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BUNDESTAG/5505: Heute im Bundestag Nr. 019 - 13.01.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 019 Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 13. Januar 2016, Redaktionsschluss: 13.58 Uhr

1. Höhere Hilfen für deutsche Reeder
2. Globaler Kampf gegen Krankheiten
3. Rechtsfolgen der Übergriffe von Köln


1. Höhere Hilfen für deutsche Reeder

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch den Weg für höhere Hilfen für die deutschen Reeder freigemacht. Der Ausschuss billigte mit Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD den vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes zur Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts in der Seeschifffahrt (18/6679). Damit soll die maritime Wirtschaft durch Steuererleichterungen gestärkt werden. Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen lehnten den Entwurf ab. Zuvor hatte der Ausschuss mit Stimmen der Koalition noch einige Änderungen an dem Entwurf der Länder vorgenommen.

Nach Ansicht des Bundesrates bedarf es zur Sicherung des seemännischen Know-hows für die maritime Wirtschaft in Deutschland verstärkter Anstrengungen. Dazu soll der Lohnsteuereinbehalt von jetzt 40 auf 100 Prozent erhöht werden. Der Lohnsteuereinbehalt bedeutet, dass Arbeitgeber von Seeleuten auf Schiffen mit deutscher Flagge bisher 40 Prozent der entstandenen Lohnsteuer einbehalten dürfen. Dies sei zu wenig, um weitere Ausflaggungen zu verhindern, argumentiert der Bundesrat. Eine Anhebung auf 100 Prozent sei ein geeignetes Instrument, um Beschäftigung unter deutscher Flagge zu sichern und damit die Grundlagen für das seemännische Know-how zu schaffen.

Die CDU/CSU-Fraktion argumentierte, mit den Maßnahmen wolle man die Wettbewerbsfähigkeit im Schifffahrtsbereich erhalten und etwas für die unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe tun. Eine im Gesetzentwurf enthaltene Voraussetzung, wonach der Lohnsteuereinbehalt nur gelte, wenn die Besatzungsmitglieder mehr als 183 Tage im Jahr in einem zusammenhängenden Arbeitsverhältnis stehen würden, habe man herausgenommen, weil der Verwaltungsaufwand zu hoch sei. Außerdem sei mit dem Änderungsantrag die Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts auf fünf Jahre befristet worden. Der SPD-Fraktion bereitete die Gesetzesänderung unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten einige Bauchschmerzen, wie ein Sprecher erklärte, aber die Schifffahrt und das maritime Know-how seien für die deutsche Wirtschaft von großer Bedeutung. Daher stimme man dem vom Land Hamburg im Bundesrat eingebrachten Entwurf zu.

Die Oppositionsfraktionen äußerten sich ablehnend. Die Fraktion Die Linke bezeichnete es als unklar, wie durch eine Lohnsteuersubvention das maritime Know-how gesichert werden solle. Niemand käme etwa auf Gedanken, den Bäckern einen Lohnsteuereinbehalt zu geben, um angesichts der Konkurrenz der Brotfabriken das Know-how des Brotbackens zu sichern. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bezeichnete es als verfassungsrechtlich und steuersystematisch bedenklich, das Lohnsteuerverfahren für die Subventionierung eines Wirtschaftszweigs zu nutzen. Die Fraktion verwies darauf, dass schon der Bundesrechnungshof starke Zweifel an dem Einbehalt von 40 Prozent der Lohnsteuer durch die Reeder geäußert habe.

Nach Angaben des Bundesrates ist die maritime Wirtschaft eine Hochtechnologiebranche, die mit rund 480.000 Beschäftigten ein jährliches Umsatzvolumen von mindestens 50 Milliarden Euro erbringe. "Zukunftsorientierte und konkurrenzfähige Unternehmen benötigen erfahrene Seeleute, die in Reedereien, bei Zulieferbetrieben, im Schiffbau, bei Dienstleistern, bei Behörden und vielen weiteren Stellen ihr exzellentes Fachwissen einsetzen", heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs.

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2. Globaler Kampf gegen Krankheiten

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Der Kampf gegen schwere Krankheiten und Hunger gehört nach Ansicht von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) weiter zu den größten Herausforderungen der internationalen Staatengemeinschaft. Müller sagte am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages, zwar seien bei der Bekämpfung massenhaft auftretender Krankheiten global schon beachtliche Erfolge erzielt worden. Es gebe jedoch vor allem in Entwicklungsländern immer noch zu viele Todesopfer durch eine unzulängliche medizinische Versorgung und den Mangel an gesundheitlichen Grundstrukturen.

So stürben jedes Jahr rund sieben Millionen Kinder auf der Erde an vermeidbaren Erkrankungen. Viele dieser Krankheiten könnten durch einfache Medikamente verhindert werden. Als Probleme benannte der Minister beispielhaft Durchfallerkrankungen, Lungenentzündung und Malaria. Bei der Verringerung der Müttersterblichkeit seien zwar Erfolge zu verzeichnen, dennoch stürben jährlich rund 500.000 Mütter bei der Geburt ihres Kindes.

Sehr bemerkenswert seien - auch durch Spenden - international die Erfolge im Kampf gegen HIV/AIDS sowie gegen Polio (Kinderlähmung) und Pocken, die fast nicht mehr aufträten. Hingegen stellten Tuberkulose in Osteuropa, das Denguefieber und vor allem Diabetes eine "riesige Herausforderung" dar. Eine "gewaltige Diabeteswelle" rolle inzwischen auch durch Afrika. Wesentlicher Grund sei die "Amerikanisierung" der Ernährungsgewohnheiten der Menschen dort hin zu fettreichem Essen.

