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AUSSCHUSS/003: Wie lässt sich Terrorismus wirksam bekämpfen? (Universität Osnabrück)


Universität Osnabrück - Pressemitteilung vom 8. Dezember 2016

Wie lässt sich Terrorismus wirksam bekämpfen?

Politikwissenschaftler der Uni Osnabrück als Experte zur Anhörung im Bundestags-Ausschuss


Der Politikwissenschaftler der Universität Osnabrück Prof. Dr. Ulrich Schneckener nahm vor kurzem an der öffentlichen Anhörung des Unterausschusses "Vereinte Nationen, internationale Organisationen und Globalisierung" des Deutschen Bundestages teil. Neben Schneckener wurden drei weitere Sachverständige zur Rolle der Vereinten Nationen bei der Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus befragt. Das Gremium ist ein Unterausschuss des Auswärtigen Ausschusses.

Anschläge in Metropolen, auf Urlaubsparadiese, Verkehrswege, dazu das Regime des "Islamischen Staates" - Warum sei die Welt nicht sicherer geworden, trotz der Anstrengungen der Staatengemeinschaft gegen den weltweit operierenden Terrorismus? Die Bundestagsabgeordneten hatten sich vorgenommen, Bilanz zu ziehen und vorauszuschauen: Welche Erfolge sind zu verbuchen, welche Fehler sollten sich nicht wiederholen, wie lässt sich zukünftig noch zielgenauer und schlagkräftiger gegen den Terrorismus vorgehen? Grundlage für die Anhörung bildete der "Aktionsplan zur Verhütung des gewalttätigen Extremismus", den die Generalversammlung der Vereinten Nationen 2015 beschlossen hatte. Neben Schneckener nahmen Dr. Michael Lüders von der Nahost-Beratung Lüders in Berlin, Prof. Dr. Peter Neumann vom King?s College in London sowie Dr. Florian P. Kühn von der Universität der Bundeswehr in Hamburg als Sachverständige an der Anhörung teil.

Prof. Schneckener unterstrich zu Beginn: »Terrorismus ist das Ergebnis gesellschaftlicher Spannungen und Spaltungen.« Er wies auch darauf hin, dass sich gerade diejenigen Regionen zu Schauplätzen von Krieg und Terrorismus entwickelt hätten, in denen am stärksten militärisch gegen den Terrorismus vorgegangen worden sei. »Der "global war on terror" war ein Irrweg«, sagte Schneckener. Einig waren sich die Experten, dass sich der Terrorismus der klassischen Kriegslogik und dem eindeutigen Schema von Sieg oder Niederlage entziehe, dies gehöre zum Wesen des Terrorismus. Der Terror werde sich niemals völlig besiegen lassen, man könne lediglich an seiner Eindämmung arbeiten. Dabei könne man von den Vereinten Nationen nicht erwarten, dass sie die Rolle des "Weltpolizisten" übernehmen, gab Schneckener zu bedenken: »Wir dürfen die Vereinten Nationen nicht überfordern.« Jedoch plädierte er dafür, die Weltorganisation zurück ins Spiel zu bringen.

Durch die Art, wie 15 Jahre lang der Kampf gegen den Terrorismus betrieben worden sei, in Form von Ad-hoc-Koalitionen und informellen Arrangements, sei das etablierte multilaterale System geschwächt worden. Die Rolle der Vereinten Nationen bestehe darin, einen Orientierungsrahmen zu schaffen. Zudem sei sie der Ort der Normbildung und zugleich eine wichtige Legitimationsquelle für internationale Politik, so der Osnabrücker Politikwissenschaftler. Deutschland müsse die Vereinten Nationen daher künftig noch stärker unterstützen.

Den vom scheidenden Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, vorgelegten Aktionsplan werteten die Experten als brauchbaren politischen Impuls im Kampf gegen den Terrorismus. Als wichtigste Innovation wurde der präventive, auf zivile Maßnahmen konzentrierte Ansatz des Dokuments hervorgehoben. Damit hätten die Vereinten Nationen einen Perspektivwechsel vollzogen. Dieser Schritt lade aber auch das Spannungsfeld zwischen präventiven Sicherheitsmaßnahmen und dem Schutz von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten weiter auf, so Schneckener. Das Konzept "gewalttätiger Extremismus" berge ähnlich wie der Begriff Terrorismus die Gefahr des Missbrauchs und der Instrumentalisierung, etwa durch autoritäre Regime. Einig waren sich aber alle Experten, dass es als Erfolg zu werten sei, dass die Staatengemeinschaft sich überhaupt auf diesen Aktionsplan habe einigen können.


Die Aufzeichnung der dreistündigen Anhörung findet sich unter:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw48-pa-vereinte-nationen/480756

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Quelle:
Universität Osnabrück - Pressemitteilung Nr. 262 vom 08.12.2016
Dr. Oliver Schmidt, Stell. Pressesprecher Universität Osnabrück
Neuer Graben 29/Schloss, 49074 Osnabrück
Telefon: +49 541 969-4516
E-Mail: oliver.schmidt@uni-osnabrueck.de
Internet: https://www.uni-osnabrueck.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2016

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