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BUNDESTAG/3468: Heute im Bundestag Nr. 473 - 24.10.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 473
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 24. Oktober 2012 Redaktionsschluss: 18:20 Uhr

1. Bundesinnenminister Friedrich spricht sich für Beschleunigung von Asylverfahren aus
2. Experten fordern bundesweite Kampagne zur Bewusstseinsbildung beim Thema Sport und Behinderung
3. SPD-Fraktion will "europäische Harmonisierung im Datenschutz auf hohem Niveau"
4. SPD-Fraktion will frei zugängliches WLAN fördern



1. Bundesinnenminister Friedrich spricht sich für Beschleunigung von Asylverfahren aus

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Berlin: (hib/AS) Hinsichtlich der Debatte um einen Anstieg der Asylbewerber-Zahlen aus Serbien und Mazedonien hat sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) für eine Beschleunigung von Asylverfahren ausgesprochen. In einer Sitzung des Europaausschusses am Mittwochnachmittag sagte Friedrich, dass man die entsprechenden Verfahren "unter Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben" innerhalb von vier Wochen abwickeln könne. Zuvor hatte er mit Blick auf die neuesten Zahlen von einem "dramatischen Anstieg" gesprochen. Allein im Oktober hätten bislang 2.700 Menschen aus Mazedonien und Serbien Asyl beantragt. Er rief dazu auf, den Bürgern in Serbien und Mazedonien "vor Ort zu helfen". Gleichzeitig müsse man hoffen, "dass wir ein klares Signal aussenden, hier in Deutschland gibt es nichts zu holen", sagte der Minister.

Die CDU/CSU-Fraktion verwies auf die geringe Anerkennungsquote von Asylbewerbern aus Serbien und Mazedonien. Sie liege derzeit bei 0,1 Prozent. Gleichzeitig sei es ein Widerspruch, betonte der Vertreter der CDU, dass es sich bei einem Land wie Mazedonien, das sich um die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU bemühe, um ein Land handeln solle, in dem es einen Asylgrund geben solle. Ein anderer Vertreter der Union sagte, dass das Thema momentan in den Kommunalparlamenten stark diskutiert werde. Die SPD warf dem Innenminister vor, erneut eine Asylmissbrauchsdebatte angefangen zu haben. Auch die beiden großen Kirchen hätten den Innenminister daher bereits "zur Besonnenheit gemahnt", sagte sie. Zudem betonte die SPD-Abgeordnete, dass es sich im Vergleich mit den hohen Asylbewerberzahlen zu Beginn der 90er Jahre nur um ein Zehntel der Bewerberzahlen handele. Sie halte es daher auch für problematisch, dass der Minister am geltenden Flughafenverfahren festhalten wolle. Die FDP sagte dazu, dass die "schärfsten Worte" zum Thema Asylmissbrauch vom SPD-Innenexperten Michael Hartmann gekommen seien. Der FDP-Vertreter sagte, er sei erstaunt gewesen, dass man von der SPD derartig "martialische Töne" gehört hätte.

Die Fraktion Die Linke machte mit Blick auf das Schengen-Abkommen deutlich, dass die Reisefreiheit innerhalb der EU ein "enormer Mehrwert" sei. Der Abgeordnete wollte daher vom Innenminister wissen, ob demnächst wieder "eine Teilaufhebung von Schengen" zu erwarten sei. Gleichzeitig sprach er die Situation von Flüchtlingslagern in Griechenland an. "Das ist sehr bedrückend", erklärte der Vertreter der Linken und sagte in diesem Zusammenhang, dass auch das Erstarken von Neonazis in Griechenland Thema in der EU sein müsse. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen widersprachen der Auffassung Friedrichs, dass es einen Asylmissbrauch gebe. "Das Thema eignet sich nicht zur Wahlkampfprofilierung", sagte die Vertreterin von Bündnis 90/Die Grünen. Sie erklärte, dass man die Menschen kurzfristig unterbringen könne, aber langfristig andere Konzepte hinbekommen müsste. Die Vertreterin von Bündnis 90/Die Grünen warnte, es handle sich um eine "extrem gefährliche Debatte" und endete mit der Frage an den Minister: "Welchen Gruppierungen geben Sie hier Nährboden?".

