Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN


INNEN/3048: Nach der Bundestagswahl - Beschlüsse, Sondierungsgespräche und mehr...


Pressedienst von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 30. September 2017

Beschluss des Länderrates - Dringlichkeitsantrag - Zukunft wird aus Mut gemacht - BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach der Bundestagswahl


Bei der Bundestagswahl haben 4.157.564 Wählerinnen und Wähler uns Grünen ihre Stimme anvertraut - und damit haben wir unser bisher zweitbestes Ergebnis erreicht. Diese Menschen haben sich für starken Klimaschutz, gelingende Integration in einer offenen und freien Gesellschaft, soziale Gerechtigkeit und ein starkes, solidarisches Europa ausgesprochen. Wir danken ihnen für ihr Vertrauen. Es ist uns Verpflichtung, mit vollem Einsatz für unsere Werte einzustehen und für unsere Ziele zu kämpfen.

Wir haben uns mit diesem Ergebnis behauptet nach einem für uns nicht einfachen Wahlkampf. Gerade in den letzten Tagen vor der Wahl konnten wir noch mal sehr viele Bürgerinnen und Bürger für uns gewinnen. Besonders stark haben wir bei jungen Menschen und Frauen abgeschnitten. Dennoch haben wir unsere Ziele, ein deutlich zweistelliges Wahlergebnis zu holen und dritte Kraft zu werden, leider nicht erreichen können. Dazu haben wir in den ostdeutschen Bundesländern bis auf Brandenburg auf bereits niedrigem Niveau weiter verloren. Unser grünes Wahlergebnis werden wir in den kommenden Wochen und Monaten gemeinsam von allen Seiten gründlich beleuchten, um daraus für kommende Wahlen zu lernen. Wir werden unsere Anstrengungen verstärken, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Ostdeutschland voranzubringen.

Insgesamt macht uns das Ergebnis dieser Bundestagswahl sehr nachdenklich. Deutschland rückt nach rechts. Mit der AfD ziehen in großer Zahl völkische und teils rechtsextreme Abgeordnete in den Deutschen Bundestag ein. Ihre Wahl ist zu großen Teilen Ausdruck von Protest und Enttäuschung und eines schwindenden Zusammenhalts in der Gesellschaft. Wir werden es ihr nicht durchgehen lassen, mit gezielten Grenzüberschreitungen Debatten zu dominieren. Wir setzen weiter auf Zukunft, Empathie, Tatkraft und Zusammenhalt statt auf Hass und Hetze. Die Antwort auf die neue Rechte muss zum einem die klare Abgrenzung und demokratische Auseinandersetzung in der konkreten Sache sein. Zum anderen ist es Aufgabe der kommenden Bundesregierung der Spaltung unseres Landes entgegenzuwirken und den Zusammenhalt dieser Gesellschaft zu stärken. Wir wollen den demokratischen Diskurs neu beleben und den Parlamentarismus stärken durch mehr Debatte und mehr politische Leidenschaft in der politischen Arbeit.

Das Parteiensystem ändert sich und die Mehrheitsverhältnisse in den Parlamenten werden komplizierter. Die Bundestagswahl nachvollzieht damit eine Entwicklung, die wir in den Ländern seit einiger Zeit bereits miterleben. Wir gehen damit verantwortungsvoll um. Das bedeutet auch, dass wir unseren Kurs der Eigenständigkeit ernst nehmen. Wir regieren derzeit in zehn Ländern in acht verschiedenen Konstellationen - mit einer klaren Verortung als Partei der linken Mitte. Diese Verortung gibt uns Kraft und Klarheit für die anstehenden Herausforderungen.

Es ist die Aufgabe der demokratischen Parteien, mit diesem Wahlergebnis verantwortlich umzugehen. Dazu gehört es, eine stabile Regierung in turbulenten Zeiten zu bilden. Wir sind gut darauf vorbereitet, ernsthafte Sondierungsgespräche zu führen. Wir haben vor der Wahl gesagt, dass wir bereit sind, mit allen Parteien außer der AfD zu sprechen. Das gilt weiterhin. Das betrachten wir als unsere demokratische Pflicht. Wir gehen in die Gespräche als progressive Kraft und verstehen uns als Stimme der progressiv denkenden Menschen in unserem Land.

