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BUNDESTAG/6235: Heute im Bundestag Nr. 749 - 16.12.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 749
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 16. Dezember 2016, Redaktionsschluss: 10.09 Uhr

1. Widersprüche im Kasseler Mordfall
2. Urteil machte Weg zur Aufarbeitung frei
3. Hendricks: Klimazusage machbar
4. Antrag: Europäische Forschung stärken
5. Baumaßnahmen an der Elbe


1. Widersprüche im Kasseler Mordfall

3. Untersuchungsausschuss (NSU)/Ausschuss

Berlin: (hib/FZA) Was trieb der Verfassungsschützer Andreas Temme am Tatort eines Mordanschlags der rechten Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) in Kassel? Eine Antwort darauf suchte der 3. Untersuchungsausschuss (NSU II) des Bundestages.

Der Internetcafé-Besitzer Halit Yozgat wurde am 6. April 2006 mutmaßlich von den NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in seinem Laden in Kassel durch zwei Kopfschüsse getötet. Obwohl sich zum Tatzeitpunkt insgesamt sechs weitere Personen in den Telefonkabinen und Computerräumen des Cafés aufhielten, gab es keine Augenzeugen und die Täter konnten unbemerkt flüchten.

Einer der sechs Anwesenden war der damalige V-Mann-Führer des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Andreas Temme, um den sich seitdem viele Fragezeichen ranken. Warum meldete er sich als Einziger nicht als Zeuge bei der Polizei? Wusste er womöglich, dass an jenem Tag ein Mord geschehen würde? Welche Rolle spielte der V-Mann "Gemüse" alias Benjamin Gärtner, den Temme damals betreute und mit dem er vor und nach der Tat telefonierte? Temme hat in zahlreichen Vernehmungen stets beteuert, er sei nur zufällig am Tatort gewesen. Von dem Mord will er nichts mitbekommen haben. Auch die Leiche habe er beim Verlassen des Cafés nicht gesehen.

Der Ausschuss befragte hierzu die damalige Vorgesetzte von Andreas Temme, Iris Pilling, heutige Abteilungsleiterin beim Landesamt für Verfassungsschutz Hessen (LfV). Der Vorsitzende Binninger wollte wissen, ob der damalige V-Mann-Führer Temme im Vorfeld des Kasseler Mordanschlags mit der sogenannten Ceská-Mordserie befasst gewesen sei. Die Ceská-Mordserie wird seit 2011 dem NSU zugerechnet und ist nach der Waffe benannt, mit der Böhnhardt und Mundlos Halit Yozgat und zuvor acht weitere türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer umgebracht haben.

Temme hatte im September 2012 als Zeuge vor dem ersten NSU-Ausschuss des Bundestages ausgesagt, ihm seien die Ceská-Morde damals nicht bekannt gewesen. Erst später kam heraus, dass das offenbar gelogen war. Das legt zumindest eine Email von Iris Pilling nahe. Am 24. März 2006, also knapp zwei Wochen vor dem Mord an Yozgat, schrieb die damalige Referatsleiterin eine Email an ihre Mitarbeiter, in der sie Informationen des Bundeskriminalamts (BKA) über die Ceská-Morde weitergab und nachfragte, ob womöglich V-Leute in Hessen etwas darüber wüssten.

Ob Temme diese Email tatsächlich bekommen und gelesen hat, konnte Pilling nicht mit Sicherheit sagen, gab aber an, dass das sehr wahrscheinlich sei. Im weiteren Verlauf der Befragung wiesen die Abgeordneten auf eine Reihe weiterer Unstimmigkeiten in Temmes Aussagen hin. So hatte er beispielsweise angegeben, für insgesamt fünf V-Leute zuständig gewesen zu sein, vier im islamistischen Milieu sowie den V-Mann Benjamin Gärtner in der Kasseler Neonazi-Szene. Obfrau Petra Pau (Die Linke) äußerte Zweifel an dieser Angabe: Aufgrund von Erkenntnissen, die sie öffentlich nicht zitieren dürfe, gehe sie davon aus, dass Temme noch mindestens eine weitere Quelle im Bereich Rechtsextremismus geführt habe. Hierzu wollte Pinning öffentlich keine Angaben machen.

