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BUNDESTAG/5906: Heute im Bundestag Nr. 420 - 06.07.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 420
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 06. Juli 2016, Redaktionsschluss: 17.43 Uhr

1. Regierung in Sorge um Lage in Venezuela
2. DBS blickt optimistisch auf Paralympics
3. Eindeutiges Ja zur Helmut-Schmidt-Stiftung
4. Keine Maut für Sportboote
5. Paramilitärs in Kolumbien
6. Kolumbianischer Friedensprozess


1. Regierung in Sorge um Lage in Venezuela

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung ist in großer Sorge um die humanitäre Lage in Venezuela. Nichtregierungsorganisationen vor Ort berichteten von dramatischen Zuständen, sagte ein Vertreter der Auswärtigen Amtes am Mittwochnachmittag im Menschenrechtsausschuss. Die Generaldirektion Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz der Europäischen Kommission (ECHO) beobachte eine massiv verschlechterte Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten. Weil die venezuelanische Regierung jedoch keinen humanitären Notstand ausrufe, sei es für die internationale Gemeinschaft schwierig, entsprechende Hilfe zu leisten.

Auch die Lage der Menschenrechte im Land ist nach Einschätzung des Außenamtsvertreters schwierig. So schränke die Regierung die Versammlungs- und Pressefreiheit massiv ein. In einem Land, das die höchste Mordrate der Welt aufweise, hätten viele Journalisten Angst, nach Morddrohungen weiter kritisch zu berichten. Eine der größten kritischen Zeitungen Venezuelas erscheine nur noch mit einer Auflage von 20.000 Exemplaren, weil sie zu wenig Papier bekomme.

In venezuelanisch Gefängnissen säßen schätzungsweise bis zu hundert politische Gefangene, berichtete der Regierungsvertreter weiter. Die Prozesse würden rechtsstaatlichen Anforderungen oft nicht genügen. Seit die Opposition die Mehrheit im Parlament habe, würden sämtliche Gesetze des Parlaments vom Präsidenten zurückgewiesen, darunter auch ein Amnestiegesetz für politische Gefangene. Das von der Opposition initiierte Referendum, das auf die Absetzung von Präsident Nicolás Maduro zielt, werde von der Regierung durch eine langwierige Überprüfung der Unterschriftenlisten verschleppt.

Die Frage von Abgeordneten, ob die Situation in Venezuela in einen Bürgerkrieg münden könnte, verneinte der Außenamtsvertreter. Eher sah er die Gefahr eines kurzzeitigen oder länger andauernden Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung infolge von Plünderungen und Hungerrevolten.

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2. DBS blickt optimistisch auf Paralympics

Sport/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Bei den am 7. September 2016 in Rio de Janeiro beginnenden Paralympischen Sommerspielen wird das Team des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) voraussichtlich mit 146 Athleten an den Start gehen. Das sagte der für den Leistungssport zuständige DBS-Vizepräsident Karl Quade am Mittwoch vor dem Sportausschuss. Die endgültige Nominierung der Athleten werde am 30. Juli erfolgen, kündigte Quade an.

Ohne damit eine Medaillenprognose abgeben zu wollen, verwies er auf die vergangenen Weltmeisterschaften in den paralympischen Sportarten, wo es für deutsche Teilnehmer insgesamt 77 Medaillen gegeben habe. Ziel des DBS in Rio sei es, sich unter den Top-Nationen zu etablieren, was auch in London 2012 mit Platz Acht in der Medaillenwertung gelungen sei. Noch wichtiger als Medaillen zu gewinnen sei es jedoch, "dass die Athleten in Rio ihre persönlichen Bestleistungen erreichen". Außerdem lege der DBS großen Wert auf ein positives Auftreten der deutschen Mannschaft. "Wir gehen die Spiele optimistisch an und hoffen, dass die Athleten ihre Leistungen abrufen können", sagte der DBS-Vizepräsident.

Quade benannte Herausforderungen, die das Team abseits der paralympischen Wettbewerbe erwarten könnten. Dazu zähle die Gefahr einer Zika-Virusinfektion, die aber nach WHO-Angaben und auch nach Aussage deutscher Experten deutlich geringer sei, als noch in den brasilianischen Sommermonaten Dezember und Januar. Die Sportler seien über die Gefahr informiert, eine Impfmöglichkeit gebe es jedoch nicht. Problematisch sei zudem die Situation für Segler angesichts des verschmutzten Wasser im Segelrevier vor Rio. Auch die derzeit sehr stark anwachsende Kriminalität vor Ort müsse beachtet werden.

