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BUNDESTAG/4274: Heute im Bundestag Nr. 139 - 19.03.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 139
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 19. März 2014 Redaktionsschluss: 12:15 Uhr

1. Freihandel mit Entwicklungsländern
2. Reform des Adoptionsrechts
3. Mobbing: eigene Verordnung möglich
4. Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug
5. Jugendberufsagenturen im Blick
6. Grüne fragen nach Fluggastrechten



1. Freihandel mit Entwicklungsländern

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Ab Oktober dieses Jahres könnte einigen Entwicklungsländern der Marktzugang zur EU erschwert werden, wenn sie bis dann keine Interims-Wirtschaftspartnerabkommen (EPA) mit Brüssel schließen. Dies sei die Konsequenz einer entsprechenden Anpassung der EU-Marktzugangsverordnung des Rates und des Europäischen Parlaments, sagte Thomas Silberhorn (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im BMZ am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Hintergrund sei die Notwendigkeit, die Handelsbeziehungen der EU mit der Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten entsprechend der Regeln der Welthandelsorganisation WTO auszugestalten. Die Verhandlungen würden bereits seit 2002 laufen, hätten bisher aber lediglich zu einem EPA-Abkommen mit den karibischen Staaten und weiteren Interimsabkommen geführt, der Abschluss eines Abkommens mit den Staaten der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS könnte im Frühjahr 2014 folgen.

Silberhorn verwies darauf, dass der Verlust des präferentiellen Marktzugangs Staaten mit vergleichsweise hohem Durchschnittseinkommen treffen könnte - etwa Namibia und Botswana. Schwächere und die am wenigsten entwickelten Länder seien vom Verlust des präferentiellen Marktzugang allerdings teilweise oder ganz ausgenommen. Zudem räume die EU bei EPA-Abkommen eine gewisse Flexibilität ein: So gewähre sie einen vollständigen Zugang zum EU-Markt, während Partnerländer für einen längeren Zeitraum noch Zölle auf 25 Prozent der EU-Importe erheben können. Auf diese Weise könnten Entwicklungsländern besonders "sensible Bereiche" der einheimischen Wirtschaft weiterhin schützen, sagte Silberhorn.

Vertreter der Oppositionsfraktionen thematisierten die möglichen Konsequenzen der EPA-Abkommen. Für die ECOWAS-Staaten würden sie einen beträchtlichen Verlust der bisherigen Zolleinnahmen bedeuten, sagte ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bei gegenseitigen Marktöffnungen würden zudem insbesondere kleine und mittlere Unternehmen in den Entwicklungsländern gegenüber europäischer Konkurrenz nicht bestehen können. In diese Richtung argumentierte auch die Fraktion Die Linke: Die Aufhebung von Exportzöllen stehe dem Ziel, Wertschöpfung in Entwicklungsländern zu fördern, "diametral entgegen". Auf einen möglichen Spielraum verwies ein Vertreter der CDU/CSU: So schließen EPA zwar Exportsteuern auf Rohstoffe aus, nach den WTO-Regeln seien dies allerdings nicht verboten.

Ein Vertreter der SPD-Fraktion kritisierte zudem eine sehr "exekutivlastige" Verhandlungspraxis der EU-Kommission, bei der Abgeordnete und erst recht die Zivilgesellschaft nur verzögert und nicht immer transparent informiert würden. Diese Einschätzungen teilte auch der als Gast geladene Vertreter des Bischöflichen Hilfswerks MISEREOR e. V., Klaus Schilder: Das sei ein "großes Problem", weil Einwände der Zivilgesellschaft erst dann auf den Tisch kämen, wenn Abkommen bereits ausverhandelt seien. Schilder macht sich zudem für ein stärkere Berücksichtigung der Auswirkungen der EPA-Abkommen auf die Menschenrechte stark. Dies könne etwa durch eine periodische Überprüfung und einen Beschwerdemechanismus sichergestellt werden. Bei Menschenrechtsverletzungen als direkte Folge von EPA solle auch die Möglichkeit der Aussetzung solcher Wirtschaftspartnerschaftsabkommen in Betracht kommen.

