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BUNDESTAG/4948: Heute im Bundestag Nr. 149 - 18.03.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 149
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 18. März 2015, Redaktionsschluss: 16.20 Uhr

1. Zu wenig Transparenz bei Riester-Verträgen
2. Anhörung zum Gruppenrecht
3. Linke will gerechte Gesundheitsvorsorge
4. Grüne wollen breite Gesundheitsförderung
5. Kommunen sollen Netze übernehmen
6. Grüne fordern Regelung für Eintagsküken


1. Zu wenig Transparenz bei Riester-Verträgen

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Bei staatlich geförderten Altersvorsorgeverträgen wie den Riester-Rentenverträgen sind die tatsächlichen Kosten oft nicht erkennbar. "Der Kunde hat keine Chance, das optimale Produkt zu finden", erklärte Mark Ortmann, Geschäftsführer des Instituts für Transparenz (Berlin) in einer Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch. Ortmann stellte den Abgeordneten eine Untersuchung seines Instituts über die Kosten bei diesen Finanzprodukten vor. Er sprach sich dafür aus, in die Produktinformationsblätter Angaben über die Kosten eines Produkts aufzunehmen. Die effektiven Kosten müssten aber für alle Anbieter von Finanzprodukten ganz genau definiert werden.

Zugleich schlug Ortmann vor, die effektiven Kosten zu begrenzen und legte dafür mehrere Vorschläge vor. Allerdings sollten die Obergrenzen nicht zu niedrig angesetzt werden, denn dann würden einige Anbieter den Markt verlassen. "Eine zu starke Kostenbegrenzung schränkt das Angebot ein", sagte Ortmann.

Der Finanzausschuss will sich weiter mit dem Thema Kosten von staatlich geförderten Altersvorsorgeverträgen befassen.

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2. Anhörung zum Gruppenrecht

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (Anhörung)

Berlin: (hib/FLA) Als überfällig oder überflüssig haben Experten einen Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung von Gruppenverfahren im Zivilprozessrecht (18/1464) eingestuft. Erreicht werden soll nicht zuletzt, dass auch kleinere Individualschäden vor Gericht gebracht werden können, wenn sie massenhaft auftreten. Die gegensätzlichen Einschätzungen wurden heute offenbar bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz unter der Leitung von Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen).

"Keinen Bedarf" dafür sah Peter Fölsch, Deutscher Richterbund e.V. (DRB), Richter am Landgericht Lübeck. Der Gesetzentwurf genüge nicht "den Anforderungen an das Verfahrensgrundrecht des rechtlichen Gehörs" für die Teilnehmer. Zudem sei "eine weitere Belastung der Justiz" die Folge.

Professor Axel Halfmeier (Leuphana Universität Lüneburg, Leuphana Law School, Professor für Bürgerliches Recht, Rechtsvergleichung sowie Internationales Privat- und Verfahrensrecht) hatte die Grünen bei der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs beraten. Er verwies unter anderem darauf, dass berechtigte Individualansprüche einzelner Betroffener "aufgrund faktisch vorhandener Zugangsbarrieren" nicht durchgesetzt würden - "ökonomische, soziale und psychologische Barrieren". Es bestehe aber "das gesamtgesellschaftliche Interesse an der Durchsetzung".

Paul Hecht, LL.M. (Daimler AG) erklärte für den Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI), dem "verfassungsrechtlich garantierten Justizgewährleistungsanspruch" werde "durch die Klagemöglichkeiten, die die deutsche Rechtsordnung vorsieht, vollumfänglich Rechnung getragen". Im Gesetzentwurf werde überdies konkret kein Defizit festgestellt. Fazit: "Die Schaffung einer weiteren Verfahrensart ist unnötig."

Professor Burkhard Hess (Max Planck Institute Luxembourg, Executive Director of the Max Planck Institute Luxembourg for International, European and Regulatory Procedural Law) hielt den Gesetzentwurf für "nicht geeignet, die selbst gesetzten Ziele zu verwirklichen". So werde nur die "Bündelung von Bagatellfällen" erreicht, nicht "sämtliche Massen- und Streuschäden".

