bitcoin, Ether, Dash, ...), aber auch den Wechsel von Besitz- und Nutzungsrechten an Liegenschaften, Immobilien, Produktionsmitteln, Konsumgütern und geistigem Eigentum (Patente, Urheberrechte). Auch Firmenanteile, Aktien, Obligationen, Unternehmensanleihen sollen im Rahmen dieser Wertströme nicht ungenannt bleiben.
Anwendung wird die Blockchain-Technologie überall dort finden, wo Vertrauen zwischen verschiedenen Akteuren hergestellt werden muss. Beispiele für Anwendungen im Finanzsektor sind Auslandsüberweisungen, die über Kryptowährungen viel schneller und preiswerter erfolgen können, Fundraising oder Überweisung von Marginalbeträgen (Micropayments). Schuldtitel könnten auf der Blockchain ausgegeben und Peer-to-Peer-Finanzierungen ermöglicht werden. Die dynamische Anpassung von Versicherungsbedingungen und Prämienzahlungen an das Verhalten des Versicherungsnehmers (Bsp. Kfz) wird auf Blockchain-Basis datenschutzkonform automatisierbar. Im Bereich der Verwaltungsautomatisierung ist anzunehmen, dass Grundbuch und Liegenschaftskataster künftig weltweit auf Blockchain-basierten Prozessen beruhen werden. Das schwedische Grundbuchamt agiert hier als Vorreiter.
Mehrere Blockchain-Start-ups arbeiten mit Behörden an Methoden des Identitätsmanagements anhand biometrischer Daten. Die schnelle und sichere Feststellung von Identitäten ist nicht nur für digitale Transaktionen und Geschäfte notwendig, sie ist z.B. auch eine der größten Herausforderungen im Zusammenhang mit Flüchtlingen. Blockchain-Services können entlang ganzer Wertschöpfungs- und Lieferketten eingesetzt werden, um Nachverfolgbarkeit und Vertrauen bei Bearbeitung und Übergabe herzustellen - von Herkunftsbescheinigungen der Rohstoffe über die Qualitätskontrolle in der Produktion bis hin zur Transparenz in der Logistikkette (digitaler Lieferschein u. Gütesiegel). Die Möglichkeit, Wertströme zwischen Maschinen automatisiert abzubilden, ist letztlich auch eine wesentliche Basis für das Internet der Dinge.
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution168
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Hochschule Mittweida - University of Applied Sciences,
Helmut Hammer, 27.06.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2017
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