Schattenblick →INFOPOOL →PANNWITZBLICK → FAKTEN

POLITIK/004: SPD macht erstmals Antrag in Leichter Sprache - Kultur für alle (Silvia Schmidt, MdB)


Silvia Schmidt, MdB

Behindertenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion

Pressemitteilung vom 25. Januar 2012

SPD macht erstmals Antrag in Leichter Sprache - Kultur für alle

Zum Beschluss der SPD-Bundestagsfraktion, den Antrag "Kultur für alle - für einen gleichberechtigten Zugang von Menschen mit Behinderung zu Kultur, Information und Kommunikation" auch in Leichter Sprache in den Bundestag einzubringen, erklärt Silvia Schmidt:


"Die Politikerinnen und Politiker der SPD wollen, dass alle Menschen überall mitmachen können. Sie wollen Kultur für alle." Dieser Satz ist in sogenannter leichter Sprache formuliert und steht in der Übersetzung des SPD-Antrags "Kultur für alle! - für einen gleichberechtigten Zugang von Menschen mit Behinderung zu Kultur, Information und Kommunikation" in Leichte Sprache. Der Antrag hat das Ziel, die UN-Behindertenrechtskonvention für den Bereich Kultur und Medien umzusetzen und ist verfügbar unter (*):
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0"15641,00.pdf.

Die SPD hat ihren Antrag in Leichte Sprache übersetzen lassen, damit ihn möglichst alle verstehen können - besonders diejenigen, für welche der Antrag Verbesserungen bringen soll. Dazu zählen auch Menschen mit Lern- oder Konzentrationsschwierigkeiten, mit Altersdemenz oder Menschen, die die deutsche Sprache erst erlernen. Unser Ziel ist es, auf diese Weise Politik den Menschen nahezubringen, die sonst nicht den Zugang zu den Debatten und Entscheidungen des Bundestages haben oder die Sprache der Politik zu kompliziert finden. Die SPD-Bundestagsfraktion bringt damit als erste Fraktion überhaupt einen Antrag im Bundestag ein, der in Leichter Sprache verfasst ist. Leichte Sprache besteht aus kurzen, einfachen Sätzen mit kurzen Wörtern. Der Text ist in einer bestimmten Schriftgröße verfasst und enthält viele Erklärungen. Bunte Bilder unterstützen das Verstehen des Textes. Details zur Leichten Sprache finden Sie unter: www.leichtesprache.org.

Menschen mit Behinderungen interessieren sich ebenfalls für Politik. Wir dürfen sie nicht ausschließen. Gerade deshalb ist es wichtig, die Beschlüsse des Bundestages, die sie betreffen, auch verständlich zu formulieren. Erst dadurch werden sie zugänglich. Das verstehe ich unter echter Barrierefreiheit.

Die UN-Behindertenrechtskonvention anerkennt, dass auch für Menschen mit Behinderung ein voller Zugang zur kulturellen Umwelt wichtig ist, "damit sie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll genießen können". Der Antrag "Kultur für alle - für einen gleichberechtigten Zugang von Menschen mit Behinderung zu Kultur, Information und Kommunikation" fordert verbindliche Regeln zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Bereich Kultur und Medien. Er fordert, Kultur- und Freizeitangebote barrierefrei zu gestalten, bei Ausschreibungen des Bundes die Barrierefreiheit verpflichtend zu berücksichtigen, die Denkmalförderung des Bundes möglichst an barrierefreie Zugänge zu knüpfen oder Filme nur dann zu fördern, wenn wenigstens eine Endfassung des Films mit deutscher Audiodeskription oder deutschen Untertiteln vorliegen wird. Es geht dabei um barrierefreie Zugänge zu Kultur-, Medien- und Informationsangeboten, aber auch um die aktive Teilhabe von Menschen mit Behinderungen als Künstlerinnen und Künstler.

Die SPD fordert die Bundesregierung auf, die UN-Behindertenrechtskonvention zügig umzusetzen und sich nicht länger auf unbestimmte Absichtserklärungen zu beschränken. Der Antrag der SPD-Bundestagfraktion legt dazu konkrete und verbindliche Forderungen vor. Die SPD-Bundestagfraktion betrachtet die Übersetzung ihres Antrags in Leichte Sprache als Pilotprojekt und würde es begrüßen, wenn sich der Deutsche Bundestag fraktionsübergreifend darauf einigt, in Zukunft barrierefreie Zugänge zu den wesentlichen Entscheidungen und Debatten des Deutschen Bundestages bereitzustellen.

* Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
siehe auch unten im Anhang


*


Deutscher Bundestag Drucksache 17/
17. Wahlperiode 24.01.2012

Antrag der Abgeordneten Ulla Schmidt (Aachen), Doris Barnett, Sören Bartol, Martin Dörmann, Siegmund Ehrmann, Petra Ernstberger, Karin Evers-Meyer, Dr. Edgar Franke, Dagmar Freitag, Martin Gerster, Iris Gleicke, Angelika Graf, Kerstin Griese, Hans-Joachim Hacker, Bettina Hagedorn, Michael Hartmann, Gabriele Hiller-Ohm, Petra Hinz, Oliver Kaczmarek, Lars Klingbeil, Angelika Krüger-Leißner, Ute Kumpf, Christine Lambrecht, Christian Lange, Gabriele Lösekrug-Möller, Kirsten Lühmann, Petra Merkel, Thomas Oppermann, Dr. Wilhelm Priesmeier, Mechthild Rawert, René Röspel, Karin Roth, Marlene Rupprecht, Silvia Schmidt, Peer Steinbrück, Dr. h.c. Wolfgang Thierse, Franz Thönnes, Brigitte Zypries, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Kultur für alle - Für einen gleichberechtigten Zugang von Menschen mit Behinderung zu Kultur, Information und Kommunikation

