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BUNDESTAG/4399: Heute im Bundestag Nr. 264 - 21.05.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 264
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 21. Mai 2014 Redaktionsschluss: 12:25 Uhr

1. Ausschuss stimmt für Rentenpaket
2. Adoptionsrechte werden erweitert
3. Förderung für Juden und Muslime
4. Regierung sieht Reid-Methode kritisch
5. Digitale Komponenten im Reaktorschutz
6. Tod des V-Manns Corelli



1. Ausschuss stimmt für Rentenpaket

Ausschuss für Arbeit und Soziales/

Berlin: (hib/CHE) Das Rentenpaket hat eine wichtige Hürde auf dem Weg zur abschließenden Beratung durch den Bundestag am kommenden Freitag genommen: Am Mittwochvormittag stimmte der Ausschuss für Arbeit und Soziales mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen dem Gesetzentwurf über Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung (18/909) in geänderter Fassung zu. Dazu gehören die abschlagsfreie Rente ab 63 nach 45 Beitragsjahren, die verbesserte Anerkennung von Kindererziehungsleistungen durch die Mütterrente, verbesserte Anrechnungszeiten bei der Erwerbsminderungsrente und damit deren leichte Erhöhung und schließlich eine Anhebung der Mittel für die medizinische und berufliche Rehabilitation durch deren Anpassung an die demografische Entwicklung.

Die Linke enthielt sich, um den ihrer Meinung nach "richtigen Schritt in die richtige Richtung nicht zu bremsen", die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmte gegen den Entwurf, da er aus ihrer Sicht eine "selektive Privilegierung einzelner Gruppen" darstelle.

Die Koalitionsfraktionen begrüßten die Anfang der Woche gefundenen Kompromisse, vor allem in dem bisher am stärksten diskutierten Punkt der Vermeidung des Missbrauchs der abschlagsfreien Rente mit 63 als Frühverrentungsinstrument schon ab dem 61. Geburtstag. "Wir waren uns von Anfang an klar, dass wir eine Frühverrentungswelle nicht wollen", hieß es von der SPD-Fraktion. Mit dem "rollierenden Stichtag" soll nun verhindert werden, dass Arbeitnehmer schon mit 61 Jahren freiwillig in die Arbeitslosigkeit gehen oder von den Unternehmen in diese geschickt werden, um dann zwei Jahre später trotzdem abschlagsfrei in Rente gehen zu können. Denn Zeiten der Arbeitslosigkeit werden nun für die letzten zwei Jahre vor einem Rentenbeginn mit 63 Jahren nicht mehr angerechnet. Die Unionsfraktion lobte die in Aussicht gestellte "Flexi-Rente", das heißt, die Möglichkeit, auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiter arbeiten zu können. "Wir stellen damit klar, dass es selbstverständlich zulässig ist, das Arbeitsverhältnis zu verlängern", betonte die Unionsfraktion. Die Mütterrente erkenne endlich auch die Erziehungsleistung jener Frauen an, die für ihre Kinder ganz oder teilweise auf die Berufstätigkeit verzichtet hätten, sagte die Union.

Die Linke bezeichnete es als "gut und richtig", Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder künftig mit zwei statt mit einem Rentenpunkt zu berücksichtigen. Das sei aber kein Schließen einer Gerechtigkeitslücke, da für danach geborene Kinder immer noch drei Rentenpunkte berechnet werden. Darüber hinaus äußerte die Fraktion erneut scharfe Kritik an der Finanzierung der Mütterrente über Beitragsmittel und forderte eine Steuerfinanzierung. Die Rente mit 63 nannte sie eine "Mogelpackung", da sie nur für 1,5 Jahrgänge gilt und die Altersgrenze für die abschlagsfreie Rente schrittweise wieder auf 65 Jahre steigt. Die Flexi-Rente begrüßte die Fraktion, betonte jedoch, dass dadurch die Tarifautonomie nicht gefährdet werden dürfe. Heftige Kritik äußerte sie und auch die Grünen in Bezug auf den rollierenden Stichtag, da es neben der Insolvenz oder Betriebsaufgabe auch noch andere Grüne für eine unverschuldete Arbeitslosigkeit geben könne.