Eine Einladung der CDU und CSU zu gemeinsamen Sondierungsgesprächen mit der FDP nehmen wir an. Die Hürden für eine Zusammenarbeit sind hoch. Ob sie überwindbar sind und ob die beteiligten Parteien bereit sind, sich zu bewegen, können wir erst nach Gesprächen beurteilen. Es gibt keinen Automatismus für eine Regierungsbeteiligung. Wenn Gespräche nicht konstruktiv verlaufen, dann werden wir aus der Opposition für Veränderung kämpfen. Wir haben gezeigt, dass wir auch aus der Opposition Entscheidendes bewegen können.

In den Gesprächen werden wir klar machen, dass wir ökologischen Fortschritt und mehr soziale Gerechtigkeit in einem Land erreichen wollen, in dem das soziale Gefüge brüchig wird. Wir wollen, dass Deutschland ein weltoffenes Land bleibt und ein starkes, solidarisches Europa voranbringen, das Globalisierung nachhaltig und gerecht gestaltet. Wir stehen für eine humane Flüchtlingspolitik ein. Unsere Grundlage für diese Gespräche ist unser Wahlprogramm. Deutschland kann sich keine weiteren vier Jahre Stillstand leisten. Entscheidend ist, ob wir unsere zehn Kernvorhaben entschieden voranbringen können. Wir haben in der rot-grünen Regierungszeit von 1998 bis 2005 gezeigt, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dieses Land entscheidend vorangebracht haben. Das ist unser Anspruch.

Wir erteilen einer Sondierungsgruppe unter der Leitung von Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir das Mandat, diese Sondierungsgespräche für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu führen. Weitere Mitglieder der Gruppe sind Annalena Baerbock, Agnieszka Brugger, Reinhard Bütikofer, Katja Dörner, Robert Habeck, Britta Haßelmann, Anton Hofreiter, Michael Kellner, Winfried Kretschmann, Simone Peter, Claudia Roth und Jürgen Trittin.

Die Sondierungsgruppe wird den Stand fortlaufend mit dem Bundesvorstand und Parteirat rückkoppeln. Sollten die Sondierungsgespräche so verlaufen, dass die Sondierungsgruppe und der Bundesvorstand nach Beratung mit dem Parteirat die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfehlen, wird eine Bundesdelegiertenkonferenz über deren Aufnahme entscheiden und eine grüne Verhandlungsgruppe einsetzen. Die Bundesdelegiertenkonferenz am 21. Oktober 2017 wird verschoben bis sich der Zeitplan für Sondierungen zwischen CDU und CSU, FDP und uns konkretisiert hat.

Über einen eventuellen Koalitionsvertrag entscheiden, wie bereits mit dem Wahlprogramm beschlossen, die Parteimitglieder in einer Urabstimmung, deren Ablauf die nächste Bundesdelegiertenkonferenz bestimmen wird. Wir werden dabei einen schnellen Informationsprozess in die Partei gewährleisten und Räume zur Diskussion anbieten. Der Bundesvorstand und Parteirat würden in diesem Fall auf einer Bundesdelegiertenkonferenz am 26./27. Januar 2018 neu gewählt werden.

Sollten die Sondierungsgespräche im Laufe des Oktobers 2017 scheitern, würde eine Bundesdelegiertenkonferenz am 1. und 2. Dezember 2017 mit Vorstandswahlen stattfinden. Im Januar 2018 würde dann keine Bundesdelegiertenkonferenz stattfinden.

*

Quelle:
Pressedienst vom 30. September 2017
Bündnis 90/Die Grünen Bundesvorstand
Sigrid Wolff, Pressesprecherin
Platz vor dem Neuen Tor 1, 10115 Berlin
E-Mail: presse@gruene.de
Tel: 030/28 442-131, -134, Fax: 030/28 442-234
Internet: www.gruene.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang