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BUNDESTAG/3807: Heute im Bundestag Nr. 207 - 17.04.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 207
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. April 2013 Redaktionsschluss: 13:40 Uhr

1. Gespräch mit VDA-Präsident Wissmann zur Automobilindustrie
2. Honorarberatung bei Finanzanlagen wird gestärkt
3. Ausschuss gibt grünes Licht für Gesetz "zur Förderung der elektronischen Verwaltung"
4. Planungssicherheit für Auslandsschulen



1. Gespräch mit VDA-Präsident Wissmann zur Automobilindustrie

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Berlin: (hib/PST) Stolz und Sorge prägten den Auftritt von Matthias Wissmann vor dem Wirtschaftsausschuss am Mittwoch. Stolz präsentierte der Präsident des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA), der von 1998 bis 2001 selbst Vorsitzender dieses Ausschusses war, die Stellung der deutschen Automobilindustrie. Sie sei die einzige große Industrie, die in den letzten zehn Jahren die Zahl der Arbeitsplätze in Deutschland erhöht hat, und das obwohl die deutschen Autohersteller und -zulieferer noch wesentlich mehr Arbeitsplätze weltweit geschaffen haben, beziehungsweise "gerade deshalb". Von deutschen Herstellern kämen 20 Prozent aller weltweit hergestellten Automobile, im Premium-Sektor beherrschten sie sogar 80 Prozent des Weltmarktes, führte Wissmann aus.

Besorgt zeigte sich Wissmann im Gespräch mit den Ausschussmitgliedern über die Marktentwicklung in Europa. Mit Ausnahme Großbritanniens zeigten die Verkaufszahlen nach unten. 2013 würden die Verkäufe vermutlich um zwei bis drei Millionen Fahrzeuge unter dem liegen, was "zur Regeneration der Flotten nötig" sei. Besonders bei italienischen und französischen Herstellern und Zulieferern seien die Produktionskapazitäten sehr schlecht ausgelastet, was er "ganz ohne Schadenfreude", sondern vielmehr mit Sorge feststelle, betonte Wissmann. Die deutsche Automobilindustrie sei dagegen dank ihrer Erfolge in anderen Erdteilen in einer guten Verfassung.

Fragen an Wissmann aus allen Fraktionen bezogen sich vor allem auf die Haltung der deutschen Autoindustrie zur Elektromobilität und anderen alternativen Antriebsformen. Dazu sagte der Verbandschef, dass die deutsche Industrie nicht den Fehler mache, sich auf eine Technologie zu konzentrieren. Beim Verbrennungsmotor seien noch 20 Prozent Effizienzsteigerung innerhalb eines Jahrzehnts möglich. Beim Hybridantrieb habe die deutsche Industrie einen vorübergehenden Rückstand aufgeholt. Die Durchsetzung von Elektroautos allerdings werde "kein Sprint, sondern ein Marathonlauf". Entscheidend sei zum einen, ob der Wirkungsgrad von Batterien genügend erhöht werden kann, und zum anderen der Aufbau einer Infrastruktur von Lademöglichkeiten. Auch für die Einführung des Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Antriebs, an dem einige deutsche Unternehmen weiter arbeiteten, sei die Infrastruktur eine wichtige Voraussetzung.

Wissmann verteidigte die staatliche Förderung von Forschung und Entwicklung in diesen Bereichen. Dies sei keine Subventionierung einer Industrie, sondern "klassische marktwirtschaftliche Ordnungspolitik", betonte der Verbandschef. "Seit Ludwig Erhard war Forschungsförderung Aufgabe des Staates." Einer Milliarde öffentlicher Förderung der E-Mobilität stünden zudem 17 Milliarden Forschungsaufwand der Industrie gegenüber. Wissmann äußerte im übrigen den Wunsch, die Nutzung von Elektrofahrzeugen als Dienstwagen steuerlich besser zu stellen. Dies könnte ihre Durchsetzung wesentlich vorantreiben.

