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BUNDESTAG/5392: Heute im Bundestag Nr. 592 - 11.11.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 592
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 11. November 2015, Redaktionsschluss: 15.08 Uhr

1. Plädoyer für mehr Kraft-Wärmekopplung
2. Linke: Mehr Rechte für Kontrollgremium
3. Arbeitsmarktzugang von Flüchtlingen
4. Linken-Vorstoß zum Existenzminimum
5. Schutz für gefährdete Flüchtlinge
6. Koalitionsvorstoß zur Klimakonferenz


1. Plädoyer für mehr Kraft-Wärmekopplung

Wirtschaft und Energie/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Mehrere Verbände haben in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am Mittwoch verlangt, an den Ausbauzielen für die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) keine Abstriche vorzunehmen. Die Kraft-Wärme-Kopplung leiste einen sehr wichtigen Beitrag zur Energiewende, wurde übereinstimmend betont.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) warf der Bundesregierung vor, mit einem "Kunstgriff" das im Koalitionsvertrag bekräftigte Ziel von 25 Prozent KWK-Stromanteil an der Nettostromerzeugung als Zahlenwert bestehen zu lassen, aber in der Realität durch eine geänderte Bezugsgröße drastisch zu kürzen, was auf eine Kürzung des KWK-Ziels auf 19,5 Prozent im Jahr 2020 hinauslaufen würde. Große Teile des KWK-Potenzials würden ungenutzt bleiben. "Dies hätte beispielsweise negative Auswirkungen auf die Umsetzung regionaler und landesweiter Klimaschutzkonzepte, die regelmäßig auch auf die Effizienztechnologie KWK setzen", warnte Hildegard Müller vom BDEW. Sie zeigte sich aber ebenso wie andere Sachverständige damit einverstanden, das 25-Prozent-Ziel gegebenenfalls auf 2025 zu verschieben.

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände erläuterte in ihrer Stellungnahme, wie es zu dieser Kürzung kommt. Im Gesetzentwurf ist nicht mehr von einem Ausbauziel von 25 Prozent an der gesamten Nettostromerzeugung die Rede, sondern von der regelbaren Nettostromerzeugung. In der regelbaren Nettostromerzeugung sind die erneuerbaren Energien nicht enthalten, so dass der KWK-Anteil auch ohne weiteren Ausbau höher ausfällt. Dies würde den bisher angestrebten Ausbaupfad der KWK konterkarieren und mittelfristig zum Rückbau von KWK-Anlagen führen, warnte die Bundesvereinigung. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz forderte in seiner Stellungnahme die Beibehaltung des 25-Prozent-Ziels. Die Organisation lobte die Kraft-Wärme-Kopplung als kostengünstige Option zur Erreichung der Ziele der Energiepolitik, des Klimaschutzes und der Energieeffizienz.

Für Markus Blesl (Universität Stuttgart) besteht kein Widerspruch zwischen dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung. Die KWK sei sehr flexibel, und diese Flexibilität werde gebraucht. Speichertechnologien könnten die Flexibilität noch erhöhen.

Nach Vorstellungen der Bundesregierung sollen neue Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit Kohle als Brennstoff sollen nicht mehr gefördert werden. Damit werde ein Beitrag zur Erreichung der nationalen Kohlendioxid-Einsparziele geleistet, heißt es in dem Entwurf. Dieses Vorhaben stieß ebenfalls auf Kritik. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), dessen Mitgliedsunternehmen 1.400 KWK-Anlagen betreiben, bezeichnete es als nicht sinnvoll, Kohle-KKW von der Förderung auszuschließen. "Im Sinne der Effizienzverbesserung und des Klimaschutzes ist es auch bei steinkohlebasierten KWK-Anlagen möglich, Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen und entsprechend zu fördern." Ohne Förderung von Modernisierungen bestehe die Gefahr, dass emissionsintensive Altanlagen weiter betrieben würden. BDEW und VKU unterstrichen die Bedeutung von KWK-Anlagen für den Klimaschutz. "Schon heute werden circa 56 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich durch den Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung eingespart", erklärte der VKU. Udo Wiechert vom Effizienzverband für Wärme, Kälte und KWK sprach sich ebenfalls gegen eine Selektion beim Brennstoff aus, "denn die Effizienz der Kraft-Wärme-Kopplung ist unabhängig vom eingesetzten Brennstoff".

Gegen den Plan der Regierung, für selbst verbrauchten KWK-Strom in Zukunft keine Förderung mehr zu gewähren, wandte sich der Verband der industriellen Kraftwerkswirtschaft: "Dies führt zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung der industriellen gegenüber der öffentlichen KWK."

Werner Neumann (BUND) sprach sich für eine Gleichbehandlung aller KWK-Anlagen aus. Kleine Neuanlagen würden sich sonst nicht mehr so schnell amortisieren. Das könne auch Projekte in der Stadtsanierung und Stadtplanung betreffen. Christian Noll (Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz) ergänzte, durch das Gesetz werde die ortsnahe Versorgung unattraktiv. Selbst sehr engagierte Bürger und auch Crowd-Investoren würden bei kleinen Anlagen nicht mehr einsteigen. Quartierskonzepte würden aber ohne KWK nicht funktionieren.

Auch die geplanten Veränderungen an der KWK-Umlage, die über die Stromrechnung erhoben wird, soll geändert werden. soll verändert werden. Um die Kosten für einen durchschnittlichen Privathaushalt nicht stärker als von derzeit neun auf etwa 19 Euro im Jahr steigen zu lassen, soll der reduzierte Satz für stromintensive Unternehmen von 0,025 Cent auf 0,03 Cent pro Kilowattstunde leicht angehoben werden. Der VIK sprach von einer "erheblichen Zusatzbelastung" für die betroffenen Unternehmen. Die Belastung für Industrie und Gewerbe könnte um über 330 Millionen Euro steigen: "Dies führt zu einer Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen", wurde gewarnt.

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2. Linke: Mehr Rechte für Kontrollgremium

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke dringt auf eine Novellierung des "Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes". Dabei sollen sowohl die Verpflichtungen der Bundesregierung gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) als auch dessen Befugnisse konkretisiert und ausgeweitet werden, wie aus einem Gesetzentwurf der Fraktion (18/6640) hervorgeht, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Darüber hinaus solle die Möglichkeit geschaffen werden, durch die Weitergabe von Berichten berufener Sachverständiger an die zuständigen Kontrollgremien und Untersuchungsausschüsse der Länderparlamente die Zusammenarbeit der Kontrollgremien zu verbessern, heißt es in der Vorlage weiter. Insbesondere die Rechte der Minderheit beziehungsweise des einzelnen Mitglieds sollten gestärkt werden, um Kontrollmöglichkeiten zu verbessern, unter anderem durch eine Stärkung der Klagemöglichkeit vor dem Bundesverfassungsgericht in strittigen Fällen.

Ferner sollen die Bundesregierung und die Nachrichtendienste dem Gesetzentwurf zufolge verpflichtet werden, "unter Beachtung von Paragraph 17 ,Geheimschutzordnung' der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages" Auskünfte gegenüber dem Verteidigungs- und dem Innenausschuss zu geben. Zudem sollen die Bundestagsabgeordneten künftig das Recht haben, "mindestens zwei Mal im Jahr in einer öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums Fragen an die jeweiligen amtierenden Präsidenten der Nachrichtendienste sowie die für ihre Kontrolle zuständigen Bundesminister zu stellen".

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3. Arbeitsmarktzugang von Flüchtlingen

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke fordert, die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu verbessern und Lohndumping auf dem Rücken der Flüchtlinge zu verhindern. Dazu hat die Fraktion einen Antrag (18/6644) vorgelegt, der am Donnerstag in erster Lesung vom Bundestag beraten wird.

In dem Antrag schreiben die Linken, "die Fehler einer falschen Migrations-, Asyl- und Flüchtlingspolitik der Vergangenheit, die Eingewanderten die gleichen Rechte verweigert hat, dürfen nicht wiederholt werden". Zuwanderung berge die Chance, unser Land kulturell und wirtschaftlich zu bereichern. Diese Chance müsse ergriffen werden.

Die Linke fordert deshalb zum einen, die Asylverfahren zu verkürzen und den Zugang der Flüchtlinge zu sozialen Netzwerken zu verbessern. Die Residenzpflicht und andere "diskriminierende Sondergesetze" für Asylsuchende sollen aufgehoben werden. Die Unterbringung in Massenunterkünften soll auf ein Mindestmaß begrenzt werden. Außerdem soll Flüchtlingen und Geduldeten von Beginn an ein Rechtsanspruch auf Zugang zu einem kostenfreien Integrations- und Sprachkurs gewährt werden. Berufsanerkennungsverfahren müssten vereinfacht und sämtliche Arbeitsverbote und Nachrangigkeitsregelungen beim Arbeitsmarktzugang abgeschafft werden, heißt es in dem Antrag weiter.

