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BUNDESTAG/6462: Heute im Bundestag Nr. 214 - 29.03.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 214
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 29. März 2017, Redaktionsschluss: 17.21 Uhr

1. Maßnahmen gegen Immobilienkrise
2. Werben für Schutzzone im Nordirak
3. Vergabe von Sportgroßereignissen
4. Gut 6.000 Menschen in 2016 ausgewiesen
5. Spionageverdacht gegen Imame bei Ditib


1. Maßnahmen gegen Immobilienkrise

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat ein Maßnahmenbündel beschlossen, um Gefahren für die Finanzmarktstabilität im Immobilienbereich abwehren zu können. Der Ausschuss stimmte in seiner Sitzung am Mittwoch dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (18/10935, 18/11420) zu. Für den Gesetzentwurf stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD, die Fraktion Die Linke lehnte ab, und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich.

Mit dem Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) neue Befugnisse erhalten, um künftig gezielt mögliche Gefahren für die Finanzmarktstabilität in Folge einer Immobilienblase abwehren zu können. Dazu gehört unter anderem die Festlegung bestimmter Mindeststandards für die Vergabe von Neukrediten. Die Bundesregierung betont in der Begründung, dass die neuen BaFin-Instrumente "rein vorsorglich" geschaffen werden, "um für den Gefahrenfall das geeignete Instrumentarium für ein schnelles und zielgerichtetes Handeln der Aufsicht zur Verfügung zu stellen".

Mit insgesamt fünf Anträgen änderten die Koalitionsfraktionen den Entwurf aber in wichtigen Punkte ab. So wurden von ursprünglich vier geplanten Instrumenten zur Vorbeugung gegen eine Immobilienpreisblase zwei realisiert. So wird es eine Obergrenze für die Darlehenshöhe bezogen auf den Immobilienwert geben und eine Vorgabe für den Zeitraum, wann ein Immobiliendarlehen getilgt werden muss.

Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion ergänzte in der Sitzung, besonders sichere Kredite würden aus dem Anwendungsbereich herausgenommen. Insgesamt seien die beschlossenen Maßnahmen zielgenau und maßvoll. Bei Bedarf würden sie scharf geschaltet. Außerdem habe man Änderungen an der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie vorgenommen, um Hürden für die Kreditvergabe an junge Familien und an Senioren zu beseitigen.

Für die SPD-Fraktion ist wichtig, Instabilität auf den Finanzmärkten zu verhindern und dabei den Wohnungsbau nicht zu beeinträchtigen. Es gehe darum, die richtigen Schlüsse aus Immobilienblasen in anderen Ländern wie Spanien und den USA zu ziehen. Man habe jetzt die richtigen Instrumente in der Hand. Zu den Änderungen an der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie erklärte die SPD-Fraktion, es gehe darum, dass die Menschen die Kredite bekommen würden, die zu ihnen passen würden. Das habe man hinbekommen. Notwendig seien aber noch Regelungen zu Vorfälligkeitsentschädigungen, die Banken von Kunden verlangen, wenn diese ihre Kredite früher als geplant zurückzahlen wollen.

Für die Linksfraktion wurden dem Gesetzentwurf durch die Änderungen die Zähne gezogen, so dass sie eine Ablehnung ankündigte. Bei Überhitzungssituationen des Marktes müsse man die Möglichkeit zu entsprechenden Reaktionen haben. Das gehe nicht, wenn von vier Instrumenten zwei gestrichen würden. Das Gesetz werde nicht die Wirkung zeigen, die es haben müsste. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bezeichnete es als völlig unverständlich, wie die Koalition die Erfahrungen aus der Finanzkrise ignoriere. Ein Sprecher der Fraktion vermisste außerdem eine Regelung zu den Vorfälligkeitsentschädigungen.

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2. Werben für Schutzzone im Nordirak

Menschenrechte/Ausschuss

Berlin: (hib/AHE) Die irakische Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad appelliert an die internationale Staatengemeinschaft, eine Schutzzone für religiöse Minderheiten im Nordirak einzurichten. Die übergroße Mehrheit der Jesiden würde ohne eine solche Schutzzusage keine Zukunft in der Region sehen, sagte Murad am Mittwoch im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Das liege auch an einem "Vertrauensbruch" der Peschmerga. Diese seien seit 2014 von außen im Kampf gegen den damals im Nordirak vorrückenden "Islamischen Staat" (IS) unterstützt worden, hätten aber die Jesiden nicht geschützt. Es bleibe die Angst der Jesiden, erneut als "Teufelsanbeter" beschimpft und vertrieben zu werden. Nicht alle Konflikte im Norden Iraks seien mit der Vertreibung des IS beigelegt, und die Konflikte ließen sich auch nicht durch Waffenlieferungen lösen, sagte Murad. "Ohne Hilfe von außen werden wir die Probleme nicht lösen können."