Aus mehreren Fraktionen wurde Wissmann nach der Haltung seines Verbandes zu den europäischen CO2-Grenzwerten gefragt. Danach darf der Flottenverbrauch neu zugelassener Fahrzeuge eines Herstellers in der EU ab 2015 höchstens 130g/km betragen und ab 2020 höchstens 95g/km. Wissmann zeigte sich überzeugt, dass die deutschen Hersteller diese Vorgaben einhalten werden. Allerdings kritisierte er, dass von 2020 an, anders als zuvor, Fahrzeuge mit alternativem Antrieb bei der Berechnung der Flottenverbräuche nicht mehr stärker gewichtet würden als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Dies sei kontraproduktiv.

Nach den Chancen des führerlosen Autos gefragt sagte Wissmann, die deutsche Industrie, und zwar sowohl Autohersteller als auch Zulieferer, seien auch bei der Entwicklung des automatisierten Fahrens führend. "Eine der spannendsten Fragen" bei der zunehmenden Vernetzung durch Kommunikationstechnologie sei, "wie junge Leute das annehmen und wie Ältere damit zurechtkommen".

Von sich aus äußerte der ehemalige CDU-Politiker noch die Bitte an die Ausschussmitglieder aus allen Fraktionen, bei Plänen für die Besteuerung von Vermögen an die Familienunternehmen zu denken. Die Mehrzahl der 600 Mitglieder seines Verbandes seien Familienunternehmen und Personengesellschaften. Deren Eigenkapitalquote sei während der jüngsten Krise teilweise unter zehn Prozent gesunken und mittlerweile wieder auf rund 25 Prozent gestiegen. Ein "Kernfrage" sei nun, appellierte Wissmann an die Abgeordneten, "dass Sie uns nicht einen Teil dieses Eigenkapitals wegnehmen, das wir in den stürmischen Zeiten vor uns dringend brauchen".

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2. Honorarberatung bei Finanzanlagen wird gestärkt

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat eine neue gesetzliche Grundlage für die Finanzberatung beschlossen. Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP stimmte der Ausschuss am Mittwoch dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente (17/12295) zu, nachdem die Koalition zuvor einige Präzisierungen vorgenommen hatte. Die Oppositionsfraktionen SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten geschlossen gegen den ihrer Ansicht nach unzureichenden Gesetzentwurf. Der Entwurf sieht zusätzlich zur bisherigen Anlageberatung mit dem Begriff Honorar-Anlageberatung die Schaffung einer neuen gesetzlich definierten Form der Anlageberatung vor.

Bisher finde die Anlageberatung in Deutschland hauptsächlich in Form der provisionsgestützten Beratung statt, hatte die Regierung ihre Initiative begründet. Dabei werde die Beratung durch Zuwendungen vergütet, die der Anlageberater von Anbietern oder Emittenten der Finanzprodukte erhalte. "Dieser Zusammenhang ist den Kunden trotz der bestehenden gesetzlichen Pflicht zur Offenlegung von Zuwendungen häufig nicht bewusst", begründet die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf, mit dem sie "mehr Transparenz über die Form der Vergütung der Anlageberatung" schaffen will.

Nach den Vorschriften des Gesetzentwurfs darf Honorar-Anlageberatung in Zukunft nur noch gegen Honorar des Kunden erbracht werden. Der Honorar-Anlageberater muss über einen hinreichenden Marktüberblick verfügen und darf sich nicht auf eigene oder auf Finanzinstrumente von ihm nahestehenden Anbietern beschränken. Daneben wird es noch den Honorar-Finanzanlagenberater geben, der nur zu bestimmten Produkten wie offenen Investmentfonds beraten darf und dafür eine gewerberechtliche Erlaubnis haben muss.

Die CDU/CSU-Fraktion erklärte, mit dem Entwurf würden Lehren aus der Finanzkrise gezogen, und es werde ein Signal gesetzt. Es handele sich aber um einen ersten Schritt zur Stärkung der Honorarberatung gegen die derzeit überwiegende Provisionsberatung. Die Honorarberatung müsse "auf Augenhöhe" mit der Provisionsberatung gebracht werden. Um eine Vernichtung der Provisionsberatung gehe es auf keinen Fall.

