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BUNDESTAG/5728: Heute im Bundestag Nr. 242 - 27.04.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 242
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 27. April 2016, Redaktionsschluss: 15.13 Uhr

1. Förderung von Mietwohnungen abgesetzt
2. Einstufung als sichere Herkunftsstaaten
3. Stahlindustrie soll gestärkt werden
4. Mehr Wahlfreiheit bei Arbeitszeiten
5. Wirtschaftsförderung für das Saarland


1. Förderung von Mietwohnungen abgesetzt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch die ursprüngliche geplante Beschlussfassung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus (18/7736, 18/8044) abgesetzt. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD erklärten, es gebe noch Beratungsbedarf. Mit dem Gesetz soll der Mietwohnungsbau besonders in Gebieten mit angespannter Wohnungslage gefördert werden. Dazu soll eine Sonderabschreibungsmöglichkeit eingeführt werden. Die abschreibungsfähigen Herstellungskosten sollen nicht mehr als 3.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche betragen. So soll die Herstellung hochpreisigen Wohnraums vermieden werden. Außerdem soll die Sonderabschreibung nicht flächendeckend, sondern nur in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten gelten.

Von der SPD-Fraktion hieß es, nach der öffentlichen Anhörung gebe es Beratungsbedarf bei den Anschaffungs- und Herstellungskosten und den Möglichkeiten der Nachverdichtung in bereits bebauten Gebieten. Es fehle im Gesetzentwurf auch eine Begrenzung der Mietpreise für die geförderten Objekte. Die CDU/CSU-Fraktion sprach von einer Komplexität des Themas. Es gehe nicht nur um die Frage der Nachverdichtung. Die CDU/CSU-Fraktion bekräftigte das Ziel, den Wohnungsbau zu fördern. Es gebe einen großen Bedarf an Wohnungen, auch durch Zuwanderung, der gedeckt werden müsse. Dazu reiche es nicht, Dachgeschosse auszubauen.

Aufgrund einer Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen teilte die Bundesregierung mit, sie erwarte von der Neuregelung, dass bereits in diesem Jahr 90.600 Mietwohnungsneubauten gefördert werden könnten. 2017 würden 104.100 Neubauten erwartet und 2018 156.500. Insgesamt würden somit gut 350.000 Wohneinheiten gefördert. Die Linksfraktion kritisierte den Entwurf. Das Ziel, günstigen Wohnraum zu schaffen, könne nicht erreicht werden. Die Steuergelder seien nicht gut angelegt, wenn damit nur Neubauten mit teuren Wohnungen geschaffen werden würden.

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2. Einstufung als sichere Herkunftsstaaten

Inneres/Ausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat grünes Licht für die Einstufung Algeriens, Marokkos und Tunesiens als asylrechtlich sichere Herkunftsstaaten gegeben. Gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmte das Gremium am Mittwoch mit der Koalitionsmehrheit für den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/8039).

Darin schreibt die Regierung, nur durch eine entsprechende gesetzliche Regelung könne für Behörden und Gerichte gleichermaßen verbindlich festgelegt werden, "dass - vorbehaltlich der Möglichkeit einer Widerlegung der Vermutung der Verfolgungsfreiheit im Einzelfall - ein von dem Staatsangehörigen eines solchen Staates gestellter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist". Bei einer solchen Ablehnung werde das Asylverfahren erheblich beschleunigt. Die Einstufung der drei Länder als sichere Herkunftsstaaten verbessere daher die Möglichkeit, aussichtslose Asylanträge von Angehörigen dieser Staaten rascher bearbeiten und ihren Aufenthalt in Deutschland schneller beenden zu können.

Zugleich betont die Bundesregierung, sie sei nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, "dass in den genannten Staaten gewährleistet erscheint, dass dort generell, systematisch und durchgängig weder Verfolgung noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind".

Im Ausschuss argumentierte die CDU/CSU-Fraktion, dass die Einstufung der drei nordafrikanischen Staaten asylpolitisch geboten sei sowie die verfassungs- und europarechtlichen Voraussetzungen erfülle. Sie werde zu einer Beschleunigung der Asylverfahren führen, doch könnten weiterhin in jedem Einzelfall die jeweiligen Fluchtgründe geltend gemacht werden. Man sei sich der Probleme in den drei Ländern bewusst, doch rechtfertige die dortige Lage ihre Einstufung als sichere Herkunftsländer.

