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BUNDESTAG/4690: Heute im Bundestag Nr. 555 - 05.11.2014


Deutscher Bundestag
hib u heute im bundestag Nr. 555
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 05. November 2014, Redaktionsschluss: 12.30 Uhr

1. Zustimmung zum Ratinggesetz
2.Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern



1. Zustimmung zum Ratinggesetz

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch einer Neuordnung des Ratingwesens zugestimmt. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen nahm der Ausschuss den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Verringerung der Abhängigkeit von Ratingagenturen (18/1774) an. Die Fraktion Die Linke enthielt sich. Zuvor waren auf Antrag der Koalitionsfraktionen einige überwiegend redaktionelle Änderungen an dem Entwurf vorgenommen worden.

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Abhängigkeit der Finanzbranche von Bewertungen der Ratingagenturen zu verringern. Die unkritische und häufig schematische Übernahme von Ratings von Ratingagenturen zur Einstufung der Bonitätsgewichtung von Kreditnehmern und Wertpapieren zu aufsichtsrechtlichen Zwecken durch Unternehmen der Finanzbranche habe häufig zu einer unzureichenden Einschätzung der Ausfallrisiken geführt. "Dies hat nicht unerheblich zum Entstehen der Finanzmarktkrise im Herbst des Jahres 2008 beigetragen", schreibt die Regierung in der Begründung. Der Gesetzentwurf, mit dem auch europäisches Recht umgesetzt wird, sieht vor, dass die Unternehmen der Finanzbranche in Zukunft bei der Bonitätseinschätzung stärker eigene Einschätzungen von Risiken vornehmen müssen. Mit dem Gesetzentwurf werden in die Bußgeldvorschriften des Kapitalanlagegesetzbuches zudem neue Tatbestände für Ordnungswidrigkeiten aufgenommen.

Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion betonte, in der Finanzkrise seien die Probleme mit Ratingagenturen deutlich geworden. Jetzt gehe es darum, die Bedeutung von Ratings zu verringern. Zugleich würden europäische Agenturen im Wettbewerb mit den großen amerikanischen Agenturen gestärkt. Die SPD-Fraktion bezeichnete den Entwurf nicht unbedingt als Meilenstein, aber immerhin als Mosaikstein in der Finanzmarktregulierung. Die Wirtschaft werde jetzt etwas unabhängiger von den Agenturen.

Die Fraktion Die Linke erkannte zwar an, dass die geplanten Maßnahmen in die richtige Richtung gehen würden. Erforderlich sei jedoch die Schaffung einer öffentlichen europäischen Ratingagentur. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, wesentliche Änderungen an den Finanzmärkten seien nicht zu erwarten. Eine Frage sei auch, ob Ratings bei der Banken- und Versicherungsregulierung weiterhin im bisherigen Umfang vorausgesetzt werden sollten.

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2. Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist mit ihrer Forderung nach verbindlichen Regeln zu Umwelt- und Sozialstandards bei transnationalen Unternehmen in Entwicklungsländern gescheitert. Ein entsprechender Antrag (18/2746) wurde am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung von den Fraktionen von CDU/CSU und SPD abgelehnt, die Fraktion Die Linke unterstützte die Initiative. Demgegenüber konnten sich die Koalitionsfraktionen gegen das Votum der Opposition mit einem Antrag (18/2739) zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern durchsetzen, der unter anderem freiwillige Selbstverpflichtungen von Unternehmen in den Mittelpunkt stellt.

Die Grünen hatten die Bundesregierung aufgefordert, "die international anerkannten Menschenrechtsabkommen, die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und die Kernbestandteile der internationalen Umweltabkommen auch für Unternehmen verbindlich zu machen". Bei Verstößen sollen die Opfer über das nationale Deliktsrecht Entschädigungsansprüche geltend machen können. Zudem sollen die im deutschen Recht bestehenden Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten von Unternehmen "auf soziale, ökologische und menschenrechtliche Risikolagen" ausgeweitet werden.

Union und SPD betonen in ihrem Antrag, dass multinationale und international agierende Unternehmen einen "erheblichen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung leisten" könnten - wobei verantwortungsbewusste Unternehmen ihre Ziele "freiwillig und aus eigenem Interesse auch nach sozialen, menschenrechtlichen und ökologischen Kriterien" ausrichten würden. Der Einsturz des Fabrikkomplexes Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013 habe aber "beispielhaft erneut gezeigt, dass es in einigen Entwicklungsländern Probleme mit der staatlichen Schutzpflicht gibt und dass einige multinational agierende Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung und Sorgfaltspflicht für ihre Lieferkette nicht ausreichend nachkommen". Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, sich dafür einzusetzen, "dass die Einhaltung von international anerkannten arbeitsrechtlichen Standards bei der Tätigkeit deutscher Unternehmen, deren Tochterunternehmen und Zulieferbetriebe in Schwellen- und Entwicklungsländern angesiedelt sind, gestärkt wird und, falls notwendig, sich bei den Partnerländern für entsprechende Anpassungen einzusetzen".

Ein Vertreter der CDU/CSU sprach von "komplexen Verflechtungen" entlang globaler Liefer- und Produktionsketten. Eine "Generalverurteilung" deutscher Unternehmen gehe am Thema vorbei. Um Katastrophen wie den Fabrikeinsturz in Bangladesch zu verhindern seien Entwicklungsländer etwa bei der Bauaufsicht und beim Arbeitsrecht auch selbst gefordert. Auch ein Vertreter der SPD-Fraktion sprach davon, dass es nicht darum gehen könne "unsere Unternehmen in Alleinhaftung" zu nehmen. Die Absage verschiedener Unternehmen, an der von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) angestoßenen Initiative für ein Textilbündnis teilzunehmen, zeige jedoch auch, dass freiwillige Selbstverpflichtungen allein nicht ausreichten.

Ein Vertreter der Grünen bezeichnete den Koalitionsantrag als "nett und niedlich" - freiwillige Selbstverpflichtungen seien "ein Schritt zurück". Es gehe nicht darum, deutsche Unternehmen in Alleinhaftung zu nehmen, sondern darum, international zu gesetzlichen Mindeststandards zu kommen. Auch ein Vertreter der Linksfraktion forderte eine "gesetzliche Verbindlichkeit". Bei Themen wie Unternehmensstrafrecht und Sorgfaltspflichten von Unternehmen hinke Deutschland international "massiv hinterher".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 555 - 5. November 2014 - 12.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2014