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die kulturelle und mediale bzw. informationelle Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist Grundlage ihrer Selbstverwirklichung, Selbstbestimmung, Mitgestaltung und Mitwirkung dieser Menschen. Nur durch den gleichberechtigten Zugang zu kulturellen und medialen Angeboten sowie barrierefreien Informationen wird der Anspruch der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), Menschen mit Behinderungen uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, eingelöst. Menschen mit Behinderungen sind eine Ziel- und Nutzergruppe wie jede andere auch. Dazu gehört, dass sie sowohl im Hinblick auf die Rezeption als auch auf die Produktion von Kunst, Kultur und Medienangeboten zu berücksichtigen und zu beteiligen sind. Wie groß der Bedarf von Menschen mit Behinderungen an kultureller und medialer Teilhabe ist, zeigt das beeindruckende Engagement von Initiativen wie Handiclapped Kultur Barrierefrei e.V. (www.handiclapped.de), der Kulturkompanie (www.kulturkompanie.eu) oder auch Wheelmap (www.wheelmap.org), die Menschen mit Behinderungen die Teilnahme und den Zugang zu kulturellen Angeboten und Betätigungen auf überwiegend ehrenamtlicher Basis ermöglichen. Dabei stehen nicht nur Kultur- und Medieneinrichtungen in öffentlicher Verantwortung in der Pflicht. Auch private Kultur- und Medienunternehmer wie bspw. der private Rundfunk sind aufgefordert, gemäß der UN-BRK und dem Behindertengleichstellungsgesetz die Barrierefreiheit ihrer Angebote zu gewährleisten. Wir begrüßen, dass die Länder den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ratifiziert haben, der für Menschen mit bestimmten Behinderungen eine vollständige Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vorsieht, bzw. eine Ermäßigung auf ein Drittel des Regelsatzes.

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen vom 16. Dezember 2006 ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Anerkennung und Gewährleistung der Rechte dieser Menschen. Dazu gehört eine gleichberechtigte und inklusive Teilhabe an unserer Gesellschaft, die Anerkennung ihrer Fähigkeiten und die Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse. Ausdrücklich anerkennt die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in ihrer Präambel, "wie wichtig es ist, dass Menschen mit Behinderungen vollen Zugang zur physischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Umwelt, zu Gesundheit und Bildung sowie zu Information und Kommunikation haben, damit sie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll genießen können". In Artikel 4 Absatz 2 der UN-BRK heißt es zudem: "Hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte verpflichtet sich jeder Vertragsstaat, unter Ausschöpfung seiner verfügbaren Mittel [...] Maßnahmen zu treffen, um nach und nach die volle Verwirklichung dieser Rechte zu erreichen, unbeschadet derjenigen Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen, die nach dem Völkerrecht sofort anwendbar sind." In Artikel 30, Absätze 1 und 2 der UN-BRK wird dieser Anspruch konkretisiert. Ausdrücklich wird darin das Recht von Menschen mit Behinderungen anerkannt, "gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzunehmen" Sichergestellt werden sollen der "Zugang zu kulturellem Material in zugänglichen Formaten", der "Zugang zu Fernsehprogrammen, Filmen, Theatervorstellungen und anderen kulturellen Aktivitäten in zugänglichen Formaten" der "Zugang zu Orten kultureller Darbietungen oder Dienstleistungen, wie Theatern, Museen, Kinos, Bibliotheken und Tourismusdiensten und, so weit wie möglich, zu Denkmälern und Stätten von nationaler kultureller Bedeutung". Zudem sollen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen treffen, "um Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit zu geben, ihr kreatives, künstlerisches und intellektuelles Potenzial zu entfalten und zu nutzen, nicht nur für sich selbst, sondern auch zur Bereicherung der Gesellschaft."

Vor diesem Hintergrund hat das Bundeskabinett am 15. Juni 2011 einen Nationalen Aktionsplan verabschiedet, um die UN-BRK in Deutschland umzusetzen. Bislang ist der Nationale Aktionsplan jedoch weit davon entfernt, die notwendigen Schritte zur gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am öffentlichen kulturellen Leben festzuschreiben. Über Willensbekundungen und Kann-Bestimmungen kommt der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung nicht hinaus. Postulierungen reichen aber nicht aus, es bedarf konkreter Vorschläge für Maßnahmen und deren Umsetzung. Beispielsweise sieht der Nationale Aktionsplan für den Filmbereich lediglich vor, auf die Umsetzung der in der letzten Novellierung des Filmfördergesetzes vorgesehenen Erleichterung der Förderbedingungen für Filme mit Audiodeskription und Untertitelung für seh- und hörbehinderte Menschen hinzuweisen. Die geltende optionale Regelung im Filmförderungsgesetz kommt jedoch kaum zur Anwendung (§ 15, Abs. 1, Nr. 6h, Filmförderungsgesetz). Deshalb sollte die Herstellung je einer Filmfassung mit Audiodeskription und Untertitelung vielmehr zur Voraussetzung für die staatliche Förderung eines Films gemacht werden, um das Angebot barrierefreier Filme deutlich auszuweiten.

Zur Verbesserung des barrierefreien Fernsehens sieht der Nationale Aktionsplan lediglich Gespräche am Runden Tisch vor. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk strebt auf der Grundlage der Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages (§ 3 Abs. 2 RStV) einen deutlichen Ausbau des barrierefreien Angebots bis 2013 an. Bei der Untertitelung von Sendungen wurden bereits wichtige Fortschritte erzielt. Gleichwohl wurden 2010 nur rund 750 Ausstrahlungen mit Audiodeskription gesendet. Insgesamt noch deutlich geringer ist der Anteil bei Sendungen der privaten Rundfunkveranstalter.

Darüber hinaus sieht der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung nur grundsätzlich vor, bei Ausschreibungen des Bundes im Kultur- und Freizeitbereich die Barrierefreiheit sicherzustellen. Dieser Vorschlag greift jedoch zu kurz. Das geltende Vergaberecht beinhaltet nur die Möglichkeit, Ausschreibungen entsprechend zu gestalten. Verpflichtungen sind daraus nicht abzuleiten. Barrierefreiheit als Voraussetzung für kulturelle und mediale Teilhabe sollte jedoch bei allen Bauvorhaben und Einrichtungen kultureller Infrastruktur von Anfang an mitgedacht und verbindlich verankert werden. So können teure Nachrüstungen vermieden werden und ein umfassendes Angebot im Sinne eines vollen Zugangs für Menschen mit Behinderungen gewährleistet werden. Dass solche Regelungen möglich sind, zeigt das Beispiel Rheinland-Pfalz. Hier hat der Ministerrat bereit im Jahr 2007 beschlossen, bei Ausschreibungen, Auftragsvergabe und bei der Vergabe von Konzessionen durch das Land einzufordern, dass das zu fördernde Vorhaben barrierefrei gestaltet wird. Auch das Land Berlin geht mit gutem Beispiel voran und hat gemeinsam mit dem Landesverband der Museen zu Berlin e.V. gemeinsam mit Behindertenverbänden eine Checkliste zur barrierefreien Konzeption und Gestaltung von Ausstellungen erarbeitet, die Grundlage künftiger Fördermaßnahmen ist.

