Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/4926: Heute im Bundestag Nr. 127 - 09.03.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 127
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 09. März 2015, Redaktionsschluss: 12.15 Uhr

1. Grüne präsentieren Cannabis-Gesetzentwurf
2. 3. Flächenverbrauch auf 30 Hektar reduzieren
4. Brandhemmer HBCD in Dämmstoffen
5. Altersgerechte Wohnungen fehlen
6. Investitionsplan der EU-Kommission
7. Moratorium für alte AKW im Jahr 2011


1. Grüne präsentieren Cannabis-Gesetzentwurf

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PK) Mit einem Cannabiskontrollgesetz will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die verbreitete Droge aus der Illegalität holen. Die in Deutschland gegen Cannabis gerichtete Verbotspolitik sei "vollständig gescheitert". Cannabis sei hierzulande die am häufigsten konsumierte illegale Droge, schreiben die Abgeordneten und schlagen in ihrem Gesetzentwurf (18/4204) vor, Cannabis aus den strafrechtlichen Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes herauszunehmen. Stattdessen sollte "ein strikt kontrollierter, legaler Markt für Cannabis" eröffnet werden.

Um das zu erreichen, müsse die gesamte Handelskette für Cannabis reguliert werden. Der Verkauf an Minderjährige sollte nach den Vorstellungen der Grünen weiter verboten sein. Der Verbraucher- und Gesundheitsschutz müsse durch Angaben über Inhaltsstoffe, die Konzentration der Wirkstoffe, Beipackzettel, Warnhinweise und Qualitätsstandards garantiert werden. Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, sollte ein Grenzwert für Cannabis eingeführt werden, ähnlich der Promillegrenze für Alkohol. Mit einer Cannabis-Steuer könnten zusätzliche Einnahmen erzielt werden.

Das derzeitige Cannabis-Verbot sei in mehrfacher Hinsicht problematisch, schreiben die Grünen in ihrer Vorlage. So würden Jugendliche durch das Verbot nicht wirksam vom Konsum abgehalten. Eine glaubwürdige Prävention wie auch ein wirksamer Jugendschutz würden durch das Verbot und den so geschaffenen Schwarzmarkt verhindert. Der illegale Handel könne nicht kontrolliert werden, was deswegen bedenklich sei, weil auf dem Schwarzmarkt auch mit diversen Stoffen verunreinigte Produkte oder solche mit erhöhtem Wirkstoffgehalt verkauft würden. Damit werde die Gesundheitsgefährdung der Konsumenten bewusst in Kauf genommen.

Die Grünen kritisieren auch die aus ihrer Sicht unverhältnismäßige Kriminalisierung der Cannabis-Konsumenten. Für Erwachsene sei das bisherige Verbot der Droge Cannabis, auch verglichen mit legalen Substanzen wie Alkohol, ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihre Handlungsfreiheit, weil der Konsum lediglich eine Selbstgefährdung darstelle.

*

2. Flächenverbrauch auf 30 Hektar reduzieren

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung hält unverändert am 30-Hektar-Ziel aus der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie und Biodiversitätsstrategie fest, wonach im Jahr 2020 täglich nur noch 30 Hektar neue Freiflächen für Siedlungs- und Verkehrsflächen in Anspruch genommen werden sollen. Um dies zu erreichen, erarbeite das Bundesumweltministerium derzeit einen "Aktionsplan Flächenschutz", heißt es in einer Antwort (18/4172) auf eine Kleine Anfrage (18/3974) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er soll über die laufenden Aktivitäten hinaus Maßnahmen zu weiteren Reduzierung des Flächenverbrauchs enthalten.

Die Bundesregierung betont, dass das Erreichen des 30-Hektar-Ziels vor allem in der städtebaulichen Praxis in erster Linie eine Aufgabe der Länder und Kommunen sei. Im "Aktionsplan Flächenschutz" würden erneut Vorschläge aus der fachpolitischen Debatte zur Diskussion gestellt, auf die sich Bund und Länder in der Vergangenheit nicht haben verständigen können.