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2. Experten fordern bundesweite Kampagne zur Bewusstseinsbildung beim Thema Sport und Behinderung

Sportausschuss (Öffentliche Anhörung)

Berlin: (hib/HAU) Um Klischees zu bekämpfen und Fähigkeiten von Behinderten im Sport ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, sollte eine bundesweite Kampagne gestartet werden. Dafür plädierten mehrere der zu einer öffentlichen Anhörung des Sportausschusses am Mittwochnachmittag geladenen Experten. Grundlage der Anhörung war ein Antrag der Linksfraktion (17/9190), mit der Forderung, die umfassende Teilhabe am Sport für Menschen mit Behinderung zu ermöglichen. Bei einer solchen Kampagne könne die "Strahlkraft der Paralympics in London" genutzt werden, sagte Thomas Härtel, Vizepräsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS). Seinen Vorstellungen nach sollte die bundesweite Kampagne analog der Kampagnen "Gib-AIDS-keine-Chance" oder "Alkohol? Kenn dein Limit" erfolgen.

Die finanzielle Unterstützung beim barrierefreien Umbau von Sportstätten ist eine weitere Forderung des DBS, wie Härtel deutlich machte. "Das ist die wichtigste Voraussetzung für Inklusion und erhöht die Nützlichkeit für alle", betonte der DBS-Vizepräsident. So könne die Möglichkeit für eine Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung geschaffen werden. Es gehe dabei um bauliche und kognitive Barrieren, ergänzte Manuela Schmermund, Aktivensprecherin im DBS. Die Luftgewehrschützin sprach sich zugleich für eine stärkere finanzielle Unterstützung von Vereinen im Behindertensport aus. Was die Frage der Talentfindung angeht, so funktioniere das in Deutschland nach dem Prinzip Zufall. "Uns fehlen an allen Ecken und Enden qualifizierte Trainer", kritisierte Schmermund. Die Luftgewehrschützin bezeichnete eine "Enttabuisierungskampagne" als wünschenswert. Zugleich regte sie an, die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zu verpflichten, "kontinuierlich über Sportarten, die sich am Rand des Fokus bewegen, zu berichten".

Eine eventuelle Kampagne müsste die Besonderheiten geistig behinderter Sportler beachten, forderte Bernard Conrads, Erster Vizepräsident von Special Olympics Deutschland. Dazu gehörten auch besondere Maßnahmen mit Blick auf die Barrierefreiheit. Für geistig behinderte Sportler gehe es um mehr als Rampen, Aufzüge oder behindertengerechte Toiletten. Benötigt würden vielmehr Piktogramme zur besseren Orientierung sowie der Einsatz der Leichten Sprache. Auch aus Sicht des Deutschen Gehörlosen-Sportverbandes ist der Begriff Barrierefreiheit zu stark am Bild des Rollstuhlfahrers orientiert, sagte Sportdirektorin Sabine Grajewski. Für gehörlose und hörbehinderte Menschen gehe es aber in erster Linie um Kommunikationsbarrieren. "Solange es an Olympiastützpunkten keine Gebärdendolmetscher gibt, sind die auch nicht barrierefrei", urteilte Grajewski.

"Das wichtigste ist, die Barrieren in den Köpfen abzubauen", sagte Karl Weinmann vom Kultusministerium Baden-Württemberg. Beim Umgang mit jungen Menschen mit Behinderung gehe es seiner Erfahrung nach weniger um Berührungsängste, als vielmehr darum, "keinen Fehler zu machen". Von einer großen Dynamik bei der Initiative "Jugend trainiert für Paralympics" berichtete Organisationsleiter Thomas Poller. Im Jahr 2013, so Poller, werde das erste Mal ein gemeinsamer Wettbewerb mit "Jugend trainiert für Olympia" stattfinden, kündigte er an. Kritisch zu betrachten sei jedoch, dass vier Bundesländer am Bundesfinale 2011 gar nicht teilgenommen hätten, sagte Poller.