Das gilt ebenfalls für den Bereich des Denkmalschutzes. Auch hier muss die Barrierefreiheit immer mitberücksichtigt werden. Dabei ist klar, dass ein Konflikt mit dem authentischen Erhalt von Kulturdenkmälern bestehen kann. Es geht jedoch darum, barrierefreie oder zumindest barrierearme Zugänge nach gründlicher Abwägung und nach allen (technischen) Möglichkeiten zu gewährleisten.

Barrierefreiheit muss neben den baulichen und räumlichen Aspekten auch den Zugang zu Information sowie den kulturellen und medialen Angeboten berücksichtigen. Menschen mit Behinderungen sind Kunden und Nutzer der kulturellen und medialen Angebote wie alle anderen auch. Daher sollten verständliche und leichte Sprache, Bildunterstützung, wie zum Beispiel Bildbeschreibungen, freier Eintritt für ihre Assistenz im Sinne zielgruppenorientierter Angebote selbstverständlich und entsprechend ausgebaut werden. Menschen mit Behinderung sind als Experten in eigener Sache an der Erstellung barrierefreier Angebote zu beteiligen.

Die Förderung der aktiven Teilhabe von Menschen mit Behinderung an produktiven und kreativen Betätigungen ist eine Frage der Teilhabegerechtigkeit, sie liegt im gesellschaftlichen Interesse. Unsere Gesellschaft kann und darf auf die Fähigkeiten und das Leistungsvermögen von Menschen mit Behinderung nicht verzichten. Die Ausbildung ist ein wichtiges Feld, in dem es die Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu fördern gilt, so auch in den Kultur- und Medieneinrichtungen wie z. B. den vom Bund geförderten Museen oder der Deutschen Welle. Dies sind wichtige Ausbildungsbetriebe, in denen die besonderen Anforderungen von Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden müssen. ünstlerinnen und Künstler mit Behinderungen dürfen nicht als "gesonderter Bereich" des Kultur- und Kunstlebens verstanden werden. Sie müssen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, sich künstlerisch zu verwirklichen und zu entwickeln. Mentale und physische Barrieren, die es Menschen mit Behinderungen, beispielsweise im Bereich der darstellenden Künste in der Ausbildung und in den Spielstätten erschweren teilzuhaben, müssen abgebaut und beseitigt werden. Kooperationen zwischen den öffentlich geförderten Institutionen und Werkstätten für behinderte Menschen, aber auch Zielvereinbarungen mit öffentlichen und privaten Verantwortungsträgern bieten dafür mögliche Ansätze. Zu begrüßen sind daher die Bemühungen des Bundeskompetenzzentrums Barrierefreiheit e.V., das gemeinsam mit dem Deutschen Museumsbund aktuell einen entsprechenden Leitfaden erarbeitet, um Mindestanforderungen und -standards für den inhaltlichen und räumlichen Zugang zu Museen und Ausstellungen zu formulieren. Darüber hinaus sind vergleichbare Leitfäden bzw. Praxishandbücher mit anderen Kultureinrichtungen wie beispielsweise den Bibliotheken oder auch im Bereich des Denkmalschutzes geplant.

Weitgehend keine Erwähnung im Nationalen Aktionsplan finden die neuen Medien und das Internet. Dabei erweitern die neuen Medien die Palette der Kultur- und Informationsangebote für Menschen mit Behinderungen immens. Beispielsweise bietet die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als zentrales nationales Portal digitaler Werke die Möglichkeit, die digitalen Angebote von etwa 30.000 miteinander über die DDB vernetzten Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen weitgehend kostenfrei verfügbar zu machen. Damit eröffnet sich die Gelegenheit, das kulturelle Erbe auch Menschen mit Behinderung zugänglich zu machen, die bislang keine Möglichkeit dazu hatten. In diesem Zusammenhang gilt es, die Barrierefreie Informationstechnik Verordnung (BITV) 2.0 schnellstmöglich umzusetzen, um die Barrierefreiheit von öffentlichen Informationen auch im Internet in Form von Leichter Sprache und Gebärdensprache sicherzustellen. Gerade das Internet bietet immense Potenziale, den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen nach Information, Kommunikation und Organisation zu entsprechen bzw. entsprechende Angebote zu ermöglichen. Um diese Potenziale zu nutzen, sollten Menschen mit Behinderungen beim Umgang mit den neuen Medien unterstützt und gefördert werden. Zudem kann die öffentliche Hand über die Vergabe öffentlicher Aufträge und die ganz oder teilweise in ihrem Besitz befindlichen Unternehmen Erwartungen und Anreize formulieren, entsprechende barrierefreie Angebote und Technologien zu entwickeln.

Doch nicht nur der Zugang zu den im Internet verfügbaren öffentlichen Informationen sollte barrierefrei in Form von Leichter Sprache und Gebärdensprache gestaltet sein. Die als Anhang beigefügte Übersetzung dieses Antrages in Leichte Sprache ist ein Beispiel dafür, wie auch die Inhalte, die über die Informations- und Kommunikationsangebote des Deutschen Bundestages bereitgestellt werden, barierrefrei gestalten werden können und sollten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das Vergaberecht in der Weise zu ändern, dass bei Ausschreibungen des Bundes und seinen Beschaffungsstellen für Produkte, Gebäude und Dienstleistungen immer die Barrierefreiheit bzw. Barrierearmut von Zugängen zur kulturellen und medialen Infrastruktur mitberücksichtigt werden muss, insbesondere, wenn es um Neubauten geht.

