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BUNDESTAG/6209: Heute im Bundestag Nr. 723 - 08.12.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 723
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 08. Dezember 2016, Redaktionsschluss: 12.53 Uhr

1. Linke will Arznei-Versandhandel verbieten
2. Unregelmäßigkeiten bei Reaktorbauteilen
3. Risiken bei kosmetischer Laserbehandlung
4. Weniger Lärmschutz an Sportanlagen
5. Mautbedingte Verkehrsverlagerungen


1. Linke will Arznei-Versandhandel verbieten

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) Deutsche Apotheken müssen nach Ansicht der Fraktion Die Linke vor der Billigkonkurrenz ausländischer Versandapotheken geschützt werden. In einem Antrag (18/10561) fordern die Abgeordneten konkret, in Deutschland den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln zu verbieten.

Anlass ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 19. Oktober 2016. Der EuGH hatte entschieden, dass die in Deutschland geltende Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente die ausländischen Versandapotheken benachteiligt und daher gegen EU-Recht verstößt. So werde ausländischen Apotheken über die Festpreise der Zugang zum deutschen Markt erschwert. Dieses Handelshemmnis sei nicht gerechtfertigt.

Eine mögliche Konsequenz aus dem Urteil wäre neben einem Versandhandelsverbot die Aufhebung der Preisbindung auch für rezeptpflichtige Arzneimittel, heißt es im Antrag der Linken weiter. Ein Preiskampf führe jedoch weder zu einer besseren Qualität, noch zu einer Stärkung von Apotheken in strukturschwachen Regionen.

In Präsenzapotheken könnten im persönlichen Gespräch mit den Patienten Unklarheiten beseitigt oder Unstimmigkeiten bei der ärztlichen Versorgung aufgedeckt werden. Hinzu komme das oft bestehende Vertrauensverhältnis und Kenntnisse über die konkrete Lebenslage der Patienten. Zudem deckten die Apotheken die Notfallversorgung ab.

Versandapotheken könnten diese "Aufgaben von hohem Gemeinwohlbelang" nicht oder nur unzureichend erfüllen. Der EuGH habe mit seiner Entscheidung den freien Warenverkehr und die Interessen von großen ausländischen Versandapotheken über das gesundheitspolitische Anliegen einer flächendeckenden, qualifizierten Arzneimittelversorgung rund um die Uhr gestellt.

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2. Unregelmäßigkeiten bei Reaktorbauteilen

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/EB) Deutsche Atomkraftwerke sind voraussichtlich nicht von den Unregelmäßigkeiten bei Reaktorbauteilen der französischen Schmiede Creusot Forge betroffen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/10366) auf eine Kleine Anfrage (18/10198) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) lasse Vorkommnisse in ausländischen Atomkraftwerken regelmäßig auswerten. Es sei bislang nicht zu erkennen, dass sich die Vorkommnisse in Frankreich auf deutsche Atomkraftwerke übertragen ließen, schreibt die Bundesregierung. Die französische Atomaufsichtsbehörde ASN hatte im Mai 2016 bekannt gegeben, dass es zu Unregelmäßigkeiten in Fertigungsdokumentationen bei Komponenten aus der Schmiede des Unternehmens AREVA gekommen sei. Zunächst waren im April Sicherheitsmängel am Druckbehälter des Atomkraftwerks Flamanville 3 aufgedeckt worden.

Auch Dampferzeuger des Herstellers Japan Casting und Forging Cooperation (JCFC) in sieben französischen Atomkraftwerken könnten ähnliche Mängel wie der Druckbehälter in Flamanville aufweisen, zitiert die Bundesregierung einen Bericht der ASN. Untersuchungsergebnisse des Betreibers EDf liegen dazu laut Bundesregierung noch nicht vor.

Weiter heißt es, dass die französische Regierung plane, für die Stilllegung des grenznahen Atomkraftwerks Fessenheim ein Dekret zu erlassen.

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3. Risiken bei kosmetischer Laserbehandlung

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/EB) Bei der Behandlung pigmentierter Hautveränderungen mit Laser- oder IPL-Geräten (Intense Pulse Light) sind medizinische Fachkenntnisse erforderlich, aber aktuell nicht vorgeschrieben. Das geht aus einer Antwort (18/10537) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/10304) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Nach geltender Rechtslage könnten auch Personen ohne medizinische Ausbildung Muttermale und Pigmentstörungen behandeln sowie Tattoos entfernen, schreibt die Bundesregierung. Komplikationen bei der Nutzung von Laser- oder IPL-Geräten durch Laien würden nicht systematisch erfasst. Inwiefern vor der Behandlung durch Laien eine ärztliche Beratung oder Begutachtung stattfinde, sei der Bundesregierung nicht bekannt.

Bei der Entfernung von Tattoos würden Laser der höchsten Risikoklasse eingesetzt, schreibt die Bundesregierung weiter. Bei nicht fachgerechter Anwendung der Geräte bestünden Risiken für Haut und Augen.

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4. Weniger Lärmschutz an Sportanlagen

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Verordnung

Berlin: (hib/SCR) An Sportanlagen sollen während der Ruhezeiten künftig weniger strenge Lärmgrenzwerte gelten. Ein Verordnungsentwurf der Bundesregierung (18/10483) zur Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung sieht vor, die Richtwerte für die abendlichen Ruhezeiten sowie für die Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 15 Uhr um fünf Dezibel zu erhöhen. Damit gelten für diese Zeiten die gleichen Richtwerte wie tagsüber außerhalb der Ruhezeiten. Unberührt bleiben die morgendlichen Ruhezeiten.

