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BUNDESTAG/6428: Heute im Bundestag Nr. 180 - 22.03.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 180
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. März 2017, Redaktionsschluss: 12.04 Uhr

1. Bessere Pflege in Krankenhäusern
2. Transformation der Städte im Fokus
3. Novelle des Endlagersuch-Gesetzes
4. Weg frei für Novelle des BDBOS-Gesetzes
5. Hunger in Afrika: Nie dagewesene Zahl


1. Bessere Pflege in Krankenhäusern

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Die Krankenhauspflege soll dauerhaft aufgewertet und in sensiblen Bereichen mit Personaluntergrenzen gezielt gestärkt werden. Das geht aus den Schlussfolgerungen zu den Ergebnissen einer Expertenkommission hervor, die 2015 mit dem Krankenhausstrukturgesetz (18/6586) beauftragt wurde. Wie Gesundheits-Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU) am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages bei der Vorstellung des Berichtes sagte, besteht allgemein Einigkeit über den dringenden Handlungsbedarf.

Die nötigen gesetzlichen Änderungen sollen den Angaben zufolge noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden.

So werden die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) unter Beteiligung der Privaten Krankenversicherung (PKV) damit beauftragt, Personaluntergrenzen in sogenannten pflegesensitiven Bereichen verbindlich festzulegen. Hierbei werden Intensivstationen und die Besetzung des Nachtdienstes einbezogen. Die konkreten Regelungen sollen bis zum 30. Juni 2018 vereinbart und zum 1. Januar 2019 umgesetzt werden.

Um die Pflege nicht in anderen Bereichen zu schwächen, sollen sogenannte Substitutionseffekte vermieden werden. Es soll also verhindert werden, dass Pflegekräfte von einem weniger sensitiven in einen besonders sensitiven Bereich verschoben werden. Geplant sind auch Sanktionen für den Fall, dass ein Krankenhaus die Personaluntergrenzen nicht einhält.

Mit dem Krankenhausstrukturgesetz war ein Förderprogramm für Pflegestellen im Volumen von bis zu 660 Millionen Euro in den Jahren 2016 bis 2018 aufgelegt worden. Ab 2019 sollten dauerhaft 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stehen, um Jobs zu schaffen für die "Pflege am Bett". Zugleich wurde als Ersatz für den wegfallenden Versorgungszuschlag ein Pflegezuschlag in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr beschlossen, der dazu dienen sollte, mehr Pflegepersonal einzustellen.

Zum 1. Januar 2019 sollen die Mittel aus dem Pflegestellenförderprogramm in den Pflegezuschlag einbezogen werden. So soll ein dauerhafter Anreiz für eine angemessene Pflegeausstattung in den Krankenhäusern geschaffen werden. Ziel sei die Beibehaltung der bisher geförderten Stellenzahlen, heißt es in dem Bericht.

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2. Transformation der Städte im Fokus

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Anhörung

Berlin: (hib/SCR) Im Rahmen eines öffentlichen Fachgespräches hat sich der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit am Mittwoch mit dem globalen Megatrend "Urbanisierung" beschäftigt. Gegenstand des Gesprächs war das Hauptgutachten 2016 "Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte" (18/9590) des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderung (WBGU).

"Wir leben in einem Jahrhundert der Städte", sagte Sabine Schlacke, Ko-Vorsitzende des WBGU, bei der Vorstellung des Gutachtens im Ausschuss. Die Urbanisierung habe eine bislang nicht bekannte "Wucht" erreicht. Das führe dazu, dass die Entwicklung in den kommenden 30 bis 50 Jahren kaum zu prognostizieren sei. Insbesondere in Asien und Afrika würden Milliarden Menschen in die Städte gedrängt. Es handle sich um die "größte Migrationsbewegung", die der Globus je erlebt habe, sagte Schlacke. Dies führe zu großen Herausforderungen und habe Auswirkungen auf die Entwicklung von Infrastrukturen, aber auch auf Armut und sozio-ökonomische Disparitäten. Bedeutend seien auch die Auswirkungen auf Umwelt und Ressourcen, gerade in Hinblick auf die Klimaziele von Paris. Herausforderungen konstatierte Schlacke auch für die Forschung. Hier gebe es bisher viele sektorale Arbeiten, die auch nur begrenzte sektorale Lösungen vorschlügen. Es fehle aber eine systemische, übergreifende Herangehensweise an das Thema.