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4. Linken-Vorstoß zum Existenzminimum

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke setzt sich dafür ein, das Verfahren zur Ermittlung des Existenz- und Teilhabeminimums neu zu regeln. Dazu hat sie nun einen Antrag (18/6589) vorgelegt, in dem sie von der Bundesregierung verlangt, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. "Die bisherige Praxis, dass die konkreten Verfahren in Kenntnis und zur Rechtfertigung eines im Vorfeld politisch gesetzten Ergebnisses festgelegt werden, muss für die Zukunft ausgeschlossen werden", schreiben die Linken.

Darüber hinaus fordern sie, das Bildungs- und Teilhabepaket grundlegend umzugestalten. Regelmäßig anfallende Bedarfe sollen in die allgemeinen Regelbedarfe der Kinder- und Jugendlichen mit einbezogen werden. Die Absicherung aller Kinder und Jugendlichen soll zu einer Kindergrundsicherung weiterentwickelt werden.

Die Fraktion fordert außerdem die Einsetzung einer Kommission zur künftigen Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.

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5. Schutz für gefährdete Flüchtlinge

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Besonders gefährdete Flüchtlinge sollen nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften besser geschützt werden. In einem Antrag (18/6646) fordert sie die umfassende Umsetzung der Schutzvorgaben der EU-Aufnahmerichtlinien in deutsches Recht. Diese sehe unter anderem vor, dass bei der Unterbringung Asylsuchender geschlechts- und alterspezifische Aspekte berücksichtigt und geeignete Maßnahmen getroffen werden, um sexuelle Übergriffe und Belästigungen zu verhindern. Deshalb müsse die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern ein Gewaltschutzkonzept für Frauen, Kinder und Jugendliche und andere schutzbedürftige Gruppen ausarbeiten und in allen Flüchtlingsunterkünften etablieren. Die Einrichtung von Gemeinschaftsunterkünften müsse an eine Betriebserlaubnis gebunden und den Trägern ein angemessener Zeitraum zur Erfüllung der Auflagen eingeräumt werden. Zudem fordern die Grünen ein Bundesprogramm zur pädagogischen Betreuung für Kinder und Jugendliche. Sozialarbeiter in der Flüchtlingshilfe müssten zur Sensibilisierung und für den Umgang mit Opfern sexualisierter Gewalt fortgebildetet werden.

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6. Koalitionsvorstoß zur Klimakonferenz

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antrag

Berlin: (hib/SCR) Die Bundesregierung soll sich bei der UN-Klimakonferenz in Paris vom 30. November bis 11. Dezember für ein "ehrgeiziges Abkommen" einsetzen. Das fordern die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD in einem Antrag (178/6642), der am Donnerstag im Plenum beraten wird. Forderung darin beziehen sich sowohl auf die internationale als auch auf die europäische und nationale Ebene.

Auf internationaler Ebene soll die Bundesregierung unter anderem dafür sorgen, dass ein "ambitioniertes und rechtsverbindliches internationales Klimaschutzabkommen für die Zeit ab 2020" beschlossen wird. Ziel müsse es sein, Wege aufzuzeigen, wie das 2-Grad-Ziel von der Staatengemeinschaft eingehalten werden kann. Zudem soll durch gemeinsame Initiativen mit Entwicklungs- und Schwellenländern "weitere Dynamik" für die Verhandlungen erzeugt werden. Außerdem sollen unter anderem Mechanismen etabliert werden, um alle fünf Jahre wissenschaftlich überprüfen zu können, ob die Minderungszusagen ausreichten, um das Klimaziel zu erreichen. Dazu soll die Bundesregierung auch sicherstellen, dass die Zusagen für die Klimafinanzierung eingehalten werden. Weiterhin wollen die Koalitionsfraktionen, dass Klimawandelfolgen auch in Hinblick auf Konflikte berücksichtigt werden. So soll sich die Bundesregierung im Rahmen der Vereinten Nationen dafür einsetzen, die Debatte über den Schutz von sogenannten Klimaflüchtlingen auszuweiten.

Auf europäischer Ebene fordert die Koalition von der Bundesregierung unter anderem, dass der europäische Emissionshandel nach 2020 als "marktwirtschaftliches Klimaschutzinstrument" gestärkt wird. Zudem sollen die europäischen Klimaziele an die entsprechenden Beschlüsse von Paris angepasst und alle fünf Jahre überprüft werden.

Auf nationaler Ebene soll die Bundesregierung unter anderem das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz "konsequent umsetzen". Die nationalen Reduktuionsschritte sollen zudem im Kontext europäischer Ziele und der Ergebnisse von Paris festgeschrieben und mit Maßnahmen unterfüttert werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 592 - 11. November 2015 - 15.08 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2015

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