Zwar trat auch die SPD-Fraktion dafür ein, die Honorarberatung "auf Augenhöhe" mit der Provisionsberatung zu bringen, doch bezeichnete ein Sprecher der Fraktion den Gesetzentwurf als dafür ungeeignet. Der Honorarberater werde weiterhin nur ein Schattendasein führen, unter anderem deshalb, weil es keine genaue Abgrenzung des Berufsbildes gebe. Auch die Linksfraktion sah den Honorarberater nicht ausreichend gestärkt und vermisste ebenso wie die SPD-Fraktion ein klares Berufsbild. Ein Sprecher der Linksfraktion verlangte, provisionsgestützte Vermittler von Finanzanlagen sollten sich nicht mehr Berater nennen dürfen. Schließlich forderte er die Einführung eines Finanz-TÜV, damit schädliche Produkte erst gar nicht zugelassen würden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen warf der Koalition vor, nicht vom Verbraucher her zu denken. Das Problem der Falschberatung durch Fehlanreize löse der Gesetzentwurf nicht. Da es außerdem keine Gebührenordnung für die Honorarberatung gebe, werde diese Form der Beratung unattraktiv bleiben.

Ein Sprecher der FDP-Fraktion betonte, sicher sei das Endziel mit dem Gesetzentwurf nicht erreicht worden. Aber das, was derzeit möglich sei, habe die Koalition gemacht, sagte der Sprecher und erinnerte daran, dass die Europäische Union eine Regelung zur Beratung vorbereite. Deshalb sei auch die Versicherungsberatung nicht in den Gesetzentwurf einbezogen worden. Mit dem Gesetzentwurf werde die Honorarberatung etwas nach vorne rücken. Wichtig sei aber, dass die Wahlfreiheit bei Beratungen erhalten bleibe, forderte die FDP-Fraktion.

Mit der Mehrheit der Koalition abgelehnt wurde ein Antrag der SPD-Fraktion (17/8182). Darin wird gefordert, zur Stärkung des Verbraucherschutzes einen formalisierten Sachkundenachweis und eine Fortbildungspflicht für Vermittler von Finanzprodukten einzuführen. Des Weiteren soll Honorarberatern vorgeschrieben werden, eine Berufshaftpflichtversichrung abzuschließen.

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3. Ausschuss gibt grünes Licht für Gesetz "zur Förderung der elektronischen Verwaltung"

Innenausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat den Weg für den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf "zur Förderung der elektronischen Verwaltung" frei gemacht. Gegen die Stimmen der drei Oppositionsfraktionen votierte der Ausschuss am Mittwoch für die Vorlage in modifizierter Fassung. Zuvor hatte das Gremium mit den Stimmen der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion einen Änderungsantrag der Koalition angenommen. Der Gesetzentwurf steht am Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

Ziel des Entwurfes ist es, durch den Abbau bundesrechtlicher Hindernisse die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung zu erleichtern. Das Gesetz solle Bund, Ländern und Kommunen ermöglichen, einfachere, nutzerfreundlichere und effizientere elektronische Verwaltungsdienste anzubieten.

Weiter schreibt die Bundesregierung in der Vorlage, die Anwendung moderner Informations- und Kommunikationstechnik (IT) in öffentlichen Verwaltungen innerhalb staatlicher Institutionen und zwischen ihnen sowie zwischen diesen Institutionen und Bürgern beziehungsweise Unternehmen solle verbessert und erleichtert werden. Laut Entwurf sollen "medienbruchfreie Prozesse vom Antrag bis zur Archivierung" möglich werden. Dabei sollten Anreize geschaffen werden, Prozesse nach den Lebenslagen von Bürgern sowie nach den Bedarfslagen von Unternehmen zu strukturieren und "nutzerfreundliche, ebenenübergreifende Verwaltungsdienstleistungen 'aus einer Hand' anzubieten". Ebenso sollten Rechtsunsicherheiten beseitigt werden.

Hierzu soll die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung der Bundesregierung zufolge erleichtert werden, indem die Schriftform neben der qualifizierten elektronischen Signatur auch durch zwei andere sichere Verfahren ersetzt werden kann. Das erste dieser zugelassenen Verfahren betreffe von der Verwaltung zur Verfügung gestellte Formulare, die in Verbindung mit sicherer elektronischer Identifizierung der oder des Erklärenden übermittelt werden; eine sichere elektronische Identifizierung werde insbesondere durch die Online-Ausweisfunktion des neuen Personalausweises gewährleistet. Das zweite dieser zugelassenen Verfahren sei "De-Mail in Ausgestaltung der Versandoption nach Paragraf 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes", die eine "sichere Anmeldung" des Erklärenden voraussetzt. Ferner sollen der Vorlage zufolge die elektronische Beibringung von Nachweisen im Verwaltungsverfahren vereinfacht und klarstellende Regelungen zur elektronischen Akte geschaffen werden.

