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BUNDESTAG/5154: Heute im Bundestag Nr. 355 - 08.07.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 355
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 08. Juli 2015, Redaktionsschluss: 12.50 Uhr

1. Reform des Sexualstrafrechts
2. Korruption im Gesundheitswesen
3. Massive Strom-Überkapazitäten
4. Ausschreibung bei Photovoltaik
5. Bilanz der Zypern-Krise


1. Reform des Sexualstrafrechts

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/SCR) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will das Sexualstrafrecht reformieren. Mit einem Gesetzentwurf (18/5384) sollen nach Ansicht der Grünen bestehende Strafbarkeitslücken im Bereich der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung geschlossen werden.

Die Grünen-Fraktion begründet ihr Vorhaben zum einem damit, dass die aktuelle Rechtslage zu hohe Anforderungen an die Erfüllung des Tatbestands der sexuellen Nötigung beziehungsweise Vergewaltigung stelle. So sei die in Paragraph 117 Absatz 1 Nummer 3 des Strafgesetzbuches genannte Ausnutzung einer schutzlose Lage in der Rechtsprechung so ausgelegt worden, dass sie "nicht im sozialen Nahbereich zum Tragen kommt, obwohl dort die meisten sexuellen Übergriffe stattfinden", kritisieren die Grünen insbesondere mit Verweis auf Urteile des Bundesgerichtshofs. Überhaupt sei das Abstellen auf sogenannte qualifizierte Nötigungsmittel - neben der Ausnutzung einer schutzlosen Lage des Opfers zählt dazu noch die Anwendung oder die Androhung von Gewalt - durch den Täter, in dem Straftatbestand problematisch. Zum anderen verweisen die Grünen auf Strafbarkeitslücken bei sogenannten Überraschungstaten als auch auf die Notwendigkeit, die "Istanbul-Konvention" umzusetzen.

Die Grünen schlagen vor, dass der neu zu benennende Straftatbestand der sexuellen Misshandlung bereits dann erfüllt ist, wenn der Täter mit einem "empfindlichen Übel" droht, wie es auch der Nötigungstatbestand im Paragraph 240 des StGB vorsieht. Damit sollen laut Gesetzesbegründung solche Fälle erfasst werden, in denen etwa ein Sporttrainer ein Mädchen zu sexuellem Kontakt nötigt, indem er droht, ihre Teilnahme an einem Turnier sei ansonsten gefährdet. Diese Konstellation sei bisher nicht strafbewehrt, kritisieren die Grünen.

Zudem wollen die Grünen jene Fälle in einem neuen Absatz II der Norm gesondert regeln, in denen der Täter das Opfer überrascht und dieses keine Gelegenheit hat, einen Abwehrwillen zu bilden und diesen zu artikulieren. Darunter soll zum Beispiel der vom Täter plötzlich hergestellte sexuelle Körperkontakt, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln, fallen. Auch der Missbrauch von widerstandsunfähigen Personen soll unter dem Merkmal der Ausnutzung von Schutz- und Wehrlosigkeit erfasst werden. Folglich soll nach Willen der Grünen der bisher dafür vorgesehene Paragraph 179 des StGB wegfallen.

Außerdem sollen die Fälle strafbar werden, in denen das Opfer zwar seinen entgegenstehenden Willen verbal oder durch Verhalten nach außen hin erkennbar zum Ausdruck bringt, aber die eigentliche Tat erduldet. Die Grünen führen etwa sogenannte Gewaltbeziehungen an, in denen der Täter die Angst des Opfers vor möglicher Gewaltanwendung ausnutzt, ohne dass in dem konkreten Sachverhalt eine Drohung oder Anwendung nötig wäre.

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2. Korruption im Gesundheitswesen

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/SCR) Korruption im Gesundheitswesen soll nach dem Willen der Fraktion Die Linke künftig unter Strafe gestellt werden. In einem Antrag (18/5452) fordert die Fraktion die Bundesregierung dazu auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.

Mit dieser Ansicht sind die Linken-Abgeordneten nicht allein, wie sie in der Begründung mit Verweis auf im Bundesrat diskutierte Gesetzentwürfe Hamburgs und Bayerns sowie auf einen vom Bundesjustizministerium vorgelegten Referentenentwurf belegen. Allerdings ist nach Auffassung der Linksfraktion der in diesen Vorschlägen vorgesehene Weg, die Strafwürdigkeit durch Anlehnung an Paragraph 299 des Strafgesetzbuches (StGB) mit wettbewerbsrechtlichen Überlegungen zu begründen, nicht optimal. Denn dabei spiele "der Schutz der Allgemeinheit von zu teuren oder qualitativ schlechten Waren oder Dienstleistungen" eine zu geringe Rolle, heißt es in der Begründung.