Der Minister verwies im Ausschuss auch auf den immensen Aufwand, mit dem nach der Ebola-Epidemie in Westafrika die Gesundheitsversorgung in den hauptsächlich betroffenen Staaten Guinea, Sierra Leone und Liberia unterstützt wird. Mit einem Sonderprogramm im Umfang von 600 Millionen Euro über mehrere Jahre würden in Afrika elf Länder bei der Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung unterstützt. Es gehe um den Aufbau von Krankenhäusern, Gesundheitszentren und mobilen Ärzteteams. Ferner stehe eine schnelle Eingreiftruppe mit 40 Experten bereit, um in einem Krisenfall wie Ebola sofort auszurücken.

Er setze sich außerdem für Klinikpartnerschaften zwischen deutschen und ausländischen Häusern ein, sagte Müller weiter. Sein Ziel sei, 500 deutsche Krankenhäuser für eine solche Partnerschaft in Krisen- oder Entwicklungsländern zu gewinnen. Das könne wichtige Hilfen und Erfahrungen für beide Seiten bringen.

Müller gab zu Bedenken, dass Hunger und eine unzureichende medizinische Versorgung in Entwicklungs- oder Krisenländern auch Fluchtursachen seien und bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise mit berücksichtigt werden sollten.

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3. Rechtsfolgen der Übergriffe von Köln

Recht und Verbraucherschutz/Ausschuss

Berlin: (hib/PST) Der Rechtsausschuss hat sich ausführlich mit den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten befasst. Aus einem Bericht der Bundesregierung, vorgetragen durch den Parlamentarischen Staatssekretär im Justizministerium, Christian Lange (SPD), entwickelte sich eine zweistündige Orientierungsdebatte.

Lange wies in seinem Eingangsstatement darauf hin, dass die Sachverhaltsaufklärung noch andauere. Klar sei aber, dass es neben Diebstahl und Raub auch "in ganz massivem Umfang" zu Sexualdelikten gekommen sei. "Erschreckend" sei zudem das "respektlose Auftreten" von Tatbeteiligten gegenüber Polizeibeamten. Die Gesellschaft müsse sich damit auseinandersetzen, ob dieses Verhalten mit der Kultur der Herkunftsländer zu tun habe, sagte Lange. Gleichzeitig müsse man aber "alles tun, um nicht zu pauschalieren und der Hetze gegen Flüchtlinge Vorschub zu leisten" - eine Einschätzung, die von allen Fraktionen geteilt wurde.

Lange verwies darauf, dass sexuelle Gewalt unabhängig von den aktuellen Geschehnissen ein gesamtgesellschaftliches Problem sei. Ein Referentenentwurf zur Neufassung von Straftatbeständen sei zur Zeit in der Länder- und Verbändeabstimmung. Sein Haus habe ihn bereits im Juli 2015 vorgelegt, zu seinem Bedauern sei er aber erst am 18. Dezember durch das Bundeskanzleramt freigegeben worden. Er hoffe nun auf eine zügige Beratung, um "Frauen und auch Männer bessser vor Übergriffen schützen" zu können. Das Justizministerium habe zudem, ebenfalls schon vor der Silvesternacht, eine Expertenkommission zur umfassenden Reform des Sexualstrafrechts einberufen, die bis Mitte des Jahres ihre Empfehlungen vorlegen solle. Lange teilte den in der anschließenden Aussprache vorgebrachten Hinweis, dass die Debatte über Köln unabhängig von der über das Sexualstrafrecht sei. Allerdings, so Lange, sei durch Köln das Interesse an einer schnellen Umsetzung gestiegen.

Breiten Raum in der Aussprache nahm die von der Bundesregierung geplante Senkung des Strafmaßes ein, ab dem eine Ausweisung straffälliger Ausländer möglich ist. Dabei wurde gefragt, ob die Neuregelung mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar sei, die eine Ausweisung nur bei "Verbrechen" erlaube. Lange wies darauf hin, dass die Genfer Flüchtlingskonvention, die "unmittelbar innerstaatlich geltendes Recht" sei, auch Ausweisungen bei "besonders schweren Vergehen" erlaube. Er hob zudem den oft übersehenen Unterschied zwischen Ausweisung und Abschiebung hervor. Nach erfolgter Ausweisung müsse zunächst überprüft werden, ob es Abschiebehindernisse gebe. Lägen diese vor, könne die Person im Status der Duldung im Land bleiben.

Deutlich wurde in der Orientierungsdebatte, dass sich die Strafverfolgung nach den Ereignissen in Köln und anderswo wegen der schlechten Beweislage schwierig gestalten könnte. Dabei zeigte sich ein Konsens, dass die Polizei personell besser ausgestattet werden müsse. Diskutiert wurde auch, eine Strafrechtsbestimmung, welche die Teilnahme an einer Schlägerei auch ohne konkreten Nachweis einer bestimmten Tat strafbar macht, analog auf Vorkommnisse wie in Köln zu übertragen. Lange teilte mit, dass dies von Justizminiser Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) besprochen, aber verworfen worden sei. Damit wollten sich aber nicht alle Ausschussmitglieder zufrieden geben.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 019 - 13. Januar 2016 - 13.58 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2016

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