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BUNDESTAG/5099: Heute im Bundestag Nr. 300 - 11.06.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 300
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 11. Juni 2015, Redaktionsschluss: 11.15 Uhr

1. Zielkatalog für SDGs begrüßt
2. Bekämpfung von Analphabetismus


1. Zielkatalog für SDGs begrüßt

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung

Berlin: (hib/HAU) Der von der Open Working Group (OWG) im Juli 2014 entwickelte Zielkatalog auf dem Weg zu den Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDGs) ist von den zu einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung am Mittwochabend geladen Experten positiv bewertet worden. Der Vorschlag der OWG, in der sich 70 UN-Mitgliedstaaten 30 Sitze teilen, wobei Deutschland in einer Gruppe mit der Schweiz und Frankreich arbeitet, umfasst 17 Oberziele, die durch 169 Unterziele erläutert und konkretisiert werden. Die Verabschiedung der SDGs ist für den Herbst dieses Jahres vorgesehen. Sie sollen die Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) ablösen.

Gemessen an dem, was tatsächlich nötig wäre, um weltweit eine menschenrechtsbasierte nachhaltige Entwicklung einzuleiten, sei der Vorschlag zwar dürftig, sagte Thilo Hoppe, entwicklungspolitischer Beauftragter von "Brot für die Welt". "Berücksichtigt man jedoch, was im Rahmen von solchen Verhandlungen, bei denen auch viele Bremser mit am Tisch sitzen und der kleinste gemeinsame Nenner gesucht werden muss, herauskommen kann und bei anderen Verhandlungen herauskam, ist der OWG-Vorschlag beachtlich", urteilte er. Diese Agenda dürfe jedoch keineswegs weiter ausgedünnt werden. Hoppe hob positiv hervor, dass die Überwindung des Hungers bis 2030 als Ziel formuliert sei. Beachtlich sei auch, dass sich die OWG auf das Ziel der Verringerung der sozialen Ungleichheit habe einigen können.

Tobias Hausschild vom entwicklungspolitischen Verband Oxfam stimmte dieser Bewertung zu. Angesichts der ungleichen Verteilung des Reichtums - 1 Prozent der Menschen besitzen laut Hauschild mehr als die restlichen 99 Prozent zusammen - sei es wichtig, "daran etwas zu ändern". Die Bekämpfung von sozialer Ungleichheit, so der Oxfam-Vertreter, sei eine wesentliche Voraussetzung für die Armutsbekämpfung.

Von einem ehrgeizigen Entwurf, der den integrierten Charakter der Herausforderungen betone, sprach Alois Vedder, Leiter Politik beim World Wide Fund For Nature (WWF). Gleichzeitig kritisierte er, dass der Umweltschutz an mehreren Stellen "wie drangeklebt wirkt". Bei der Umsetzung der SDGs müsse die Zivilgesellschaft ab sofort intensiv und systematisch beteiligt werden, sagte er und forderte zugleich, das Nachhaltigkeitsprinzip in die Verfassung aufzunehmen.

Eine starke Partizipation der Zivilgesellschaft ist auch aus Sicht von Klaus Mielke, Vorsitzender der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch, ein wichtiges Element bei der Umsetzung der SGDs in Deutschland. Ebenso wichtig sei die Einbeziehung des Parlaments bei der Erstellung eines nationalen Aktionsplans und die Stärkung und Einbeziehung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung. Aus Sicht Mielkes ist es zudem ratsam, eine materielle Nachhaltigkeitsprüfung der Gesetze und eine Nachhaltigkeitsfolgeabschätzung zu etablieren.

Es stelle sich die Frage, welche Politik- und Innovationslinien man benötige, um in Sachen Nachhaltigkeit weiterzukommen, sagte Eick von Ruschkowski vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). "Wir brauchen eine grundsätzliche Debatte darüber, welche großen Ziele wir eigentlich haben", sagte er. Beim Thema Nachhaltigkeit sah Ruschkowski Nachholbedarf in der Arbeit der Bundesregierung. Die benötigten Querschnittsstrategien seien schwer umsetzbar, auch wenn sie im Kabinett beschlossen wurden, "weil das ressortübergreifende Arbeit erfordert", sagte der Nabu-Vertreter.

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2. Bekämpfung von Analphabetismus

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) 7,5 Millionen Menschen in Deutschland können nicht richtig lesen oder schreiben und gelten als sogenannte funktionale Analphabeten. Das zeigt die Studie "leo. - Level-One" im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, die als erste Studie in Deutschland die Größenordnung des funktionalen Analphabetismus unter der erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren ermittelt hat. Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD fordern in einem Antrag (18/5090) die Bundesregierung auf, eine "Nationale Dekade für Alphabetisierung" auszurufen und das bisherige Bündnis zur Grundbildung mit weiteren gesellschaftlichen Akteuren als Allianz für Alphabetisierung und Grundbildung auszubauen.

Zudem sollen bisher gewonnene Forschungsergebnisse, Konzepte und Materialien in die Praxis überführt werden und die bewährten Instrumente des Förderprogramms zur arbeitsplatzorientierten Grundbildung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Alphabetisierungs-Dekade weiter umgesetzt werden. Ferner soll die Alphabetisierung und Grundbildung im Bereich der beruflichen Bildung und Jugendbildung weiterentwickelt werden. Dazu gehört nach Ansicht der Fraktionen auch die Förderung von notwendigen Grundkompetenzen in den Bereichen Lesen, Schreiben, Mathematik sowie Informations- und Kommunikationstechnologien durch die Bundesagentur für Arbeit als eine Voraussetzung der dauerhaften Integration von Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt, die noch nicht über einen Berufsabschluss verfügen.

Wenn die Kompetenzen in Schrift und Sprache von Erwachsenen niedriger sind als die jeweiligen beruflichen und gesellschaftlichen Anforderungen, spricht man von funktionalem Analphabetismus. Die Betroffenen können zwar einzelne Wörter oder Sätze lesen und schreiben, nicht jedoch zusammenhängende Texte wie zum Beispiel Arbeitsanweisungen, Behördenbriefe, Zeitungen oder Bücher. In Deutschland betrifft dies 14 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung. Die "leo."-Studie zeigt, dass Menschen ohne Schulabschluss, in prekärer Beschäftigung und mit einem Alter von mehr als 50 Jahren zu den besonders gefährdeten Risikogruppen gehören. Insgesamt sind rund 57 Prozent der funktionalen Analphabeten berufstätig, häufig als un- oder angelernte Arbeitskräfte. Deutsch ist bei 58 Prozent der Betroffenen die Muttersprache und mehr als 80 Prozent haben einen Schulabschluss. Wie die Zahlen deutlich zeigen, durchdringt der funktionale Analphabetismus die gesamte Gesellschaft.

Analphabetismus im engeren Sinne betrifft mehr als vier Prozent, das sind circa 2,3 Millionen Menschen der erwerbsfähigen Bevölkerung in Deutschland. Personen können zwar einzelne Wörter lesen, verstehen und schreiben, nicht jedoch ganze Sätze. Gebräuchliche Wörter müssen Buchstabe für Buchstabe zusammengesetzt werden. 300.000 Menschen können nicht einmal ihren Namen richtig schreiben.

Weitere 25 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung schreiben fehlerhaft. Das bedeutet, dass die Kompetenzen im Bereich Lesen und Schreiben, die bis zum Ende der Grundschule unterrichtet werden, von circa 13 Millionen Menschen nicht richtig beherrscht werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 300 - 11. Juni 2015 - 11.15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juni 2015

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