Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

SOZIALES/1589: Ghetto-Renten - Bundesregierung muss schnell handeln


Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 8. Februar 2013

Ghetto-Renten: Bundesregierung muss schnell handeln



Zur Spiegel-Meldung, dass das Bundesarbeitsministerium den noch lebenden NS-Ghettoarbeitern rückwirkend eine Rente auszahlen möchte, erklären Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, und Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Rentenpolitik:

Wir begrüßen die Entscheidung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, dem legitimen Anspruch von über 20.000 Überlebenden der Knechtschaft im Ghetto gerecht zu werden. Jetzt muss schnell gehandelt werden! Von der Leyen muss jetzt zügig ein von der gesamten Koalition getragenes Konzept vorlegen, um unserem historischen Willen als Gesetzgeber gerecht zu werden.

Mit dem einstimmigen Beschluss des Bundestages von 2002 wollten wir damals mit dem ZRBG (Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto und zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) den Überlebenden Rentenansprüche sichern. Das Gesetz sah vor, dass bei einem bis zum 30. Juni 2003 gestellten Rentenantrag Rentennachzahlungen ab Juli 1997 möglich sind. In seiner praktischen Anwendung hat das ZRBG lange nicht zu den vom Gesetzgeber gewünschten Ergebnissen geführt. Von den etwa 70 000 Anträgen ist der übergroße Anteil negativ beschieden worden. Diese Tatsache erklärt sich auch damit, dass bei der Anwendung dieses Gesetzes bei den Trägern der Rentenversicherung Unklarheit bestand, wie die Bedingungen der "Freiwilligkeit" und "Entgeltlichkeit", die zwingende Voraussetzungen für die Anerkennung als Beitragszeit nach deutschem Rentenrecht sind, unter den Lebens- und Arbeitsbedingungen in einem Ghetto zu interpretieren sind.

Erst nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 2. Juni 2009, wonach die Kriterien "aus eigenem Willensentschluss" und "Entgeltlichkeit" - deutlich weiter als zuvor - den Bedingungen in den Ghettos angemessen auszulegen sind, haben die Träger der Deutschen Rentenversicherung sämtliche bis dahin bestandskräftig abgelehnten Fälle erneut überprüft. Von 49 560 durch die Rentenversicherungsträger überprüften Fälle mit ZRBG-Bezug konnten 25 153 positiv beschieden werden. Von dieser Entscheidung sind etwa 22.000 noch lebende NS-Opfer betroffen. Diese Entscheidung widersprach seit jeher dem expliziten Willen des Gesetzgebers!

Copyright Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 8. Februar 2013, Nr. 0117/13
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Pressestelle
Telefon: 030/227-572 12, Fax: 030/227-5 69 62
E-Mail: presse@gruene-bundestag.de
Internet: www.gruene-bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2013