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BUNDESTAG/5849: Heute im Bundestag Nr. 363 - 16.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 363
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 16. Juni 2016, Redaktionsschluss: 09.21 Uhr

1. Vertiefte deutsch-polnische Kooperation
2. Menschenrechtslage in Algerien
3. Menschenrechtslage in Marokko
4. Menschenrechtslage in Tunesien
5. CETA-Abkommen und Bildungssektor


1. Vertiefte deutsch-polnische Kooperation

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen macht sich anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Nachbarschaftsvertrages für eine Vertiefung der deutsch-polnischen Beziehungen stark. "Als 1991 der Nachbarschaftsvertrag unterzeichnet wurde, waren intensive Nachbarschaftsbeziehungen, wie wir sie heute kennen, noch Utopie", heißt es in einem Antrag der Fraktion (18/8765).

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die bilaterale politische Zusammenarbeit mit Polen weiterhin mit hoher Priorität zu behandeln, die Arbeit deutsch-polnischer Institutionen und deutsch-polnischer Projekte aus der Zivilgesellschaft weiterhin zu unterstützen und zu fördern und konkret die Mittel für das Deutsch-Polnische Jugendwerk, die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung, die Stiftung Kreisau und die Internationalen Jugendbegegnungsstätte Auschwitz zu erhöhen sowie gemeinsam mit den Bundesländern eine angemessene finanzielle Förderung des Deutschen Polen-Institutes langfristig zu sichern. Vertieft werden solle die Zusammenarbeit zudem unter anderem in der Sicherheits-, Energie-, Klima- und bei der grenzüberschreitenden Wirtschafts- und Verkehrspolitik sowie mit Blick auf europäische Nachbarschaftspolitik.

Die Grünen erinnern zudem daran, dass Deutschland und Europa den Polen "wichtige Freiheitstraditionen" verdanken würden. Die polnische Verfassung von 1791 sei die erste moderne geschriebene Verfassung in Europa, auch wenn sie nur kurze Zeit in Kraft gewesen sei. Nur wenige europäische Nationen hätten ihre Freiheit so hart und opferreich erkämpfen müssen wie die polnische. "Vor diesem Hintergrund bedauern wir, dass die Venedig-Kommission des Europarates Anlass haben musste, die Lähmung des polnischen Verfassungsgerichtes durch die jüngste Gesetzgebung der Sejm-Mehrheit zu kritisieren und die EU-Kommission als Hüterin der Verträge das Verfahren des EU-Rechtsstaatsmechanismus einleiten musste", schreiben die Abgeordneten. "Wir hoffen, dass der Dialog innerhalb des Verfahrens zu einer Lösung führen wird."

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2. Menschenrechtslage in Algerien

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zu christenfeindlich oder antisemitisch motivierten Straftaten in Algerien vor. Nach der Verfassung sei die Diskriminierung aus religiösen Gründen verboten, die Behörden seien gehalten, alle Straftaten, unabhängig vom Glauben des Opfers, zu verfolgen, heißt es in der Antwort (18/8694) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8192) zur menschenrechtlichen Lage in Algerien. Es gebe auch keine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung. So hätten die Kabylen ihre kulturelle Identität weitgehend erhalten, die nach der Verfassung Bestandteil der algerischen Identität sei. Über die Diskriminierung der zahlenmäßig kleinen Gruppe der Tuareg lägen keine Erkenntnisse vor.

In der Hauptstadt Algier und in anderen großen Städten haben Zwangsverheiratungen laut Antwort stark an Bedeutung verloren, es sei aber davon auszugehen, dass diese vor allem in entlegenen ländlichen Regionen noch eine erhebliche Bedeutung haben.

Die Pressefreiheit habe in Algerien Verfassungsrang, Einschränkungen bei der Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit bestünden aber fort. "Wiederholt wurden etwa gegenüber Bloggern und Bloggerinnen, Betreibern kritischer Netz-Seiten und Netz-Karikaturisten unter Berufung auf das existierende Presse-Strafrecht (unter anderem weit ausgelegte Beleidigungs- und Verunglimpfungstatbestände; Tatbestand 'Aufruf zum Terrorismus') Verfahren eingeleitet, die jedoch in vielen Fällen eingestellt wurden", schreibt die Bundesregierung.

