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BUNDESTAG/6455: Heute im Bundestag Nr. 207 - 29.03.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 207
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 29. März 2017, Redaktionsschluss: 11.30 Uhr

1. Grünen-Antrag zu Investitionen abgelehnt
2. Änderungen an UVP-Novelle gefordert


1. Grünen-Antrag zu Investitionen abgelehnt

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Ein Antrag (18/11410) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu nachhaltigen Investitionen in Entwicklungsländern ist am Mittwochmorgen im Entwicklungsausschuss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Die Linksfraktion enthielt sich.

Die Fraktion fordert die Bundesregierung darin auf, eine ressortübergreifende Strategie für die Förderung von Investitionen in Entwicklungsländern vorzulegen. Sie sollten den Anspruch einer menschenrechtsbasierten, nachhaltigen Entwicklung sowie den Klimaschutz sicherstellen.

Ein Vertreter der Grünen argumentierte im Ausschuss, dass Großinvestitionen die Menschenrechte in den jeweiligen Ländern oft massiv einschränken und ökologische Katastrophen hervorrufen würden. Beispielhaft nannte er von der Weltbank finanzierte Staudammprojekte. Die nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) sowie das Pariser Klimaabkommen verpflichteten aber auch Peutschland, bei öffentlichen und privaten Investitionen sehr genau hinzuschauen.

Die Unionsfraktion lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass er eine Fülle von Forderungen enthalte, die von der Bundesregierung bereits erfüllt würden. Sie verwies unter anderem auf die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie und den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK), der von zahlreichen Unternehmen unterzeichnet worden sei.

Eine Vertreterin der Linksfraktion kritisierte, dass die bisherigen Regelungen alle auf Freiwilligkeiten basierten. Es habe sich aber gezeigt, dass Standards, wenn sie nicht vorgeschrieben und Verstöße nicht sanktionierbar seien, häufig wirkungslos blieben.

Aus der SPD-Fraktion hieß es, der Antrag führe zwar die Grundsatzpositionen der Sozialdemokraten auf, gehe aber in einigen Punkten nicht weit genug. So komme das Wort Sanktionen darin nicht vor. Außerdem seien die von den Grünen kritisierten Investitionen in Kohle-, Öl- und Gasunternehmen für eine Übergangszeit weiter notwendig, damit die Entwicklungsländer das Klimaabkommen von Paris tatsächlich umsetzen könnten.

Im Ausschuss wurde zudem ein weiterer Antrag (18/10639) der Grünen-Fraktion abgelehnt, in dem die Abgeordneten den Schutz zahlungsunfähiger Staaten vor sogenannten Geierfonds verlangt hatten. Ihre Forderung an die Bundesregierung, ein "Anti-Geier-Gesetz" nach dem Vorbild Belgiens vorzulegen, wurde jedoch nur von der Linksfraktion unterstützt.

Als "Geier-Fonds" werden Investoren - zumeist Hedgefonds - bezeichnet, die sich darauf spezialisiert haben, zahlungsunfähigen Unternehmen oder Staaten günstig Staatsanleihen abzukaufen, um später von den Schuldnern den vollen Nennwert plus Zinsen einzufordern und dies gegegbenenfalls gerichtlich durchzusetzen.

Union und SPD lehtnen den Antrag mit der Begründung ab, eine nationale Regelung greife hier zu kurz, zieführender sei die Einigung auf ein internationales Staateninsolvenzverfahren.

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2. Änderungen an UVP-Novelle gefordert

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Anhörung

Berlin: (hib/SCR) Die geplante Novelle des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung muss nach Ansicht von Experten nachgebessert werden. Bei einer Anhörung am Mittwoch im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11499) vertraten die geladenen Sachverständigen aber unterschiedliche Standpunkte zu der Frage, was geändert werden müsse.

