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BUNDESTAG/5608: Heute im Bundestag Nr. 122 - 25.02.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 122
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 25. Februar 2016, Redaktionsschluss: 17.11 Uhr

1. Cum/Ex-Ausschuss hat sich konstituiert
2. Ermittler aus Zwickau vor NSU-Ausschuss
3. Haftung nach Atomunfall in Belgien


1. Cum/Ex-Ausschuss hat sich konstituiert

Bundestagsnachrichten/Ausschuss

Berlin: (hib/mow) Der 4. Untersuchungsausschuss der laufenden Legislaturperiode (Cum/Ex-Geschäfte) ist am Donnerstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengetreten. Zum Vorsitzenden wurde Hans-Ulrich Krüger (SPD) bestimmt.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte in seinem Eingangsstatement, Aufgabe des Ausschusses werde es sein, die Ursachen der Entstehung sogenannter Cum/Ex-Geschäfte und deren Entwicklung zu untersuchen. Gegenstand der Untersuchungen würden nicht nur Stellen des Bundes sondern auch private Kreditinstitute und Kreditinstitute mit Beteiligung des Bundes sein. Der Ausschuss solle klären, ob und wenn ja, wann - rechtzeitig - geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen wurden, ob diese ausreichten und wer gegebenenfalls jeweils die Verantwortung für die nicht erfolgte Unterbindung der Cum/Ex-Geschäfte trug.

Der Ausschussvorsitzende Krüger dankte dem Bundestagspräsidenten für die Einführung und stellte im Anschluss die Obleute der Fraktionen vor. Für die CDU/CSU-Fraktion ist dies Christian Hirte, für die SPD Andreas Schwarz, für die Linke Richard Pitterle und für die Grünen Gerhard Schick. Weitere Mitglieder des Ausschusses sind für die CDU/CSU-Fraktion Philipp Graf von und zu Lerchenfeld, Fritz Güntzler und Sabine Sütterlin-Waack als ordentliche Mitglieder sowie Matthias Hauer, Anja Karliczek, Bettina Kudla und Hans Michelbach als stellvertretende Mitglieder. Stellvertretende Mitglieder der SPD-Fraktion sind Metin Hakverdi und Sarah Ryglewski. Für die Linke ist Axel Troost stellvertretendes Mitglied, für die Grünen Lisa Paus. Im Anschluss an die Vorstellung zog sich der Ausschuss zur nichtöffentlichen Beratung zurück.

Der Untersuchungsausschuss wurde auf Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke eingesetzt. Laut Antrag soll der Untersuchungsausschuss die im Zeitraum von 1999 bis 2012 vollzogene Praxis der sogenannten Cum/Ex-Geschäfte aufklären. Bei diesen Geschäften wurde mittels Leerverkäufen eine Situation herbeigeführt, in der eine Aktie rechtlich gesehen für kurze Zeit scheinbar mehrere Eigentümerinnen und Eigentümer hatte. Der Zeitraum wurde dabei so gewählt, dass in ihn die Auszahlung der Dividende fiel. Dies führte dazu, so die Antragsteller, dass für eine nur einmal an die Finanzbehörden abgeführte Kapitalertragsteuer mehrere Steuerbescheinigungen ausgestellt wurden und die Körperschaftsteuer bei den verschiedenen Eigentümern der Aktie angerechnet werden konnte. Der gegebenenfalls eingetretene Schaden für den Fiskus wird auf etwa zwölf Milliarden Euro geschätzt.

Presseberichten zufolge hieß es in Koalition und Opposition, dass der Ausschuss von Oskar Lafontaine (damals SPD), Hans Eichel (SPD), Peer Steinbrück (SPD) bis hin zum heutigen Amtsinhaber Wolfgang Schäuble (CDU) alle Finanzminister seit 1999 vorladen werde. Außerdem sollten unter anderem die früheren Chefs der Börsenaufsichtsbehörde BaFin, die früheren Präsidenten des Privatbankenverbandes BdB, Rolf-Ernst Breuer und Klaus-Peter Müller, sowie etliche weitere Vertreter von Behörden und aus der Finanzbranche gehört werden.

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2. Ermittler aus Zwickau vor NSU-Ausschuss

3. Untersuchungsausschuss (NSU)/Ausschuss

Berlin: (hib/rik) Die Polizei in Zwickau ist schon am Vormittag des 4. November 2011 über den Banküberfall in Eisenach informiert worden, der zur Enttarnung der Terror-Trios "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) führte. Hintergrund war offenbar, dass das angemietete Wohnmobil, in dem sich Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos nach ihrer Entdeckung durch die Polizei das Leben nahmen, ein Autokennzeichen aus dem Vogtlandkreis trug, der südwestlich von Zwickau liegt. Das berichteten zwei Ermittler aus Zwickau, die am Donnerstag als Zeugen im 3. Untersuchungsausschuss (Terrorgruppe NSU II) gehört wurden.

