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BUNDESTAG/6270: Heute im Bundestag Nr. 022 - 18.01.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 022
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 18. Januar 2017, Redaktionsschluss: 13.17 Uhr

1. Kommission hat Endkunden im Blick
2. Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit
3. Grünes Licht für Handelsabkommen
4. Müller will Marshall-Plan für Afrika


1. Kommission hat Endkunden im Blick

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/fla) Die Monopolkommission hat bei ihren Einschätzungen stets "den Endkunden im Blick". Das versicherte ihr Präsident Prof. Achim Wambach dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Dies sei das "ordnungspolitische Leitbild", sagte er.

Das Geschehen um Kaiser's/Tengelmann, Edeka und Rewe bereite ihm weiter "große Sorge", erklärte Wambach. Schließlich sei es der Wettbewerb, durch den Arbeitsplätze entstünden. Die Kommission werde die weitere Entwicklung verfolgen. Das Ziel der Ministererlaubnis werde "vielleicht doch nicht erreicht". Generell indes habe sich das Instrument der Ministererlaubnis "eigentlich bewährt". Er sehe da "keinen Reformbedarf".

Gesetzlichen Vorgaben gegen Verkäufe unter Einkaufspreis erteilte der Präsident eine Absage. Zum einen sei es schwer, den Begriff Einstandspreis zu definieren. Zum anderen könne es auch "gute Gründe" geben - etwa wenn ein Lager leergeräumt werden müsse.

"Grundsätzlich kritisch" bewertete es Wambach, dass es bei der Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Ausnahmen geben soll - etwa bei Pressekonzentrationen. Er blickte damit auf eine öffentliche Expertenanhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie am kommenden Montag. Ein Problem sei, dass bei länderübergreifenden Transaktionen die deutschen Ausnahmen "an ihre Grenzen stoßen" könnten. Regelungen im lokalen Bereich seien jetzt schon möglich: "Kooperationen zum Wohle der Endkonsumenten sind ja erlaubt."

"Sensibilisieren" wollte der Präsident der fünfköpfigen Kommission die Ausschussmitglieder für das Problem von Minderheitsbeteiligungen institutioneller Investoren an Firmen. Solchen Investoren gehe es darum, "dass es der Industrie gut geht, nicht den Unternehmen". Ihnen sei es egal, wenn etwa ein Pharmakonzern einem anderen Marktanteile abjage. Für sie sei das "rechte Tasche, linke Tasche". Solche institutionellen Investoren hielten insgesamt 60 Prozent der Anteil an Dax-Unternehmen - besonders ausgeprägt im Bankensektor und bei Fluglinien. Entsprechend geringer sei dort der Wettbewerb.

Zu den problembehafteten Themen zählt für ihn die Regulierung bei den Flughäfen, die in Deutschland unter Landesaufsicht stehen. Bei den Rechten für Starts und Landungen gelte das "Großvaterprinzip", nämlich: "Wer hat, darf behalten." Er regte an, zumindest zehn Prozent der Rechte zu versteigern.

Auch die Zentralvermarktung der Bundesligarechte nahm er ins Visier. Es gebe "keine saubere Analyse", ob die Rechte den Vereinen oder der Deutschen Fußball Liga (DFL) gehören. In Spanien hätten sich die Vereine jetzt zu einer Zentralvermarktung zusammengeschlossen, ausdrücklich um mehr Geld zu verdienen.

Die großen digitalen Netzwerke kartellrechtlich in den Griff zu bekommen, sei schwierig. So gingen 90 Prozent der Suchanfragen bei Google ein. Doch die Marktmacht dieses Unternehmens bei der Werbung nachzuweisen, sei "nicht leicht". Im Übrigen stehe es jedem frei, ob er bei Google werben wolle oder nicht. Wenn es um die ganz Großen der Branche - also auch Facebook oder Microsoft - gehe, müssten erst Gerichtsverfahren auf deutscher und europäischer Ebene abgewartet werden, bevor überlegt werden könne, ob gesetzliche Maßnahmen sinnvoll seien.

Zudem gebe es bei den Internet-Plattformen ja durchaus auch Wettbewerb. So stünden mehrere Dating-Portale zur Verfügung, die der Kunde nutzen könne.