In der Antwort heißt es weiter, dass der Flächenverbrauch für Siedlungen und Verkehr im Vier-Jahres-Mittel von 2010 bis 2013 bei zirka 73 Hektar pro Tag gelegen habe. Gegenüber dem Ausgangswert im Vier-Jahres-Zeitraum von 1997 bis 2000 mit einem Flächenverbrauch von 130 Hektar pro Tag stelle dies bereits "eine spürbare Reduktion" dar. Allerdings ist aus Sicht der Bundesregierung keineswegs gesichert, dass sich der Trend in den kommenden Jahren automatisch bis auf 30 Hektar pro Tag fortsetzt. Modellrechnungen zufolge dürfte im Falle von unveränderten Rahmenbedingungen ab dem Jahr 2015 die Flächenneuinanspruchnahme in einer Größenordnung von 64 Hektar pro Tag verharren.

*

3. Brandhemmer HBCD in Dämmstoffen

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/JOH) 57 Brände sind in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland laut einer Abfrage der Feuerwehr Frankfurt am Main im Zusammenhang mit Dämmstoffen aufgetreten. Dies entspreche rund sechs Brandereignissen pro Jahr, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (18/4129) auf eine Kleine Anfrage (18/3881) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Diese seien in Relation zu 160.000 bis 200.000 Brandereignissen in Deutschland zu setzen, bei denen es zirka 400 Tote und 4.000 Verletzte gegeben habe.

Die Grünen hatten in ihrer Anfrage besonders Dämmstoffe aus Styropor im Blick, die wegen der Verwendung des Brandhemmers HBCD in die Kritik geraten sind. Die Bundesregierung verweist darauf, dass dort, wo Polystyrol (EPS und XPS) eingesetzt worden sei, auch HBCD zu finden sei. Nach der EU-Verordnung zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen sei der Stoff mit drei Gefahrenhinweisen zu kennzeichnen, darunter dem Hinweis: "Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen". Im Rahmen der europäischen REACH-Verordnung sei HBCD als "besonders besorgniserregender Stoff" identifiziert worden, weil er sehr langlebig und giftig sei und sich zudem in Lebewesen anreichere.

Laut Bundesregierung kann davon ausgegangen werden, dass im Zeitraum von 1960 bis 2012 in Deutschland zirka 300 Millionen Kubikmeter an expandiertem Polystyrol-Hartschaumstoff EPS und von 1965 bis 2012 zirka 40 Millionen Kubikmeter verbaut worden seien. Für EPS seien zirka 40 Kilotonnen HBCD verbraucht worden, für XPS zirka 20 Kilotonnen.

Sofern es wirtschaftlich und technisch tragfähig sei, solle HBCD gemäß der REACH-Verordnung schrittweise durch geeignete Alternativstoffe oder -technologien ersetzt werden, heißt es in der Antwort weiter. Die Dauer dieses Transferprozesses könne für verschiedene Unternehmen durchaus unterschiedlich sein, betont die Bundesregierung.

*

4. Altersgerechte Wohnungen fehlen

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/JOH) Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es in Deutschland eine große Lücke bei der Versorgung mit altersgerechtem Wohnraum. Allein für den Personenkreis der über 65-Jährigen mit Mobilitätseinschränkungen fehlten schätzungsweise 2,7 Millionen Wohneinheiten, schreibt sie in einer Antwort (18/4148) auf eine Kleine Anfrage (18/3882) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dem stehe derzeit ein altersgerechter Wohnungsbestand in Deutschland von nur 700.000 Wohnungen gegenüber.