Professor Jürgen Kessler (Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Professor für Deutsches, Europäisches und Internationales Handels-, Gesellschafts-, Arbeits- und Wirtschaftsrecht) begrüßte "im Grundsatz" den Gesetzentwurf. Das deutsche Prozessrecht bleibe "noch deutlich" hinter dem Standard in vielen EU-Staaten zurück. Er verwies auf eine Empfehlung der EU-Kommission, der zufolge "durch die Einführung eines Instruments des kollektiven Rechtsschutzes insbesondere Verbrauchern verbesserte Chancen zu einem effektiven Schadensausgleich" eröffnet werden sollen.

Deutschland gelte europaweit in dem Bereich als der "letzte Mohikaner, meinte Professor Caroline Meller-Hannich (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozess- und Handelsrecht). Den Gesetzentwurf bewertete sie als "grundsätzlich gelungen".

Für Roland Stuhr, Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv), ist der Gesetzentwurf ein "ganz wichtiger Beitrag für die überfällige Diskussion in Deutschland, dass wir Rechts- und Verfahrensinstrumente benötigen, die die eklatanten Lücken bei der Durchsetzung von individuellen Rückzahlungs- und Schadensersatzansprüchen regeln".

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3. Linke will gerechte Gesundheitsvorsorge

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Die Gesundheitsförderung und Prävention muss nach Ansicht der Fraktion Die Linke "konsequent auf die Verminderung sozial bedingter gesundheitlicher Ungleichheit" ausgerichtet sein. In einem Antrag (18/4322), der am Freitag (20. März) zusammen mit dem Präventionsgesetz der Bundesregierung (18/4282) beraten werden soll, heißt es, Menschen aus der unteren Einkommensschicht hätten in jedem Lebensalter ein doppelt so hohes Risiko, ernsthaft zu erkranken, wie wohlhabende Menschen.

Die Bundesregierung verfolge mit der Gesundheitsförderung und Prävention vorrangig ökonomische Ziele. Es gehe darum, Behandlungskosten zu begrenzen, Arbeitgeber und Sozialversicherungen zu entlasten und den Fachkräftebedarf der Unternehmen zu sichern. Auch das Präventionsgesetz werde auf diese Weise begründet.

Eine erfolgreiche Gesundheitsförderung setze in den Lebenswelten der Menschen an, in Kitas, Schulen, am Arbeitsplatz, im Dorf, Kiez oder Stadtteil, schreibt die Linksfraktion weiter. In den Lebenswelten müssten gesundheitsförderliche Bedingungen geschaffen werden, beispielsweise durch Lärmverminderung, kindergerechte Angebote und bewegungsfreundliche Kitas. Im betrieblichen Bereich gehe es um die Reduzierung von Arbeitsbelastung und Stress sowie die Verhinderung von Arbeitsverdichtung und prekärer Beschäftigung.

Damit alle Menschen in der Lage seien, ihr größtmögliches Gesundheitspotenzial zu verwirklichen, müssten sozial bedingte Unterschiede des Gesundheitszustandes verringert sowie gute Entwicklungsmöglichkeiten und Entwicklungsvoraussetzungen für alle geschaffen werden, fordert Die Linke. Daran müssten sich Gesundheitsförderung und Prävention konsequent ausrichten.

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4. Grüne wollen breite Gesundheitsförderung

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Ein modernes Gesundheitsförderungsgesetz muss nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Gerechtigkeit und Teilhabe für alle ermöglichen. Eine gesunde Ernährung, mehr Bewegung und eine gute Stressbewältigung könnten dazu beitragen, lange gesund zu bleiben und bis ins hohe Alter mobil zu sein. Was sich einfach anhöre, sei jedoch im Alltag mit Zeitdruck und Hektik in der Schule, am Arbeitsplatz, bei der Kindererziehung oder in der Pflege schwer umsetzbar, heißt es in einem Antrag (18/4327) der Fraktion, der am Freitag (20. März) zusammen mit dem Präventionsgesetz der Bundesregierung (18/4282) beraten werden soll.