Bei Restaurierungen und Umbauten muss eine eventuelle Nicht-Gewährleistung der Barrierefreiheit explizit begründet werden;

2. private Kultur- und Medienunternehmer durch verhältnismäßige Regelungen zu verpflichten, in größerem Umfang als bisher barrierefreie Zugänge zu ihren Angeboten zu ermöglichen;

3. Förderformen und -programme des Bundes so zu gestalten, dass

a) bei der Vergabe von Fördermitteln die Bereithaltung barrierefreier Zugänge berücksichtigt wird;

b) es Menschen mit Behinderung möglich ist, daran teilzuhaben und sich künstlerisch und kulturell gleichberechtigt - sowohl auf der Ebene der Laienkultur als auch auf der Ebene des professionellen Kulturschaffens - zu betätigen und zu verwirklichen sowie bei der Vergabe von Fördermitteln die Bereithaltung barrierefreier Zugänge berücksichtigt wird;

4. die Denkmalförderung des Bundes daran zu knüpfen, dass der barrierefreie Zugang möglichst gewährleistet wird. Barrierefreie Zugänge sollten nach sorgfältiger Abwägung technischer und ästhetischer Aspekte ermöglicht werden.

5. in den Gremien und Jurys, die über die Vergabe von Fördermitteln und -preisen, aber auch über die inhaltliche Gestaltung der Programme der Kultur- und Medieneinrichtungen entscheiden, die Vertretung von Menschen mit Behinderung bzw. deren Interessen entsprechend zu fördern und zu gewährleisten;

6. gegenüber den dafür zuständigen Bundesländern anzuregen, die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender zu einer möglichst weit gehenden Nutzung von Untertiteln, Gebärdensprache und Audiodeskription bei Eigen- und Auftragsproduktionen von Inhalten zu bewegen, die diesbezügliche Regelung im Rundfunkstaatsvertrag konsequent umzusetzen und hinsichtlich ihrer Umsetzung zu prüfen bzw. ggfs. zu verschärfen;

7. a) im Rahmen der Filmförderung des Bundes geeignete Maßnahmen umzusetzen, damit mehr Filme mit Audiodeskription und Untertitelung produziert und damit blinden und sehbehinderten sowie gehörlosen und hörbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden können;

b) das Filmförderungsgesetz dahingehend anzupassen, dass Förderungshilfen verbindlich an die Voraussetzung gebunden werden, dass wenigstens eine Endfassung des Films in einer Version mit deutscher Audiodeskription und mit deutschen Untertiteln hergestellt wird;

c) eine Punkt 7 b) entsprechende Regelung auch in den Richtlinien des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) und der kulturellen Filmförderung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) umzusetzen;

8. darauf hinzuwirken, dass in den Ausbildungsbetrieben der Kultur- und Medieneinrichtungen des Bundes die besonderen Anforderungen an eine Ausbildung von Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden;

9. beim Aufbau der Deutschen Digitalen Bibliothek durch Bund und Länder sicherzustellen, dass die zur Verfügung gestellten Inhalte barrierefrei zugänglich sind;

10. a) im Gestaltungsbereich des Bundes Belange der Menschen mit Behinderung in der Ausgestaltung und im Gebrauch der Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten der Medien, wie z. B. bei Internetplattformen, die vom Bund bereitgestellt werden ("Ein Netz für Kinder"), zu berücksichtigen;

b) die Barrierefreiheit im Internet über Zielvereinbarungen mit privaten Internetanbietern zu fördern;

c) die besonderen Belange von Menschen mit Behinderung bei entsprechenden Bildungsangeboten zur Vermittlung von Medienkompetenz zu berücksichtigen;

11. die Förderung des von Selbsthilfe- und Sozialverbänden getragenen Bundeskompetenzzentrums Barrierefreiheit e.V. fortzusetzen, welches als Anlaufstelle für alle barrierefreien Belange einen wichtigen Beitrag für die Erarbeitung konkreter Lösungen durch die Betroffenen selbst für die Gestaltung einer barrierefreien Umwelt leistet und wichtige Hilfestellungen bietet.

Berlin, den 24. Januar 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion


*


Anhang

Das ist ein Antrag für mehr barriere-freie Kultur-Angebote.

Diesen Antrag haben Politikerinnen und Politiker
von der SPD-Bundes-Tags-Fraktion geschrieben.

Die SPD ist eine große Partei in Deutschland.
SPD heißt: Sozial-demokratische Partei Deutschlands

Eine Partei ist eine Gruppe von Menschen,
die alle dieselbe Politik machen wollen.

Eine Fraktion ist ein Teil von einer Gruppe.
Die SPD-Fraktion ist ein Teil von der großen Partei SPD.
Die SPD-Fraktion ist im Deutschen Bundes-Tag.

Diese Politikerinnen und Politiker haben den Antrag geschrieben:
Ulla Schmidt (Aachen), Doris Barnett, Sören Bartol,
Martin Dörmann, Siegmund Ehrmann, Petra Ernstberger,
Karin Evers-Meyer, Dr. Edgar Franke, Dagmar Freitag,
Martin Gerster, Iris Gleicke, Angelika Graf, Kerstin Griese,
Hans-Joachim Hacker, Bettina Hagedorn, Michael Hartmann,
Gabriele Hiller-Ohm, Petra Hinz, Oliver Kaczmarek, Lars Klingbeil,
Angelika Krüger-Leißner, Christine Lambrecht, Christian Lange,
Gabriele Lösekrug-Möller, Kirsten Lühmann, Petra Merkel,
Thomas Oppermann, Dr. Wilhelm Priesmeier, Mechthild Rawert,
René Röspel, Karin Roth, Marlene Rupprecht, Peer Steinbrück,
Dr. h.c. Wolfgang Thierse, Franz Thönnes, Brigitte Zypries,
Dr. Frank-Walter Steinmeier
und die SPD-Bundes-Tags-Fraktion

Diesen Antrag wollen die Politikerinnen und Politiker
an den Deutschen Bundestag geben.

Der Deutsche Bundestag ist eine große Gruppe
von Politikerinnen und Politikern.
Aus vielen verschiedenen Parteien.

Sie werden von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt.
Diese Politikerinnen und Politiker
vertreten die Bürgerinnen und Bürger von Deutschland.
Der Deutsche Bundestag ist in der Haupt-Stadt Berlin.

Der Antrag heißt:
Kultur für alle!
Für einen gleichberechtigten Zugang von Menschen mit
Behinderung zu Kultur, Information und Kommunikation

Kultur für alle bedeutet:
Alle Menschen sollen überall mitmachen können.
Kultur-Angebote sind wichtig für alle Menschen.

