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BUNDESTAG/3443: Heute im Bundestag Nr. 448 - 17.10.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 448
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. Oktober 2012 Redaktionsschluss: 12:40 Uhr

1. Rechtsausschuss fordert Rechtsbereinigung
2. Umweltausschuss stimmt Verordnung zur Umsetzung der EU-Richtlinie über Industrieemissionen zu
3. SPD und Grüne scheitern mit Antrag zur Stärkung der Rechte indigener Völker
4. Mindestens sechs Suizide in Abschiebungshaft in den Jahren 2008 bis 2011
5. Regierung: Zusammenarbeit mit weißrussischem Grenzdienst erfolgte im Kontext der EU-Politik
6. Regierung sieht Bologna-Prozess auf gutem Weg
7. Im Bundestag notiert: Ergänzende Informationen zur Asylstatistik
8. Im Bundestag notiert: Initiative "Clean IT"



1. Rechtsausschuss fordert Rechtsbereinigung

Rechtsausschuss

Berlin: (hib/VER) Der Rechtsausschuss des Bundestags hat sich für eine Rechtsbereinigung ausgesprochen. In seiner Sitzung am Mittwochvormittag wurde ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/10755) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP, der SPD-Fraktion sowie der Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Es gebe mehr als 20 Jahre nach Inkrafttreten des Einigungsvertrags noch immer Gesetze, die als Übergangsrecht entstanden, heute aber gegenstandlos seien. Das schreibt die Regierung in der Vorlage zur Begründung. Durch das Außerkrafttreten dieser Gesetze sollen "Unübersichtlichkeit und die daraus folgende Rechtsunsicherheit" in diesem Bereich weiter gemindert werden.

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2. Umweltausschuss stimmt Verordnung zur Umsetzung der EU-Richtlinie über Industrieemissionen zu

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/AS) Der Umweltausschuss hat der Verordnung zur Umsetzung der EU-Richtlinie über Industrieemissionen (17/10605) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen zugestimmt. Die Fraktion Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen lehnten die Verordnung ab, während sich die SPD der Stimme enthielt. Mit dem Regelwerk, das am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestages steht, sollen Änderungen zur Begrenzung von Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen beim Umfüllen oder Lagern von Ottokraftstoffen, Kraftstoffgemischen oder Rohbenzin vorgenommen werden. Außerdem sollen damit auch Änderungen zur Begrenzung der Kohlenwasserstoffemissionen bei der Betankung von Kraftfahrzeugen beschlossen werden. Die Verordnung bezieht sich auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen (17/10486). Die IED-Richtlinie (Industry Emission Direktive/IED) wurde im Jahr 2010 von der EU beschlossen und muss innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden.

Die CDU/CSU-Fraktion betonte in der Aussprache, dass in Deutschland der industrielle Sektor mit 32 Prozent einen hohen Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) besitze und daher das Land sei, dass von der IED-Richtlinie "am stärksten betroffen sei". Die Fraktion lobte, dass man sich an die genaue Umsetzung der Richtlinie gehalten habe und Deutschland dadurch keine Wettbewerbsnachteile erleide. Zudem erklärte der CDU/CSU-Vertreter: "Wir müssen keine Angst haben, dass sich die Umweltstandards nach unten verschieben." Die SPD erklärte, dass die Umsetzung der Richtlinie zwar von der Grundstruktur her stimme, aber insgesamt "wenig mutig" agiere. "Zufrieden sind wir mit der Vorlage nicht", sagte eine SPD-Abgeordnete. Dabei kritisierte die Fraktion die zu hohen Grenzwerte für Quecksilber und die Tatsache, dass es beim Abbau der Feinstaubbelastungen keine substanziellen Verbesserungen gebe. "Es würde uns gut anstehen, hier unsere Vorreiterrolle nicht aufzugeben", sagte die Vertreterin der SPD.

Nach Meinung der FDP bedeutet die Umsetzung der IED-Richtlinie einen wesentlichen Schritt zur europaweiten Durchsetzung von Umweltstandards bei Großfeuerungsanlagen, sagte ein FDP-Politiker und fügte hinzu: "Umweltschutz funktioniert eben nicht national, sondern nur international."

Auch die Fraktion Die Linke kritisierte, dass in der neuen Verordnung keine Verschärfung von Grenzwerten vorgenommen worden sei. Ihr Vertreter wies daraufhin, dass im Verkehrssektor die Auflagen hinsichtlich eines Abbaus der Feinstaubbelastung erreicht worden seien, nicht aber im Energiesektor. Insgesamt handele es sich um einen "industriefreundlichen Entwurf, der die Renditen steigert, der die Kosten im Gesundheitsbereich aber ansteigen lässt". Auch Bündnis 90/Die Grünen kritisierten, dass in der vorgelegten Verordnung die Grenzwerte für Schadstoffe nur unzureichend berücksichtigt worden seien. So müssten etwa alte Kohlekraftwerke bei den Grenzwerten für Stickstoffoxide nicht dem neusten Stand der Technik entsprechen, sagte die Vertreterin der Grünen. Daher erhoben die Grünen ebenfalls den Vorwurf, dass insgesamt bei der Umsetzung der Verordnung die Gesundheit der Bürger geringer ins Gewicht falle als die Belange der Industrie.

