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BUNDESTAG/3252: Heute im Bundestag Nr. 257 - 23.05.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 257
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 23. Mai 2012 Redaktionsschluss: 11:50 Uhr

1. Rechtsausschuss lehnt Gesetzentwurf der Linksfraktion zur Sonneborn-Regelung ab
2. Fachkräftesicherung: Probleme erkannt, Maßnahmen umstritten
3. Antrag zur stärkeren Kooperation von Privatwirtschaft und Entwicklungspolitik angenommen
4. Öffentlichkeitsbeteiligung in Planfeststellungsverfahren soll verbessert werden
5. 112 Menschen infolge politisch motivierter Straftaten im März 2012 verletzt
6. Im Bundestag notiert: keine Maßnahmen zur Besteuerung von Glücksspielen
7. Im Bundestag notiert: Unklarheiten bei Förderprogrammen für Güterverkehr



1. Rechtsausschuss lehnt Gesetzentwurf der Linksfraktion zur Sonneborn-Regelung ab

Rechtsausschuss

Berlin: (hib/VER) Der Rechtsausschuss hat einen Gesetzentwurf "zur Stärkung des Rechtsschutzes im Wahlrecht durch Einführung der Sonneborn-Regelung" (17/7848) der Linksfraktion abgelehnt. Nach bisheriger Ausgestaltung des Bundeswahlgesetzes werde "gerichtlicher Rechtsschutz erst nach Durchführung der Wahl gewährt", schreibt die Fraktion in ihrem Entwurf. In einem konkreten Fall, heißt es weiter, habe die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) dies bereits beanstandet. Die "mahnenden Worte der OSZE" seien bisher jedoch nicht berücksichtigt worden. Deshalb bestehe Handlungsbedarf.

Der Fall, auf den sich auch die Linksfraktion beruft, hatte sich im Vorfeld der Wahlen zum 17. Deutschen Bundestag 2009 ereignet. Der "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative" (Die Partei) unter ihrem Vorsitzenden Martin Sonneborn blieb durch den Bundeswahlausschuss die Anerkennung als politische Partei versagt. "Die besondere Rechtslage hat jedoch auch international Aufmerksamkeit erregt", schreibt die Fraktion zur Begründung. Deshalb habe die OSZE damals "erstmalig in der Geschichte" Wahlbeobachter nach Deutschland geschickt.

Die Linksfraktion fordert deshalb in ihrem Gesetzentwurf, Parteien und Vereinigungen, die beispielsweise durch "ablehnende Entscheidungen von Kreiswahlvorschlägen durch die Landeswahlausschüsse" nicht zu Wahlen zugelassen werden, den "Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten" zu ermöglichen.

In der Sitzung des Rechtsausschusses stimmten am Mittwochmorgen die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP sowie die Fraktionen der SPD und der Grünen gegen den Entwurf, der bereits im Februar in erster Lesung Gegenstand im Bundestagsplenum gewesen war .

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2. Fachkräftesicherung: Probleme erkannt, Maßnahmen umstritten

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Berlin: (hib/TYH) Die Bundesregierung hat den Ausschuss für Arbeit und Soziales über Ziele und Maßnahmen zur Fachkräftesicherung informiert. Ein Vertreter stellte bei der Sitzung am Mittwochvormittag das Fachkräftekonzept der Bundesregierung vor. Wesentliche Pfeiler sind demnach Erhöhung der Erwerbstätigkeit, Erhöhung des Qualifizierungsniveaus, Bildungschancen für alle von Anfang an, Qualifizierung der Aus- und Weiterbildung, Aktivierung der Beschäftigungssicherung, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Integration und qualifizierte Zuwanderung. Als wichtige Zielgruppen zur Mobilisierung nannte er Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung sowie Schul- und Studienabbrecher. "Wir müssen uns alle miteinander darum bemühen, in der Bevölkerung ein Bewusstsein für den demographischen Wandel zu schaffen", sagte der Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Die SPD-Fraktion lobte, dass die Qualität der Arbeit in den Mittelpunkt geschoben werde. "Nur gute Arbeit ist sozial", betonte sie. Gleichzeitig gab es Kritik an den zugrunde liegenden Daten. So gehe die Bundesregierung von einem Fachkräftebedarf von 6,5 Millionen Menschen im Jahr 2025 aus, andere Erhebungen sprächen jedoch von 3,5 Millionen.

