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BUNDESTAG/3314: Heute im Bundestag Nr. 319 - 27.06.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 319
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 27. Juni 2012 Redaktionsschluss: 13:45 Uhr

1. Ausschuss gibt grünes Licht für Verbunddatei gegen Rechtsextremismus
2. Aigner will sich für bessere Anerkennung von Agrarumweltmaßnahmen einsetzen
3. Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels wird ratifiziert
4. Sportwetten werden grundsätzlich steuerpflichtig



1. Ausschuss gibt grünes Licht für Verbunddatei gegen Rechtsextremismus

Innenausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat den Weg für die geplante Verbunddatei gegen Rechtsextremismus frei gemacht. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP sowie der oppositionellen SPD-Fraktion verabschiedete der Ausschuss am Mittwoch den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf "zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus" (17/8672) in modifizierter Fassung. Mit der Vorlage, die am Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, sollen die gesetzlichen Grundlagen für die Errichtung einer gemeinsamen Datei und deren Nutzung durch die Polizeien und Nachrichtendienste geschaffen werden. Ziel ist es, "angesichts der Bedrohung durch den gewaltbezogenen Rechtsextremismus den Informationsaustausch zwischen Polizeien und Nachrichtendiensten weiter zu verbessern".

Mit der "gemeinsamen standardisierten zentralen Datei" werde der Informationsaustausch zwischen dem Bundeskriminalamt (BKA), den Landeskriminalämtern, den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) im Bereich der Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus intensiviert und beschleunigt, schreibt die Regierung in der Vorlage. Einzelne Erkenntnisse, über die eine Behörde bereits verfügt und die bei einer entsprechenden Verknüpfung mit den Erkenntnissen anderer beteiligter Behörden zur Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus beitragen können, würden durch die Datei leichter zugänglich.

Wie aus dem Entwurf weiter hervorgeht, werden die beteiligten Behörden zu diesem Zweck verpflichtet, in der Datei Informationen zu relevanten Personen und Objekten zu speichern. Ein Datenabruf führe zu einer "deutlichen Vereinfachung des Verfahrens und damit zu einer Optimierung des Informationsaustausches". Ein mit der Koalitionsmehrheit im Ausschuss angenommener Änderungsantrag der Unions- und der FDP-Fraktion sieht unter anderem vor, die Voraussetzungen für die Speicherung sogenannter Kontaktpersonen noch enger zu fassen als ursprünglich vorgesehen.

Die CDU/CSU-Fraktion wertete die geplante Datei als eine richtige und wichtige Konsequenz aus der dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) angelasteten Mordserie. Sie verwies darauf, dass die Koalition in den Beratungen auch der Opposition entgegengekommen sei. Wer es mit der Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus ernst meine, müsse dem Gesetz zustimmen.

Die SPD-Fraktion sprach von einem "notwendigen" und "anständigen" Gesetz, das aber nicht der "Stein der Weisen" sei. Sie stimme dem Gesetz zu, weil damit im Kampf gegen den Rechtsextremismus ein "Mosaikstein gesetzt" werde. Die Fraktion begrüßte zugleich, dass in den Beratungen über den Gesetzentwurf Verbesserungen etwa hinsichtlich des Datenschutzes erreicht worden seien.

Auch die FDP-Fraktion verwies auf Änderungen an der Vorlage, die während der Beratungen erfolgt seien. So sei der Kreis der Kontaktpersonen noch einmal eingeengt worden. Die Fraktion unterstrich zudem, dass das Gesetz nur ein "erster, kleiner Baustein" im Kampf gegen den Rechtsextremismus sein könne und allein nicht ausreichend sein werde.

Die Fraktion Die Linke kritisierte die Vorlage dagegen als nicht ausgereift. Die Datei werde nicht zu den Ergebnissen führen, die die Koalition glaube "suggerieren zu müssen". Mit der Vorlage werde eine gesetzliche Grundlage eingeführt, dass Trennungsgebot von polizeilicher und nachrichtendienstlicher Tätigkeit auszuhebeln.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte, dass auch sie das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus gewollt habe. Eine gemeinsame Datei von Polizei und Nachrichtendiensten aber könne es nicht geben. Sie mache kein Gesetz, dass das genannte Trennungsgebot durchbreche.

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2. Aigner will sich für bessere Anerkennung von Agrarumweltmaßnahmen einsetzen

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/AS) Bundesumweltministerin Ilse Aigner (CSU) hat sich hinsichtlich der Neuausrichtung der europäischen Agrapolitik (GAP) für eine bessere Anerkennung von Agrarumweltmaßnahmen ausgesprochen. Vor dem Umweltausschuss des Bundestages wies sie am Mittwoch aber daraufhin, dass die europäischen Mittel für die Agrarpolitik "unterm Strich" weniger würden. Mit Blick auf die so genannten cross-compliance, der Bindung von EU-Zahlungen an bestimmte Verpflichtungen im Umweltschutz, erklärte die Ministerin, diese hätten eine "disziplinierende Wirkung". "Wir brauchen Übergänge, aber keine Brüche" sagte die Ministerin über die Pläne für eine Neuordnung der GAP. Sie wies daraufhin, dass es dabei zwar einen Vorschlag der EU-Präsidentschaft, aber noch keine Beschlussvorlage der Europäischen Kommission für die GAP gebe.