Der Entwurf sieht vor, die gesetzliche Grundlage an die UVP-Änderungsrichtlinie (2014/52/EU, 16. April 2014) anzupassen. Darüber hinaus soll die Novelle zum Anlass genommen werden, das Bundesrecht "zu vereinfachen, zu harmonisieren und anwenderfreundlicher auszugestalten", schreibt die Bundesregierung in der Begründung. Die verwaltungsseitige Vorprüfung, ob eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) besteht, soll mit dem Entwurf klarer und detaillierter geregelt werden. Außerdem soll sichergestellt werden, dass die "Umweltverträglichkeitsprüfung bei Projekten mit voraussichtlich erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt nicht durch eine Aufsplitterung der Vorhaben umgangen wird", schreibt die Bundesregierung.

Alexander Kenyeressy (Bundesverband der Deutschen Industrie, BDI) und Rechtsanwalt Tobias Leidinger warnten vor Belastungen durch die neue Novelle und möglichen Rechtsunsicherheiten. Kenyeressy betonte, dass selbst kleine Änderungen beim Verfahrensrecht zur Umweltverträglichkeitsprüfung "massive Auswirkungen" auf die Vorhabenträger haben könnten, etwa indem Verfahren verzögert werden und Aufwand vergrößert undKosten zunähmen. Anders als im Gesetzentwurf dargestellt, sei von eine Zunahme der Belastungen auszugehen.

Leidinger sagte, dass der Entwurf dem eigenen Anspruch, das UVP-Recht zu vereinfachen und zu harmonisieren, nicht gerecht werde. Vielmehr werde die Komplexität der Anforderungen gesteigert. Der Entwurf gehe über eine Eins-zu-eins-Umsetzung der Richtlinie durch verschärfte beziehungsweise unklare Vorgaben hinaus. Leidinger kritisierte, dass der Entwurf den "Grundsatz der Akzessorietät der UVP zum Fachrecht" in Frage stelle. Werde von diesem Grundsatz abgewichen, bestünde die Gefahr, dass unklar sei, welcher Maßstab - UVP oder Fachrecht - Gültigkeit habe, warnte Leidinger.

In eine andere Richtung argumentierte die Rechtsanwältin Ursula Philipp-Gerlach. Sie verwies auf einen der Erwägungsgründe der Richtlinie, nach dem die novellierte UVP auch Aspekte des Klimaschutzes stärker berücksichtigen solle. Im deutschen Recht sei die UVP nichtselbstständiger Teil eines Genehmigungsverfahrens und die relevanten Maßstäbe seien vom Fachrecht vorgeben. Im Fachrecht fehlten aber Vorgaben zum Klimaschutz, etwa in Form eines Klimaschutzgesetzes mit fixierten Zielen, sagte Philipp-Gerlach.

Stefan Balla (Bosch & Partner GmbH) und Joachim Hartlik (UVP-Gesellschaft) betonten jeweils, dass die UVP Projekte nicht verhindere beziehungsweise Investitionen hemme. Sie schaffe vielmehr Transparenz im Genehmigungsverfahren, sagte Balla. Probleme entstünden dann, wenn unklar sei, ob eine Pflicht zur UVP besteht oder nicht. In diesem Bereich müsse der Entwurf nachgebessert werden, forderte Balla.

Das betonte auch Hartlik. Die Regelungen zur UVP-Vorprüfungen sollten "drastisch" reduziert werden. Sie könnten sonst zu Vermeidungsverhalten auf Seiten der Behörden führen. Wichtig sei zudem, in Hinblick auf den UVP-Bericht eine Prüfung der Plausibilität und Vollständigkeit als eigenen Verfahrensschritt zu etablieren. Dazu sollten Behörden gegebenenfalls auch sachkundige Experten hinzuziehen müssen.

Martin Kment (Juristische Fakultät, Universität Augsburg) mahnte zur gesetzgeberischen Zurückhaltung an. Die Rechtsprechung sei in diesem Bereich wichtig. Zu detaillierte Regelungen könnten Gefahr laufen, Details zu übersehen oder Wertungswidersprüche zu produzieren, sagte der Rechtswissenschaftler.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 207 - 29. März 2017 - 11.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. März 2017

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