Die Frage nach der Datenlage sei berechtigt, betonte die FDP-Fraktion. Es gebe unterschiedliche Quellen mit unterschiedlichen Zahlen. Ein entscheidender Faktor sei die Zuwanderung. So gehe man nach wie vor von 100.000 Zuwanderern pro Jahr aus, jedoch sei dies in den vergangenen Jahren nie erreicht worden. "Wir müssen mit der Ungewissheit der Zukunft leben", hieß es.

Die CDU/CSU-Fraktion ging auf die Bedeutung der Integration für die Fachkräftesicherung ein. So müsse Sprachkompetenz verstärkt gefördert werden. Auch die Erhöhung der Qualifizierung hänge mit Integration zusammen. Gleichzeitig äußerte sich die Union positiv zu dem "Strauß von verschiedenen Maßnahmen, die die drohende Lücke schließen sollen".

Die Probleme seien richtig benannt, lobte auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Allerdings seien die Maßnahmen der Dramatik der Situation nicht angemessen. Kritik gab es vor allem an dem geplanten Betreuungsgeld und an dem Ausbau von Minijobs für Frauen, obwohl diese "kein Weg in den Ersten Arbeitsmarkt" seien. Zudem bemängelte die Fraktion, dass das Potenzial von Langzeitarbeitslosen zu gering eingeschätzt werde.

Dem schloss sich auch die Fraktion Die Linke an. Langzeitarbeitslose würden im Fachkräftekonzept der Regierung auf das "Abstellgleis" geschoben, kritisierte sie. Ein weiterer Kritikpunkt waren die Anstrengungen der Bundesregierung im Bereich Pflege. Hier werde es in den kommenden Jahren einen deutlich höheren Bedarf an Arbeitskräften geben, doch: "Da tut sich gar nichts." Vielmehr werde Geld für die falschen Maßnahmen ausgegeben.

Am morgigen Donnerstag wird sich auch das Plenum mit der Sicherung des Fachkräftebedarfs beschäftigen. Grundlage für die Kernzeitdebatte ab 9.55 Uhr ist ein Antrag der SPD-Fraktion (17/9725).

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3. Antrag zur stärkeren Kooperation von Privatwirtschaft und Entwicklungspolitik angenommen

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Die Koalitionsfraktionen wollen die Zusammenarbeit zwischen Entwicklungspolitik und Privatwirtschaft ausbauen. Ein gemeinsamer Antrag von Union und FDP (17/9423) wurde am Mittwochvormittag im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Die exportorientierte deutsche Wirtschaft wende sich zunehmend Entwicklungsländern zu, heißt es im Antrag von Union und FDP. Gerade diese Länder könnten durch "grenzüberschreitende privatwirtschaftliche Aktivität und dadurch hervorgerufenes Wirtschaftswachstum" profitieren: Vor Ort würden Arbeitsplätze geschaffen, mehr Güter und Dienstleistungen erzeugt und verteilt und zusätzliches Steueraufkommen generiert werden. Damit würde die Grundlage für ein "stabiles und handlungsfähiges Staatwesen" gelegt werden, schreiben die Fraktionen.

"Ohne die Finanzkraft der Privatwirtschaft sind die globalen Entwicklungsziele nicht zu erreichen", betonte ein Vertreter der Union am Mittwoch im Ausschuss. Dieser Aspekt sei von den Vorgängerregierungen oft "sträflich vernachlässigt" worden. Als wichtigste Punkte des Antrags hob der Abgeordnete einen intensiveren Dialog und Austausch mit den Kammern und Wirtschaftsverbänden in Deutschland und den Ausbau von Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) insbesondere mit kleinen und mittleren Unternehmen hervor.

