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POLITIK/451: Bundestagswahl 2009 - Fragen an die Parteien (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 2/2009

Bundestagswahl 2009
Fragen an die Parteien


Die BAG SELBSTHILFE hat auf Basis der Hinweise, Stellungnahmen und Positionierungen der Mitgliedsverbände einen Forderungskatalog zur Bundestagswahl 2009 zusammengestellt und den Parteien im Deutschen Bundestag übergeben. In dieser Ausgabe finden Sie eine Zusammenfassung der Forderungen, die von den behindertenpolitischen SprecherInnen der Parteien auf den folgenden Seiten beantwortet werden. Die Langfassung der Forderungen und eine ebenfalls gekürzte Version bei der wir uns um eine einfache Sprache bemüht haben, finden Sie auf www.bag-selbsthilfe.de



GESUNDHEITSPOLITIK

Solidarisches Gesundheitssystem

Die Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre war geprägt von einer Tendenz zur Abkehr vom Solidaritätsprinzip. Anstatt alle Bürgerinnen und Bürger entsprechend ihrer Möglichkeiten an der Finanzierung des Gesundheitssystems zu beteiligen, waren und sind vor allem chronisch kranke und behinderte Menschen mit Leistungsausgrenzungen und höheren Zuzahlungen konfrontiert - und dies bei in der Regel deutlich geringerem Einkommen und der Tatsache, dass sie im üblichen Sinne nicht heilbar, sondern vielmehr auf dauernde und umfassende Versorgung angewiesen sind.

Frage: Wie werden Sie sich für ein solidarisches Gesundheitssystem einsetzen?


Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich

Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich soll dafür sorgen, dass Krankenkassen mit besonders kranken und somit teuren Versicherten einen finanziellen Ausgleich erhalten, der aus dem Topf stammt, in den die Krankenkassen mit gesunden und gutverdienenden Versicherten einzahlen. Dies begrüßt die BAG SELBSTHILFE. Wir kritisieren allerdings die willkürliche Begrenzung auf 80 Krankheiten.

Frage: Wie stehen Sie zu unserer Forderung, die Zahl auf 300 zu erhöhen?


Hilfsmittelversorgung

Besonders kritisch sieht die BAG SELBSTHILFE die Neuregelung der Hilfsmittelversorgung. Laut Sozialgesetzbuch V besteht ein individueller Anspruch auf Hilfsmittelversorgung. Die Ausschreibung von Hilfsmitteln und die Orientierung am niedrigsten Preis führen zu standardisierter Massenware, die den Bedürfnissen behinderter Menschen nicht gerecht werden kann, da die Hilfsmittel oft aufwendig und sehr individuell angepasst werden müssen.

Frage: Unterstützen Sie die Forderung, diese Neuregelung im Sinne behinderter und chronisch kranker Menschen zu korrigieren?


Arzneimittelversorgung

Ähnlich kritisch steht die BAG SELBSTHILFE zur mangelhaften Transparenz der Arzneimittelversorgung. Auch hier wirken sich die regelmäßigen Änderungen zur Verordnung und Erstattung von Arzneimitteln besonders negativ auf die Versorgung behinderter und chronisch kranker Menschen aus.

Frage: Werden Sie sich dafür einsetzen, eine eindeutige Regelung zur Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln durchzusetzen, die Zuzahlungsregelungen auf wenige Ausnahmen zu beschränken und den Krankenkassen nicht die Möglichkeit zu geben, die Versorgung mit notwendigen Arzneimitteln als Wettbewerbsinstrument zu nutzen?


"Sprechende Medizin"

Wichtig für eine patientenorientierte Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung ist neben allem technischen Fortschritt die an genannte "sprechende Medizin". Zwar ist wissenschaftlich belegt, dass die im Gespräch erarbeitete gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient zu einer deutlichen Verbesserung der Versorgung führt, im System der ärztlichen Honorierung wird sie aber nicht angemessen berücksichtigt.

Frage: Werden Sie gemeinsam mit den Patientenorganisationen Vergütungsformen für "sprechende Medizin" entwickeln?


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TEILHABE BEHINDERTER MENSCHEN

Inklusive Bildung - Pflegeversicherung - Behindertenrechtskonvention

Deutschland hat ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz und die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen ratifiziert. Eigentlich stehen damit die Chancen behinderter und chronisch kranker Menschen gut, gleichberechtigt an allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens uneingeschränkt teilnehmen zu können. Anspruch und Wirklichkeit klaffen aber nach wie vor weit auseinander, auch wenn die Bundesregierung dies in ihrer Denkschrift zur Behindertenrechtskonvention bestreitet. Besonderen Handlungsbedarf sieht die BAG SELBSTHILFE - neben Themen wie Barrierefreiheit, Eingliederungshilfe und Assistenz, Arbeit und Beschäftigung oder der Gleichberechtigung behinderter Frauen - vor allem in ihrer Forderung nach inklusiver Bildung und nach einem Gesamtkonzept der Betreuung behinderter, pflegebedürftiger und älterer Menschen.

Frage: Wie steht Ihre Partei zur Forderung der BAG SELBSTHILFE nach der Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechts bei der Auswahl geeigneter Schulformen? Werden Sie sich dafür einsetzen, die Pflegeversicherung ins SGB IX einzubeziehen, um den Hilfe-, Rehabilitations- und Pflegebedarf trägerübergreifend zu ermitteln und teilhabeorientiert zu erfassen? Was werden Sie tun, um die Behindertenrechtskonvention in Deutschland umzusetzen?



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FREIWILLIGES SOZIALES ENGAGEMENT

Selbsthilfe

Die Bedeutung ehrenamtlicher Arbeit für die Gesellschaft ist unbestritten. Die Versorgung behinderter und chronisch kranker Menschen ist ohne das bürgerschaftliche Engagement im Gesundheits- und Sozialsektor nicht mehr denkbar.

Frage: Wie stehen Sie zu den Forderungen der BAG SELBSTHILFE die Arbeit der Gesundheitsselbsthilfe durch eine ausreichende und verlässliche Selbsthilfeförderung zu unterstützen, die gewonnenen Kompetenzen und Qualifikationen der EhrenamtlerInnen zu dokumentieren und im Ehrenamt geleistete Aufwendungen steuerlich anzuerkennen?


Jugendfreiwilligendienste

Seit geraumer Zeit streitet die BAG SELBSTHILFE dafür, dass neben den Organisationen der freien Wohlfahrtspflege auch die Organisationen behinderter und chronisch kranker Menschen gleichberechtigt in das Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten aufgenommen werden. Wir halten es für eine Diskriminierung, dass im Jahr 2002 die Einsatzmöglichkeiten zwar auf den kulturellen Bereich erweitert wurden, die Behindertenselbsthilfe aber weiterhin ausgeschlossen wird.

Frage: Was werden Sie dagegen tun?


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Quelle:
Selbsthilfe 2/2009, S. 14-15
Zeitschrift der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung
und ihren Angehörigen e.V.
Herausgeber: BAG Selbsthilfe
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Tel.: 0211/31 00 6-0, Fax: 0211/31 00 6-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juli 2009