Die 23-jährige Jesidin wurde 2014 vom "Islamischen Staat" aus ihrem Heimatdorf in Sindschar verschleppt und gefangen gehalten, bevor ihr die Flucht glückte. Murad, die mehrere Familienmitglieder durch den IS verloren hat, ist eine von mehr als 1.000 besonders traumatisierten und schutzbedürftigen jesidischen Frauen und Kindern, denen das Land Baden-Württemberg mittels eines Sonderkontingents Zuflucht und psychologischen Beistand bietet. Seit 2016 ist Murad UN-Sonderbotschafterin für die Würde der Überlebenden des Menschenhandels sowie Trägerin des Václav-Havel-Menschenrechtspreises des Europarates.

Murad erinnerte im Ausschuss daran, dass sich noch immer rund 3.000 jesidische Frauen und Kinder in der Hand des IS befinden würden, Sie mahnte zudem, den Druck auf die Zentralregierung in Bagdad aufrecht zu erhalten, die Strafverfolgung von Verbrechen des IS aufzunehmen. Die Regierung habe sich bisher nicht durchringen können, die Verbrechen an den Jesiden als Genozid zu bezeichnen. Murad setzt sich mit Hilfe der Menschenrechtsanwältin Amal Clooney dafür ein, die IS-Taten vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu bringen und zu erreichen, dass die Verbrechen an den Jesidinnen und Jesiden als Völkermord anerkannt werden und die Täter verurteilt werden.

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3. Vergabe von Sportgroßereignissen

Sport/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Auch wenn der internationale Sport nach wie vor in einer Glaubwürdigkeitskrise steckt, sind in den vergangenen Jahren Verbesserungen in Sachen Transparenz, Beachtung der Menschenrechte und beim Kampf gegen Korruption gelungen. In dieser Einschätzungen waren sich die am Mittwoch vor den Sportausschuss geladenen Experten im Rahmen der Diskussion eines Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/3556) einig.

Die derzeitigen positiven Entwicklungen auf internationaler Ebene müssten verstetigt und mit einer starken Stimme aus dem deutschen Sportpolitik begleitet und weiter angestoßen werden, sagte Sylvia Schenk, Vorsitzende der AG Sport von Transparency International Deutschland. Als Beleg für die positive Entwicklung verwies Schenk auf die Neuausschreibung der Commonwealth-Spiele 2022, bei der Menschenrechtsfragen und Anti-Korruptionsforderungen aufgenommen worden seien. Auch der Europäische Fußballverband (UEFA) plane, in die Bewerbungsanforderungen für die Ausrichtung der EM 2024 derartige Anforderungen aufzunehmen, sagte Schenk. Negativ zu bewerten sei hingegen die Vergabe der Europaspiele 2019 nach Minsk, bei der sich Deutschland enthalten habe, wie die Anti-Korruptionsexpertin bemängelte.

Die Krise im internationalen Ringersport - Ringen drohte aus dem olympischen Programm herauszufallen - habe dazu geführt, dass dringend benötigte Veränderungen im Weltverband in vergleichsweise kurzer Zeit durchgezogen wurden, sagte Karl-Michael Dittmann, Mitglied im Präsidium des Ringer-Weltverbandes (UWW). Der Weltverband habe nicht nur einen neuen Präsidenten bekommen, sondern auch für transparente Bewerbungsverfahren gesorgt, die in der Folge Länder aus der Mitte Europas zu einer Bewerbung für internationale Meisterschaften motiviert hätten, die sich früher nicht dafür interessiert hätten. Der UWW, so Dittmann habe inzwischen eine Ethikkommission und einen Ethik-Code, "der auch gelebt wird".

Nicole Resch, Generalsekretärin der Internationalen Biathlon-Union (IBU), sagte, ihr Verband setze sich für das Prinzip der Wiedervergabe ein. Angesichts der hohen Kosten für die Errichtung von Biathlon-Anlagen gehe man bei internationalen Wettkämpfen an Orte, wo es eine Infrastruktur und eine Kultur für Biathlon gebe, sagte sie. Sie habe auch gegenüber dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) für dieses Prinzip - zumindest mit Blick auf die Winterspiele - geworben, sagte Resch. Allerdings, so räumte die IBU-Generalsekretärin ein, sei ihr Verband auch in einer komfortablen Situation. Es gebe 17 Bewerbungen für zehn Events. Folge davon: "Wir gehen nur in Länder, in denen wir wissen was wir bekommen", sagte Resch.