Die Bundesregierung beruft sich dabei auf eine Studie der Prognos AG, die das Wirtschaftsforschungsunternehmen im Juli 2014 im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erstellt hatte. Es rechnet darin bis zum Jahr 2030 auch mit einem Anstieg des Bedarfs auf rund 3,6 Millionen altersgerechte Wohnungen. Daraus ergebe sich, heißt es in der Antwort weiter, ein Investitionsbedarf von insgesamt 50 Milliarden Euro.

Die Bundesregierung betont, dass die KfW mit dem Programm "Altersgerecht Umbauen" Maßnahmen fördere, mit denen unter anderem Barrieren im Wohnungsbestand reduziert würden. Es leiste außerdem einen wichtigen Beitrag zur Schließung der Versorgungslücke. So seien im Zeitraum von April 2009 bis Dezember 2014 mit KfW- und Bundesmitteln mehr als 145.000 Wohneinheiten mit einem Zusagevolumen von 1,81 Milliarden Euro altersgerecht umgebaut.

Die Förderung des altersgerechten Umbaus sei zudem auch in das am 1. Juli 2013 in Kraft getretene Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz ("Wohn-Riester") aufgenommen worden. Damit erhielten förderberechtigte, ihre Wohnung selbst nutzende Eigentümer seit Januar 2014 die Möglichkeit, die Förderung für die rechtzeitige bauliche Vorsorge im Alter einzusetzen.

*

5. Investitionsplan der EU-Kommission

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/JOH) Das 315 Milliarden Euro schwere Investitionspaket der EU-Kommission steht im Zentrum einer Kleinen Anfrage (18/4039) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Abgeordneten wollen unter anderem wissen, inwieweit die Bundesregierung den Vorschlag der Kommission über den "Europäischen Fonds für strategische Investitionen" (EFSI) grundsätzlich unterstützt und ob sie die angestrebte Hebelwirkung für realistisch hält, wonach 21 Milliarden Euro an öffentlichen Garantien in Europa zusätzliche Investitionen in Höhe von 315 Milliarden Euro generieren sollen.

Der von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgeschlagene Investitionsplan soll Europas Konjunktur nach Jahren der Krise ankurbeln und neue Arbeitsplätze schaffen. Ein von der Kommission am 13. Januar 2015 vorgelegter konkreter Verordnungsvorschlag wird derzeit vom Europäischem Parlament und dem Europäischen Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren behandelt. Bis Juni 2015 soll eine Einigung erzielt und die Verordnung beschlossen werden. Die Bundesregierung hatte bereits im Vorfeld eine Liste mit Projekten eingereicht, mit denen Investitionen in Höhe von 90 Milliarden Euro angeregt werden wollen. Nach Ansicht der Grünen sei unklar, wie damit verfahren werde. Bisher sei noch nicht festgelegt, welche grundsätzlichen Kriterien für die Vergabe von Investitionsprojekten angewandt werden und wohin die Investitionsgelder vorzugsweise fließen sollen.

*

6. Moratorium für alte AKW im Jahr 2011

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/JOH) Die Rolle der Bundesregierung bei der vorübergehenden Abschaltung alter deutscher Atomkraftwerke im Jahr 2011 ist Gegenstand einer Kleinen Anfrage (18/4136) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Abgeordneten wollen wissen, wie die Anordnung zum Abschalten der Atomkraftwerke Neckarwestheim I, Philippsburg I, Biblis A und B, Isar I und Unterweser im März 2011 zustande gekommen ist und welche Kontakte mit welchem Inhalt die Bundesregierung bis zum Inkrafttreten der 13. Atomgesetznovelle am 6. August 2011 mit der Atomwirtschaft hatte.

Die Grünen-Fraktion verweist darauf, dass die drei AKW-betreibenden Energiekonzerne E.ON, RWE und EnBW für das knapp drei Monate dauernde Moratorium laut einem Fernsehbericht insgesamt 882 Millionen Euro forderten. In diesem Zusammenhang stellten sich zahlreiche Fragen zum damaligen Agieren der Bundesregierung.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 127 - 9. März 2015 - 12.15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. März 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang