Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/3495: Heute im Bundestag Nr. 500 - 07.11.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 500
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 7. November 2012 Redaktionsschluss: 13:20 Uhr

1. Gesundheitsausschuss votiert einstimmig für die Abschaffung der Praxisgebühr
2. Geldwäschegesetz erfasst künftig auch Online-Glücksspiele
3. Linksfraktion scheitert mit Antrag zu einem EU-Importverbot für Biokraftstoffe



1. Gesundheitsausschuss votiert einstimmig für die Abschaffung der Praxisgebühr

Ausschuss für Gesundheit

Berlin: (hib/TVW) Die Praxisgebühr soll abgeschafft werden. Folgt das Plenum dem am Mittwochmorgen gefassten Beschluss des Gesundheitsausschusses, dann wird die Pflicht der gesetzlich versicherten Patienten, beim Arztbesuch 10 Euro pro Quartal zu entrichten, zum Jahresende aufgehoben. Dies sieht eine Reihe von Änderungsanträgen zum Assistenzpflegegesetz (17/10747) vor, die die Fraktionen der CDU/CSU und FDP dem Ausschuss kurzfristig vorgelegt hatten. Um den entsprechenden Beschluss, den der Koalitionsausschuss in der Nacht von Sonntag auf Montag gefasst hatte, möglichst rasch umzusetzen, soll quasi im Huckepackverfahren eine entsprechende Bestimmung an das Assistenzpflegegesetz angehängt werden.

Die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen wurden vom Ausschuss zwar einstimmig angenommen. In der Sache gab es aber zumindest bei einer Fraktion Vorbehalte. Die CDU/CSU-Fraktion wies darauf hin, dass die Abschaffung der Praxisgebühr Teil des Kompromisspakets sei, das die Koalition am Wochenende geschnürt habe. Die Union trage diesen Beschluss mit, weil er sich aufgrund der guten Finanzlage der Krankenkassen gegenfinanzieren lasse. "Die Union hat diese Maßnahme aber nicht favorisiert", argumentierten die Abgeordneten der CDU/CSU. Außerdem werde die Abschaffung der Praxisgebühr nicht alle Patienten entlasten. "Schwerkranke Patienten werden davon nicht profitieren, weil sie stattdessen andere Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze werden leisten müssten", gab die CDU/CSU-Fraktion zu bedenken.

Bei der Opposition traf die Maßnahme hingegen auf ungeteilte Zustimmung. "Was lange währt, wird endlich gut", hieß bei der SPD-Fraktion. Sie begrüße es, dass die Koalition sich endlich dazu durchgerungen habe, einer Forderung, die die Opposition seit längerem erhebe, nachzukommen. Für die Fraktion Die Linke ist die Abschaffung der Praxisgebühr "ein Lichtblick" in dem Koalitionskompromiss vom Wochenende, der ansonsten von "viel Schatten" gekennzeichnet sei. Demgegenüber bezeichnete die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Maßnahme als lediglich ersten Schritt auf dem Weg zu einem neuen Finanzierungsmodell für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). "Wir wollen letztlich alle Formen von Zusatzbeiträgen abschaffen", betonten die Grünen.

Die FDP-Fraktion erläuterte, weshalb bei der Umsetzung des Koalitionsbeschlusses so große Eile geboten gewesen sei. Da die Abschaffung der Praxisgebühr nur im Zusammenhang mit einer Reihe von Folgeänderungen zu realisieren sei, habe man den Weg über Änderungsanträge zu einem bereits vorliegenden Gesetzentwurf gehen müssen. Das Ergebnis werde vor allem auch in den Arztpraxen auf einhellige Zustimmung stoßen. Die Fraktion der FDP ist davon überzeugt, dass "die Mitarbeiter über die Entlastung beim Verwaltungsaufwand sehr erfreut sein" werden.

Beim Assistenzpflegegesetz waren die politischen Fronten zwischen Koalition und Opposition dann wieder geklärt. Die CDU/CSU-Fraktion pries die Vorteile der Neuregelung, aufgrund derer behinderte Pflegebedürftige ihre Pflegeassistenten künftig nicht nur ins Krankenhaus, sondern auch in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen mit aufnehmen können. Eine solche Ausweitung des Leistungsanspruchs ist auch nach Ansicht der FDP-Fraktion sachgerecht, weil sie das Gesetz zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs aus dem Jahre 2009 "folgerichtig fortentwickelt." Für die SPD-Fraktion ist hingegen genau dies nicht der Fall, weil die Neuregelung die Pflegebedürftigen, die ihre Assistenten nicht nach dem Arbeitgebermodell beschäftigen, ausschließe. "Die Richtung der Regelung stimmt, ihre Reichweite ist aber zu gering", meinte die SPD. Auch die Fraktion der Grünen vertrat die Auffassung, dass "gleiche Bedarfslagen gleich behandelt werden sollten." Die Fraktion Die Linke verwies in diesem Zusammenhang auf ihren einschlägigen Antrag. Ihre Forderung, den Anspruch auf Mitnahme des Pflegeassistenten in Gesundheitseinrichtungen auf die gesamte Bedarfsgruppe auszuweiten, entspreche der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen.

Eine Mehrheit aus Koalition und der Linken stimmte im Ausschuss dem Assistenzpflegegesetz in seiner Gesamtheit zu. Hingegen wurden ein Antrag der Fraktion Die Linke zur Assistenzpflege (17/10784) ebenso wie alle sechs Anträge der drei Oppositionsfraktionen zum Thema Praxisgebühr (17/9189, 17/11192, 17/9031, 17/11141, 17/9408 und 17/11179) von der Koalitionsmehrheit abgelehnt. Alle Vorlagen sollen noch diese Woche im Bundestagsplenum abschließend beraten werden.

*

2. Geldwäschegesetz erfasst künftig auch Online-Glücksspiele

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Online-Glückspiele werden in die Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einbezogen. Der Finanzausschuss stimmte am Mittwoch mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes (17/10745) nach Einfügung einiger Änderungen zu. Die Oppositionsfraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Ein Antrag der SPD-Fraktion wurde von den Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Nach dem Beschluss sind für Branchen, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, dass sie für Geldwäsche missbraucht werden, besondere Sorgfaltspflichten vorgesehen. So müssen Anbieter von Glücksspielen im Internet einen Geldwäschebeauftragten bestellen. Zahlungsflüsse von und auf Spielkonten sollen durch ein EDV-gestütztes Monitoring-System geprüft werden, so dass "anhand bestimmter Kriterien und Indizien sowie bei der systemischen Feststellung eines als auffällig eingestuften Verhaltens dem Verpflichteten und dessen Geldwäschebeauftragten eine sofortige Reaktion ermöglicht" wird. Manuelle Recherchemaßnahmen würden nicht ausreichen. Für die Zulassung zum Online-Spielbetrieb genügt nicht allein die Registrierung bei einem Zahlungsdienstleister, sondern die Spieler müssen ein auf ihren Namen lautendes Konto beim Spielveranstalter einrichten. Per Änderungsantrag wurden online-spezifische Vorgaben zur Identifizierung und Verifizierung des Spielers eingefügt.

Die Unionsfraktion äußerte sich erfreut, dass die Bundesregierung so schnell tätig geworden sei. Der Markt für Online-Glücksspiele wachse sehr schnell. Die von der Opposition vorgeschlagene Aufnahme von Spielhallen in den Gesetzentwurf würde verfassungsrechtliche Probleme mit sich bringen, da die Beaufsichtigung von Spielhallen Sache der Bundesländer sei.