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3. SPD und Grüne scheitern mit Antrag zur Stärkung der Rechte indigener Völker

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sind mit ihrer Forderung gescheitert, den Schutz der Rechte indigener Völker für die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich verbindlich zu machen. Einen entsprechenden Antrag (17/5915) lehnten die Koalitionsfraktionen von Union und FDP am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ab, die Fraktion Die Linke votierte für den Antrag. Sozialdemokraten und Grüne hatten darin die Bundesregierung aufgefordert, dem Bundestag die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über eingeborene und in Stämmen lebende Völker umgehend zur Ratifizierung vorzulegen.

Die wirtschaftlichen Aktivitäten deutscher Unternehmen berührten deren Lebensverhältnisse ebenso wie die deutsche Außen-, Wirtschafts-, Umwelt- und Entwicklungspolitik. Die Konvention 169 sei das einzig völkerrechtlich verbindliche Dokument, das die Rechte indigener Völker weltweit und umfassend anerkennt, heißt es im Antrag weiter. Sie verhindere Diskriminierung, garantiere das Recht auf traditionelles Land und Territorien, das Recht auf kulturelle und selbstbestimmte Entwicklung und das Recht der indigenen Völker, ihre politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systeme aufrechtzuerhalten.

Vertreter von Union und FDP begrüßten das Anliegen, unterstrichen jedoch, dass die ILO-Konvention nicht der richtige Lösungsansatz sei. Die Bundesregierung trete weltweit mit ihrer Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik für die Rechte indigener Völker ein, hieß es aus der FDP-Fraktion. Eine Vertreterin der Unionsfraktion sprach von einer "Haftungsumkehr", sollte die Bundesrepublik die Konvention ratifizieren. Deutschen Unternehmen würden Haftungs- und Prozessrisiken aufgebürdet, die womöglich kontraproduktiv für ihre Investitionen in Entwicklungsländern seien. Für die Einhaltung der Rechte der indigenen Völker seien nicht die Investoren, sondern in erster Linie die Staaten selbst verantwortlich.

Ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen widersprach in diesem Punkt: Die Verantwortung der Investoren in Entwicklungsländern könne nicht einfach an womöglich korrupte Regierungen abgeschoben werden. Ein Vertreter der Linksfraktion bezeichnete den konkreten Anwendungsbereich der ILO-Konvention 169 als "extraterritoriale Staatenpflicht", mit der die Rechte indigener Völker verbindlicher gemacht würden. Eine Vertreterin der SPD-Fraktion nannte die Konvention eine "gute Grundlage", um im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit für bessere Gesundheitsbedingungen, Bildung, Schutz der natürlichen Ressourcen und Mitspracherechte indigener Völker zu sorgen.

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4. Mindestens sechs Suizide in Abschiebungshaft in den Jahren 2008 bis 2011

Inneres/Antwort auf Große Anfrage

Berlin: (hib/STO) Mindestens sechs Menschen sind nach Angaben der Bundesländer in den Jahren 2008 bis 2011 durch Suizid in Abschiebungshaft ums Leben gekommen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung (17/10597) auf eine Große Anfrage der Fraktion Die Linke (17/7446) hervor. Danach hatte einer der sechs Betroffenen am 30. Dezember 2007 einen Suizidversuch unternommen und war nach der Entlassung aus dem Abschiebungsgewahrsam im Januar 2008 im Krankenhaus gestorben. Für das Jahr 2011 enthält die Vorlage keine Angaben von Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.

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5. Regierung: Zusammenarbeit mit weißrussischem Grenzdienst erfolgte im Kontext der EU-Politik

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die bilaterale Zusammenarbeit der Bundespolizei mit dem weißrussischen Grenzdienst ist nach Angaben der Bundesregierung "in Anlehnung an die EU-Aktivitäten und damit im Kontext der Politik der EU" erfolgt. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/10742) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/10603) weiter schreibt, sind im grenzpolizeilichen Bereich zwischen Weißrussland und der EU "konkrete Projekte geplant und durchgeführt worden".

In der Vorlage verweist die Regierung darauf, dass die EU auf die ab dem Jahr 2008 erkennbaren Liberalisierungstendenzen in Weißrussland mit der teilweisen Aussetzung von Sanktionen reagiert habe. Dies sei Teil eines größeren, "innerhalb der EU diskutierten und konsentierten Ansatzes" gewesen mit dem Ziel, Weißrussland über gemeinsame Projekte an europäische Standards heranzuführen.