Widersprüche offenbarten sich auch in Bezug auf die Rolle des V-Manns Benjamin Gärtner. Laut Pilling war Gärtner zum Zeitpunkt seiner Anwerbung bereits im Begriff aus der rechten Szene auszusteigen und generell eher ein Mitläufer. Als V-Mann habe er über die Deutsche Partei (DP) berichtet. Gärtner wiederum hat im Februar 2016 als Zeuge vor den hessischen NSU-Untersuchungsausschuss ausgesagt, die DP überhaupt nicht zu kennen. Stattdessen sei er von Temme auf die Partei "Republikaner" angesetzt worden.

Pau legte der Zeugin ein Foto aus dem Jahr 2005 vor, das Gärtner auf einer Neonazi-Demonstration in Göttingen zeigt. 2006 soll Gärtner laut Pau in eine Kneipenschlägerei involviert gewesen sein, an der auch weitere im NSU-Komplex bekannte Neonazis sowie ein führendes Mitglied der Rockerbande "Bandidos" beteiligt gewesen sein sollen. Im Gegensatz zu Pilling beschrieb Pau Gärtner als umtriebigen, gewaltbereiten Rechtsextremisten, der gleich in mehreren militanten Gruppierungen mitgemischt hat. Konkrete Hinweise auf eine Verbindung von Gärtner zum NSU sind bisher jedoch nicht aufgetaucht.

Zentrale Punkte konnte Pilling nicht beantworten. So blieb etwa offen, was Temme und Gärtner am Tag des Mordes an Yozgat am Telefon besprachen und warum Gärtner weit oben auf einer Liste möglicher Unterstützer des NSU auftaucht, die der Generalbundesanwalt (GBA) an die Sicherheitsbehörden verschickt hat.

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2. Urteil machte Weg zur Aufarbeitung frei

4. Untersuchungsausschuss (Cum/Ex)/Ausschuss

Berlin: (hib/MWO) Die Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums (BMF) hat laut Aussagen leitender Mitarbeiter seit 2009 intensiv nach Möglichkeiten zur Unterbindung der Cum/Ex-Geschäfte gesucht. Bei der Aufarbeitung der seit 2012 verbotenen Aktientransaktionen um den Dividendenstichtag zum Schaden des Fiskus habe man nach einem Erfolg vor Gericht im Jahr 2014 endlich die Möglichkeit gehabt, gegen diese unberechtigte Steuererstattungen vorzugehen, hieß es am Donnerstag in der öffentlichen Sitzung des 4. Untersuchungsausschuss des Bundestages.

Aus dem Ministerium befragte der Ausschuss unter Vorsitz von Hans-Ulrich Krüger Unterabteilungsleiter Rolf Möhlenbrock und Abteilungsleiter Michael Sell. Beide Beamte schilderten detailliert, wie nach dem Bekanntwerden des Ausmaßes der Cum/Ex-Deals die zuständigen Mitarbeiter alles daran setzten, diesen einen Riegel vorzuschieben und zu Unrecht erstattete Steuern zurückzufordern.

Möhlenbrock sagte, er sei Anfang 2009 am Rande einer Veranstaltung von einer Person, die er nicht benennen wolle, auf das Thema Cum/Ex, die rechtliche Situation und die fiskalische Bedeutung aufmerksame gemacht worden. Er habe diese Person dann um eine schriftliche Ausarbeitung gebeten und diese anonymisiert an das zuständige Fachreferat gegeben. Man habe sich "prioritär" dieses Problems angenommen, und als erste Reaktion sei "zwei, drei Monate später" ein BMF-Schreiben ergangen, mit dem "dem Treiben Einhalt geboten werden sollte". Dieses Schreiben habe sich gegen die "ausländischen Mitspieler" gerichtet und unter anderem die Berufsträgerbescheinigung eingeführt.