Menschen mit Behinderungen
brauchen aber barriere-freie Kultur-Angebote.

Denn auch sie wollen Wahl-Möglichkeiten haben.
Sie wollen selbst entscheiden können,
wie und mit wem sie ihre Freizeit verbringen.

Sie müssen ihr Leben selbst bestimmen und gestalten können.
Wie alle anderen Menschen auch.

Dafür arbeiten viele Menschen ehren-amtlich in Projekten,
zum Beispiel:

- Handiclapped Kultur Barriere-Frei e.V.
www.handiclapped.de
Der Verein Handiclapped macht barriere-freie Kultur-Veranstaltungen.

- Kulturkompanie
www.kulturkompanie.eu
Die Kulturkompanie macht barriere-freie Musik-Konzerte.

- Wheelmap
www.wheelmap.org
Das ist ein Reise-Führer für Menschen mit Behinderungen.

Ehren-amtlich bedeutet:
Menschen tun etwas für andere Menschen.
Dafür bekommen sie aber kein Geld.
Sie machen das kostenlos.

Die Menschen in diesen Projekten arbeiten ehren-amtlich.
Denn es muss noch mehr barriere-freie Kultur-Angebote
für Menschen mit Behinderungen geben.


Aber es gibt auch viele Verträge und Gesetze, zum Beispiel:

- Die Behinderten-Rechts-Konvention der Vereinten Nationen
Die Vereinten Nationen sind 192 Länder.
Die Länder haben sich zusammen getan
und machen zusammen Politik.

Die Behinderten-Rechts-Konvention ist ein Vertrag.
In dem Vertrag steht:
Menschen mit Behinderungen sollen die gleichen Rechte haben
wie Menschen ohne Behinderungen.
Menschen mit Behinderung sollen ernst genommen werden.
Das soll überall auf der Welt gleich sein.
Diesen Vertrag hat Deutschland unterschrieben.

- Das Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz in Deutschland
In dem Gesetz stehen wichtige Regeln.
Zum Beispiel:
Kein Mensch darf benachteiligt werden.
Das bedeutet: Menschen mit Behinderungen
und Menschen ohne Behinderungen
müssen gleich behandelt werden.

- Der Nationale Aktions-Plan von Deutschland
Die deutsche Bundes-Regierung hat einen Plan gemacht.
Die Bundes-Regierung ist:

· die Bundes-Kanzlerin oder der Bundes-Kanzler
· und die Bundes-Ministerinnen und Minister

Der Nationale Aktions-Plan ist ein Plan
für die Rechte von Menschen mit Behinderung.
Bei diesem Plan haben Menschen mit Behinderung geholfen.
In dem Aktions-Plan steht:
Was die Bundes-Regierung alles machen will,
damit Menschen mit Behinderung überall mitmachen können.

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion sagt:

Diese Verträge und Gesetze sind sehr wichtig.
Aber nicht alle Regeln darin sind gut.
Und vieles steht nur auf dem Papier.
Das heißt:
Es wird nicht gemacht.
Oder es wird nicht richtig gemacht.
Oder es wird zu spät gemacht.

Es muss in Deutschland noch vieles verändert werden.
Es muss noch viel mehr barriere-freie Kultur-Angebote geben.

Die Politikerinnen und Politiker von der SPD wollen,
dass alle Menschen überall mitmachen können.
Sie wollen: Kultur für alle!
Deshalb haben sie diesen Antrag geschrieben.

Der Bundes-Tag soll neue Regeln machen!

Damit auch Menschen mit Behinderungen
mitmachen können bei:

- Kultur
- Information
- Kommunikation

Denn überall mitmachen können:
Das ist wichtig für alle Menschen!



Kultur

Menschen mit Behinderungen brauchen barriere-freie Kultur-Angebote.
Kultur-Angebote sind ganz viele verschiedene Sachen.
Zum Beispiel:
- Kino-Vorstellungen oder Theater-Vorstellungen
- Das Museum
  Im Museum kann man viele spannende Dinge ansehen.
- Musik-Konzerte
- Büchereien
  In Büchereien kann man sich Bücher leihen.
Und man kann dort auch Bücher lesen.

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion sagt zum Beispiel:

- Im Theater muss es Vorstellungen in Gebärden-Sprache geben.
  Dann können gehörlose Menschen sehen,
  was die Schau-Spielerinnen und Schau-Spieler sagen.

- Es muss Filme mit Bild-Beschreibungen geben.
  Dann können blinde Menschen hören,
  was im Kino zu sehen ist.

- Das Museum muss eine Rampe haben.
  Damit Menschen im Rollstuhl
  auch ohne Unterstützung ins Museum gehen können.



Information

Informationen sind wichtig für alle Menschen.
Menschen mit Behinderungen brauchen
barriere-freie Informationen.

Informationen ist ein schweres Wort.
Die Abkürzung dafür ist Infos.
In diesem Text wird das Wort Infos benutzt.
Das können Menschen mit Lernschwierigkeiten
besser lesen und verstehen.

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion will barriere-freie Infos,
zum Beispiel:

- Zeitungen und Zeitschriften in Leichter Sprache
  für Menschen mit Lernschwierigkeiten
- Fernseh-Sendungen in Gebärden-Sprache
  für gehörlose Menschen
- Kino-Programme und Theater-Programme
  in Blinden-Schrift

- Internet-Seiten
  · In Leichter Sprache
  · In Gebärden-Sprache
  · Mit Sprach-Ausgabe für blinde Menschen.
Und für Menschen, die nicht lesen können.
Sprach-Ausgabe bedeutet:
Man kann sich Texte von der Internet-Seite vorlesen lassen.



Kommunikation
Kommunikation ist wichtig für alle Menschen.
Menschen mit Behinderungen brauchen
barriere-freie Kommunikation.

- Damit sie andere Menschen verstehen können.
- Damit andere Menschen sie verstehen können.

Kommunikation ist ein schweres Wort und bedeutet:
Sich mit einem Menschen
oder mit mehreren Menschen unterhalten.