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2. Reform des Adoptionsrechts

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/KOS) Künftig sollen Lesben und Schwule ein Kind auch dann adoptieren können, wenn es zuvor vom jeweiligen Partner bereits adoptiert worden ist. Das Recht auf eine solche "Sukzessivadoption" für eingetragene Lebenspartnerschaften proklamiert ein Gesetzentwurf der Fraktionen von Union und SPD (18/841). In dieser Ausdehnung der Adoptionsrechte für Homosexuelle sieht Justizminister Heiko Maas (SPD) einen "weiteren Schritt auf dem Weg zur völligen rechtlichen Gleichstellung von Lebenspartnerschaften".

Der Vorstoß der Koalition ist die Konsequenz eines im Februar 2013 vom Bundesverfassungsgericht gefällten Urteils, wonach die bisherige rechtliche Regelung auf diesem Gebiet gegen das Grundgesetz verstößt. Man wolle "einen verfassungswidrigen Zustand beseitigen", heißt es in der Vorlage von Union und SPD.

Bislang ist Schwulen und Lesben zwar die sogenannte "Stiefkindadoption" gestattet, sie können also das leibliche Kind eines Lebenspartners adoptieren. Die Sukzessivadoption ist indes laut Bürgerlichem Gesetzbuch bisher lediglich heterosexuellen Ehepaaren erlaubt, nicht hingegen homosexuellen Lebenspartnern. Allerdings weist der Gesetzentwurf darauf hin, dass die Sukzessivadoption bei Schwulen und Lesben bereits seit der Verkündung des Karlsruher Urteils im Februar 2013 in der Praxis angewandt wird. Diese Übergangsregelung hatte das Verfassungsgericht bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes angeordnet. Zudem war dem Bundestag auferlegt worden, eine verfassungskonforme Neuregelung bis Ende Juni dieses Jahres zu verabschieden.

In der Vorlage der Koalitionsfraktionen wird erläutert, inwiefern aus Karlsruher Sicht das Verbot der Sukzessivadoption bei Homosexuellen das Recht auf Gleichheit verletzt. Betroffen sei der Nachwuchs von schwulen und lesbischen Lebenspartnern, weil diese Kinder sowohl gegenüber leiblichen Kindern eines Lebenspartners wie auch gegenüber Kindern von heterosexuellen Ehegatten benachteiligt seien. Gleiches gelte für homosexuelle Lebenspartner, die im Vergleich zu Ehegatten benachteiligt seien, weil diese das vom Ehepartner adoptierte Kind annehmen dürften.

Der Gesetzentwurf von Union und SPD legt dar, dass das Europäische Übereinkommen über die Adoption von Kindern es den EU-Staaten erlaubt, die Sukzessivadoption durch Lebenspartner zuzulassen.

Allerdings wird in Deutschland bei Ehepaaren und eingetragenen Partnerschaften weiterhin nicht das gleiche Adoptionsrecht gelten. Für Schwule und Lesben wird es auch künftig nicht möglich sein, gemeinsam ein Kind zu adoptieren, eine solche Reform sieht die Vorlage von CDU/CSU und SPD nicht vor. Dieses Recht auf eine gemeinsame Adoption bleibt heterosexuellen Ehepaaren vorbehalten. In diesem Punkt setzt sich in der Großen Koalition bislang die Union durch. Und so heißt es denn in dem Entwurf der beiden Fraktionen, man werde von der nach internationalem Recht eröffneten Möglichkeit, auch die gemeinsame Adoption von Kindern durch homosexuelle Lebenspartner zu gestatten, "keinen Gebrauch machen".

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3. Mobbing: eigene Verordnung möglich

Arbeit und Soziales/Antwort

Berlin: (hib/CHE) Die Bundesregierung schließt nicht aus, dass es in Zukunft eine eigenständige Verordnung, zum Beispiel in Form einer Anti-Stress-Verordnung, zum Schutz vor Mobbing geben kann. In ihrer Antwort (18/779) auf eine Kleine Anfrage (18/654) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verweist sie darauf, dass ihr keine aktuellen Daten zu Mobbing vorliegen. Vor einer entsprechenden Entscheidung müssten zunächst weitere wissenschaftliche Erkenntnisse erhoben werden. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin habe dazu bereits ein Forschungsprojekt konzipiert, heißt es in der Antwort.