Michael Vesper, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), betonte ebenfalls die vielen positiven Entwicklungen der letzten Jahre. Der DOSB stehe ganz klar hinter dem Anspruch, die Menschenrechte bei Bewerbungsprozessen stärker zu berücksichtigen, die Nachhaltigkeit zu stärken und die Korruption zu bekämpfen. Gerade vor diesem Hintergrund sei es sehr enttäuschend, dass in Folge der gescheiterten Referenden in München und Hamburg keine Gelegenheit sei, diese Kriterien selber im Rahmen Olympischer Spiele umzusetzen. Was die Kritik an der Wahl der weißrussischen Hauptstadt Minsk als Austragungsort der Europaspiele 2019 angeht, so stellte Vesper klar, dass keinen anderen Kandidaten gegeben habe. Er selber habe in den verschiedenen Gremien gegen Minsk Stellung genommen. Schlussendlich habe es aber eine deutliche Mehrheit dafür gegeben.

Annette Niederfranke von der bei den Vereinten Nationen angesiedelten Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) forderte, bei der Vergabe von Sportgroßereignissen auf die Einhaltung von Arbeits- und Sozialnormen zu achten. Eine solche Aufgabe könne aber nicht allein den Sportverbänden auferlegt werden, betonte sie. Es sei eine staatliche Aufgabe, andere Staaten daran zu erinnern, dass diese bestimmte Grundsätze nicht umsetzen, sagte Niederfranke.

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4. Gut 6.000 Menschen in 2016 ausgewiesen

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im vergangenen Jahr sind ausweislich des Ausländerzentralregisters 6.004 Menschen bestands- beziehungsweise rechtskräftig ausgewiesen worden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (18/11572) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/11108) hervor. Danach lag die Zahl der bestands- beziehungsweise rechtskräftig ausgewiesenen Menschen im Jahr 2015 bei 4.829 und im Jahr 2014 bei 4.526.

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5. Spionageverdacht gegen Imame bei Ditib

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um den Spionageverdacht gegen vom Präsidium für religiöse Angelegenheiten der Türkei (Diyanet) nach Deutschland entsandte und bei der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) eingesetzte Imame geht es in der Antwort der Bundesregierung (18/11576) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/11356). Wie die Regierung darin mit Stand vom 16. März ausführt, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aufklärung von Ditib als Organisation durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mit nachrichtendienstlichen Mitteln "bislang nicht vor, da sich der Verdacht der Spionagetätigkeit aktuell lediglich gegen von Diyanet nach Deutschland entsandte und bei Ditib eingesetzte Imame richtet".

Wie die Bundesregierung weiter darlegt, nimmt sie "jeden konkreten Hinweis auf eine mögliche Einflussnahme der türkischen Regierung auf türkische und Türkei-stämmige Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sehr ernst". Die Spionageabwehr im BfV gehe - im Zusammenwirken mit den jeweiligen Landesbehörden für Verfassungsschutz - entsprechenden Hinweisen sorgfältig nach.

Zugleich bejaht die Bundesregierung in der Vorlage die Frage, ob Stellen des Bundes Kontakte zur Ditib oder Stellen des türkischen Staates hatten, "bei denen der Verdacht der Spionage im Ditib/Diyanet-Komplex Thema war". Wie die Bundesregierung dazu unter anderem ausführt, wurde das Thema der Spionagevorwürfe "in allgemeiner Form gegenüber Vertretern des türkischen Außenministeriums aufgegriffen". Dabei sei klargestellt worden, "dass ein Hereintragen innertürkischer Konflikte in die deutsche Gesellschaft seitens der Bundesregierung nicht akzeptiert werden wird". Ferner schreibt die Bundesregierung unter anderem, in verschiedenen Gesprächen gegenüber Ditib deutlich gemacht zu haben, "dass insbesondere eine politische Einflussnahme oder Instrumentalisierung Ditibs durch die Türkei nicht hinnehmbar ist".

Daneben verweist die Bundesregierung darauf, dass Ditib mit mehr als 900 angeschlossenen Vereinen der größte islamische Dachverband in Deutschland sei. "Aus Sicht der Bundesregierung ist es gerade in der derzeitigen Situation wichtig, auch mit Ditib im Gespräch zu bleiben", heißt es in der Antwort weiter. Das geschehe "vor allem auch in dem Wissen um die vielen Muslime, die Ditib-Moscheen besuchen und sich dort engagieren, aber auch um deutlich zu machen, dass Vorfälle gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, auch wenn sie vereinzelt sein sollten, nicht geduldet werden können".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 214 - 29. März 2017 - 17.21 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2017

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