Der WBGU hatte sein Gutachten vergangenes Jahr im Vorfeld des UN-Weltsiedlungsgipfels Habitat III in Ecuador veröffentlicht. Der Wissenschaftliche Beirat entwickelt in dem Gutachten für die "Transformation zur Nachhaltigkeit" einen sogenannten "normativen Kompass". Man könne bei der nachhaltigen Stadtentwicklung keiner "Blaupause" folgen. Des Weiteren plädiert der WBGU für "eine stärkere Berücksichtigung polyzentrische Ansätze urbaner Entwicklung". In dem Gutachten werden zudem fünf transformative, miteinander verknüpfte Handlungsfelder identifiziert: (1) Dekarbonisierung, Energie und Klimaschutz, (2) Mobilität und Verkehr, (3) baulich-räumliche Gestalt von Städten, (4) Anpassung an den Klimawandel sowie (5) Armutsbekämpfung und sozioökonomische Disparitäten. In puncto Klimaschutz müssten beispielsweise bis 2070 fossile CO2-Emissionsquellen ersetzt werden, schreibt der WBGU. Ebenso müsse eine "Abkehr von einem Großteil der gängigen Infrastrukturmuster" erfolgen, um die Temperaturerhöhung auf deutlich weniger als zwei Grad Celsius zu reduzieren.

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3. Novelle des Endlagersuch-Gesetzes

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit haben am Mittwochmorgen die gesetzliche Neuregelung für die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle auf den Weg gebracht. Dem Gesetzentwurf von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen (18/11398) stimmten in geänderter Fassung die Vertreter der einbringenden Fraktionen zu. Die Vertreter der Fraktion Die Linke stimmten gegen den Entwurf.

Mit dem Gesetzentwurf soll vor allem das bestehende Standortauswahlgesetz (StandAG) novelliert werden. Hintergrund sind Empfehlungen der Endlager-Kommission aus dem vergangenen Jahr. Vorgesehen sind eine mehrphasige Suche nach einem Standort mit "bestmöglicher Sicherheit" und eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit insbesondere in den betroffenen Standortregionen. Im StandAG werden zudem wissenschaftliche Ausschluss-, Mindest- und Abwägungskriterien festgeschrieben. Vorgesehen sind zudem Normen, um sicherzustellen, dass potentielle Standorte nicht durch andersartige bergbauliche Maßnahmen unbrauchbar gemacht werden. Das Verfahren ist als "lernendes Verfahren" angelegt und soll Rücksprünge ermöglichen. Nach Inbetriebnahme des Endlagers soll eine Bergung für einen längeren Zeitraum zur Korrektur von grundlegenden Fehlern möglich sein.

Mit ihrem Änderungsantrag haben CDU/CSU, SPD und Grüne mehrere Vorschläge aus der Sachverständigenanhörung aufgegriffen. Gestrichen wird in dem Entwurf, dass "insbesondere" nach einem Lager für hochradioaktive Abfälle gesucht wird. Vielmehr soll nun in einem gesonderten Absatz klargestellt werden, dass eine Einlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen am selben Standort nur dann möglich ist, "wenn die gleiche bestmögliche Sicherheit des Standortes wie bei der alleinigen Endlagerung hochradioaktiver Abfälle gewährleistet ist". Weitere Änderungen beziehen sich auf die Betonung der Rolle der Öffentlichkeitsbeteiligung sowie des Nationalen Begleitgremiums. Zudem soll die Rolle des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgung bei der Zulassung von andersartigen Vorhaben an potentiellen Standorten gestärkt werden. Nunmehr soll die Zulassungsbehörde in bestimmten Fällen das Einvernehmen mit dem Bundesamt herstellen und nicht nur eine Stellungnahme einholen.

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4. Weg frei für Novelle des BDBOS-Gesetzes

Inneres/Ausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat grünes Licht für die geplante Änderung des sogenannten BDBOS-Gesetzes gegeben. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD verabschiedete das Gremium am Mittwochvormittag einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11139) bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen.