Er gehe davon aus, so Möhlenbrock, dass das Fachreferat auch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) einschaltete. Aussagen zu potenziellen Steuerschäden durch die Cum/Ex-Transaktionen könne er nicht machen. Zum kolportierten Volumen von zwölf Milliarden Euro sagte er, er habe diese Zahl gelesen und zur Kenntnis genommen, könne aber nicht sagen ob sie richtig oder falsch sei. Das vorliegende Material lasse eine verlässliche Aussage nicht zu.

Wie Möhlenbrock weiter ausführte, war das Thema Dividendenstripping im Ministerium ein Dauerbrenner. Dieser Steuertrick sei immer für Missbrauch gehalten worden, und das hätte auch jedem Marktteilnehmer klar gewesen sein müssen. Allerdings sei die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) früher ein "ständiges Ärgernis" gewesen. Dazu komme, dass nach einem 2011 verlorenen Rechtsstreit mit der Europäischen Kommission erst seit 2013 die Kapitalertragsteuer auf Dividenden bei Ausländern erhoben werden dürfe. Seit diesem Zeitpunkt sei auch das ähnlich gelagerte Dividendenstripping-Modell Cum/Cum im Visier. Die Datenlage zu Cum/Cum sei allerdings lückenhaft.

Steuerabteilungsleiter Michael Sell gab zu Protokoll, dass er gleich nach seiner Amtsübernahme im Mai 2012 mit dem Thema Cum/Ex konfrontiert worden sei. Dabei sei es darum gegangen, das BZSt bei der Aufarbeitung zu unterstützen und vor "Querschüssen" von Steuerberatern zu schützen. Diese hätten alles versucht, um ihren Kunden zu den gewünschten Erstattungen zu verhelfen. So habe es Klagen, Beschwerden und Störmanöver gegen Beamte gegeben.

Große Bedeutung misst Sell auch dem 2014 vor dem Bundesfinanzhof unter großen Anstrengungen gewonnenen Prozess zum wirtschaftlichen Eigentum bei Cum/Ex-Geschäften mit Aktien zu. Dieses Urteil habe die Basis für die Aufarbeitung dieser Deals gelegt. Auf Grund dieses und weiterer Urteile sei die Überprüfung von Erstattungsanträgen durch das BZSt möglich. Wäre das BFH-Urteil nicht ergangen, hätten sich Investoren rechtmäßig nicht gezahlte Steuern erstatten lassen können, sagte Sell auf eine Frage von Anja Karliczek (CDU/CSU). Er sei auch grundsätzlich der Meinung, dass Cum/Ex-Deals strafbar seien. Zudem sei das Cum/Ex-Urteil der Startschuss für die Aufarbeitung von Cum/Cum gewesen. Im Ergebnis sei dann das Investmentsteuergesetz geändert worden.

Weniger auskunftsfreudig zeigte sich Rechtsanwalt Bernulph von Crailsheim, der wegen seiner Beratertätigkeit im Zusammenhang mit Cum/Ex-Geschäften als Zeuge geladen war. Gleich zu Beginn seiner Vernehmung stellte von Crailsheim klar, dass er aus Gründen der Berufsverschwiegenheit zum Ausschussthema nicht viel sagen könne. So blieben viele Fragen der Ausschussmitglieder unbeantwortet, auf andere äußerte er sich ausweichend. Auf eine Frage Krügers bestätigte von Crailsheim, dass er bis 2010 in einer Kanzlei mit dem Steueranwalt Hanno Berger zusammengearbeitet habe. Berger wird als einer der Drahtzieher der Cum/Ex-Modelle bezeichnet. Die Idee zu diesen Geschäften sei aber nicht von Berger gekommen, sagte von Crailsheim. Die Frage des Grünen-Obmanns Gerhard Schick, vom wem dann, ließ er unbeantwortet.