Es gibt viele verschiedene Formen von Kommunikation.
Zum Beispiel:

- Einen Brief schreiben
- Eine Rede halten
- Ein Gedicht schreiben
- Ein Lied singen
- In Gebärden-Sprache miteinander reden

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion
will barriere-freie Kommunikation.

Das heißt:
- Gehörlose Menschen brauchen Gebärden-Sprache.
- Menschen mit Lernschwierigkeiten brauchen Leichte Sprache.
- Blinde Menschen brauchen Blinden-Schrift.



Die Forderungen der SPD-Bundes-Tags-Fraktion
an die Bundes-Regierung

Barriere-freie Filme müssen noch mehr gefördert werden

Es wurde ein Gesetz geändert,
damit es mehr barriere-freie Filme gibt.
Das Gesetz heißt in schwerer Sprache: Film-Förderungs-Gesetz

In dem Gesetz steht:
Filme-Macherinnen und Filme-Macher können Geld bekommen.
Damit sie gute Filme machen können.
Dafür will die Bundes-Regierung Geld geben.
Sie will mit dem Geld gute Filme fördern.

Die Bundes-Regierung möchte auch:
Es soll mehr barriere-freie Filme geben.
Aber die Bundes-Regierung gibt das Geld auch dann,
wenn der Film nicht barriere-frei ist.

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion will aber:

Die Bundes-Regierung soll nur dann Geld geben,
wenn der Film barriere-frei ist.

Zum Beispiel:
- für Filme mit Unter-Titeln für gehörlose Menschen
- für Filme mit Bild-Beschreibung für blinde Menschen Unter-Titel


Radio und Fernsehen müssen barriere-frei werden
Im Radio und Fernsehen gibt es nur wenig Sendungen,
die barriere-frei sind.
Das ist sehr schade,
denn auch Menschen mit Behinderungen sehen gerne Fernsehen.
Und sie hören auch gerne Sendungen im Radio.

Im Nationalen Aktions-Plan steht:
Darüber muss gesprochen werden.
Das bedeutet:
Politikerinnen und Politiker wollen sich
mit Leuten vom Rundfunk treffen.
Dann wollen sie darüber reden,
dass es mehr barriere-freie Sendungen
im Radio und Fernsehen geben soll.

Die SPD-Fraktion sagt aber:

Gespräche über mehr barriere-freie Sendungen sind uns nicht genug.
Es gibt einen Vertrag.
Der Vertrag heißt: Rundfunk-Staats-Vertrag.
Diesen Vertrag haben die 16 Bundes-Länder
von Deutschland gemacht.
In diesem Vertrag gibt es Regeln für mehr barriere-freie
Filme und Sendungen im Radio und Fernsehen.

An diese Regeln müssen sich die Leute vom Rundfunk halten.
Das bedeutet:

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk-Sender müssen barriere-frei
werden.
Deshalb muss es im Radio und Fernsehen
noch mehr Filme und Sendungen
für Menschen mit Behinderungen geben.

Zum Beispiel:
- Filme mit Unter-Titeln für gehörlose Menschen
- Fernseh-Filme mit Bild-Beschreibungen für blinde Menschen
- Radio-Sendungen in Leichter Sprache
  für Menschen mit Lernschwierigkeiten
- Info-Sendungen in Gebärden-Sprache für gehörlose Menschen.


Mehr barriere-freie Kultur-Angebote und Freizeit-Angebote

Für neue Kultur-Angebote und neue Freizeit-Angebote
gibt die Bundes-Regierung manchmal Geld.

Damit man dieses Geld bekommt,
muss man in dem Antrag nur schreiben:
Dieses neue Freizeit-Angebot oder neue Kultur-Angebot
können wir barriere-frei machen.
Das heißt aber nicht:
Das neue Freizeit-Angebot oder das neue Kultur-Angebot
wird wirklich barriere-frei.

Trotzdem bekommt man Geld von der Bundes-Regierung.
Und niemand von der Bundes-Regierung prüft:
Ist das neue Freizeit-Angebot oder das neue Kultur-Angebot
wirklich barriere-frei geworden.

Das findet die SPD-Bundes-Tags-Fraktion nicht gut.
Sie sagt:

Die Bundes-Regierung darf
nur für barriere-freie Freizeit-Angebote
und für barriere-freie Kultur-Angebote Geld geben.
Und die Bundes-Regierung muss dann prüfen:
Sind die neuen Angebote auch wirklich barriere-frei.

Im Bundes-Land Rheinland-Pfalz gibt es dafür Regeln.
Dieses Bundes-Land gibt nur Geld,
wenn das neue Freizeit-Angebot wirklich barriere-frei ist.
Und wenn Menschen mit Behinderungen mitmachen können.

Die Haupt-Stadt Berlin gibt auch Geld
für neue barriere-freie Kultur-Angebote.

Berlin hat mit vielen Museen
und Behinderten-Verbänden zusammen eine Liste gemacht.
Sie haben aufgeschrieben,
was Barriere-Freiheit im Museum bedeutet.

Und was Menschen mit Behinderungen brauchen,
damit sie ins Museum gehen können.
Zum Beispiel:

- Führungen in Leichter Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten.
- Bilder und Dinge zum Anfassen für blinde Menschen.
- Führungen in Gebärden-Sprache für gehörlose Menschen.

Berlin gibt für neue Kultur-Angebote nur dann Geld,
wenn man die Dinge macht, die auf der Liste stehen.


Neue Häuser der Bundes-Regierung müssen barriere-frei sein
Die Bundes-Regierung lässt manchmal neue Häuser bauen.
Zum Beispiel: Ein neues Haus für ein Amt.

Dann macht die Bundes-Regierung eine Aus-Schreibung.
In der Aus-Schreibung steht,
was für ein Haus gebaut werden soll.
Verschiedene Bau-Firmen können dann sagen:
Wir wollen das neue Haus bauen.
Die Bundes-Regierung bestimmt dann,
welche Firma das Haus bauen soll.

Für diese Ausschreibungen gibt es Regeln.

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion will:

Diese Regeln sollen jetzt geändert werden.
In den Aus-Schreibungen muss stehen:
Das neue Haus für das Amt muss barriere-frei gebaut werden.

Manchmal lässt die Bundes-Regierung auch alte Häuser umbauen.
Dann gibt es auch eine Aus-Schreibung.
Aber in alten Häusern kann nicht immer alles
barriere-frei umgebaut werden.
Dann muss die Bundes-Regierung aber sagen:
Warum das Haus nicht barriere-frei umgebaut werden kann.