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3. SPD-Fraktion will "europäische Harmonisierung im Datenschutz auf hohem Niveau"

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die SPD-Fraktion will eine "europäische Harmonisierung im Datenschutz auf hohem Niveau sicherstellen". In einem Antrag (17/11144) wertet sie den Vorschlag der EU-Kommission für eine Datenschutz-Grundverordnung als "Chance, die genutzt werden muss, um innerhalb Europas einen besseren Datenschutz sowie mehr Rechtssicherheit zu erreichen". Gleichzeitig dürften durch die Verordnung nicht die durch das Bundesverfassungsgericht geschaffenen Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme ausgehöhlt und verwässert werden, heißt es in der Vorlage. Darüber hinaus gebe es Bereiche wie etwa beim Beschäftigtendatenschutz oder den Gesundheitsdaten, in denen eine Vereinheitlichung der Datenschutzregelungen auf europäischer Ebene aufgrund der besonderen Sensibilität von Daten und der nationalen Besonderheiten nicht angebracht sei.

Die Bundesregierung wird in dem Antrag unter aufgefordert, im Europäischen Rat auf zahlreiche Ziele im Zusammenhang mit der Datenschutz-Grundverordnung hinzuwirken, so beispielsweise darauf, dass bei den Verhandlungen über die Grundverordnung "die Datenschutzprinzipien wie die Gebote der Direkterhebung, der Datensparsamkeit, der Datenvermeidbarkeit, der Transparenz, der Zweckbindung, der Erforderlichkeit gewährleistet werden". Ferner sollen nach dem Willen der SPD-Fraktion die Mitgliedstaaten auch über die Verordnung hinaus gehende Rechte für Betroffene gewähren dürfen und der "Schutz sonstiger öffentlicher Interessen konkreter gefasst" werden. Zudem wollen die Sozialdemokraten unter anderem die Unabhängigkeit der nationalen und europäischen Datenschutzbeauftragten gewährleistet sehen.

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4. SPD-Fraktion will frei zugängliches WLAN fördern

Wirtschaft und Technologie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Das Potenzial von WLAN-Netzen (Wireless Local Area Network - "drahtloses lokales Netzwerk") soll für den Internetzgang im öffentlichen Raum besser genutzt werden. Die SPD-Fraktion fordert in einem Antrag (17/11145), der an diesem Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht, das Haftungsrisiko für die Betreiber solcher offenen Netzwerke zu beschränken. Die Fraktion verweist auf eine entsprechende Initiative der Länder Berlin und Hamburg im Bundesrat.

Dazu soll die Haftungsbeschränkung für sogenannte Access-Provider (Internet-Dienstleister wie Telefongesellschaften) auch auf andere WLAN-Betreiber erweitert werden. Inhaber dieser offenen WLAN-Zugänge haben oft Probleme wegen der "Störerhaftung", falls diese Zugänge missbräuchlich genutzt werden.

In ihrem Antrag verweist die SPD-Fraktion darauf, dass zahlreiche WLANs von Hotels und Gaststätten als zusätzlicher Service für ihre Kunden betrieben würden. Darüber hinaus sei in den vergangenen Jahren auch die Zahl der privaten offenen WLANs und von Gemeinschaftsinitiativen stark gestiegen. Wegen der unklaren Lage, ob sich die Betreiber dieser offenen Netze auf die Haftungsbeschränkungen des Telemediengesetzes berufen könnten, stelle der Betrieb von öffentlichen WLANs ein beträchtliches wirtschaftliches Risiko dar und verhindere so den weiteren Ausbau von öffentlichen WLAN-Zugängen. "Dem Zugang zu einem freien und leistungsfähigen Internet kommt in der digitalen Gesellschaft grundlegende Bedeutung zu", schreibt die Fraktion.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 473 - 24. Oktober 2012 - 18:20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2012