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BUNDESTAG/7296: Heute im Bundestag Nr. 446 - 25.06.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 446
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 25. Juni 2018, Redaktionsschluss: 16.59 Uhr

1. Forschungen zu DDR-Zwangsadoptionen
2. FDP fragt nach Digitalem Testfeld Hafen
3. Zerstörte Rheinbrücke der Breisachbahn
4. Nachfrage zu Verspätungen bei der Bahn
5. Vergabe von Toll Collect-Anteilen
6. Zustand der Bahnhöfe in Sachsen erfragt


1. Forschungen zu DDR-Zwangsadoptionen

Petitionen/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Die wissenschaftlichen Forschungen zum Thema "Zwangsadoption und ungeklärter Säuglingstod in der ehemaligen DDR" müssen intensiviert werden. In dieser Forderung waren sich die zu einer öffentlichen Anhörung des Petitionsausschusses am Montag geladenen Experten einig. Grundlage der Anhörung war eine Petition der "Interessengemeinschaft Gestohlene Kinder der DDR", in der unter anderem die Schaffung von Rahmenbedingungen gefordert wird, die es ermöglichen sollen, eine "neutralen und rechtsstaatlichen Grundsätzen folgende Aufklärung" zu betreiben. Hintergrund der Initiative ist der Verdacht, dass seinerzeit Kinder - vielfach auch Säuglinge - von staatlichen Stellen für Tod erklärt wurden (plötzlicher Kindstod) - tatsächlich aber zur Adoption freigegeben worden seien. In anderen Fällen seien die Eltern durch den Druck staatlicher Stellen der DDR zur Freigabe ihrer Kinder zur Adoption gezwungen oder durch politisch motivierte Urteile der Familiengerichte Eltern und Kinder getrennt worden.

Andreas Laake von der "Interessengemeinschaft Gestohlene Kinder der DDR" machte vor den Abgeordneten deutlich, es gehe den Betroffenen nicht darum, ihre leiblichen Kinder aus den Adoptivfamilien rauszureißen. "Wir möchten lediglich wissen, wie es den Kindern geht", sagte er. Es gebe eine "klaffenden Aufarbeitungslücke", so Laake, der in seiner Petition die Einrichtung einer unabhängigen Clearingstelle mit umfassenden Ermittlungsrechten fordert.

Was die Fälle von Zwangsadoptionen in der DDR angeht, so wurde im Verlauf der Anhörung deutlich, dass es darüber derzeit keine belastbaren Zahlen gibt, auch wenn in der öffentlichen Debatte von bis zu mehreren Tausend Fällen die Rede ist. Marie-Luise Warnecke, Mitverfasserin der im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erstellten Machbarkeitsstudie des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam "Dimension und wissenschaftliche Nachprüfbarkeit politischer Motivation in DDR-Adoptionsverfahren zwischen 19666 und 1990" verwies auf ihre Promotion, in der bei neun betrachteten Fällen fünfmal eine Zwangsadoption vorgelegen habe. Ein vorgetäuschter Säuglingstod - mit dem Ziel einer anschließenden Adoption - sei jedoch derzeit in keinem Fall nachgewiesen. Ziel der Zwangsadoptionen, so Warnecke, sei vielfach eine Bestrafung der Eltern gewesen. Etwa in Fällen von Republikflucht.

Agnes Arp, Mitautorin der genannten Studie, sagte, es habe in der DDR "politisch motivierte Adoptionen" gegeben. Sie seien unter den herkömmlichen Bedingungen zeithistorisch-wissenschaftlichen Arbeitens jedoch nur sehr schwer "erforsch- und nachweisbar". Die Historikerin forderte, ein "außerordentliches Verfahren der Akteneinsicht" zu entwickeln, in dem die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden.

Der Historiker Christian Sachse, Mitarbeiter der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft, plädierte dafür, die Fälle von Zwangsadoptionen von Fällen des plötzlichen Kindstodes zu trennen. Das Feld der Zwangsadoptionen sei erforschbar, "allerdings mit einem sehr hohen Aufwand". Zwangsadoptionen seien als politisches Instrument missbraucht worden, sagte er. Als Gründe seien vor den DDR-Familiengerichten neben Inhaftierungen nach misslungener Flucht, "bewusste staatsfeindliche Beeinflussung der Kinder" aber auch eine "negative Einstellung zur Arbeit im sozialistischen Kollektiv" geltend gemacht worden. Fälle eines vorgetäuschten Säuglingstodes halte er zwar nicht für unmöglich. "Dabei müsste es aber eine Unzahl von Mitwissern gegeben haben", gab Sachse zu bedenken.

Für eine längere Aufbewahrungsfrist personenbezogener Akten aus der DDR-Zeit sprach sich Maria Nooke, Brandenburger Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der Kommunistischen Diktatur, aus. Dies solle nicht nur für Akten der DDR-Jugendhilfe gelten, sondern auch für Aktenbestände in Adoptionsstellen, Krankenhäusern, Standesämtern und Friedhofsverwaltungen, sagte Nooke.

Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen der DDR, sagte, seine Behörde verstehe sich in dieser Frage als Dienstleister, der die Akten bereitstelle. Zugleich machte er deutlich, dass derzeit viele der vorhandenen Recherchemöglichkeiten in den Stasi-Akten - sowohl für Einzelpersonen als auch für Vertreter von Wissenschaft und Forschung aber auch der Medien - ungenutzt blieben.

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2. FDP fragt nach Digitalem Testfeld Hafen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) "Digitales Testfeld Hafen Hamburg" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion (19/2614). Die Abgeordneten beziehen sich dabei auf die Ankündigung des ehemaligen Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur Alexander Dobrindt (CSU) auf der 10. Nationalen Maritimen Konferenz, das Förderprogramm für Innovative Hafentechnologie (IHATEC) über das Jahr 2020 hinaus zu verlängern. Zudem habe Dobrindt angeboten, ein Digitales Testfeld Hafen zu entwickeln, das ähnlich wie die Autobahn A 9 die Möglichkeit bieten solle, die Digitalisierung der realen Mobilität im Hafengebiet zu testen.

Die FDP-Fraktion möchte nun von der Bundesregierung wissen, was genau mit dem Digitalen Testfeld Hafen herausgefunden werden soll und welche Häfen im Rahmen des Programms beteiligt sind. Gefragt wird auch, in welcher Größenordnung das Testfeld Digitaler Hafen finanziell unterlegt ist.

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3. Zerstörte Rheinbrücke der Breisachbahn

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Wie die Bundesregierung die Idee eines Wiederaufbaus der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Rheinbrücke der Breisachbahn zwischen Breisach und Neuf-Brisach an der deutsch-französischen Grenze bewertet, möchte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wissen. In einer Kleinen Anfrage (19/2606) schreiben die Abgeordneten, das Projekt könne mit einem vergleichsweise geringen Mitteleinsatz angesichts von 20.000 Personen, die täglich zwischen Breisach und Neuf-Brisach die Grenze passieren würden, einen verkehrlich hohen Nutzen für den Bahnverkehr zwischen Südbaden und dem Elsass, aber auch für die deutsch-französische Zusammenarbeit, erzielen.

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4. Nachfrage zu Verspätungen bei der Bahn

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Zum Thema Pünktlichkeit bei der Bahn hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Kleine Anfrage (19/2605) vorgelegt. Darin wird die Bundesregierung gefragt, wie viele Verspätungsminuten es in den Jahren seit 2012 im Fernverkehr aufgrund welcher Probleme gab. Die Abgeordneten erkundigen sich zudem auch nach Verspätungen im Schienenpersonennahverkehr und dem Schienengüterverkehr.

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5. Vergabe von Toll Collect-Anteilen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Nach dem Stand des Vergabeverfahrens für die Veräußerung von Geschäftsanteilen an der Toll Collect GmbH, die das Lkw-Mautsystem in Deutschland betreibt, und für den Abschluss eines neuen Mautsystem-Betreibervertrags erkundigt sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (19/2602). Die Grünen wollen unter anderem wissen, ob eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erstellt worden ist, in der die Variante des dauerhaften Verbleibs der Toll Collect-Anteile beim Bund mit der geplanten Veräußerung verglichen wurde.

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6. Zustand der Bahnhöfe in Sachsen erfragt

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Für den Zustand von Bahnhöfen und Haltepunkten der Bahn in Sachsen interessiert sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. In einer Kleinen Anfrage (19/2601) kritisieren die Abgeordneten, dass für mobilitätseingeschränkte Reisende noch immer an zahlreichen Bahnhöfen und Haltepunkten Sachsens kein barrierefreier Zugang vom öffentlichen Verkehrsraum zu den Bahnsteigen und in die Züge bestehe. Zudem seien viele Stationen wegen Verschmutzungen und auch nicht behobener baulicher Mängel an den Bahnsteigen als wenig attraktiv einzuschätzen. Ungenutzte und baufällige ehemalige Empfangsgebäude verstärkten aber gerade in ländlichen Regionen den Eindruck des Niedergangs und der Schrumpfung, schreiben die Grünen.

Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung gefragt, wie sich der Zustand der Verkehrsstationen in Sachsen in den letzten zehn Jahren, insbesondere im Zeitrahmen der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG (DB AG) im Jahr 2009, verändert hat. Wissen wollen die Parlamentarier auch, welche Maßnahmen des Modernisierungsprogramms des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zum barrierefreien Ausbau "kleiner Bahnhöfe" in Sachsen bisher durchgeführt wurden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 446 - 25. Juni 2018 - 16.59 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
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Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2018

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