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SICHERHEIT/920: Nato - Die Wertegemeinschaft verliert an Wert


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 18. November 2016

Nato: Die Wertegemeinschaft verliert an Wert


Anlässlich der Jahrestagung der Parlamentarischen Versammlung der Nato in Istanbul erklären Jürgen Trittin, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und in der Parlamentarischen Versammlung der Nato, und Claudia Roth MdB:

Die von Präsident Obama gelobte "Allianz von Demokratien" tagt in einem Land auf dem Weg in die Autokratie. Im Nato-Land Türkei lässt Präsident Erdogan bei seinem Gegenputsch freigewählte Abgeordnete, die Parteispitze der HDP, Journalisten, Lehrer und Juristen verhaften. Inzwischen haben die ersten türkischen Nato-Offiziere in Rammstein aus Angst vor Verfolgung um Asyl gebeten. Das Gastgeberland Türkei offenbart, in welch kritischem Zustand die Nato ist.

Die Nato-Partner dürfen die Augen vor der Entdemokratisierung der Türkei nicht verschließen. Die Geschichte des Kalten Kriegs darf sich nicht wiederholen, als die Militärdiktatur in Griechenland und die faschistischen Diktaturen in Portugal und Spanien stillschweigend von der Nato geduldetet wurden. Die Wertegemeinschaft muss etwas wert sein. Deshalb werden wir in Istanbul den Dialog mit der türkischen Opposition suchen.

Auch die auf regionale Vormacht ausgerichtete Außenpolitik der Türkei ist gescheitert und brandgefährlich für die Region. Mit kurdischen Kräften in Syrien wie die PYD bekämpft Erdogan die Partner seiner Nato-Partner. Türkische Angriffe zwangen US-Spezialkräfte in Syrien zum Rückzug und schwächten so den Kampf gegen den ISIS. Im Nordirak begeht das türkische Militär einen Völkerrechtsbruch, wenn es ohne die Erlaubnis der Regierung in Bagdad in die Kämpfe um Mossul eingreift. Im türkischen Fernsehen wird der Wetterbericht auf Karten des Osmanischen Reiches gezeigt. Wie all dies mit den NATO-Prinzipien von Zusammenarbeit und Solidarität zusammen passt, bleibt ungeklärt.

In der Parlamentarischen Versammlung wird erneut diskutiert, aufzurüsten und die Verteidigungsetats der Mitgliedsstaaten auf zwei Prozent des Bruttosozialproduktes aufzupumpen. Das würde Deutschland gut 24 Milliarden Euro kosten. Es ginge zu Lasten von Schäubles Schwarzer Null oder der Renten. Vor allem aber ist es Sicherheitspolitik von gestern. Den neuen Kriegen und Konflikten müssen wir mit einem neuen Werkzeugkasten begegnen. Dazu gehört, dass Deutschland endlich sein Versprechen erfüllt, 0,7 Prozent seiner Wirtschaftsleistung in die globale Entwicklung zu investieren. Das wäre eine zeitgemäße Investition in unsere Sicherheit - und nur ein Viertel so teuer wie unnütze Aufrüstung.

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

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Quelle:
Pressemitteilung vom 18. November 2016
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2016

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