Der Dialog und die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres im Rahmen der im Mai 2009 ins Leben gerufenen Östlichen Partnerschaft der Europäischen Nachbarschaftspolitik diene dem Ziel, "grenzübergreifende Herausforderungen und Bedrohungen zu bewältigen und die östlichen Nachbarn der EU dabei zu unterstützen, die grundlegenden Werte und Grundsätze der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ihren System zu verankern" , heißt es in der Antwort weiter. Diesem Ziel diene auch die polizeiliche Zusammenarbeit.

Laut Bundesregierung wurden die Maßnahmen im Bereich der Bundespolizei mit dem weißrussischen Grenzschutz in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt nach dem 19. Dezember 2010 reduziert. Mit der weiteren Verschärfung der Repressionsmaßnahmen gegen weißrussische Oppositionelle und der Möglichkeit, dass auch der weißrussische Grenzdienst "aktiv in diese Aktivitäten einbezogen werden könnte", sei die Zusammenarbeit eingestellt und der grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte im Mai 2012 aus dem Land abgezogen worden.

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6. Regierung sieht Bologna-Prozess auf gutem Weg

Bildung und Forschung/Antwort

Berlin: (hib/ROL) Wann die nächste Bologna-Konferenz stattfindet, steht noch nicht fest. "Die Bundesregierung führt derzeit über Konzept und Termin der Konferenz Gespräche mit den Hochschulen und den Ländern", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort "Zwischenbilanz bei der Reform der Bologna-Umsetzung" (17/10852) auf die von den Grünen gestellte Kleine Anfrage (17/106737). Die Grünen hatten bemängelt, dass die Ziele des Bologna-Prozess noch immer "nicht zufriedenstellend erreicht" seien. Nachdem der Termin für die Bologna-Konferenz vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zwei Mal abgesagt und verschoben worden war, wollte die Fraktion unter anderem wissen, mit wem die Bundesregierung den neuen Termin für die Nationale Bologna-Konferenz abstimmt.

In ihrer Antwort listet die Bundesregierung nach Fächern auf, wie viele Studenten nach einem Bachelorstudiengang den Masterstudiengang beginnen. Im Jahr 2009 waren es insgesamt 62 Prozent. Darunter stammten 58 Prozent der Absolventen aus Nicht-Akademikerhaushalten. Allerdings spielen "andere Einflussgrößen, wie zum Beispiel die Abschlussnote, Studiendauer oder bereits abgeschlossene Berufsausbildungen, eine größere Rolle bei der Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Masterstudiums im Anschluss an den Bachelor", schreibt die Bundesregierung.

Auch macht die Bundesregierung deutlich, dass, anders als die Grünen in ihrer Anfrage konstatiert hatten, die Auslandsmobilität der Studenten deutlich zugenommen hat. Während im Jahr 1999 auf 1000 deutsche Studenten in Deutschland 31 deutsche Studenten im Ausland kamen, waren es im Jahr 2009 schon 62, heißt es in der Antwort. "Experten schätzen, dass heute etwa jeder dritte Hochschulabsolvent in Deutschland im Laufe seines Studiums Auslandserfahrung gesammelt hat", schreibt die Bundesregierung. In der Liste der Herkunftsländer würden deutsche Studenten Platz vier hinter China, Indien und Südkorea einnehmen. Dennoch sieht auch die Bundesregierung hier noch weiteren Handlungsbedarf.

Zudem habe sich die vollständige Anerkennung von im Ausland erbrachten Studienleistungen verbessert: Wurden im Jahr 2007 nur 41 Prozent der Studienleistungen vollständig anerkannt, so waren es im Jahr 2011 schon 66 Prozent.

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7. Im Bundestag notiert: Ergänzende Informationen zur Asylstatistik

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Ergänzende Informationen zur Asylstatistik für das dritte Quartal 2012" verlangt die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (17/10940). Darin erkundigen sich die Abgeordneten unter anderem danach, wie viele Widerrufsverfahren im dritten Quartal dieses Jahres eingeleitet wurden und wie viele Entscheidungen in Widerrufsverfahren es mit welchem Ergebnis es in dieser Zeit gab.

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8. Im Bundestag notiert: Initiative "Clean IT"

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Mitarbeit der Bundesregierung in der EU-Initiative 'Clean IT' gegen eine vermeintlich 'illegale Nutzung' des Internets" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10945). Wie die Abgeordneten darin schreiben, haben sich fünf Innenministerien von EU-Staaten in der Initiative "Clean IT" zusammengeschlossen, um sich über Möglichkeiten gegen die "illegale Benutzung des Internets" auszutauschen. Wissen will die Fraktion unter anderem, wie und auf wessen Initiative das Projekt entstanden ist und worin die Aufgaben der "Partner" Deutschland, Niederlande, Großbritannien, Belgien und Spanien in "Clean IT" bestehen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 448 - 17. Oktober 2012 - 12:40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2012