Die Grünen prophezeiten, dass das Rentenpaket "in einigen Jahren wieder und wieder diesen Ausschuss und den Haushaltsausschuss beschäftigen wird, denn sie nehmen eine beträchtliche Hypothek auf". Die Kosten des Rentenpaketes würden der Rentenversicherung die Chance nehmen, auf die wirklichen Probleme der kommenden Jahre zu reagieren. "Was ist, wenn es konjunkturell nicht mehr so gut läuft?", fragte die Fraktion. Dann müsste man, bei einem ohnehin schon niedrigen Rentenniveau wieder eine Debatte über Leistungskürzungen führen, hieß es.

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2. Adoptionsrechte werden erweitert

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz/

Berlin: (hib/KOS) Eingetragene Lebenspartnerschaften erhalten künftig mehr Adoptionsrechte: Einen Tag vor der abschließenden Abstimmung im Bundestag votierte der Rechtsausschuss am Mittwoch mit den Stimmen von Union und SPD für zwei identische Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen und der Regierung (18/841 und 18/1285), nach denen lesbischen und schwulen Paaren das Recht zur sogenannten "Sukzessivadoption" eingeräumt wird: Homosexuelle werden ein Kind, das von ihrem Partner bereits adoptiert worden ist, fortan nachträglich ebenfalls adoptieren können.

Am Widerstand von Union und SPD scheiterte im Ausschuss die von der Linken unterstützte Gesetzesvorlage der Grünen mit der Nr. 18/577 (neu), die auf die völlige Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften zielte und gleichgeschlechtlichen Paaren auch die gemeinsame Adoption von Kindern erlauben wollte.

Mit ihrer Initiative will die Koalition ein Urteil des Verfassungsgerichts vom Februar 2013 umsetzen, das die Praxis, Lebenspartnern eine Sukzessivadoption zu verwehren, als grundgesetzwidrig eingestuft und bis Ende Juni dieses Jahres eine verfassungskonforme Neuregelung verlangt hatte. Aus Karlsruher Sicht verletzt die bislang geltende Regelung den Grundsatz der Gleichbehandlung. Bisher konnten Lesben und Schwule nur das leibliche Kind des Partners adoptieren, was als "Stiefkindadoption" bezeichnet wird.

In der Debatte kritisierte die Linke, dass es bei der Adoption auch weiterhin keine rechtliche Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften geben werde. Die Grünen erklärten, Union und SPD würden das Karlsruher Urteil, das eine Gleichbehandlung von Lebenspartnern und Ehepaaren verlange, "offensichtlich verfassungswidrig" umsetzen. Die Grünen wiesen auf eine Passage in der Entscheidung des Verfassungsgerichts hin, wonach zwischen der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft keine Unterschiede existierten, die eine ungleiche Ausgestaltung der Adoptionsmöglichkeiten rechtfertigen könnten.

Seitens der Regierung wurde betont, Karlsruhe habe die Frage der gemeinschaftlichen Adoption durch Lebenspartner offen gelassen, was dem Gesetzgeber einen Spielraum gebe. Auch CDU und CSU wiesen die Vorwürfe der Grünen zurück, die das Urteil vom Februar 2013 "völlig falsch" interpretierten. Unionsabgeordnete verwiesen auf Unterschiede zwischen einer Sukzessiv- und einer gemeinschaftlichen Adoption. Im ersteren Fall habe das Kind bereits Beziehungen zu einem der Lebenspartner aufgebaut. Bei gemeinschaftlichen Adoptionen hingegen kämen Kinder in eine neue Beziehung hinein, was für sie eine Belastung darstellen könne. Zu dieser Problematik lägen bislang kaum fundierte Studien vor. Die Frage einer Volladoption sei "noch nicht entscheidungsreif".

