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BUNDESTAG/6509: Heute im Bundestag Nr. 262 - 25.04.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 262
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 25. April 2017, Redaktionsschluss: 09.30 Uhr

1. Verwendung von Fluggastdaten umstritten
2. Bericht des Expertenkreises Antisemitismus
3. Register für Wettbewerb
4. Kupferbergbau bringt Probleme
5. Eisenbahnbrücken in Nordrhein-Westfalen


1. Verwendung von Fluggastdaten umstritten

Inneres/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (18/11501) wird von Experten unterschiedlich beurteilt. Das wurde während einer Anhörung des Innenausschusses deutlich. Die Richtlinie sieht eine verpflichtende Übermittlung von Fluggastdaten durch Luftfahrtunternehmen für Flüge vor, die von der Europäischen Union aus in einen Drittstaat oder von einem Drittstaat aus in einen Mitgliedsstaat der EU starten. Sie räumt den EU-Staaten zudem die Möglichkeit ein, auch Flüge zwischen den Mitgliedstaaten sowie Datenübermittlungen durch andere Wirtschaftsteilnehmer, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Reisen einschließlich Flugbuchungen erbringen, einzubeziehen. Von dieser Möglichkeit möchte die Bundesregierung in dem von ihr vorgelegten sogenannten Fluggastdatengesetz Gebrauch machen, um Sicherheitslücken zu schließen.

Positiv bewertete Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), den Gesetzentwurf. Das BKA, das laut der Vorlage als nationale Fluggastdatenzentralstelle fungieren soll, erhalte durch die operative Auswertung gespeicherter Fluggastdaten "ein weiteres Werkzeug für eine effektive Gefahrenabwehr und Strafverfolgung", sagte der BKA-Präsident. Auch die von der Bundesregierung vorgesehene Einbeziehung der "Intra-Schengen-Flüge" sei sinnvoll und notwendig. Die Erfahrungen, insbesondere aus dem Phänomenbereich des islamischen Terrorismus, hätten gezeigt, dass sich Gefährder sehr wohl des Schengenraumes und seiner Herausforderung für die Sicherheitsbehörden bewusst seien. In der vorgesehenen institutionellen Trennung von Erhebung und Speicherung, die durch das Bundesverwaltungsamt erfolgen soll, auf der einen Seite und der polizeilichen Verarbeitung durch das BKA auf der anderen Seite sah Münch eine "Stärkung des Datenschutzes".

Von einer neuen Form der Rasterfahndung sprach hingegen Professor Clemens Arzt von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin, der den Gesetzentwurf ablehnte. "Die Maßnahme dient einer anlasslosen Verdachts- und Verdächtigengewinnung gegen jede Person, die sich in Europa mit dem Flugzeug bewegt", kritisierte Arzt. Die Fluggastdatenspeicherung sei letztendlich eine Anschlussmaßnahme an die Telekommunikations-Vorratsdatenspeicherung. Bei dieser müsse es aber immerhin einen konkreten Anlass geben, damit die Polizei die gespeicherten Daten abrufen kann. Bei der Fluggastdatenspeicherung sei das anders. Allein die Nutzung eines Flugzeugs reiche aus, damit das BKA nach selbst festgelegten Verdachtsmustern die Daten rastern könne. "Wir haben eine völlig neue Dimension anlassloser Massenüberwachung", befand der Staatsrechtler.

Ähnlich bewertete das Alexander Sander von der Digitalen Gesellschaft Berlin. Sander sprach von einer "Profiling-Maßnahme, mit der Verdächtige kreiert werden". Unbescholtene Bürger würden so ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Das Gesetz lasse auch nicht erkennen, warum es nötig sein soll, die Daten zu sammeln. Auch die Speicherdauer von fünf Jahren ist nach Ansicht Sanders "völlig aus der Luft gegriffen und nicht verhältnismäßig". Völlig unklar sei auch, wer am Ende Zugriff auf die Datensätze erhält. Sicher sei hingegen, dass solche Datensätze "Begehrlichkeiten entwickeln und ein gewisses Missbrauchspotenzial mitbringen". Sander gab sich davon überzeugt, dass die Fluggastdatenspeicherung gegen die europäischen Grundrechte verstößt, da die zu sammelnden Daten - E-Mails, Telefonnummern, Informationen über Mitreisende - das Privat- und Intimleben der Bürger umfassten.