Die soziale Lage beeinflusse das Wohlergehen. Eine geringe Bildung und ein niedriges Einkommen, schlechte Wohnverhältnisse und fehlende soziale Teilhabe wirkten sich negativ auf die Gesundheit aus. Um der sozialen Ungleichheit von Gesundheitschancen entgegen zu wirken, komme guter Gesundheitsförderung eine besondere Bedeutung zu. "Gesundheitsförderung umfasst die nichtmedizinische, ganzheitliche individuelle und soziale Primärprävention und stößt Veränderungsprozesse mit allen Beteiligten dort an, wo sie leben, lernen und arbeiten", heißt es in dem Antrag weiter.

Der Regierung gelinge es in ihrem Gesetzentwurf nicht, die Weichen für diesen grundlegenden Ansatz zu stellen. Bei der Gesundheitsförderung gehe es, im Gegensatz zum medizinischen Präventionsbegriff, um viel mehr als nur um einzelne Krankheiten, deren Verhinderung, Früherkennung oder Behandlung. Mit dem Gesetzentwurf werde versäumt, die Gesundheitsförderung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen, zu organisieren und in den Alltagswelten der Bürger dauerhaft zu verankern.

Die Grünen-Fraktion setze dagegen in der Gesundheitsförderung auf Chancengleichheit, Alltagsweltbezug, Teilhabe, Langfristigkeit sowie die Einbeziehung der wesentlichen Akteure einschließlich der Bürger. "Wir wollen allen Menschen ermöglichen, das Wissen, die Kompetenz und die Gelegenheit zu haben, ein gesundes Leben zu führen."

In dem Antrag wird konkret gefordert, die Gesundheitsbelastungen durch Lärm, Stress oder Unfallgefahren zu senken und "gesundheitsfördernde Ressourcen" wie soziale Netzwerke, Bildung, Ernährung und Bewegung zu stärken.

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5. Kommunen sollen Netze übernehmen

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Städte und Gemeinden sollen Konzessionen für den Betrieb der Energienetze auch ohne Ausschreibungen vergeben können. Damit soll die Rekommunalisierung dieser Netze erleichtert werden, schreibt die Fraktion Die Linke in einem Antrag (18/4323), der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht. Die Bundesregierung soll einen Gesetzentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes vorlegen, der entsprechende Konkretisierungen vorsieht. Zu den Entscheidungsgründen bei der Vergabe soll insbesondere das Interesse an verstärkten Steuermöglichkeiten durch die Kommune zählen.

Nach Ansicht der Linksfraktion hat die Rekommunalisierung von Energienetzen viele Vorteile: "Sie erleichtert die Umsetzung örtlicher integrierter Klimaschutzkonzepte und steigert die örtlichen und regionalen Wertschöpfungspotenziale." Von Versorgungsnetzen in kommunaler Hand würden auch besonders der dringend notwendige Ausbau von Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) profitieren. Angesichts neuer Techniken zur Steuerung von Angebot und Nachfrage sowie Power-to-Gas-Anlagen würden dort, wo die Netze in einer Hand liegen, Synergien eintreten. "Diese werden sich für die Energiewende wie für die Wirtschaftlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen gleichermaßen auszahlen", erwartet die Linksfraktion.

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6. Grüne fordern Regelung für Eintagsküken

Ernährung und Landwirtschaft/Antrag

Berlin: (hib/EIS) Das Töten männlicher Küken spezialisierter Legerassen soll verboten werden. Das fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/4328) von der Bundesregierung, der voraussichtlich am Donnerstag im Bundestag beraten wird. Darin heißt es weiter, dass durch ein Gesetzentwurf klargestellt werden soll, dass das Töten von Eintagsküken aus wirtschaftlichen Erwägungen kein vernünftiger Grund entsprechend Paragraph 1 des Tierschutzgesetzes sei und deshalb nach "zeitnaher, angemessener Übergangsfrist" untersagt werden soll. Außerdem fordern die Grünen, dass entsprechende Forschungsprogramme intensiviert werden, die die Züchtung eines Zweinutzungshuhns vorantreiben, bei dem die weiblichen Tiere eine gute Legeleistung zeigen und die männlichen Tiere schnell Fleisch ansetzen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 149 - 18. März 2015 - 16.20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2015

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