Die SPD sagte, man stimme dem neuen Gesetz "nicht aus eigenem Antrieb und nicht aus tiefer Überzeugung" zu, man hätte gerne jetzt schon weitergehende Regelungen vereinbart. Die Fraktion verwies auf den Koalitionsvertrag mit entsprechenden Vereinbarungen zwischen beiden Parteien. Zurückgewiesen wurde die Kritik der Grünen an der Gesetzesvorlage. Die SPD betonte, die Adoption sei ein hoheitlicher Akt, bei dem es um das Kindeswohl gehe.

Abgelehnt wurde von der Koalition ein von der Linken unterstützter Gesetzentwurf der Grünen (18/842), der die Ratifizierung des Europaratsvertrags über die Adoption von Kindern in der 2008 revidierten Fassung verlangt. In der Bundesrepublik gelte noch die alte Version dieses Abkommens aus dem Jahr 1967, die eine Sukzessivadoption nur Ehepaaren gestattet, so die Grünen. Die neue Fassung des Abkommens von 2008 räumt indes den 47 Mitgliedsnationen des Straßburger Staatenbunds das Recht ein, die Sukzessivadoption auch gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu erlauben - wobei die einzelnen Länder zu einem solchen Schritt nicht verpflichtet sind. Die Europaratsstaaten können zudem Lesben und Schwulen das Recht zur gemeinsamen Adoption von Kindern einräumen, sind dazu aber nicht gezwungen.

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3. Förderung für Juden und Muslime

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/

Berlin: (hib/ROL) Die religiöse und kulturelle Vielfalt, die in Deutschland existiert, wurde am Mittwochvormittag im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung im Berliner Paul-Löbe-Haus besonders deutlich. Dort stellten sich das jüdische Begabtenförderwerk Ernst Ludwig Ehrlich und das muslimische Studienwerk Avicenna vor. "Wir wollen eine jüdische Zukunft in Deutschland gestalten", sagte der Vorsitzende, Rabbiner Professor Walter Homolka in seinem Eingangsstatement. Beide Studienwerke sind relativ jung. Das Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk gibt es seit fünf Jahren, Avicenna sucht gerade aus 584 Bewerbungen 50 Stipendiaten für den ersten Jahrgang heraus. "Zunächst hatten wir Bedenken, dass wir nicht genug Bewerbungen bekommen würden, aber das hat sich sofort erledigt", sagt der Vorsitzende von Avicenna, Professor Bülent Ucar. Ucar betonte, dass Avicenna junge Menschen in allen Fachrichtungen fördern will und nicht nur in religionswissenschaftlich geprägten Wissenschaften. Besonders wichtig sei ihm, dass sich die Stipendiaten auch gesellschaftlich betätigen und etwas für das Gemeinwohl tun. "Wir wollen keine kalten Karrieristen fördern."

Beide Studienwerke machen die Erfahrung, dass sie anders als die traditionellen christlichen oder parteinahen Studienwerke, vor allem Bewerbungen von jungen Menschen aus schwierigen oder einfachen sozialen Verhältnissen bekommen. Beim jüdischen Studienwerk gingen viele Bewerbungen von jungen Menschen aus ursprünglich osteuropäischen Familien ein. Meist sei den Eltern sei nach der Einwanderung nach Deutschland ihre akademischen Abschlüsse nicht anerkannt worden. "Diese Elterngeneration arbeitet oft als Parkwächter oder ähnliches", verdeutliche Homolka die Situation. Deren Kinder wollten nun den Aufstieg im deutschen Bildungssystem schaffen. Beim muslimischen Studienwerk kämen fast 90 Prozent der Bewerber aus nichtakademischen Elternhäusern, mehr als die Hälfte der Bewerberinnen seien weiblich.

Die Vertreterin der CDU/CSU sagte, dass sie gerade als Mitglied einer christlichen Partei die Gründung dieser konfessionell gebundenen Studienwerke außerordentlich begrüßen würde. "Für uns ist religiöse Identität wichtig", so die Bundestagsabgeordnete.