Die Unternehmenskonzentration hat Wambach zufolge in Deutschland insgesamt nicht zugenommen. Der Wertschöpfungsanteil der 100 größten Firmen liege aktuell bei 16 Prozent, habe schon mal 20 Prozent betragen. In den USA betrage die Quote inzwischen 46 Prozent. Das sei dort zu einem "politischen Thema" geworden.

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2. Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit

Verkehr und digitale Infrastruktur/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Mit zusätzlichen Kampagnen und einer Überarbeitung des Bußgeldkataloges will die Bundesregierung die Verkehrssicherheit auf deutschen Straßen erhöhen. Das machte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Dorothee Bär (CSU), am Mittwoch vor dem Verkehrsausschuss deutlich. Neben der schon im Jahr 2016 angelaufenen Kampagne "Vorsicht Sekundenschlaf" sei in diesem Jahr einen Kampagne für mehr gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr geplant, sagte Bär.

Untersucht werde im Verkehrsministerium auch, ob die sogenannte Sektion Control Methode in Deutschland breite Anwendung finden sollte, bei der an verschiedenen Kontrollpunkten die Durchschnittgeschwindigkeit der erfassten Fahrzeuge ermittelt wird. Geplant ist laut der Staatssekretärin auch eine Überarbeitung des Bußgeldkatalogs. Dabei solle es nicht nur um eine Sanktionierung der unerlaubten Handynutzung am Steuer gehen. Vielmehr wolle man eine Neuregelung schaffen, die technikneutral ist und sämtliche Geräte der Unterhaltungselektronik erfasst. Gänzlich verboten werden soll die Nutzung einer Videobrille. Bär sagte vor den Abgeordneten, die Resortabstimmung darüber sei abgeschlossen. Die Vorlage eines Verordnungsentwurfes werde zeitnah erfolgen.

Hintergrund der Ausführungen der Verkehrsstaatssekretärin war der Unfallverhütungsbericht Straßenverkehr 2014/2015 der Bundesregierung (18/9640), laut dem 2015 im Vergleich zum Jahr 2011 ein Rückgang der Verkehrstoten um etwa 14 Prozent zu verzeichnen ist. Ziel des 2011 aufgelegten Verkehrssicherheitsprogramms ist eine Reduzierung der Verkehrstoten bis 2020 um 40 Prozent.

Der derzeitige Trend reiche nicht aus, um dieses Ziel zu erreichen, hieß es von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Aus Sicht des Fraktionsvertreters wird unter anderem eine Überarbeitung des Bußgeldkataloges benötigt, mit der Folge einer deutlichen Erhöhung der Strafen für Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung.

Die Überwachung der Verkehrsregeln sei von großer Bedeutung, sagte ein Vertreter der Unionsfraktion. Zuständig dafür sei aber die Polizei der Länder und Kommunen. Eine weitere sinnvolle Maßnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit ist aus seiner Sicht der verstärkte Einsatz von Countdown-Ampeln.

Für eine Null-Promille-Regelung im Straßenverkehr sprach sich der Vertreter der Linksfraktion aus. Gleichzeitig unterstütze seine Fraktion eine Ausweitung der Geschwindigkeitsbegrenzungen, wobei dafür gesorgt werden müsse, dass der Vollzug gewährleistet sei. Fahrverbote oder verpflichtende Überprüfungen der Fahrtüchtigkeit für älteren Menschen seien hingegen nicht zielführend, hieß es.

Auch bei der SPD-Fraktion setzt man in dieser Frage auf Freiwilligkeit. Sinnvoll seien Angebote für freiwillige zusätzliche Fahrstunden für Ältere, sagte die Fraktionsvertreterin. Zugleich sprach sie sich dafür aus, innerorts den Fokus auf den Schutz von Fußgängern und Radfahrern zu legen.

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3. Grünes Licht für Handelsabkommen

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Der Entwicklungsausschuss hat grünes Licht für das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedern des Karibischen Forums Afrikanischer, Karibischer und Pazifischer Staaten (CARIFORUM) gegeben. Mit den Stimmen der Koalition stimmte der Ausschuss dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Vertragsgesetzes (18/8297) zu, das für die Ratifikation des Abkommens erforderlich ist. Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich der Stimme, die Linksfraktion lehnte die Vorlage ab.