Die CDU/CSU-Fraktion machte in der anschließenden Aussprache deutlich, dass sich bei den landwirtschaftlichen Flächen der Nutzungsdruck durch den Energiebedarf deutlich erhöht habe. Daraus ergebe sich die Frage, wie die Artenvielfalt in Agrarlandschaften weiter erhalten werden könne. Als Beispiel nannte er einen Rückgang der Vogelpopulation um 50 Prozent: hier habe es bei 20 von 36 Arten einen "deutlichen Bestandseinbruch" gegeben. Die SPD betonte, dass die Landwirtschaft ihre Hausaufgaben in Bezug auf den Klimaschutz machen müsse. Die SPD-Fraktion wollte wissen, welche Maßnahmen hier über die bereits bestehenden cross-compliance geplant seien. Außerdem wollte sie wissen, wie genau der Begriff "aktiver Landwirt" in Zukunft definiert werde. Die FDP sprach sich dafür aus, die Mittel für das Umweltprogramm "Life" zu erhöhen, da dies besonders für den Schutz der Artenvielfalt wichtig sei.

Die Akzeptanz der Gemeinsamen Agrarpolitik ist nach Ansicht von Bündnis 90/Die Grünen von der Art der Ausgaben abhängig. Als problematisch bezeichneten die Grünen, dass es weiterhin zu einer starken "Vermaisung", also dem starken Anbau von Maispflanzen, komme. Außerdem erkundigte sich die Fraktion, warum es zu einer Erhöhung der Mittel der zweiten Säule, die die Mittel für die ländliche Entwicklung vorsieht, kommen solle anstelle eines greenings der ersten Säule. Greening bezeichnet die Vergabe von Direktzahlungen als Umweltprämie. Die Linke wollte in diesem Zusammenhang wissen, ob Agrarbetriebe auch vom greening der ersten Säule befreit werden könnte und ob es Sonderregelungen für Ökobetriebe geben werde.

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3. Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels wird ratifiziert

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Berlin: (hib/AW) Das Übereinkommen des Europarates vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels wird voraussichtlich am Donnerstag ratifiziert. Der Familienausschuss gab dem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/7316) am Mittwoch grünes Licht. Mit Ausnahme der SPD-Fraktion - sie enthielt sich der Stimme - votierten alle Fraktionen für den Gesetzentwurf. Die SPD sprach sich in der Sitzung zwar eindeutig für die Ratifizierung des Abkommens aus, forderte jedoch Nachbesserungen unter anderem im deutschen Aufenthaltsrecht, um den Anforderungen des Abkommens gerecht zu werden. Der entsprechende Antrag der Sozialdemokraten (17/8156), der auch von den Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen unterstützt wurde, scheiterte jedoch an der Stimmenmehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP. Mit dem Europarats-Abkommen sollen die Rechte der Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung gestärkt werden. Zudem sieht es die Einführung eines unabhängigen Überwachungsmechanismus vor, das die Umsetzung durch die Vertragsstaaten kontrollieren soll.

Aus Sicht der Koalitionsfraktionen sind die von der Opposition angemahnten Nachbesserungen im deutschen Recht zwar durchaus überlegenswert, allerdings seien sie "keine zwingende Voraussetzung", um das Europarats-Abkommen ratifizieren zu können. Im Verhältnis zu anderen Vertragsstaaten sei Deutschland mit der Ratifizierung schon im Verzug. Sie sollte nicht länger durch komplizierte und langwierige Nachbesserungen im deutschen Recht verzögert werden. Dies könne auch nach der Ratifizierung versucht werden. Die Opposition verwies auf die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung zur Ratifizierung des Abkommens. Die Sachverständigen hätten einstimmig Verbesserungen im Aufenthaltsrechts für die Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung sowie bei der medizinischen und therapeutischen Betreuung gefordert.

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4. Sportwetten werden grundsätzlich steuerpflichtig

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Sämtliche Sportwetten werden in Zukunft steuerpflichtig. Der Finanzausschuss stimmt am Mittwoch dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Besteuerung von Sportwetten (17/8494) zu, der zuvor mit Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP in einigen technischen Fragen verändert worden war. Für den Entwurf stimmte neben der Koalition auch die SPD-Fraktion, während sich Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke enthielten.

Bisher seien nur Wetten erfasst worden, die im Inland veranstaltet werden, heißt es in der Begründung des Entwurfs. Nach der Neuregelung sollen Wetten auch dann besteuert werden, wenn der Spieler bei Abschluss des Wettvertrages zum Beispiel über Internet bei einem ausländischen Anbieter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Die Steuer für Pferdewetten soll von 16,66 auf fünf Prozent gesenkt werden, während für Lotterien weiter der Satz von 16,66 Prozent gelten soll. Der Gesetzentwurf steht in engem Zusammenhang mit dem Glückspielstaatsvertrag der Länder.

Die CDU/CSU-Fraktion zeigte sich erfreut, dass jetzt eine Besteuerungslücke geschlossen werden könne. Die gefundene Lösung stelle auch die Förderung des Pferdesports durch Erlöse aus Wetten sicher. Die SPD-Fraktion rechnet damit, dass jetzt mehr Menschen Wetten abschließen und an Glücksspielen teilnehmen könnten. Für die FDP-Fraktion sind die Gefahren des Glücksspiels allerdings ein Thema der Bundesländer, denen auch die Einnahmen zufließen würden. Die Fraktion Die Linke kritisierte einen "Flickenteppich" an Zuständigkeiten in diesem Bereich. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen übte Kritik an den gespaltenen Steuersätzen bei Wetten.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 319 - 27. Juni 2012 - 13:45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2012