Als Begründung führt die Bundesregierung mit Verweis auf Aussagen von Kommunen und Sportverbänden an, dass durch die aktuell geltenden Richtwerte beispielsweise Nutzungszeiten von Sportanlagen beschränkt worden seien. Zudem hätten Vereine die Zahl von Jugendmannschaften nach Anwohnerbeschwerden begrenzen müssen.

Laut Begründung sollen die bisherigen Beurteilungszeiträume der Ruhezeiten aber erhalten werden. Damit soll es weiterhin nicht möglich sein, lärmintensive Zeiten innerhalb der Ruhezeiten mit lärmarmen Zeiten außerhalb davon zu verrechnen. "Hierdurch können unzumutbare Lärmzunahmen zulasten der Nachbarn vermieden werden", schreibt die Bundesregierung.

Der Verordnungsentwurf sieht zudem Richtwerte für die geplante neue Baugebietskategorie "Urbanes Gebiet" vor. Weiterhin soll die Regelung für Sportanlagen, die vor 1991 genehmigt wurden oder die ohne Genehmigung errichtet werden konnten, konkretisiert werden. Geregelt werden soll, welche Umbauten oder Änderungen zulässig sind, damit die entsprechende Anlage weiterhin den "Altanlagenbonus" nutzen kann, der eine Grenzwertüberschreitung ermöglicht.

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5. Mautbedingte Verkehrsverlagerungen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Unterrichtung

Berlin: (hib/HAU) Verlagerungen des Lkw-Verkehrs aufgrund von Mauterhebungen sind laut Bundesregierung nur in sehr geringem Maße zu beobachten. Das geht aus dem aktuellen "Bericht über Verkehrsverlagerungen auf das nachgeordnete Straßennetz in Folge der Einführung der Lkw-Maut" hervor, den die Bundesregierung als Unterrichtung (18/10567) vorgelegt hat. Danach stellen Mautausweichverkehre kein Flächenproblem dar, was den Ergebnissen der Berichte aus dem vergangenen Jahren entspräche. Vielmehr stelle sich die Verkehrsentwicklung des schweren Güterverkehrs auf den einzelnen Bundesstraßen insgesamt sehr unterschiedlich dar. Es seien sowohl Zunahmen als auch Abnahmen zu verzeichnen. Darüber hinaus stagniere die Verkehrsentwicklung aber an der Mehrheit der Zählstellen.

Was die mögliche Kostenersparnis angeht, so sind laut der Unterrichtung für 95,5 Prozent der Fahrten mit schweren Lkw die Routen über die Autobahnen auch unter Berücksichtigung der Maut kostengünstiger als Routen mit größeren Anteilen im nachgeordneten Netz. Für 4,5 Prozent der Fahrten würde ein Ausweichen auf das nachgeordnete Netz zu Kostenvorteilen von mindestens einem Euro pro Fahrt führen. Unterstelle man eine Verlagerungswirkung ab einer Kostenersparnis von fünf Euro träfe dies auf etwa ein Prozent der Fahrten zu. Lediglich bei 0,2 Prozent der Fahrten führten Ausweichreaktionen zu Kosteneinsparungen von mehr als 10 Euro pro Fahrt, heißt es in dem Bericht.

Laut der Unterrichtung zeigt ein Vergleich, der mit Hilfe der Modellrechnung für das Jahr 2014 berechneten Mautausweichverkehre mit den Berechnungsergebnissen für das Jahr 2011, dass auf 88 Prozent der Strecken des mautfreien Bundesstraßennetzes "keine wesentliche Änderung der Mautausweichverkehre zu verzeichnen ist". An acht Prozent der Strecken sei der Mautausweichverkehr bedingt durch den reduzierten durchschnittlichen Mautsatz und die Bundesstraßenmaut sogar zurückgegangen, so dass nur bei vier Prozent eine mautbedingte Verkehrszunahme festzustellen gewesen sei.

Auch die zum 1. August 2012 eingeführte Bundesstraßenmaut auf etwa 1.100 km Bundesstraßen hat nach Regierungsangaben kaum zu signifikanten Verlagerungen geführt. An etwa 1,5 Prozent aller Bundes- und Landesstraßen sei der Mautausweichverkehr signifikant zurückgegangen und habe sich im Wesentlichen auf die Autobahnen zurückverlagert, heißt es.

Keinen nennenswerten Einfluss hat laut dem Bericht die Einführung und die Erhöhung der Lkw-Maut auf den Modal Split, also die Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsträger, gehabt. "Die Maut hat nicht dazu geführt, dass Anteile von der Straße auf die Schiene verlagert wurden", schreibt die Regierung.

Zusammenfassend gelangt sie zu der Feststellung, dass die auf die Bundesstraßen ausgewichenen mautpflichtigen Verkehre von 2011 bis 2014 in ihrer absoluten Höhe nahezu unverändert geblieben seien. Mautausweichverkehre seien dort zu beobachten, wo die Ausweichstrecken zu keinen Zeitverlusten führen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 723 - 8. Dezember 2016 - 12.53 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Dezember 2016

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