Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/3280: Heute im Bundestag Nr. 285 - 11.06.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 285
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 11. Juni 2012 Redaktionsschluss: 15:10 Uhr

1. Frauen werden im Wissenschaftssystem benachteiligt
2. Arbeitslosenquote in der EU von 2007 bis 2009 um 2,5 Prozentpunkte gestiegen
3. Regierung: Frontex-Verhaltenskodex hebt Bedeutung der Menschenrechte stärker hervor
4. Grüne fragen nach "Ethnic Profiling" durch Bundespolizei bei verdachtsunabhängigen Kontrollen
5. Im Bundestag notiert: Passagierflüge von und zum Flughafen Bremen
6. Im Bundestag notiert: Flughafen Berlin Brandenburg
7. Im Bundestag notiert: Daten im elektronischen Personalausweis
8. Im Bundestag notiert: Konflikt zwischen Sudan und Südsudan



1. Frauen werden im Wissenschaftssystem benachteiligt

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (Anhörung)

Berlin: (hib/ROL) Die Gleichstellung von Frauen und Männern im Wissenschaftsbetrieb ist zwar vorangekommen, aber bei weitem nicht ausreichend: Je höher die Hierarchiestufe, desto geringer der Frauenanteil. Das ist das Fazit einer Öffentlichen Anhörung "Frauen in Wissenschaft und Forschung" des Ausschuss für Bildung und Wissenschaft am heutigen Montagmittag. "Überall da, wo entschieden wird, sind kaum Frauen", sagte die Ausschussvorsitzende Ulla Burchardt (SPD) in ihrem Eingangsstatement.

Jutta Dalhoff, vom GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, forderte, die vorhandenen Programme weiterzuentwickeln. Viele Instrumente wie die Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards der Deutschen Forschungsgemeinschaft aus dem Jahr 2008 hätten eine "positive gleichstellungspolitische Dynamik" entfaltet. Der Frauenanteil der Professuren in Deutschland habe sich über alle Fächer hinweg von 10,6 Prozent im Jahr 2000 auf 19 Prozent im Jahr 2010 entwickelt.

Edit Kirsch-Auwärter, Gleichstellungsbeauftrage an der Universität Göttingen, machte sich für eine fach- und einrichtungsspezifische Quote stark, da Appelle nicht reichen würden und sich mitunter sogar negativ auf das Fortkommen der Frauen auswirken würden. Es entstehe der Eindruck für die Gleichstellung werde schon etwas getan. Kirsch-Auwärter fand deutliche Worte für die derzeitige Lage: "Bleibt die Personalstruktur so wie sie ist, ist das eine Aufforderung an Wissenschaftlerinnen das Wissenschaftssystem wieder zu verlassen. Das nenne ich einen perversen Ansatz."

Der Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen, Joybrato Mukherjee nannte zur Veranschaulichung Zahlen. Obwohl die Uni Gießen zwei Drittel Studentinnen habe, liege der Anteil der männlichen Professoren bei 82 Prozent. Er plädierte dafür, dort wo neue Stellenbesetzungen anstünden, diese wenn irgend möglich mit Frauen zu besetzen. Auf allen Hierarchiestufen müsste die "kritische Masse" von 30 bis 40 Prozent Frauenanteil erreicht werden, damit die Frauen "ganz selbstverständlich agieren" könnten und nicht als Alibifrau gelten. Er sprach sich für eine Quote aus, die gemeinschaftlich verabredet ist und zudem die spezifischen Bedingungen an der jeweiligen Hochschule berücksichtigt. Sie müsste durch Maßnahmen flankiert werden, die auf einen Mentalitätswandel zielen.

Auch Wolfgang Marquardt, Vorsitzender des Wissenschaftsrates, forderte eine Zielquote. Sie solle flexibel sein und an das Kaskadenmodell gekoppelt werden. Das bedeutet, dass der Frauenanteil auf einer Qualifikationsstufe mindestens so hoch sein muss, wie der Anteil auf der jeweils niedrigeren Stufe. Marquardt sagte: "Die Zielquoten sollen ambitioniert, aber realistisch sein."

Auf einen anderen Punkt wies Martina Schraudner von der Technischen Universität München hin: "Die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen in der Wissenschaft ist keine Frage der Gerechtigkeit, sondern für die Organisation mit Vorteilen verbunden." Talente könnten aus einer größeren Grundgesamtheit geschöpft werden und es könnten andere Akzente gesetzt werden. Denn Frauen würden andere Forschungsthemen auf die Agenda setzen als Männer.