Keine systematischen Erfassungen lägen ihr zu Übergriffen gegen Journalisten, Oppositionspolitiker, Menschenrechtsaktivisten, Anwälte und Gewerkschafter sowie mit diesen im Kontext stehenden Strafverfahren vor. Nach Schilderungen von Nichtregierungsorganisationen und Vertretern der Zivilgesellschaft gebe es jedoch Einschüchterungen gegenüber Vertretern dieser Gruppen.

Die Todesstrafe werde in Algerien immer noch verhängt, allerdings sei ein solches Urteil zum letzten Male im Jahre 1993 vollstreckt worden. Seither gelte de facto ein mehrfach bekräftigtes Moratorium. "Mehrfache inneralgerische Debatten der zurückliegenden Jahre belegen, dass Bestrebungen der Regierung, die Todesstrafe auch formal abzuschaffen, auf den heftigen Widerstand islamisch-konservativer Kreise stoßen würden", schreibt die Bundesregierung.

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3. Menschenrechtslage in Marokko

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Der Bundesregierung sind keine explizit christenfeindlichen Straftaten in Marokko bekannt. Christen werden beim Zugang zu öffentlichen Leistungen oder im privatrechtlichen Verkehr nicht systematisch benachteiligt, heißt es in der Antwort (18/8693) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8193) zur menschenrechtlichen Lage in Marokko. Marokkanische Staatsangehörige, die zum Christentum konvertiert sind, würden allerdings vom Staat weiterhin als Muslime behandelt. "Sie müssen mit starken Sanktionen im sozialen Leben rechnen."

Der verfassungsmäßig gewährleistete Schutz der freien Religionsausübung erstrecke sich auf den sunnitischen Islam (der malekitischen Rechtsschule), das Judentum, sowie die ausländischen christlichen Gemeinden, nicht aber auf andere Religionsgemeinschaften. Für ausländische Angehörige anderer Religionsgemeinschaften gelte das in der Verfassung verankerte allgemeine Diskriminierungsverbot.

Politische Betätigung sei in Marokko grundsätzlich ohne staatliche Einschränkungen möglich. Aktivitäten, die sich gegen die Monarchie, gegen die Stellung des Islam als Staatsreligion oder gegen die territoriale Integrität Marokkos wenden, würden von den staatlichen Behörden in der Regel eingeschränkt und sanktioniert. Entsprechende strafrechtliche Einschränkungen beträfen auch die Pressefreiheit. "Im Juli 2014 wurde im Parlament ein Entwurf für ein neues Pressegesetz vorgelegt, wonach die Abschaffung besonderer Haftstrafen wegen journalistischer Betätigung vorgesehen ist", schreibt die Bundesregierung. Der Entwurf werde noch immer im Parlament beraten. Journalisten und internationale Beobachter kritisierten, dass für die angeführten Tatbestände weiterhin die einschlägigen Bestimmungen des Strafgesetzbuches gelten würden und das neue Pressegesetz zudem hohe Geldstrafen und Berufsverbote vorsehe.

Weiter heißt es in der Antwort, dass Orientierungen oder Identitäten als Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle (LSBTTI) vom marokkanischen Staat nicht anerkannt würden. "Ein öffentliches Ausleben einer LSBTTI-Orientierung ist mit sozialem Stigma verbunden." Das Strafgesetz stelle homosexuelle Handlungen unter Strafe, allerdings werde Homosexualität in der Regel toleriert, "solange sie im Verborgenen gelebt wird".

Marokko verhänge weiterhin die Todesstrafe, vollstrecke diese aber seit 1993 nicht mehr, heißt es in der Antwort weiter. Derzeit würden 120 zum Tode Verurteilte in marokkanischen Gefängnissen sitzen.