Für die Staaten des CARIFORUM ist die EU der zweitwichtigste Handelspartner weltweit. Ziel des Vertrages ist es, Handelshemmnisse schrittweise und im Einklang mit den Vorgaben der Welthandelsorganisation (WTO) abzubauen und die Handels- und Entwicklungszusammenarbeit zu stärken. Das Abkommen trat zwar bereits 2008 in Kraft allerdings nur vorläufig. Ausgenommen sind bislang Bereiche, die in die ausschließliche Kompetenz der EU-Mitgliedstaaten fallen, etwa Dienstleistungen, Visabestimmungen und kulturelle Zusammenarbeit.

4. Müller will Marshall-Plan für Afrika

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) will mit einem "Marshall-Plan" für Afrika die Entwicklung des Kontinents vorantreiben. Sein Konzept, das er am Mittwoch im Entwicklungsausschuss vorstellte, sieht unter anderem vor, künftig in erster Linie reformwillige Länder zu unterstützen und private Investitionen stärker zu fördern. Wichtige Kriterien seien gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und der Abbau von Korruption. Weitere Schwerpunkte des Papiers liegen auf fairem Handel und dem Kampf gegen Steuerflucht.

Sein Ziel sei die Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes zwischen der EU und Afrika, erklärte Müller den Abgeordneten. In einem ersten Schritt solle eine Mittelmeer-Union bestehend aus EU, Ägypten und den Maghreb-Staaten geschaffen werden. "Wir setzen auf einen Paradigmenwechsel in der Afrika-Politik", betonte der Minister. Die Probleme des Kontinents könnten nur durch eine "neue Dimension der Zusammenarbeit" gelöst werden. Dies liege auch im Interesse von Deutschland und Europa.

Sein Papier will Müller als Startpunkt eines "offenen und dynamischen Diskussionsprozesses" zur künftigen Afrika-Politik verstanden wissen, an dem sich in den kommenden Monaten jeder beteiligen könne. Afrika ist zudem Schwerpunktthema der aktuellen deutschen G20-Präsidentschaft. Darüber hinaus arbeitet auch die EU-Kommission an einem neuen Afrika-Konzept.

Im Entwicklungsausschuss stießen Müllers Vorschläge auf insgesamt positive Resonanz. Die Idee eines Marshall-Planes gehe in die richtige Richtung, hieß es aus den Reihen der Unionsfraktion. Man dürfe nicht nur auf die Absicherung der Grenzen und Sicherheit setzen, sondern müsse auch Perspektiven für Afrika schaffen. Eine Vertreterin der Fraktion warnte aber auch, dass ohne gute Regierungsführung in den afrikanischen Ländern jedes Konzept scheitern werde.

Einigen Abgeordneten der SPD fehlte in Müllers Papier die Betonung auf Bildung. Außerdem vermissten sie die Themen Digitalisierung und Geburtenregistrierung. Sie müssten unbedingt Eingang in das Papier finden.

Die Grünen fragten nach der Kohärenz des Planes mit den Afrika-Konzepten anderer Ministerien und den Reaktionen der Ressorts darauf. Als besondere spannende Forderung werteten sie Müllers Vorschlag, einen EU-Kommissar für die EU-Afrika-Beziehungen zu schaffen.

Ein Vertreter der Linksfraktion nannte das Konzept "alten Wein in neuen Schläuchen" und warnte ausdrücklich davor, nur noch reformwillige Länder zu unterstützen. Die Bevölkerung in den anderen Staaten wäre dann doppelt bestraft - durch die Menschenrechtsverletzungen ihrer Regierungen und den Wegfall der Entwicklungszusammenarbeit.

Grüne wie Linke lobten den CSU-Minister für seine klare Haltung in Bezug auf mögliche Sanktionen gegen Staaten, die abgeschobene Asylbewerber nicht zurücknehmen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte das als Konsequenz aus dem Fall des Berlin-Attentäters Anis Amri vorgeschlagen. "Es gibt keine andere Möglichkeit, als nach vorne zu gehen und Länder wie Tunesien bei ihrer Entwicklung zu unterstützen", betonte Müller demgegenüber. Tunesien sei stark vom Terrorismus betroffen, doch anstatt Mauern zu bauen und Sanktionen auszusprechen, müssten Perspektiven für die Menschen vor Ort geschaffen werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 022 - 18. Januar 2017 - 13.17 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2017

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