Aus Sicht von Professor Ferdinand Wollenschläger von der Universität Augsburg ist die Fluggastdatenspeicherung hingegen "prinzipiell mit dem Unionsrecht vereinbar". Es liege kein evidenter Verstoß gegen europäische Grundrechte vor, befand er. Auch dem deutschen Verfassungsrecht lasse sich kein prinzipielles Verbot der Fluggastdatenverarbeitung entnehmen, fügte er hinzu. Die in dem Gesetzentwurf genannten Ziele der Verhinderung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität seien anerkannte Ziele, um solche Grundrechtseingriffe, um dies es sich zweifellos handle, zu rechtfertigen, sagte Wollenschläger. Der Europarechtler machte zugleich deutlich, dass aus seiner Sicht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Telekommunikations-Vorratsdatenspeicherung nicht ohne weiteres auf die Fluggastdatenspeicherung übertragbar ist.

Matthias Knetsch als Vertreter von Sita, dem Informations- und Kommunikationsnetzwerk der Fluggesellschaften, machte deutlich, dass der Datenaustausch - auch wegen der unterschiedlichen Buchungssystem der Fluggesellschaften - nicht einfach sei. Für das Gelingen des Projektes sei eine frühzeitige und andauernde Zusammenarbeit mit den Fluglinien wichtig, betonte er. Knetsch sprach sich für die Auflage eines Pilotprojektes aus. Dies böte die Möglichkeit, "im kleinen Umfang das System, die Daten und den damit verbundenen Umgang zu testen, validieren und zu trainieren".

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2. Bericht des Expertenkreises Antisemitismus

Inneres/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Die Bekämpfung des Antisemitismus bleibt eine "dauerhafte Aufgabe für Politik und Gesellschaft". Zu diesem Fazit kommt der "Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus" in seinem als Unterrichtung vorgelegten zweiten Bericht (18/11970). Darin fordert das Gremium die Berufung eines im Kanzleramt angesiedelten Antisemitismusbeauftragten, der die Maßnahmen der Antisemitismusbekämpfung und -prävention ressortübergreifend koordinieren soll.

Beraten werden soll dieser Beauftragte der Vorlage zufolge von einem unabhängigen Kreis, der von der Bundesregierung berufen wird "und sich aus jüdischen und nichtjüdischen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Bildungspraxis und Zivilgesellschaft zusammensetzt".

Ferner dringt der Expertenkreis auf eine "konsequente Erfassung, Veröffentlichung und Ahndung antisemitischer Straftaten". Die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft, jüdischen Organisationen und Sicherheitsbehörden bei der Erfassung antisemitischer Straftaten solle verbessert und die Schaffung entsprechender Strukturen den Betroffenen das Anzeigen solcher Straftaten erleichtern. Auch sollten antisemitische Straftaten wieder explizit im Verfassungsschutzbericht ausgewiesen werden.

Bei der Strafverfolgung verlangt der Expertenkreis in seinem rund 300 Seiten umfassenden Bericht eine entschiedenere Berücksichtigung antisemitisch motivierter Straftatbestände durch die Justiz. Zugleich bekräftigt er die Forderung, die Arbeit zivilgesellschaftlicher Träger in der Antisemitismusprävention zu verstetigen.Um die "Abstimmung länderspezifischer Maßnahmen, vor allem im Bereich Schule, Jugendhilfe, Justiz und Polizei, zu verbessern", plädiert er für die Schaffung einer ständigen Bund-Länder-Kommission mit Vertretern der für die genannten Bereiche zuständigen Stellen. Daneben ruft er die Bundesländer auf, "eigenständige Maßnahmen zur Antisemitismusbekämpfung in den Landesprogrammen zur Extremismusprävention zu verankern und über diese in Austausch zu treten".