Ein Vertreter der FDP-Fraktion sagte, dass kleine und mittlere Unternehmen vor allem langfristige Ziele verfolgen würden. Sie würden nicht wie Investoren aus China in Entwicklungsländern auftreten, um dort die Märkte mit ihren Produkten zu überschwemmen und abzukassieren.

Die Oppositionsfraktionen kritisierten, dass der Antrag die Rolle der Privatwirtschaft schönfärben und eher auf die Außenwirtschaftsförderung zielen würde. So stellte ein Vertreter der Fraktion Die Linke die Vorstellung infrage, dass die Interessen von Entwicklungsländern und privaten Unternehmen deckungsgleich seien. Bei den wichtigsten Problemfeldern - etwa bei Bildung, Gesundheit, Wasser - lockten in Entwicklungsländern kaum Gewinnaussichten. Zudem rede der Antrag einer Wettbewerbsverzerrung das Wort, wenn nur deutsche und europäische Unternehmen bei den ÖPP-Projekten antragsberechtigt sein sollen.

Eine Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nannte den Antrag "schwach, weil er die Lage in Entwicklungsländern nicht problematisiert". So fänden darin sich keinerlei Forderungen an die Unternehmen, Sozial- und Umweltstandards einzuhalten. Die steigende Beteiligung der Privatwirtschaft, die sich Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) auf die Fahnen schriebe, sei zudem "viel Bohei": Bei näherer Betrachtung zeige sich, dass deutsche Unternehmen bevorzugt in Schwellenländer investieren, aber eben nicht verstärkt in Entwicklungsländern.

"Es ist keineswegs so, dass deutsche Unternehmen immer die Vorzeigeunternehmen in Entwicklungsländern sind", ergänzte der Sprecher der SPD-Fraktion. Umso unverständlicher sei, dass der Antrag von Union und FDP kein Wort über Sozial- und Umweltstandards, Frauen- und Menschenrechte verliere.

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4. Öffentlichkeitsbeteiligung in Planfeststellungsverfahren soll verbessert werden

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Öffentlichkeit soll nach dem Willen der Bundesregierung bei der Planung von Großvorhaben künftig stärker beteiligt werden. Dies geht aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von Planfeststellungsverfahren" (17/9666) hervor, über den der Bundestag am Donnerstag in erster Lesung berät. Ziel der Vorlage ist es der Regierung zufolge, "durch die Einführung einer frühen Öffentlichkeitsbeteiligung die Planung von Vorhaben zu optimieren, Transparenz zu schaffen und damit die Akzeptanz von Genehmigungs- und Planfeststellungsentscheidungen zu fördern".

Wie die Bundesregierung schreibt, werden "vor allem bei Großvorhaben, deren Auswirkungen über die Einwirkungen auf ihre unmittelbare Umgebung hinausgehen und die oft Bedeutung über ihren Standort hinaus haben", die bestehenden Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung im Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren als nicht mehr ausreichend empfunden. Hier sei ein zunehmendes Interesse der Bürger an frühzeitiger Beteiligung und Mitsprache festzustellen.

Vorgesehen ist dem Gesetzentwurf zufolge, im Verwaltungsverfahrensgesetz allgemeine Vorschriften über die "frühe Öffentlichkeitsbeteiligung" einzuführen. Sie soll vor dem eigentlichen Verwaltungsverfahren - also vor der förmlichen Antragstellung - erfolgen und eine "frühzeitige Unterrichtung über allgemeine Ziele des Vorhabens, die Mittel der Verwirklichung und die voraussichtlichen Auswirkungen" ebenso umfassen wie die Gelegenheit zur Äußerung für die Öffentlichkeit, Erörterung und Mitteilung der Ergebnisse an die zuständige Behörde. Diese soll verpflichtet werden, bei dem Vorhabenträger auf eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung hinzuwirken. Eine Verpflichtung des Trägers zu ihrer Durchführung soll indes nicht eingeführt werden.