Dagmar Simon vom Wissenschaftszentrum Berlin sagte an ihr Vorrednerin anknüpfend: "Einen Großteil von qualifizierten Wissenschaftlerinnen auszuschließen ist nicht effizient."

*

2. Arbeitslosenquote in der EU von 2007 bis 2009 um 2,5 Prozentpunkte gestiegen

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Arbeitslosenquote für die Gesamtbevölkerung der Europäischen Union im Alter von 15 bis 74 Jahren ist von 7,2 Prozent im Jahr 2007 um 2,5 Prozentpunkte auf 9,7 Prozent im Jahr 2011 gestiegen. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/9660) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/9356) zur "Entwicklung des europäischen Arbeitsmarktes seit Ausbruch der Finanzkrise 2007" hervor. Danach sank die Zahl der Arbeitslosen in diesem Alter in der EU zunächst von 17,025 Millionen im Jahr 2007 auf gut 16,83 Millionen im folgenden Jahr, um dann über knapp 21,53 Millionen in 2009 und gut 23,15 Millionen in 2010 auf 23,23 Millionen im vergangenen Jahr anzusteigen.

Die höchsten Arbeitslosenquoten unter den einzelnen EU-Staaten wiesen der Vorlage zufolge 2011 Spanien mit 21,7 Prozent und Griechenland mit 17,7 Prozent auf. Beide Länder waren laut Antwort 2007 noch auf eine Arbeitslosenquote von 8,3 Prozent gekommen. Die niedrigsten Quoten verzeichneten 2011 die Niederlande mit 4,4 Prozent (2007: 3,6 Prozent) und Luxemburg mit 4,8 Prozent (2007: 4,2 Prozent). Nur in drei EU-Staaten lag die Arbeitslosenquote nach den angegebenen Eurostat-Zahlen 2011 unter der von 2007, nämlich in Belgien (2007: 7,5 Prozent; 2011: 7,2 Prozent), Deutschland (2007: 8,7 Prozent; 2011: 5,9 Prozent) und Österreich (2007: 4,4 Prozent; 2011: 4,2 Prozent), während in Malta im vergangenen Jahr wie schon 2007 die Quote 6,5 Prozent betrug.

Auch bei der Arbeitslosenquote für die 15- bis 24-Jährigen verzeichneten Spanien mit 46,4 Prozent und Griechenland mit 44,4 Prozent im vergangenen Jahr die höchsten Werte unter den EU-Staaten, wie aus der Antwort weiter hervorgeht. Danach wies auch in dieser Altersgruppe im Jahr 2011 die Niederlande mit 7,6 Prozent die niedrigste Quote auf, gefolgt von Österreich mit 8,3 Prozent und Deutschland mit 8,6 Prozent. EU-weit lag die Arbeitslosenquote für die 15- bis 24-Jährigen 2011 bei 21,3 Prozent.

*

3. Regierung: Frontex-Verhaltenskodex hebt Bedeutung der Menschenrechte stärker hervor

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Bedeutung der Menschenrechte wird nach Angaben der Bundesregierung durch die Grundrechtestrategie der EU-Grenzschutzagentur Frontex und die überarbeitete Frontex-Verordnung sowie den "für alle an Frontex-koordinierten Einsätzen beteiligten Einsatzkräften geltenden und gezielt überarbeiteten Verhaltenskodex" verstärkt hervorgehoben. Artikel 5 des Frontex-Verhaltenskodexes sehe vor, "dass alle Einsatzkräfte, die an Frontex-Operationen teilnehmen, das Gebot der Nichtzurückweisung zu berücksichtigen haben", schreibt die Regierung in ihrer Antwort (17/9757) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/9455).

Des Weiteren führe der Verhaltenskodex Maßnahmen auf, die es "schutzbedürftigen Personen ermöglichen, ein Asylbegehren bei der jeweils zuständigen nationalen Stelle vorzutragen, Personen Zugang zu medizinischen Hilfseinrichtungen zu verschaffen und bestimmte Personengruppen (...) in besonderer Weise zu betreuen", heißt es in der Antwort weiter. Zu diesen Personengruppen zählen der Vorlage zufolge unter anderem Frauen, unbegleitete Minderjährige, Behinderte oder mutmaßlich Opfer sexueller Ausbeutung beziehungsweise des Menschenhandels.