Zu den zentralen Forderungen des Berichts zählt ferner der Ruf nach einer langfristig angelegte Forschungsförderung zum Antisemitismus. Dabei plädiert der Expertenkreis für mehr Forschungsvorhaben, "die sich gezielt sowohl mit den historischen Entwicklungen als auch den gegenwartsbezogenen Formen des Antisemitismus befassen und die sowohl die Perspektive der nichtjüdischen wie auch der jüdischen Bevölkerung berücksichtigen". Darüber hinaus empfiehlt das Gremium, "Berichte durch weitere Expertenkreise erstellen zu lassen, die antimuslimische und andere Vorurteile und Ausgrenzungen beschreiben und analysieren, da es sich hierbei nicht nur um ähnliche Phänomene handelt, sondern auch Schnittmengen zu antisemitischen Haltungen sichtbar werden, die für die im Bericht vorgeschlagenen präventiven Strategien von grundlegender Bedeutung sind".

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3. Register für Wettbewerb

Wirtschaft und Energie/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung will ein Wettbewerbsregister einführen. Das Register soll von öffentlichen Auftraggebern genutzt werden. Diese sollen dort vor der Vergabe von Aufträgen abfragen, ob ein Unternehmen wegen begangener Wirtschaftsdelikte von einem Vergabeverfahren auszuschließen ist, heißt es in dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Wettbewerbsregisters (18/12051). "Wirtschaftsdelikte dürfen auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen nicht ohne Folgen bleiben", heißt es zur Begründung.

Das Register wird beim Bundeskartellamt eingerichtet. Erkenntnisse über Ausschlussgründe von Vergabeverfahren sollen von den Strafverfolgungsbehörden und von den für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden des Bundes und der Länder an das Register übermittelt werden. Bisher bestehende Abfragepflichten zum Beispielnach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz sollen durch die neue Abfragepflicht beim Wettbewerbsregister ersetzt werden.

Der Schaden durch die Wirtschaftskriminalität habe 2015 rund 2,9 Milliarden Euro betragen, schreibt die Regierung. Die öffentliche Auftragsvergabe sei besonders anfällig für Wirtschaftskriminalität. Daher müssten die Vergabestellen leichter nachprüfen können, ob bei potenziellen Auftragnehmern Ausschlussgründe vorliegen. Die bisher auf Bundebene bestehenden Register seien nicht ausreichend, wird die Maßnahme begründet.

Einträge im Register werden je nach Schwere der Tat nach bestimmter Zeit gelöscht. Eintragungen über Straftaten werden spätestens fünf Jahre ab dem Tag der Rechts- oder Bestandskraft des Urteils gelöscht, Bußgeldentscheidungen nach drei Jahren.

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4. Kupferbergbau bringt Probleme

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Der hohe Wasserbedarf für den Kupferbergbau in Peru und Chile und die aus dem Kupferbergbau resultierenden Schadstoffbelastungen der Gewässer führen nach Angaben der Bundesregierung bei einigen Projekten in diesen Ländern zu Problemen. In beiden Ländern gebe es jedoch Umweltgesetze, und beide Länder hätten sich verpflichtet,bei Bergbauprojekten die indigenen Völker in die Konsultationsprozesse mit einzubeziehen, heißt es in der Antwort der Bundesregierung (18/11996) auf eine Keine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/11580). Wie die Regierung weiter ausführt, sind Umweltschutz und Nachhaltigkeit wichtige Themen im Rahmen der deutsch-peruanischen Rohstoffpartnerschaft. Auch in Chile hat die Bundesregierung nach eigenen Angaben dazu beigetragen, Verbesserungen bei der Umsetzung von Sozialstandards und Umweltgesetzen zu erreichen.

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5. Eisenbahnbrücken in Nordrhein-Westfalen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Über den Zustand der Eisenbahnbrücken in Nordrhein-Westfalen möchte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen informiert werden. In einer Kleinen Anfrage (18/11906) erkundigen sich die Abgeordneten, wie viele Eisenbahnbrücken nach Kenntnis der Bundesregierung in Nordrhein-Westfalen aktuell dringend sanierungsbedürftig sind und wie hoch ihr Anteil an der gesamten Anzahl der Eisenbahnbrücken in dem Bundesland ist. Gefragt wird auch, welche Eisenbahnbrücken der bundeseigenen Schienenwege im Rahmen der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung im Jahr 2017 in Nordrhein-Westfalen erneuert werden sollen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 262 - 25. April 2017 - 09.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. April 2017

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