Ferner sollen "verallgemeinerungsfähige Regelungen" zum Planfeststellungsverfahren, die mit dem sogenannten Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz von 2006 eingeführt wurden, aus verschiedenen Fachgesetzen in das Verwaltungsverfahrensgesetz übertragen werden. In den betroffenen Fachgesetzen sollen die überflüssig gewordenen Regelungen gestrichen werden.

Der Bundesrat bittet in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf die Bundesregierung unter anderem, die Anwendung der Regelungen zur frühen Öffentlichkeitsbeteiligung nach fünf Jahren unter Einbeziehung eines oder mehrerer wissenschaftlicher Sachverständiger zu evaluieren. In ihrer Gegenäußerung verweist die Bundesregierung darauf, dass sie laufend die Rechtsanwendung und möglichen Änderungsbedarf überprüfe und - zusammen mit den Ländern - auch die Anwendungspraxis der geplanten Regelung beobachten werde.

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5. 112 Menschen infolge politisch motivierter Straftaten im März 2012 verletzt

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im März dieses Jahres sind in Deutschland 112 Menschen infolge politisch motivierter Straftaten verletzt worden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/9534) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion (17/9361) hervor.

Bis zum 28. April dieses Jahres sind danach dem Bundeskriminalamt (BKA) für März 2012 insgesamt 1.845 solcher Straftaten gemeldet worden, darunter 140 Gewalttaten und 936 Propagandadelikte. Bis zum genannten Stichtag konnten den Angaben zufolge 865 Tatverdächtige ermittelt werden. 39 von ihnen seien vorläufig festgenommen worden. Wie es in der Vorlage weiter heißt, wurden 26 Haftbefehle erlassen.

Von den 1.845 Straftaten entfielen laut Antwort 1.198 auf die politisch rechts motivierte Kriminalität. Die Zahl der darunter befindlichen Gewalttaten wird mit 42 angegeben und die der Verletzten mit 41.

Die Zahl der politisch links motivierten Straftaten belief sich den Angaben zufolge auf 441, von denen 83 Gewalttaten waren. In diesem Bereich wurden laut Regierung 59 Verletzte registriert.

35 Straftaten, darunter sieben Gewalttaten, wurden laut Vorlage der politisch motivierten Ausländerkriminalität zugeordnet; in diesem Bereich wurden sieben Verletzte verzeichnet.

Die Zahl der sonstigen politisch motivierten Straftaten lag bei 171, von denen acht Gewalttaten waren, wie die Regierung weiter mitteilte. Hier wird die Zahl der Verletzten mit fünf angegeben.

Die aufgeführten Zahlen geben der Vorlage zufolge die beim BKA mit Stand vom 28. April 2012 eingegangenen Meldungen der Länder wieder und können sich "aufgrund von Nachmeldungen und Korrekturen noch - teilweise erheblich - verändern".

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6. Im Bundestag notiert: keine Maßnahmen zur Besteuerung von Glücksspielen

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung plant keine Maßnahmen zur Besteuerung von Glücksspielen. Hier sei die Zuständigkeit der Länder betroffen, heißt es in einer Antwort der Regierung (17/9546) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/9358) zu den Auswirkungen des Gesetzentwurfs des Bundesrates zur Besteuerung von Sportwetten (17/8494).

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7. Im Bundestag notiert: Unklarheiten bei Förderprogrammen für Güterverkehr

Verkehr und Bau/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MIK) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sieht weiterhin Unklarheiten bei Förderprogrammen für Güterverkehr. Deshalb will sie von der Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage (17/9634) unter anderem wissen, wie sie sich einen Überblick verschafft, welche Unternehmen von den Förderprogrammen "De-minimis" und "Aus- und Weiterbildung" beim Bundesamt für Güterverkehr profitieren. Weiter interessiert die Abgeordneten, in welchem Verhältnis sich der Mittelabfluss zwischen kleinen und mittleren Unternehmen auf der einen und Großunternehmen auf der anderen Seite aufteilt.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 257 - 23. Mai 2012 - 11:50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2012