Aber auch die Vertreter der anderen Parteien fanden lobende Worte. Die Berichterstatterin der Linken begrüßte vor allem den sozialen Ausgleich, um den sich die beiden Studienwerke bemühen, denn es sei für ein Kind mit Migrationshintergrund nach wie vor schwer eine höhere Bildungslaufbahn einzuschlagen.

Der Vertreter der SPD betonte den interreligiösen Dialog und fragte auch nach der Zusammenarbeit der verschiedenen Studienwerke. Die, so berichtete der jüdische wie auch der muslimische Vorsitzende, sei gut; sowohl untereinander wie auch mit den christlichen und parteigebundenen Begabtenförderungswerken.

Der Vertreter der Grünen begrüßte ebenfalls die Gründung der Studienwerke. Das sei auch ein Zeichen für eine interkulturelle Öffnung in der Begabtenförderung und würde die Vielfalt in der Stipendienlandschaft erweitern.

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4. Regierung sieht Reid-Methode kritisch

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die sogenannte Reid-Methode bei Verhören wird nach Angaben der Bundesregierung nicht von Bundesbehörden angewendet. Auch sind keine Mitarbeiter von Bundesbehörden in dieser Methode geschult worden, wie aus der Antwort der Bundesregierung (18/1413) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/1262) hervorgeht. Darin schreibt die Bundesregierung weiter, sie sehe die Reid-Methode "im Hinblick auf Paragraf 136a der Strafprozessordnung (StPO) kritisch".

Den Fragestellern zufolge entwickelte der US-Amerikaner John E. Reid im Jahr 1947 eine Verhörmethode, die unter dem Namen Reid-Methode bekannt wurde. Nach Ausbildungsunterlagen der Bundespolizei sei es Ziel dieser Methode, "durch einen strukturierten Aufbau der Vernehmung den Täter auf Grund seines verbalen, nonverbalen und paralinguistischen Verhaltens von einer unschuldigen Person zu unterscheiden, teilweise durch Angaben von Unwahrheiten". Deutschen Polizisten "sei es laut Paragraf 136a der Strafprozessordnung verboten, durch Täuschung von Verdächtigen Aussagen zu provozieren".

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5. Digitale Komponenten im Reaktorschutz

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Der Bundesregierung liegen Informationen vor, dass in Atomkraftwerken in Frankreich, Großbritannien, Schweden, der Schweiz, der Slowakei, Tschechien, der Ukraine und Ungarn digitale Komponenten im Reaktorschutz eingesetzt werden. Wie die Regierung in ihrer Antwort (18/1412) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/1245) weiter schreibt, sind nach den ihr vorliegenden Informationen "in verschiedenen Kernkraftwerken der Nachbarstaaten für einige spezielle Auslegungsstörfälle kurzfristig Handmaßnahmen zur Beherrschung erforderlich". Dies betreffe auch die in Frankreich in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke sowie die Atomkraftwerke Doel-1/-2 und Tihange-1 in Belgien.

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6. Tod des V-Manns Corelli

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um den "Tod des V-Manns 'Corelli'" geht es in der Antwort der Bundesregierung (18/1405) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/1237). Wie die Bundesregierung darin ausführt, wurde Thomas R. am Nachmittag des 7. April 2014 durch den Vermieter der von ihm bewohnten Wohnung leblos aufgefunden. Eine am 8. April durch Mitarbeiter des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Münster im Beisein des zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft Paderborn durchgeführte Obduktion habe als vorläufiges Ergebnis eine todesursächliche Hyperglykämie ergeben. Dieses vorläufige Ergebnis sei zwischenzeitlich durch weitere chemische Untersuchungen des Instituts für Rechtsmedizin bestätigt worden. Nach dem Ergebnis dieser Untersuchungen sei von einer Hyperglykämie, die zu einem tödlichen diabetischen Koma geführt habe, auszugehen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 264 - 21. Mai 2014 - 12:25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2014