DBS-Präsident Friedhelm-Julius Beucher machte auf zwei neue Sportarten aufmerksam, die erstmals im Programm der Paralympics seien. Sowohl beim Paratriathlon als auch beim Parakanu hätten deutsche Sportler Medaillenchancen, sagte er. Positiv äußerte sich Beucher auch zu den geplanten TV-Übertragungen. ARD und ZDF hätten angekündigt, aus Rio de Janeiro in ähnlichem Umfang zu berichten, wie 2012 aus London. Zudem gebe es von mehreren Wettkämpfen einen Livestream, der erfahrungsgemäß hohe Zugriffsraten habe.

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3. Eindeutiges Ja zur Helmut-Schmidt-Stiftung

Kultur und Medien/Ausschuss

Berlin: (hib/AW) Einstimmig hat sich der Kulturausschuss für die Einrichtung einer Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung ausgesprochen. Den entsprechenden Gesetzentwurf der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion (18/8858) nahm der Ausschuss am Mittwoch mit den Stimmen aller Fraktionen an. Zweck der Stiftung soll es nach dem Willen der Koalitionsfraktionen sein, das Andenken an das Wirken Schmidts für "Freiheit und Einheit des deutschen Volkes, für den Frieden und die Einigung Europas" und die Völkerverständigung zu wahren.

Auch die Oppositionsfraktionen begrüßten die Einrichtung der Stiftung ausdrücklich. Die Linke regte an, den Stiftungsbeirat möglichst international zu besetzen. Dies entspreche auch dem Wirken des früheren Bundeskanzlers auch über seine Amtszeit hinaus. Bündnis 90/Die Grünen mahnte an, es müssten nicht immer nur Staatsmänner sein, deren Wirken mit solchen Stiftungen gedacht wird. Die Kriterien für die Einrichtung solcher Stiftungen sollten deshalb überdacht werden.

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4. Keine Maut für Sportboote

Tourismus/Ausschuss

Berlin (hib/wid) Freizeitkapitäne müssen in Deutschland weiterhin nicht befürchten, mit einer Maut zur Kasse gebeten werden. "Es wird keine Sportboot-Vignette geben, definitiv nicht", sagte Enak Ferlemann (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), am Mittwoch bei der Vorstellung eines Sachstandsberichts zum geplanten Wassertourismuskonzept der Bundesregierung im Tourismusausschuss. Denkbar sei allerdings eine "nutzergebundene Gebühr", um auf Wasserstraßen mit ausschließlich touristischer Bedeutung etwa die Schleusen unterhalten zu können. Vertreter der Opposition, aber auch der Sozialdemokraten im Ausschuss kritisierten den Bericht als Stückwerk.

Von den 7.500 Kilometern, die das Wasserstraßennetz des Bundes umfasst, werden 2.800 Kilometer nicht für den Güterverkehr genutzt. Auf diesen Strecken befinden sich rund 120 Wehranlagen und 140 Schleusen. Ihr Unterhalt kostet nach Ferlemanns Worten jährlich 65 Millionen Euro, ein Aufwand, dem Einnahmen in Höhe von nur 80.000 Euro gegenüberstünden. Mit dem jetzt vorgelegten Bericht des Verkehrsministeriums werden Freizeitwasserstraßen erstmals einer eigenen Kategorie zugeordnet, neben den zum Gütertransport dienenden Hauptwasserstraßen einerseits und andererseits ungenutzten Gewässern, die zur Renaturierung vorgesehen sind. Unter dem Stichwort "Das Blaue Band" hat das Umweltministerium dazu ein Konzept entwickelt. Ferlemann kündigte an, dass sein Ministerium bis Ende dieses, spätestens Anfang nächsten Jahres definieren wird, welche Wasserläufe in Deutschland in welche der drei Kategorien gehören.

Neben den Hauptwasserstraßen werde der Bund auch die "touristisch stark genutzen" Gewässer etwa in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern in seiner Zuständigkeit behalten, sagte der Staatssekretär. Dies sei erstmals ein "klares Bekenntnis" zum Wassertourismus. Dazu solle in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) eine neue, eigene Abteilung für Freizeitgewässer gebildet werden. Durch eine Ausnahme von Bundesgebührengesetz sei sicherzustellen, dass diese Wasserstraßen nicht kostendeckend betrieben werden müssen. Abgesehen von einer "geringen" Gebühr für die Nutzung der Schleusen würden die Unterhaltskosten weiterhin vom Bundeshaushalt getragen. Ferlemann betonte, dass sein Ministerium gegen den Rat von Experten auf die Einführung einer Sportboot-Vignette verzichte, um touristische Belange nicht zu beeinträchtigen.