Es stimme, so Crailsheim, dass er Mandanten zu Cum/Ex beraten habe, Einzelheiten könne er aber nicht nennen. Zudem habe er nie solche Geschäfte vermittelt, sondern immer nur zu bestimmten Aspekten beraten, die ihm vorgelegt worden seien. Zur Rolle Bergers sagte von Crailsheim auf Fragen von Richard Pitterle (Die Linke), Fritz Güntzler (CDU/CSU) und Sarah Ryglewski (SPD), diese sei hinreichend bekannt, er selbst könne dazu aber nichts sagen. Er habe mit Berger über bestimmte Konstellationen der Cum/Ex-Geschäfte gesprochen, ergänzte er, ohne Einzelheiten zu nennen.

Von Schick zu einer möglichen strafrechtlichen Relevanz seiner Beratung befragt, erklärte von Crailsheim, wenn man sich an die Vorgaben halte, sei diese vielleicht steuerrechtlich, aber nicht strafrechtlich relevant. Auch über die ethische Komponente sei diskutiert worden. Dass eine Rendite auf Kosten von Millionen ehrlichen Steuerzahlern erwirtschaftet worden sei, "ist hingenommen worden", sagte von Crailsheim, der im Anschluss an die sechseinhalbstündige Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit weiter befragt wurde.

Die Exekutivdirektorin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Elisabeth Roegele, betonte wie schon andere leitende BaFin-Mitarbeiter vor ihr, dass die Behörde steuerrechtlich keine Befugnisse habe, aber bei entsprechenden Hinweisen tätig werde. Eingangs gab sie zu Protokoll, dass sie im Mai 2015 die Leitung der Wertpapieraufsicht der BaFin übernommen habe und mit den Fragestellungen des Untersuchungsausschusses nicht in Berührung gekommen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Problematik bereits gelöst gewesen. Zudem sei die BaFin keine Finanz- oder Steuerbehörde, und steuerliche Kompetenz sei nicht Gegenstand der Aufsicht.

Wie Roegele erläuterte, verfügt die Behörde über viele Transaktionsdaten, die aber nur anlassbezogen - wie im Fall von Marktmanipulation und Insidergeschäften - und bei entsprechenden Indizien untersucht würden. Zur Analyse aller Daten würden die Ressourcen der Behörde nicht ausreichen. Zudem ließen sich aus den Transaktionsdaten weder Motivation noch Absprachen erkennen.

Fragen der Ausschussmitglieder zu ihrer früheren Tätigkeit bei der DeKaBank - wo sie ab 2006 Chefsyndikus war - beantwortete Roegele im Anschluss in geheimer Sitzung. Auch das Wertpapierhaus der Sparkassen war in Cum/Ex-Deals verwickelt und hatte vergeblich auf Erstattung von Steuern geklagt.

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3. Hendricks: Klimazusage machbar

5. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/STU) Die deutschen Zusagen zum Klimaschutz sind nach Überzeugung von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) auch bei einem sinkenden Anteil von Dieselfahrzeugen am Fahrzeugbestand nicht gefährdet. Das sei aber Meinung ihres Hauses, schränkte Hendricks im Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages ein. Dieselmotoren sind gegenüber Benzinern beim Ausstoß des klimaschädlichen CO2 im Vorteil, haben aber das Problem hoher Emissionen von Stickoxiden, die zu Atemwegserkrankungen führen können. Zuvor hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im Ausschuss erklärt, man dürfe den Beitrag der Dieseltechnologie zum Klimaschutz nicht unterschätzen. Der Dieselanteil unter den 45 Millionen Pkw lag Anfang 2016 bei 32,2 Prozent. Bei den Neuzulassungen ist er höher. 2015 betrug er laut Statistik des Kraftfahrt-Bundesamt 48 Prozent und im November dieses Jahres 44,9 Prozent.