Die SPD-Fraktion betonte, dass auch künftig Flüchtlinge aus den drei Maghrebstaaten individuelle Verfolgungsgründe vortragen könnten. Die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten sei auch kein "Blankoscheck", dass es dort keinerlei Menschenrechtsverletzungen gebe. Bei der Zustimmung zu dieser Einstufung lasse man sich von "guten Gründen" leiten und verspreche sich davon eine Verfahrensbeschleunigung.

Die Fraktion Die Linke verwies mit Blick auf die Sachverständigen-Anhörung zu dem Gesetzentwurf auf Berichte über Menschenrechtsverletzungen in den drei Maghreb-Staaten. Auch würden dort die Versammlungs- und Meinungsfreiheit eingeschränkt und Homosexuelle verfolgt. Die Einstufung als sichere Herkunftsländer ermutige diese Staaten, Menschenrechtsverletzungen zu begehen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wandte sich gegen "Schnellverfahren" bei Asylentscheidungen und warf die Frage auf, wie angesichts der Verfolgung Homosexueller eine Einstufung als sichere Herkunftsländer zu rechtfertigen sei. Sie erkundigte sich zudem nach den von der Bundesregierung herangezogenen "menschenrechtlichen Quellen" sowie nach der Definition "einfacher" und "systematischer" Menschenrechtsverletzungen.

Ein Vertreter des Bundesinnenministeriums verwies darauf, dass eine Einstufung als sichere Herkunftsländer als Grundrecht auf Asyl nicht materiell einschränke. Wichtig sei, dass es in den drei Staaten keine systematischen Menschenrechtsverletzungen an bestimmten Personengruppen gebe. Daher könne man zu dem Ergebnis kommen, dass es sich um sichere Herkunftsländer handele.

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3. Stahlindustrie soll gestärkt werden

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD machen sich für den Erhalt der deutschen und europäischen Stahlindustrie stark. In einem gemeinsamen Antrag (18/8238), der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht, wird die herausragende Rolle der Stahlindustrie für den Wirtschaftsstandort Deutschland hervorgehoben. Deutschland sei der größte Stahlhersteller in der EU und der siebtgrößte Stahlhersteller der Welt. Allerdings werden in dem Antrag auch die Herausforderungen für die Stahlindustrie benannt. Dazu gehören massive Überkapazitäten und Stahl aus der Volksrepublik China zu Niedrigstpreisen. Allein die Exporte chinesischer Stahlunternehmen hätten im Jahr 2015 rund 112 Millionen Tonnen erreicht. Die Stahlnachfrage in der gesamten EU belaufe sich auf 152 Millionen Tonnen. Stahlprodukte aus der Volksrepublik China würden durch staatliche Maßnahmen verbilligt und teilweise unter den Herstellungskosten angeboten.

Zwar seien von der EU Anti-Dumping-Verfahren eingeleitet und Strafzölle verhängt worden. Das Instrumentarium der europäischen Außenhandelspolitik habe sich aber teilweise als schwerfällig erwiesen, und die Höhe der Antidumpingzölle sei noch nicht ausreichend, kritisieren die Fraktionen. So dauere es in der EU teilweise wesentlich länger als beispielsweise in den USA, bis Gegenmaßnahmen zur Sicherung eines fairen Wettbewerbs für die heimische Industrie greifen würden. Die Bundesregierung solle sich für eine wirkungsvoll ausgestaltete und effektive Außenhandelspolitik einzusetzen. "Dazu gehören eine konsequente und transparente Nutzung der handelspolitischen Schutzinstrumente und deren beschleunigte Anwendung. Das Prüfverfahren der EU-Kommission bei Antidumpingverfahren muss deutlich beschleunigt werden", fordern die Fraktionen. Außerdem wird verlangt, dass bei den anstehenden Novellen des Strommarkt- und des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) "dem Ziel bezahlbarer Energiepreise im Sinne eines wettbewerbsfähigen Industriestandortes" besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden soll, weil dies auch grundlegende Voraussetzung für Zukunftsinvestitionen im Stahlsektor am Standort Deutschland sei. Die Bundesregierung soll sich ferner gegenüber der EU-Kommission für eine dauerhafte und vollständige Befreiung der in der Stahlindustrie typischen, ökologisch sinnvollen und effizienten Eigenstromerzeugung auf Basis von Kuppelgasen und anderen Restenergien von der EEG-Umlage einzusetzen.