Weniger stark oder ausschließlich für "muskelgetriebenen Wassersport genutzte Gewässer" sowie die zur Renaturiererung vorgesehenen Wasserläufe wolle der Bund aus seiner Zuständigkeit möglichst in andere Hände etwa von Ländern, Kommunen oder auch Vereinen geben. Dabei seien Regelungen vorstellbar, bei denen der Bund erforderliche Investitionen zu 50 Prozent finanziere. Für das Wirtschaftsministerium betonte die Parlamentarische Staatssekretärin Iris Gleicke (SPD), dass der vorliegende Bericht lediglich die künftige Organisation der Wasserstraßen betreffe, aber noch nicht viel über die ökonomische Bedeutung des Wassertourismus aussage.

Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD 2013 die Entwicklung eines Wassertourismuskonzepts vereinbart. Nach derzeitigem Stand wird es aber frühestens in der nächsten Legislaturperiode in Kraft treten. Vertreter von SPD, Linken und Grünen im Ausschuss kritisierten, dass der Bericht noch nicht das Gesamtkonzept enthalte.

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5. Paramilitärs in Kolumbien

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/EB) Die Fraktion die Linke betrachtet mit Sorge die menschenrechtliche Lage in Kolumbien. Trotz der Fortschritte in den Friedensverhandlungen zwischen kolumbianischer Regierung und der Guerilla-Organisation FARC häuften sich die Übergriffe gegen Menschenrechtsverteidiger, Gewerkschafter und weitere Aktivisten, heißt es in einem Antrag (18/9026), der am morgigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Die Abgeordneten kritisieren, dass der kolumbianische Staat paramilitärische Gruppen nicht ausreichend bekämpfe. Hintergrund sei eine "enge Verknüpfung von geheimdienstlichen, polizeilichen und paramilitärischen Kräften", die einem nachhaltigen und gerechten Frieden entgegenstehe, schreiben die Abgeordneten weiter.

Die Abgeordneten fordern unter anderem, dass die Bundesregierung gegenüber der kolumbianischen Regierung auf eine ernsthafte Bekämpfung und strafrechtliche Verfolgung paramilitärischer Gruppen drängt und zugleich Sicherheitsgarantien für zivilgesellschaftliche Organisationen einfordert. Außerdem solle sie mehr Mittel der Entwicklungszusammenarbeit für zivilgesellschaftliche Menschenrechtsorganisationen bereitstellen und ein internationales Monitoring-Programm zur Umsetzung der Friedensvereinbarungen finanziell unterstützen. Weitere Forderungen beziehen sich auf die politische Beteiligung der FARC nach Abschluss der Friedensverhandlungen sowie die "kritische Begleitung" der Übergangsjustiz.

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6. Kolumbianischer Friedensprozess

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/EB) Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen sehen den Friedensprozess in Kolumbien auf einem guten Weg. Der von der kolumbianischen Regierung und der Guerilla-Organisation FARC am 23. Juni 2016 in Havanna unterzeichnete Waffenstillstand markiere einen "entscheidenden Durchbruch auf dem Weg zum Frieden", heißt es in einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen(18/9033), der am morgigen Donnerstag im auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Gleichwohl sei die dauerhafte Befriedung des Landes mit hohen Herausforderungen, allen voran der strafrechtlichen Aufarbeitung des Konflikts, verbunden. Mit Sorge betrachten die Abgeordneten zudem die zunehmende Präsenz neoparamilitärischer Gruppen in verschiedenen Landesteilen.

Die Abgeordneten führen an, dass Deutschland einen wichtigen Beitrag zum Friedensprozess leisten könne. Seit 2007 würden Mittel der Entwicklungszusammenarbeit dafür eingesetzt. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie deutsche Nichtregierungsorganisationen setzten sich aktiv für den Frieden in Kolumbien ein. Darüber hinaus plane die Regierung, ein Deutsch-Kolumbianisches Friedensinstituts in Bogotá einzurichten und das kolumbianische Ministerium für "Post-Konflikt und Menschenrechte" zu unterstützen.

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung auf, "den Friedensprozess auch künftig politisch zu flankieren und weiterhin finanziell zu unterstützen". Das gelte auch für die geplanten Verhandlungen mit der verbleibenden Guerilla-Organisation ELN. Das ausgehandelte Modell der Übergangsjustiz soll die Bundesregierung durch Beratung und gegebenenfalls Entsendung von Richtern und Staatsanwälten unterstützen. Weiterhin forden die Abgeordneten Mittel für die Stärkung der kolumbianischen Zivilgesellschaft, damit diese sich "eigenverantwortlich und selbstbestimmt" politisch beteiligen kann.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 420 - 6. Juli 2016 - 17.43 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juli 2016

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