Barriere-Freiheit und Denkmal-Schutz
Die Bundes-Regierung gibt viel Geld für die Denkmal-Förderung.
Sie gibt zum Beispiel Geld,
damit ein Denkmal gut erhalten bleibt.
Und viele Menschen sich das Denkmal ansehen können.

Manchmal ist es schwer, alles barriere-frei zu machen.
Denn auch alte Bauwerke zum Beispiel
stehen oft unter Denkmal-Schutz.

Alte Bauwerke sind zum Beispiel:
- Das Brandenburger Tor in Berlin
- Das Schloss Neuschwanstein bei Füssen
- Die Frauenkirche in Dresden
- Alte Fachwerk-Häuser

An diesen Bauwerken darf nicht viel verändert werden.
Weil sie schon sehr alt sind.
Und weil es viele alte Geschichten über sie gibt.
Deshalb will man die alten Bauwerke schützen.
Das nennt man auch: Denkmal-Schutz

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion will:

Auch für die Denkmal-Förderung gibt es Regeln.
Jetzt muss es neue Regeln geben:
Bei der Denkmal-Förderung
muss man mehr auf Barriere-Freiheit achten.

Wenn Bauwerke unter Denkmal-Schutz stehen,
kann man sie aber oft nicht ganz barriere-frei machen.

Dann muss man überlegen:
Was kann man tun, damit es nur noch sehr wenig Barrieren gibt.


Menschen mit Behinderungen haben Talente und Fähigkeiten

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion sagt:
Menschen mit Behinderungen müssen mehr beteiligt werden.
Sie sind zum Beispiel Expertinnen
und Experten für Barriere-Freiheit.
Sie wissen selbst am besten, was sie brauchen.

Menschen mit Behinderungen können beraten:
Was gute barriere-freie Kultur-Angebote und Freizeit-Angebote sind.



Ausbildungen für Menschen mit Behinderungen

Manche Kultur-Angebote und Freizeit-Angebote
gehören der Bundes-Regierung.

Zum Beispiel:
- Die Deutsche National-Bücherei in Leipzig
- Die Deutsche National-Bücherei in Frankfurt
- Das Deutsche Historische Museum in Berlin
- Das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn

In den Museen und Büchereien von der Bundes-Regierung
können Menschen ohne Behinderung eine Ausbildung machen.

Zum Beispiel als:
- Bibliothekarin oder Bibliothekar
Das sind Betreuerinnen und Betreuer von Büchereien.

- Museumswärterin oder Museumswärter.
Sie pflegen und bewachen die Sachen im Museum.

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion fordert:
Auch Menschen mit Behinderungen
sollen eine Ausbildung machen können.
Zum Beispiel in der Deutschen National-Bücherei.
Oder im Haus der Geschichte.

Dafür müssen Menschen mit Behinderungen
die Unterstützung und Hilfen bekommen,
die sie brauchen.

Infos und Broschüren für Barriere-Freiheit

In Berlin gibt es ein Zentrum für Barriere-Freiheit.
Das Zentrum heißt:
Bundes-Kompetenz-Zentrum für Barriere-Freiheit

Da arbeiten viele Menschen,
die viel über Barriere-Freiheit wissen.
Bundes-Kompetenz-Zentrum heißt auch:
Das ist ein Zentrum für Fach-Wissen zu Barriere-Freiheit.

Das Bundes-Kompetenz-Zentrum und der Deutsche Museums-Bund
machen eine Info-Broschüre über Barriere-Freiheit.

Der Deutsche Museums-Bund ist ein großer Verein.
In dem Verein sind viele Museen aus ganz Deutschland.

In der Broschüre über Barriere-Freiheit stehen viele Infos
über räumliche Barriere-Freiheit.

Räumliche Barriere-Freiheit bedeutet zum Beispiel:

- Ein Museum muss ein Leit-System für blinde Menschen haben.
  Ein Leit-System ist ein Weg-Weiser für blinde Menschen.
  Dann wissen blinde Menschen wissen, wo sie lang gehen müssen.

- Im Museum muss es einen Fahrstuhl geben.
  Damit Menschen im Rollstuhl überall hin können.

- Museum muss es Toiletten
  für Menschen mit Behinderungen geben.

In der Broschüre steht aber auch vieles über barriere-freie Sprache.
Zum Beispiel:

- Es muss Museums-Broschüren in Leichter Sprache geben.
- Und es muss diese Broschüren in Blinden-Schrift geben.
- Im Museum kann man viele spannende Sachen sehen.
  Die müssen in Leichter Sprache erklärt werden.

Das Bundes-Kompetenz-Zentrum
will noch mehr Broschüren machen.
Zum Beispiel über Barriere-Freiheit für Büchereien.
Damit es bald noch mehr barriere-freie Kultur-Angebote
und Freizeit-Angebote gibt.

Deshalb sagt die SPD-Bundes-Tags-Fraktion:
Das Bundes-Kompetenz-Zentrum Barriere-Freiheit
muss weiter genug Geld bekommen.
Damit es weiter gute Arbeit
für Menschen mit Behinderungen machen kann.



Neue Medien und barriere-freies Internet

Neue Medien sind Dinge,
die man im Internet machen kann.
Zum Beispiel:

- Nachrichten lesen
- Meinungen zu verschiedenen Dingen schreiben
- Musik hören
- Fernsehen gucken
- Musik auf dem eigenen Computer speichern
- Mit anderen Menschen sprechen

Viele Menschen mit Behinderungen nutzen das Internet.
- Sie können da viele spannende und gute Infos bekommen.
- Sie können sich im Internet verabreden.
- Und können sich im Internet mit einem Menschen
  oder mit mehreren Menschen unterhalten.

Menschen mit Behinderungen
brauchen aber ein barriere-freies Internet.
Das bedeutet:

- Internet-Seiten
· In Leichter Sprache
· In Gebärden-Sprache
· Mit Sprach-Ausgabe für blinde Menschen.
  Und für Menschen, die nicht lesen können.
  Sprach-Ausgabe bedeutet:
  Man kann sich die Texte von der Internet-Seite vorlesen lassen.