Als wenige Stunde nach der Meldung über den Banküberfall und die späteren Ereignisse in Eisenach die Wohnung des Terror-Trios an der Frühlingstraße in Zwickau explodierte und ausbrannte, hat man nach Auskunft der damaligen Ermittler zunächst noch keinen Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen herstellen können. Das änderte sich erst, als sich in der Nacht auf den 5. November ein Anwohner bei der Polizei meldete, der angab, dass er das fragliche Wohnmobil an den Tagen zuvor in der Frühlingstraße gesehen habe. Wie der aktive und der ehemalige Polizeibeamte vor dem Untersuchungsausschuss angaben, war die ausgebrannte Wohnung stark einsturzgefährdet, so dass in dem Brandschutt zunächst keine Ermittlungen vorgenommen werden konnten.

Als erster Zeuge sagte am Vormittag Polizeioberrat Alexander Beitz aus, der am 4. November als Leiter des Polizeireviers Zwickau die ersten Maßnahmen am Tatort in der Frühlingsstraße leitete. Die Funktion als Leiter des Polizeireviers hatte er erst wenige Tage zuvor übernommen. Beitz berichtete den Abgeordneten, dass das Handy von Beate Zschäpe am Nachmittag des 4. Novembers in einem Zwickauer Neubaugebiet geortet wurde. Der Polizeibeamte wies darauf hin, dass sich in dem Gebiet Hunderte von Wohnungen befänden. Die mutmaßliche NSU-Terroristin, die zu diesem Zeitpunkt noch als Zeugin zu dem Wohnungsbrand gesucht wurde, sei daher trotz der Ortung ihres Handys nicht zu finden gewesen. Zeugen hatten der Polizei zuvor berichtet, dass eine Frau mit langen dunklen Haaren das Haus kurz vor der Explosion verlassen und einen Korb mit zwei Katzen bei einer Nachbarin abgegeben habe. Zschäpe wohnte damals unter dem Namen Susann Dienelt in dem Haus. Beitz versicherte den Abgeordneten, dass der Tatort bereits kurz nach der mutmaßlich von Zschäpe ausgelösten Explosion umfassend gesichert worden sei, so dass in der Folgezeit nur Berechtigte Zugang dazu hatten.

Im Anschluss sagte Kriminaldirektor a. D. Bernd Hoffmann aus, der damals die Kriminalpolizei in Zwickau leitete und die Verantwortung für die Ermittlungen trug, bis das Bundeskriminalamt wegen der Bedeutung am 11. November den Fall übernahm. Er schilderte den Ausschussmitgliedern, wie durch die Funde in dem Brandschutt die Dimension der Verbrechen nach und nach deutlich geworden sei. So wurden dort neben zehn weiteren Schusswaffen auch die Pistole vom Modell Ceska gefunden, mit der zwischen 2000 und 2006 insgesamt neun Männer mit Migrationshintergrund erschossen worden waren.

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3. Haftung nach Atomunfall in Belgien

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/SCR) Im Falle eines Atomunfalls in einem belgischen Atomkraftwerk würde dessen Betreiber maximal für Schäden in Höhe von 1,2 Milliarden Euro haften. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/7559) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7431) hervor. In Deutschland gilt hingegen eine unbegrenzte Betreiberhaftung für Drittschäden. Tepco, der Betreiber des havarierten Atomkraftwerks im japanischen Fukushima, hat nach Kenntnissen der Bundesregierung bisher rund 37 Milliarden Euro Entschädigungszahlungen geleistet. Die Grünen hatte vor dem Hintergrund über die andauernde Debatte zur Sicherheit der belgischen Atommeiler in Doel und Tihange zu möglichen Haftungs- und Entschädigungsfragen Auskunft verlangt.

Nach Darstellung der Bundesregierung würde nach Erreichen der Haftungshöchstgrenze des belgischen Betreibers ein internationaler Entschädigungsmechanismus auf Basis des Brüsseler Zusatzübereinkommens greifen. Dieser Topf, dessen Mittel von allen Vertragsparteien bereitgestellt werden, umfasse aktuell rund 155 Millionen Euro. Deutsche Geschädigte hätten nach Erschöpfung all dieser Mittel zudem Entschädigungsansprüche gegenüber dem Bund. Diese Mittel seien aktuell bei einem Höchstbetrag von 2,5 Milliarden Euro gedeckelt. Laut Bundesregierung leben zirka 1,2 Millionen Menschen auf deutschem Staatsgebiet im 100-Kilometer-Radius des belgischen AKW Tihange.

In Hinblick auf internationale Vereinbarungen hatten die Grünen zudem nach dem Revisionsprotokoll zum Pariser Übereinkommen gefragt, das 2004 beschlossen worden war. Es soll die internationale Atomhaftung verschärfen. Die Ratifizierung stocke noch immer, da die EU-Mitgliedstaaten ihre Ratifikationsurkunden gemeinsam zu hinterlegen hätten, schreibt die Bundesregierung. Deutschland habe durch gesetzliche Änderungen bereits 2008 die rechtlichen Voraussetzungen für die Ratifikation geschaffen. Aktuell seien Großbritannien und Italien aber noch nicht in der Lage, das Protokoll zu ratifizieren. Auch eine EU-rechtliche Haftungsregelung sei aktuell nicht absehbar. Das Initiativrecht für Unionsrechtsakte in diesem Bereich habe die Kommission. "Bislang hat die Europäische Kommission eine solche Initiative nicht ergriffen", schreibt die Bundesregierung.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 122 - 25. Februar 2016 - 17.11 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2016

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