Die Koalitionsfraktionen betonen, dass die Stahlbranche zum industriellen Kern Deutschlands und Europas zähle. Wenn es um die von der EU-Kommission unter dem Stichwort "Reindustrialisierung" angestrebte substanzielle Stärkung der Industrie in der EU gehe, bedürfe es einer leistungsfähigen Stahlindustrie. "Denn diese ist ein Werkstofflieferant mit zentraler Bedeutung für die industriellen Wertschöpfungsketten. Sie ist mit einer breiten Palette hochwertiger Stahlarten und -produkte ein industrieller Innovationsmotor. Die Stahlbranche ist notwendig und unverzichtbar zur Sicherung der Leistungs- und Innovationsfähigkeit der deutschen und europäischen Industrie", stellen die Fraktionen fest.

Außerdem sei die Stahlindustrie ein wichtiger Arbeitgeber. In Deutschland seien rund 90.000 und in Europa über 330.000 Menschen direkt in der Stahlindustrie beschäftigt. Viele tausend Arbeitsplätze in Zuliefer- und Dienstleistungsbetrieben würden von der Stahlindustrie abhängen.

Ob China von der EU ein "Marktwirtschaftsstatus" zugebilligt werden könne, müsse intensiv geprüft werden, verlangen die Fraktionen. Der Einsatz des EU-Handelsschutzinstrumentariums würde durch die Behandlung der Volksrepublik als Marktwirtschaft in Antidumpingverfahren erheblich erschwert. "Die Durchsetzung von fairen Wettbewerbsbedingen für unsere Stahlindustrie würde nahezu unmöglich", stellen die Koalitionsfraktionen fest. Eine Verlagerung der Stahlproduktion wäre zudem "klimapolitisch kontraproduktiv", heißt es weiter in dem Antrag. Denn die deutsche und europäische Stahlindustrie produziere Stahl mit weit weniger Emissionen als Werke in vielen anderen Ländern, nicht zuletzt auch in China.

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4. Mehr Wahlfreiheit bei Arbeitszeiten

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen setzt sich für einen Wandel der Arbeitskultur ein, die dem Einzelnen mehr Gestaltungsmöglichkeiten über seine Arbeitszeit ermöglicht. In einem entsprechenden Antrag (18/8241) schreiben die Abgeordneten, dass viele Beschäftigte sich heute mehr Zeitsouveränität erhofften, um Erwerbsarbeit und private Anforderungen besser miteinander vereinbaren zu können.

Sie verlangen von der Bundesregierung deshalb, Rahmenbedingungen zu entwickeln, um Beschäftigten diese Souveränität zu ermöglichen und sie gleichzeitig vor entgrenzter Arbeit zu schützen. Zu den Maßnahmen soll nach Ansicht der Grünen unter anderem ein Vollzeit-Korridor mit Wahlarbeitszeiten im Teilzeit- und Befristungsgesetz gehören. Im Bereich von 30 bis 40 Stunden pro Woche sollen Arbeitnehmer dadurch ihren Arbeitszeitumfang nach oben oder unten anpassen können. Der bestehende Rechtsanspruch auf Teilzeit soll um ein Rückkehrrecht auf den früheren Stundenumfang ergänzt werden. Die Nutzung von Homeoffice soll erleichtert werden.

Die Fraktion fordert außerdem, dass Zeitsouveränität nicht zu Überforderung und unbezahlter Mehrarbeit führen darf. Deshalb sollen Betriebsräte ein Mitbestimmungsrecht über die Menge der Arbeit beziehungsweise über Zielvorgaben erhalten. Urlaubstage, an denen Beschäftigte dennoch arbeiten müssen, sollen nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden können, sondern als Arbeitstage gelten. Auch Beschäftigte mit besonders starren oder wenig geregelten Arbeitszeiten sollen mehr Zeitsouveränität erhalten. So soll unter anderem bei Schichtarbeit ein freiwilliger Schichttausch möglich sein, wenn keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen.

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5. Wirtschaftsförderung für das Saarland

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Der Anteil des Saarlandes an der staatlichen Wirtschaftsförderung entspricht in etwa dem Anteil des Bundeslandes an der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/8149) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7963) mitteilt, entfallen etwa 1,05 Prozent der zugesagten Mittel aus den Förderprogrammen zwischen 2005 und 2015 auf das Saarland. Der Anteil des Landes am Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 1,16 Prozent. In absoluten Zahlen beträgt das saarländische BIP 33,548 Milliarden Euro, das gesamtdeutsche BIP wird mit 2,87 Billionen Euro beziffert.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 242 - 27. April 2016 - 15.13 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2016

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