Grundsätzlich stehe Marokko in der arabischen Welt "als ein Land da, das vor dem Hintergrund politischer, wirtschaftlicher und sozialer Stabilität erkennbare Fortschritte bei der Entwicklung von Freiheitsrechten und Demokratie zeitigt", schreibt die Bundesregierung. Das Königreich verfolge seit der Inthronisierung von König Mohammed VI. einen verstärkten Modernisierungskurs, beispielsweise durch die Einrichtung einer Versöhnungskommission zur Aufarbeitung von staatlich verübtem Unrecht in den 1970er und 1980er Jahren, sowie durch eine ambitionierte Reform des Familienrechts. Die Verfassung von 2011 sehe eine deutliche Stärkung demokratischer und rechtstaatlicher Elemente vor. "Über zahlreiche kontroverse Themen wie etwa die Rolle religiöser Fragen im Strafrecht, Fragen sozialer Gerechtigkeit, Korruption und Nepotismus, Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten finden öffentliche Diskussionen statt, die die gesellschaftliche Unterstützung für neue Lösungsansätze in diesen Feldern schrittweise befördern."

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4. Menschenrechtslage in Tunesien

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Der Bundesregierung sind keine aus religiösen Motiven begangenen Straftaten gegen Christen beziehungsweise Zerstörungen und andere Beeinträchtigungen von Kirchen und anderen christlichen Einrichtungen in Tunesien bekannt. Eine Sanktionierung von Missionierung oder Konversion zum Christentum ist im tunesischen Strafrecht nicht vorgesehen, heißt es in der Antwort der Bundesregierung (18/8692) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8194) zur menschenrechtlichen Lage in Tunesien. Eine Konversion könne aber durchaus gesellschaftliche Ausgrenzung zur Folge haben. Wie die Bundesregierung weiter schreibt, lägen ihr in jüngerer Zeit auch keine Erkenntnisse zu antisemitisch motivierten Straftaten gegen Juden oder deren religiös motivierter Benachteiligung vor.

Weiter heißt in der Antwort, dass das UN-Kinderhilfswerk (UNICEF) den Anteil der von Kinderarbeit in Tunesien betroffenen Kinder auf zwei Prozent schätze und den Anteil der zwischen 2005 und 2013 verheirateten Minderjährigen auf ebenfalls zwei Prozent. Keine Erkenntnisse lägen dazu vor, wie viele Menschen seit 2012 wegen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Handlungen auf der Grundlage des Artikels 230 des tunesischen Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind, die Bundesregierung schreibt hier von einer "mindestens zweistelligen Ziffer". Es sei davon auszugehen, dass Benachteiligungen und Diskriminierungen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgendern und Intersexuellen in Tunesien häufig vorkommen. Gezielte Maßnahmen der tunesischen Regierung zur Beseitigung solcher gruppenspezifischen Nachteile seien nicht bekannt. "Der Themenbereich ist mit starken gesellschaftlichen Tabus belegt."

Bei der Meinungsfreiheit schließt sich die Bundesregierung laut Antwort der Einschätzung von "Reporter ohne Grenzen" an, wonach Tunesien in der Region Mittlerer Osten und Nordafrika "mit deutlichem Abstand zu anderen Ländern über das größte Maß an Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit verfügt".

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5. CETA-Abkommen und Bildungssektor

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Für Deutschland sind im Entwurf des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens CETA keine Marktöffnungsverpflichtungen vorgesehen, die über die Verpflichtungen des vor 20 Jahren in Kraft getretenen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) hinausgehen. Darin habe Deutschland Marktöffnungsverpflichtungen für die rein privat finanzierte Primär-, Sekundär-Hochschul- und Erwachsenenbildung übernommen, heißt es in der Antwort der Bundesregierung (18/8715) auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/8359). Hinter diesen Verpflichtungen könne das CETA-Abkommen nicht zurückbleiben. In CETA sei durch einen Vorbehalt sichergestellt, dass nur für den Bereich rein privat finanzierter Bildungsangebote Verpflichtungen verankert würden. "Insofern ändert CETA nichts an den völkerrechtlichen Marktöffnungsverpflichtungen Deutschlands gegenüber Kanada", stellt die Bundesregierung fest. Für Bildungsangebote, die ganz oder teilweise staatlich finanziert seien, gebe es keine Öffnungsverpflichtung.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 363 - 16. Juni 2016 - 09.21 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2016

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