Für die SPD-Fraktion handelt es sich beim Online-Glücksspiel nicht um eine Dienstleistung, sondern um eine "eher problematische Auswucherung des Internets". Es sei "höchste Eisenbahn" für eine Regulierung in diesem Bereich. Der Sprecher der SPD-Fraktion forderte außerdem die Einbeziehung von Spielhallen in die Regelungen gegen Geldwäsche. Ähnlich äußerte sich der Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Die FDP-Fraktion erwiderte, das Internet könne nur begrenzt reguliert werden. Es liege außerdem grundsätzlich in der Natur des Menschen, zu spielen. Daher komme es auch zu Online-Glücksspielen. Und da sei es besser, den Spieltrieb in den regulierten Bereich zu leiten statt in den unregulierten.

Die Linksfraktion begrüßte die Schließung von Gesetzeslücken, wies aber darauf hin, dass es so gut wie keinen deutschen Markt für Online-Glücksspiele gebe. Es gebe fast nur illegale Bereiche. Daher erwarte man von der Regulierung nicht viel. Auch die Linksfraktion kritisierte, dass die Beaufsichtigung von Spielhallen nicht durch das Gesetz gedeckt werde. Der Sprecher zog das Fazit, dass das Geldwäschegesetz 20 Jahre nach seinem Inkrafttreten immer noch nicht richtig umgesetzt werde.

*

3. Linksfraktion scheitert mit Antrag zu einem EU-Importverbot für Biokraftstoffe

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Die Linke ist mit ihrer Forderung nach einem EU-Importverbot für Kraft- und Brennstoffe aus Biomasse gescheitert. Einen entsprechenden Antrag (17/10683) lehnten die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP bei Enthaltung der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ab.

Die Abgeordneten der Linksfraktion hatten darin unter anderem gefordert, dass die Bundesregierung im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaftsförderung keine Investitionen beim Anbau von Biomasse fördert oder absichert, wenn dies dazu führe, "dass Waldflächen oder andere Flächen mit hoher Biodiversität" gerodet werden oder der Anbau von Nahrungsmitteln dadurch verdrängt wird.

Der Import von Biokraftstoffen in die EU sowie die EU-Beimischquoten für Benzin und Diesel seien Aspekte, die dazu beitragen, dass 870 Millionen Menschen auf der Welt an Hunger leiden würden, sagte ein Vertreter der Fraktion. Eine steigende Nachfrage nach Biokraftstoffen treibe die Preise für Nahrungsmittel in die Höhe, große Agrarkonzerne würden zudem in Entwicklungs- und Schwellenländern Kleinbauern verdrängen.

Ein Vertreter der FDP-Fraktion sagte, dass Energiegewinnung aus Agrarrohstoffen immer "ein zweischneidiges Schwert" sei, allerdings könne die Lösung nicht in einem Importverbot bestehen. Ein Vertreter der CDU/CSU-Fraktion kritisierte, dass der Antrag dem "komplexen Thema" nicht gerecht werde. So gebe es beim Anbau von Zuckerrohr in Brasilien als Basis für Biokraftstoffe sehr überzeugende Projekte. Wichtig sei die Erforschung von Biokraftstoffen der sogenannten zweiten und dritten Generation, also von Pflanzen, bei denen vor allem oder ausschließlich jene Teile für die Erzeugung von Treibstoff genutzt werden, die für den Menschen nicht essbar sind.

Ein Vertreter der SPD-Fraktion bezeichnete den Antrag als "richtige Problembeschreibung" allerdings würde man sich mit einem generellen Importverbot die Möglichkeit nehmen, auf Menschenrechts- und Umweltaspekte beim Anbau von Biokraftstoffen Einfluss zu nehmen. Ähnlich argumentierte ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er wies zudem darauf hin, dass als nachhaltig zertifizierte Biokraftstoffe wenig aussagekräftig seien, weil damit noch lange keine Auskunft über mögliche Ausweicheffekte im Anbauland gegeben werden kann.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 500 - 7. November 2012 - 13:20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2012