Nach Meinung der Linksfraktion ist die Korruption im Gesundheitswesen aber vor allem deswegen strafwürdig, weil sie das Vertrauen der Patienten in die Gesundheitsversorgung unterminieren könnte und zudem die gesetzlichen Krankenkassen belastet. "Beide Güter sind besonders schützenswert und rechtfertigen eine spezielle Strafnorm, die Angehörige von Heilberufen in ihrer fachlichen Unabhängigkeit stärkt", schreiben die Abgeordneten. Beispielsweise werde das Vertrauen der Patienten beschädigt, "wenn der Eindruck entsteht, dass die Interessen Dritter bedient werden oder persönliche Bereicherung der Behandelnden im Mittelpunkt stehen".

Als einen möglichen Weg zur Umsetzung der Strafnorm schlägt die Linksfraktion stattdessen eine Anlehnung an die Korruptionsstraftatbestände bei Amtsträgern vor, die im StGB in den Paragraphen 331 und fortfolgende geregelt sind. Es sei insbesondere zu prüfen, ob Kassenärzte durch eine Nennung im Verpflichtungsgesetz Amtsträgern gleichgestellt werden könnten, heißt es in dem Antrag mit Verweis auf einen Vorschlag von Transparency International Deutschland.

Strafbar machen sollen sich dabei nicht nur Ärzte oder andere Angehörige von Heilberufen, die einen ungerechtfertigten Vorteil annehmen, sondern auch jene, die ihn anbieten. Die Norm soll als abstraktes Gefährdungsdelikt angelegt sein, das heißt, eine Anwendung wäre auch dann möglich, wenn kein tatsächlicher Schaden entstanden sein sollte. Minderschwere Fälle sollen als Ordnungswidrigkeit belangt werden können. Ein minderschwerer Fall soll nach Ansicht der Linken auch vorliegen, wenn Schwerstkranke oder deren Angehörige einen Vorteil anbieten oder versprechen. Als flankierende Maßnahmen schlägt die Fraktion zudem vor, Berichtspflichten auszubauen, Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften in den Ländern einzurichten sowie Hinweisgeber gesetzlich besser zu schützen.

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3. Massive Strom-Überkapazitäten

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) In Europa betragen die Überkapazitäten auf dem Strommarkt mindestens 100 Gigawatt. Dies berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/5323) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/5060). Davon würden rund 60 Gigawatt in dem für Deutschland relevanten Stromgebiet (Nachbarländer plus Italien) liegen. Unter Berufung auf Ermittlungen der Übertragungsnetzbetreiber schreibt die Regierung von einer "verbleibenden Leistung" in Deutschland von zehn Gigawatt bis 2017. Aussagen zu Überkapazitäten für weiter in der Zukunft liegende Zeiträume könnten nicht getroffen werden.

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4. Ausschreibung bei Photovoltaik

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Für die ersten Erfahrungen mit den Ausschreibungen für Photovoltaik-Anlagen interessiert sich die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (18/5338). Die Abgeordneten wollen wissen, ob elf von 25 Zuschlägen tatsächlich an nur eine Firma gingen. Die Bundesregierung soll angeben, wie sie Befürchtungen entgegentreten will, dass die Bürgerenergie durch Ausschreibungen aus dem Markt gedrängt werde. Im Vorwort zur Kleinen Anfrage erklärt die Fraktion, dass kein Bürgerenergieprojekt in der ersten Ausschreibungsrunde einen Zuschlag bekommen habe.

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5. Bilanz der Zypern-Krise

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um die Bilanz der Maßnahmen zur Bewältigung der Finanzkrise in Zypern geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5367). Die Abgeordneten erkundigen sich nach den durch die Anpassungsprogramme entstandenen zusätzlichen Einnahmen im Staatshaushalt . Auch soll die Bundesregierung die Entlastungen des Haushalts durch Sparprogramme beziffern. Außerdem geht es um die Umsetzung von Lohnkürzungen und um die Maßnahmen zur Rentenreform.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 355 - 8. Juli 2015 - 12.50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juli 2015

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