Wie zuvor Gabriel und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hatte auch Hendricks vor dem Bekanntwerden des VW-Skandals keine Kenntnis von illegalen Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung. Laut EU-Verordnung ist eine solche Software verboten, allerdings als Ausnahme etwa zum Motorschutz erlaubt. Die vom Verkehrsministerium eingesetzte Untersuchungskommission fand heraus, dass einige Hersteller bereits bei normalen Temperaturen von unter zehn Grad Celsius die Abgasnachbehandlung abriegeln. In einem Fall erfolgte dies schon bei 17 Grad. "Das halte ich für eine missbräuchliche Nutzung von Abschalteinrichtungen für den Motorschutz", sagte Hendricks. Justiziabel sei dies aber nicht. Die Ministerin sprach sich dafür aus, in die Verordnung den Terminus "Stand der Technik" als einklagbaren Sachverhalt einzubauen.

In die Arbeit der Kommission war das Umweltministerium wie auch das Wirtschaftsressort nicht eingebunden, obwohl Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth den Wunsch geäußert hatte. Auch das Umweltbundesamt hätte seinen Sachverstand einbringen können, sagte Hendricks. Das Verkehrsministerium habe aber anders entschieden. Auch sei man zwischendurch nicht unterrichtet worden. "Wenn man nicht informiert wird, kann man auch keine Verantwortung übernehmen", betonte die SPD-Politikerin.

Abgestimmt hatten sich drei Ressorts hingegen für die europäischen Verhandlungen über die Grenzwerte für die ab Herbst 2017 geplanten RDE-Straßentests. Dabei ging es im Kern darum, um wieviel der Labor-Grenzwert auf der Straße überschritten werden darf. Das Umweltministerium unterstützte zunächst den strengen Vorschlag der EU-Kommission eines Faktors von 1,6 in der ersten Stufe und 1,2 zwei Jahre später. Die drei Ministerien verständigten sich auf 1,95, schließlich einigte man sich in der EU Ende Oktober 2015 auf die Werte 2,1 und 1,5. Das halte sie für verantwortbar, sagte Hendricks. "Das Ergebnis ist deutlich besser als alles, was wir bis jetzt haben", betonte sie.

Am Abend befragte der Ausschuss noch Stephan Redmann, einen Referenten aus dem Verkehrsministerium, der auch Mitglied der Untersuchungskommission war. Redmann berichtete, dass bei einigen Modellen abseits von VW Zweifel bestanden, ob eine Abschalteinrichtung zulässig war oder nicht. Diese Hersteller waren zu freiwilligen Rückrufen bewegt worden. Betroffen waren rund 630.000 Autos. Redmann verteidigte das Vorgehen, dass mit den Unternehmen vor der Veröffentlichung des Berichts gesprochen wurde, um Missverständnisse auszuräumen. Auf die Schlussfolgerungen der Kommission habe dies keinen Einfluss gehabt. Die öffentliche Befragung des Beamten wurde mehrfach wegen Unstimmigkeiten über Verfahrensfragen im Ausschuss unterbrochen.

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4. Antrag: Europäische Forschung stärken

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Der Europäische Forschungsraum und die Förderung von Forschung und Innovation durch die Europäische Union müssen mehr denn je dazu beitragen, qualitätsgeleitet Exzellenz zu fördern. Die Leistungsfähigkeit der europäischen Wissenschafts- und Innovationssysteme sollen gestärkt und die Forschungs- und Innovationskluft zwischen EU-Mitgliedstaaten und Regionen in Europa muss verringert werden. Das schreiben CDU/CSU und SPD in ihrem Antrag (18/10635).

Die Strategie aus dem Dreieck Forschung, Technologietransfer und Innovation sei eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit Europas. Zudem sei sie entscheidend, um große gesellschaftliche Herausforderungen wie Gesundheit, Energie, Klimawandel, Sicherheit, Ernährung und Mobilität erfolgreich zu bewältigen und neue Chancen, die sich insbesondere aus der Digitalisierung ergeben, zu nutzen.

Der Antrag zielt auch darauf ab, den Europäischen Forschungsraum trotz des "Brexits", dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, zusammen zu halten. Der "Brexit" stelle einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der europäischen Integration dar, der außerordentlich zu bedauern sei, unterstreichen CDU/CSU und SPD. Klar sei aber auch: Die Europäische Union bleibe die beste Antwort auf die Katastrophen des 20. Jahrhunderts und die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.