Für ein barriere-freies Internet gibt es eine neue Verordnung.
Die neue Verordnung heißt: BITV 2.0
Das sind neue Regeln.
In den neuen Regeln steht:
Internet-Auftritte von Einrichtungen von der Bundes-Verwaltung
müssen barriere-frei sein.
Internet-Auftritt bedeutet:
Das ist ein Ort im Internet.
An diesem Ort kann zum Beispiel ein Amt viele Informationen zeigen.

Einrichtungen der Bundes-Verwaltung sind zum Beispiel Ämter:
- Das Finanz-Amt
- Das Sozial-Amt
- Das Jugend-Amt
- Die Agentur für Arbeit.

In den neuen Regeln steht also:
Für Menschen mit Behinderung
muss es viele barriere-freie Infos von Ämtern im Internet geben.

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion sagt:
Die Regeln sind gut.

Die Bundes-Verwaltung hat aber noch viele Internet-Seiten,
die nicht barriere-frei sind.
Deshalb muss sie sich schnell an diese Regeln halten.

Auch private Internet-Seiten sollen barriere-frei sein.
Private Internet-Seiten sind zum Beispiel Internet-Seiten von:
- Firmen
- Kranken-Häusern
- Ärztinnen und Ärzten
- Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten
Private barriere-freie Internet-Seiten sind wichtig.

Deshalb muss es viele Infos
über gute barriere-freie Internet-Seiten geben.

Zum Beispiel dazu:

- Darum brauchen Menschen mit Behinderungen
  barriere-freie Internet-Seiten.
- Deshalb sind barriere-freie Internet-Seiten wichtig.
- So müssen barriere-freie Internet-Seiten aussehen.
Es soll Vereinbarungen für private Internet-Seiten geben.
Vereinbarungen sind Verträge.

In den Verträgen soll stehen:
Private Internet-Auftritte müssen auch barriere-frei sein.

Mehr Barriere-Freiheit bei privaten Kultur-Angeboten
und privaten Sendern

Immer mehr private Kultur-Angebote
müssen barriere-frei werden.
Das bedeutet zum Beispiel:

- Große Konzert-Veranstaltungen müssen barriere-frei sein.
  dafür müssen die Konzert-Veranstalter sorgen.
- Sport-Veranstaltungen müssen barriere-frei sein.
  Zum Beispiel Fußball-Spiele im Stadion.

In Deutschland gibt es viele Fernseh-Sender und Radio-Sender.
Es gibt:
- öffentlich-rechtliche Sender
- private Sender

Für die öffentlich-rechtlichen Sender
muss man jeden Monat Geld bezahlen.
Das sind Rundfunk-Gebühren.

Für private Sender muss man kein Geld bezahlen.

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion sagt:
Aber auch bei privaten Sendern muss es mehr Barriere-Freiheit geben.
Das bedeutet:

- Es muss mehr Sendungen für gehörlose Menschen geben.
  · Mit Unter-Titeln
  · In Gebärden-Sprache

- Es muss Sendungen in Leichter Sprache
  für Menschen mit Lernschwierigkeiten geben.

- Es muss mehr Sendungen mit Bild-Beschreibungen
  für blinde Menschen geben.


Geld von der Bundes-Regierung für barriere-freie Projekte

Die Bundes-Regierung hat viele Förder-Programme.
Das bedeutet:
Die Bundes-Regierung gibt Geld für viele Projekte.
Zum Beispiel auch für neue Kultur-Angebote
und neue Freizeit-Angebote.
Für diese Förder-Programme gibt es Regeln.

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion sagt:

Diese Regeln müssen geändert werden.

Die Bundes-Regierung soll weiter Geld
für neue Kultur-Angebote und Freizeit-Angebote geben.

Aber sie soll noch mehr Geld
für neue barriere-freie Kultur-Angebote und Freizeit-Angebote geben.

Bei Förder-Programmen von der Bundes-Regierung
müssen Menschen mit Behinderungen mitmachen können.
Zum Beispiel bei:

- Förder-Programmen für Kunst-Projekte
- Förder-Programmen für neue Kultur-Angebote


Behinderte Künstlerinnen und Künstler
Behinderte Künstlerinnen und Künstler
müssen überall dabei sein können.
Sie dürfen nicht als etwas Besonderes gesehen werden,
nur weil sie Menschen mit Behinderungen sind.
Sie müssen zuerst als Künstlerinnen und Künstler gesehen werden.
Ihre Behinderungen dürfen nicht das Wichtigste sein.

Behinderte Künstlerinnen und Künstler brauchen
barriere-freie Ausbildungs-Möglichkeiten, damit sie:

- Musik machen und in einer Band spielen können.
- Bilder malen und sie in einer Ausstellung
  anderen Menschen zeigen können.
- Als Schau-Spielerin oder Schau-Spieler
  in Filmen oder im Theater mitspielen können.

Die SPD-Bundes-Tags-Fraktion sagt:
- Dafür brauchen Menschen mit Behinderungen
  barriere-freie Schulen und Universitäten.
- Sie müssen bei den Förder-Programmen
  von der Bundes-Regierung mitmachen können.
- Sie müssen Förder-Gelder
  von der Bundes-Regierung bekommen.

Und sie brauchen Menschen, die an sie glauben.
Die ihnen sagen: Du schaffst das!



Nachwort

In den Behinderten-Rechts-Konventionen steht:
Alle Menschen haben die gleichen Rechte.
Sie sollen gleichberechtigt
am Leben in der Gemeinschaft teilhaben können.

Das bedeutet:
Alle Menschen müssen überall dabei sein können.
Niemand darf ausgeschlossen sein.
Für Menschen mit Behinderungen bedeutet das:
Es muss sich noch viel verändern in Deutschland.



Übersetzung in Leichte Sprache:
Andrea Tischner
Michael Heydekamp

Die Prüfung auf Leichte Sprache haben Menschen mit Lernschwierigkeiten aus den Elbe-Werkstätten gemacht.


*


Quelle:
Pressemitteilung vom 25. Januar 2012
Silvia Schmidt, MdB
Behindertenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: (030) 227 73109, Fax: (030) 227 76627
E-Mail: silvia.schmidt@bundestag.de
Internet: www.silviaschmidt.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Januar 2012