*

4. Grüne fragen nach "Ethnic Profiling" durch Bundespolizei bei verdachtsunabhängigen Kontrollen

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz vom 28. Februar dieses Jahres thematisiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (17/9821) mit dem Titel "'Ethnic Profiling' durch Angehörige der Bundespolizei im Zusammenhang mit verdachtsunabhängigen Kontrollen". Darin verweisen die Abgeordneten darauf, dass das Urteil Angehörigen der Bundespolizei ausdrücklich das Recht zuspreche, bei Stichprobenkontrollen in Zügen die Auswahl der anzusprechenden Personen auch nach dem äußeren Erscheinungsbild vorzunehmen. "In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt wurde Berichten zufolge ein deutscher Staatsbürger mit dunkler Hautfarbe in einem Nahverkehrszug kontrolliert", heißt es in der Vorlage weiter. Gegen die Entscheidung des VG Koblenz habe das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Mai Berufung zugelassen.

Die Abgeordneten betonen zugleich, dass bei "polizeilichen Freiheitsbeschränkungen" wie beispielsweise Personenkontrollen und Identitätsfeststellungen eine "unterschiedliche Behandlung von Personen aufgrund von Hautfarbe und/oder ethnischer Herkunft" grundsätzlich untersagt sei. Dies habe die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/6778) auf eine frühere Kleine Anfrage der Fraktion (17/6671) ausdrücklich bekräftigt.

Wissen wollen die Abgeordneten, welche Rechtsauffassung die Bundesregierung beziehungsweise ihre Prozessvertretung in der dem Urteil des VG Koblenz zugrunde liegenden Verwaltungsstreitsache konkret vorgetragen hat. Auch erkundigen sie sich unter anderem danach, welche konkrete Rolle die Themenfelder Menschenrechte, Grundrechte und Diskriminierungsverbote in der laufenden Fortbildung innerhalb der Bundespolizei spielen.

*

5. Im Bundestag notiert: Passagierflüge von und zum Flughafen Bremen

Verkehr und Bau/Antwort

Berlin: (hib/MIK) Die Zahl der Passagierflüge von und zum Flughafen Bremen bis zur einer Distanz von 1.000 Kilometern betrug im Jahr 2010 30.344 (78,99 Prozent) von insgesamt 38.413 Flügen. Im Jahr 2011 waren es 79,06 Prozent. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/9683) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (17/9458) hervor. 2010 gingen 25,71 Prozent der Flüge von und zu Zielen, die mit der Bahn ab Bremen Hauptbahnhof in höchstens vier Stunden und 49,06 Prozent zu Zielen, die in höchstens sechs Stunden erreichbar sind. 2011 waren dies 21,39 Prozent beziehungsweise 53,74 Prozent.

*

6. Im Bundestag notiert: Flughafen Berlin Brandenburg

Verkehr und Bau/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MIK) Ungereimtheiten beim Flughafen Berlin Brandenburg sind Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (17/9856). Dabei geht es vor allem um die geplanten Flugrouten und den zu erwartenden Fluglärm. Weiter interessiert die Abgeordneten unter anderem, welche Strategien die Bundesregierung verfolgt, um die am neuen Großflughafen zu erwartenden Verkehre auf den Verkehrsträger Schiene umzuleiten.

*

7. Im Bundestag notiert: Daten im elektronischen Personalausweis

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die "Nutzung biometrischer und genetischer Daten im elektronischen Personalausweis" ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (17/9864). Darin erkundigt sich die Fraktion, welche Pläne oder Konzeptionen die Bundesregierung "für die 'nächste Ausweisgeneration' des elektronischen Personalausweises sowie des Reisepasses" hat. Auch möchte sie unter anderem wissen, ob es bereits Studien zur Aufnahme neuer biometrischer und DNA-Daten in den elektronischen Personalausweis gibt.

*

8. Im Bundestag notiert: Konflikt zwischen Sudan und Südsudan

Auswärtiges/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/BOB) Wie die Bundesregierung den jüngst eskalierten Konflikt zwischen Sudan und Südsudan bewertet, erfragt Die Linke in einer Kleinen Anfrage (17/9862). Konkret soll dargelegt werden, inwiefern die Bundesregierung auf eine friedliche Konfliktlösung hinwirken kann. Außerdem wird eine Stellungnahme zu der Kritik erbeten, die erhoffte "Friedensdividende" und die Abspaltung des Südsudan "offensichtlich" falsch eingeschätzt zu haben.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 285 - 11. Juni 2012 - 15:10 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juni 2012