Die Fraktionen unterstreichen, dass der Austausch und die Kooperation mit britischen Wissenschaftlern, Universitäten und Forschungseinrichtungen auch nach dem "Brexit" des Vereinigten Königreichs im gegenseitigen Interesse und unter Beachtung der Grundprinzipien und -freiheiten der EU weiter offen und eng gestaltet werden sollen.

Die Fraktionen fordern die Bundesregierung auf, bei der weiteren Gestaltung des Europäischen Forschungsraums sowohl die nationale als auch die gemeinsame europäische Roadmap zum Europäischen Forschungsraum ("ERA Roadmap") umzusetzen und miteinander zu verzahnen. Die Ergebnisse der Fortschrittsberichte der Europäischen Kommission zum Europäischen Forschungsraum sowie der Nationalen Konferenz zum Europäischen Forschungsraum vom 10. Oktober 2016 in Berlin sollen miteinbezogen werden. Dabei gehe es unter anderem um die Digitalisierung, die Internationalisierung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und um die "Widening Participation", also einer breiteren Beteiligung aller Bereiche der Zivilgesellschaft und Bevölkerungsschichten.

Eine weitere wichtige Aufgabe bleibe die Stärkung der Chancengerechtigkeit im Wissenschaftssystem. Der Frauenanteil in wissenschaftlichen Führungsgremien müsse erhöht werden und die Genderdimension in nationalen Forschungs- und Innovationsprogrammen breiter verankert werden.

Außerdem setzen sich die Fraktionen dafür ein, die Weiterentwicklung des Europäischen Forschungsraums unverändert zu belassen. Sie soll, wie bereits mit Beschluss des Deutschen Bundestages vom 26. März 2015 (18/4423) gefordert, mitgliedstaatengetrieben und unter voller Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips erfolgen - in enger Partnerschaft mit der Europäischen Kommission sowie den Wissenschafts- und sogenannten Stakeholder-Organisationen.

Ferner wollen CDU/CSU und SPD, neue Initiativen wie zum Beispiel die von der Europäischen Kommission vorgestellten strategischen Prioritäten "Open Innovation, Open Science, Open to the World" ("drei Os") sowie entsprechend konkretisierende Maßnahmenvorschläge in die weitere Gestaltung des Europäischen Forschungsraums einzubeziehen.

Die Bundesregierung soll außerdem darauf hinwirken, dass die anstehende Zwischenevaluierung von "Horizont 2020", dem neuen Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, sich neben quantitativen Analysen auch auf die Frage konzentriert, ob und wie das Programm zur Umsetzung der gesteckten inhaltlichen Hauptziele Stärkung der wissenschaftlichen Exzellenz, Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen und Förderung des wirtschaftlichen Wachstums beiträgt.

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5. Baumaßnahmen an der Elbe

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Baumaßnahmen an der Elbe thematisiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (18/10553). Konkret geht es den Abgeordneten um den Rückbau und Neubau von Buhnen (Dämmen) am Elbkilometer 242. Nach Aussage der Grünen ist das Gebiet Teil des Unesco Biosphärenreservats Mittelelbe und steht unter dem Schutz von Natura 2000. Hinzu komme, dass die Elbe in diesem Bereich auf einer Länge von 43 Flusskilometern das Unesco Welterbe Dessau-Wörlitzer Gartenreich durchströmt. In dessen Kerngebiet, dem Wörlitzer Park, sei der Wasserstand um über 50 Zentimeter schon im zweiten Jahr in Folge gesunken, was dessen touristische Nutzung beeinträchtige, schreibt die Fraktion. Vor diesem Hintergrund wird unter anderem gefragt, nach welchem Planfeststellungsbeschluss gebaut wurde, mit welchen Behörden die Baumaßnahmen abgestimmt und inwiefern die Öffentlichkeit vorher informiert wurde sowie wann und in welcher Form dem Bundestag das Gesamtkonzept Elbe vorgelegt wird.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 749 - 16. Dezember 2016 - 10.09 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2016

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