Dort hält die Bundesregierung gleichzeitig fest, dass Mobbing am Arbeitsplatz "ein ernstes gesellschaftliches Problem mit negativen Auswirkungen" sei. Nach dem 2006 beschlossenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) könne Mobbing eine unzulässige Benachteiligung aus den im Gesetz aufgeführten Diskriminierungsgründen darstellen. Insofern enthalte das geltende Recht bereits einen angemessenen Schutz für Mobbing-Opfer. Die Schaffung spezieller Regelungen stelle sich aus Sicht der Regierung jedoch als schwierig dar, weil Mobbing vielfältige Erscheinungsformen habe, heißt es in der Antwort weiter.

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4. Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Um Sprachanforderungen beim Ehegattennachzug geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/762). Darin erkundigen sich die Abgeordneten danach, ob die Bundesregierung der Auffassung sei, bei den im Rahmen des Ehegattennachzugs verlangten Sprachnachweisen handele es sich um "äußerst niedrige Anforderungen, die auch im Selbststudium gut zu bewältigen seien". Ferner fragt die Fraktion unter anderem nach dem "genauen Stand des von der Europäischen Kommission wegen der deutschen Regelung der Sprachanforderungen im Ausland beim Ehegattennachzug eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens".

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5. Jugendberufsagenturen im Blick

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Die Linke verlangt Auskunft über die im Koalitionsvertrag zwischen CDU,CSU und SPD angekündigte Einrichtung von sogenannten Jugendberufsagenturen. In einer Kleinen Anfrage (18/736) will die Fraktion unter anderem wissen, an welche Zielgruppe sich diese Agenturen richten und welche konkreten Aufgaben sie wahrnehmen sollen. Zudem möchte sie erfahren, welche rechtlichen und verwaltungstechnischen Vorhaben die Bundesregierung plant, um Jugendberufsagenturen flächendeckend einzurichten.

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6. Grüne fragen nach Fluggastrechten

Recht und Verbraucherschutz/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/KOS) Kritik an der Absicht der EU-Kommission, Airlines im Falle von Flugverspätungen nicht mehr wie bislang bei dreistündigen, sondern erst bei längeren Wartezeiten zu Entschädigungszahlungen an Passagiere zu verpflichten, üben die Grünen in einer Kleinen Anfrage (18/808). Je nach Dauer der Flugstrecke sollen nach dem Willen Brüssels Ausgleichszahlungen an Fluggäste künftig erst nach fünf, neun oder zwölf Stunden fällig werden. Die Grünen verweisen darauf, dass auch das EU-Parlament diese Pläne als deutliche Verschlechterung im Vergleich zu den derzeit geltenden Regelungen kritisiert habe. Im Rahmen eines umfangreichen Fragenkatalogs will die Fraktion von der Regierung u. a. wissen, ob für den "Erhalt des bestehenden Schutzniveaus", das die Große Koalition in Brüssel durchsetzen wolle, die Bewahrung des Schwellenwerts von drei Stunden Verspätung eine "zentrale Norm im Regelungsgefüge darstellt". Erläutern soll die Regierung, ob durch die von der EU-Kommission propagierten neuen Entschädigungsregeln rund 70 Prozent der heute Anspruchsberechtigten keine Ausgleichszahlung mehr bekommen würden. Die Grünen fürchten, dass Flugzeiten künftig nur noch "unverbindliche Absichtserklärungen" seien, da die Airlines die verringerte Zahl von Entschädigungsfällen kaum noch als Sanktion empfinden würden. Erläutern soll die Regierung auch, wie viele Übernachtungen zu welchen Kosten Fluggesellschaften übernehmen sollen, wenn Passagiere gar nicht weiterbefördert werden können. Auf Kritik stößt bei der Fraktion im Übrigen der Vorschlag der Brüsseler Kommission, die "außergewöhnlichen Umstände" weiter zu fassen, die im Fall von Verspätungen und Annullierungen Airlines von der Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen freistellen. In der Anfrage wird moniert, dass dies künftig selbst für gewöhnliche technische Defekte an einem Flugzeug gelten solle.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 139 - 19. März 2014 - 12:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2014