Der Änderungsantrag der Koalition sieht unter anderem vor, dass die Behörden des Bundes die barrierefreie Ausgestaltung der elektronischen Kommunikation und der Verwendung elektronischer Dokumente "in angemessener Form gewährleisten" sollen.

Die Opposition kritisierte im Ausschuss, dass bei De-Mails keine sogenannte Ende-zu Ende-Verschlüsselung geboten wird. Die SPD-Fraktion monierte, was die Koalition hier mache, sei "Unsicherheit per Gesetz". Die Standards bei der Übermittlung von Sozial- und Steuerdaten würden gesenkt. Die Fraktion Die Linke wandte sich ebenfalls gegen die Vorlage, obgleich deren Grundidee nicht schlecht sei. Sie betonte, dass es bei der Bevölkerung keine Akzeptanz für De-Mail gebe. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßte zwar die Intention des Gesetzentwurfs, bemängelte aber, dass bei der Änderung des Schriftformerfordernisses nicht das sicherste Verfahren gewählt worden sei. Die Neuregelung werde nur wenig Akzeptanz finden.

Die Koalitionsfraktionen wiesen die Sicherheitsbedenken der Opposition zurück. Die CDU/CSU-Fraktion verwies darauf, dass man Sicherheitsstandards schaffe, die weit über die bei einer normalen E-Mail hinausgingen. Es sei ein "Quantensprung", dass man bei bisher zwingend vorgeschriebener Schriftform künftig elektronisch mit der Verwaltung kommunizieren könne. Dies sei im Interesse der Bürger ein guter Schritt. Die FDP- Fraktion hob ebenfalls hervor, dass De-Mails viel vertraulicher seien als E-Mails oder ein Fax. Man habe eine "Riesenchance", die Verwaltung moderner zu gestalten.

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4. Planungssicherheit für Auslandsschulen

Auswärtiges/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HAU) Die Förderung der deutschen Auslandsschulen soll zukunftssicher und ihrer Bedeutung angemessen gestaltet werden. Das ist das Ziel eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung (17/13058), der am Freitag in erster Lesung beraten werden soll. Laut Entwurf soll die Finanzierung für voll ausgebaute deutsche Auslandsschulen "mit konstant hohen Abschlusszahlen" gesetzlich geregelt werden, um so "erreichte Erfolge" zu verstetigen. Zugleich werde für neue Schulen ein zusätzlicher Wachstumsanreiz geschaffen, heißt es in dem Regierungsentwurf. Wie aus dem Gesetzentwurf hervorgeht, soll jenen deutschen Auslandsschulen ein Anspruch auf finanzielle und personelle Förderung gewährt werden, die dazu beitragen, eine möglichst große Anzahl im Ausland lebender Schülerinnen und Schüler zu einem in Deutschland anerkannten schulischen Bildungsabschluss zu führen.

Dadurch, so heißt es zur Begründung, sollen erfolgreich arbeitende Schulen belohnt und Anreize für eine zielorientierte Arbeit aller deutschen Auslandsschulen gesetzt werden. Zugleich würden auf diese Weise Erfolge beim Aufbau deutscher Auslandsschulen abgesichert. Wie es weiter heißt, soll die Laufzeit der Förderbeiträge auf bis zu drei Jahre die Planungssicherheit der Schulträger deutlich verbessern. Zum anderen werde der Verwaltungsaufwand der fördernden Stellen und der Schulträger reduziert. Dies bedeute jedoch nicht, dass dieser Zeitraum ausgeschöpft werden müsse. Gewichtige Gründe eines Schulträgers oder der fördernden Stellen könnten eine kürzere Förderung erforderlich machen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 207 - 17. April 2013 - 13:40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. April 2013