Danach soll die öffentliche Verwaltung flexibel auf künftige Herausforderungen reagieren können, die durch den Wandel der Informationstechnik hinsichtlich staatlicher Kommunikationsinfrastrukturen verursacht werden. Die Novelle soll es ermöglichen, "die Aufgaben der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) in Bezug auf staatliche Kommunikationsinfrastrukturen flexibel anpassen zu können". Zugleich wird klargestellt, dass der Zweck der Bundesanstalt auch nach einer möglichen Übertragung weiterer Aufgaben "insbesondere im Aufbau und Betrieb des Digitalfunk BOS besteht".

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5. Hunger in Afrika: Nie dagewesene Zahl

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Die internationale Gebergemeinschaft sollte ihren Fokus wieder auf die Region um das Horn von Afrika legen, wo sich derzeit die größte humanitäre Katastrophe seit Gründung der Vereinten Nationen abspielt. Das betonte der Leiter des Welternährungsprogrammes (WFP) Deutschland, Ralf Südhoff, am Mittwochmorgen im Entwicklungsausschuss. Die gegenwärtig insbesondere im Südsudan, Jemen, Nigeria und Somalia herrschende Hungersnot sei nicht eine unter vielen globalen Krisen, sondern neben denen in Syrien und dem Irak die derzeit schwerste Krise überhaupt. "28 Millionen Menschen sind in vier Staaten gleichzeitig massiv vom Hunger bedroht", berichtete Südhoff. "Das ist eine noch nie dagewesene Zahl." 1,5 Millionen Kinder stünden kurz vor dem Hungertod, allein im Südsudan seien 40 Prozent der Bevölkerung betroffen.

Weite Gebiete seien für die Helfer nur schwer zugänglich, etwa der Jemen und die von der Terrormiliz Boko Haram beherrschten Territorien im Norden Nigerias. Insgesamt bezifferte Südhoff den kurzfristigen Finanzbedarf auf 4,4 Milliarden US-Dollar.

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesentwicklungsminister, Hans-Joachim Fuchtel (CSU), erklärte, das Ministerium habe die Mittel für die Region bereits 2016 stark ausgeweitet und wolle dieses Engagement in diesem Jahr in gleicher Höhe fortführen. Insgesamt seien 2017 210 Millionen Euro eingeplant, davon 80 Millionen Euro an bilateralen Hilfen, die vor allem Äthiopien und dem Südsudan zugute kommen sollen. Auch das Auswärtige Amt will sein Engagement - 300 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für Afrika in 2016 - genauso fortsetzen, wie eine Vertreterin des Ministeriums berichtete.

Ein Vertreter der Unionsfraktion verwies darauf, dass derart schwere Hungersnöte heute nicht mehr singuläre Ereignisse seien, die alle zehn oder 20 Jahren aufträten. Vielmehr würden sich diese, auch durch das Auftreten von Klima- und Wetterphänomenen wie El Nino, immer mehr häufen.

Die SPD-Fraktion legte das Augenmerk unter anderem auf strukturelle Probleme in den Staaten. So könne Äthiopien in zwei Dritteln des Jahres die Ernährung der Bevölkerung sicherstellen, für den Rest müsse aber nach wie vor die internationale Gemeinschaft aufkommen. Die Frage sei, was die Region aus den Erfahrungen der letzten schweren Hungersnot im Jahr 2011 gelernt habe.

Linke und Grüne bezweifelten, dass die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, die Staaten besser auf solche Situationen vorzubereiten, gefruchtet haben. So urteilte ein Grünen-Abgeordneter, die zahlreichen Programme seien als vorbeugende Maßnahmen offensichtlich nicht geeignet gewesen. Beide Fraktionen übten zudem scharfe Kritik an der Seeblockade der arabischen Koalition im Jemen. Dadurch würden dringend benötigte Hilfslieferungen behindert. Sie forderten die Bundesregierung auf, die jüngst bewilligte Lieferung zweier Fregatten an Saudi-Arabien zu stoppen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 180 - 22. März 2017 - 12.04 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2017

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