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BUNDESTAG/7324: Heute im Bundestag Nr. 474 - 29.06.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 474
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 29. Juni 2018, Redaktionsschluss: 10.29 Uhr

1. Amri schon Ende 2015 auf BKA-Radar
2. Transparenz bei Jefta-Abkommen
3. Start der Konzertierten Aktion Pflege
4. Auftritt der Bundeswehr bei der re:publica
5. Ausbildung bei Rüstungsexporten


1. Amri schon Ende 2015 auf BKA-Radar

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Das Bundeskriminalamt (BKA) hat sich erstmals Ende 2015, ein Jahr vor dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz, im Zuge von Ermittlungen gegen eine mutmaßliche radikalislamische Terrorzelle in Deutschland mit dem späteren Attentäter Anis Amri befasst. Dies berichtete die damalige BKA-Verbindungsbeamtin in Rom Frauke Schlembach dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz"). Schlembach war von Mai 2015 bis Mai 2018 in der italienischen Hauptstadt zuständig für Kontakte und Informationsaustausch mit den dortigen Polizeibehörden. In dieser Funktion leitete sie am 23. Dezember 2015 eine Anfrage des BKA zur Person Amris an die Italiener weiter.

Der gebürtige Tunesier Amri hatte zwischen Oktober 2011 und Mai 2015 wegen Brandstiftung, Gewaltdelikten und Diebstahls in italienischer Haft gesessen. Er hatte in der Flüchtlingsunterkunft, in der der nach seiner Einreise untergebracht war, nicht-muslimische Mitbewohner verprügelt und schließlich Feuer gelegt. Nach Darstellung der italienischen Behörden verhielt sich Amri auch hinter Gittern extrem aggressiv und terrorisierte seine Mitgefangenen. Er habe deswegen sogar in ein anderes Gefängnis verlegt werden müssen.

Nach Verbüßung der Haftstrafe sei er zunächst in Abschiebegewahrsam genommen, nach 30 Tagen aber wieder freigelassen worden, weil die tunesischen Behörden innerhalb dieser Frist keine Passersatzpapiere für ihn bereitstellten. Die Italiener markierten Amri im Schengen-Informations-System (SIS) als unerwünschten Ausländer, der an der EU-Außengrenze zurückzuweisen sei. Im Juli 2015 reiste Amri nach Deutschland ein.

Die Anfrage, die das BKA fünf Monate später an die italienischen Sicherheitsbehörden richtete, stand im Zusammenhang mit einem "Gefahrenabwehr-Vorgang" unter dem Decknamen "Lacrima". Die Operation richtete sich gegen eine Gruppe von Verdächtigen mit Verbindungen nach Italien, die konkreten Hinweisen zufolge in Deutschland einen Anschlag vorbereiteten. Amri tauchte in diesem Umfeld als Kontaktperson der Terrorzelle auf. Dass sein Hauptansprechpartner der 2013 nach Syrien ausgereiste deutsche IS-Terrorist Denis Cuspert gewesen sei, konnte die Zeugin nicht bestätigen.

Der Personalie Amri sei damals, Ende 2015, in ihren Augen keine besondere Bedeutung zugekommen, berichtet sie. Der Mann sei eine minder wichtige Kontaktperson zu einer Gruppe gewesen, sich im Visier polizeilicher Ermittlungen befunden habe. Der Informationsaustausch über mutmaßliche radikalislamische Terroristen habe einen Großteil ihres Berufsalltags in Rom in Anspruch genommen, sagte Schlembach. Sie habe im Durchschnitt alle zwei Wochen einen solchen Fall zu bearbeiten gehabt. Einen "Fall Amri" habe es für sie erst nach dem Attentat auf dem Breitscheidplatz im Dezember 2016 gegeben. Sie sei gerade auf der Rückreise von Basel nach Rom gewesen, als sie den Namen im Radio gehört habe, und habe sich sofort erinnert.

Es dauerte damals dreieinhalb Monate, bis am 4. April 2016 beim BKA die Antwort aus Italien vorlag. Eine solche Bearbeitungsdauer sei "nicht ungewöhnlich" gewesen, sagte die Zeugin, wenn sie sie auch nicht als "normal" bezeichnen wollte. In der Regel habe sie sich unerledigte Vorgänge alle zwei Monate vorlegen lassen. Das BKA habe damals aber keinen Anlass gesehen, die Angelegenheit mit besonderem Nachdruck zu behandeln.

Ein weiteres Mal habe sie am 2. Mai 2016 eine Anfrage zur Person Amris an die italienische Polizei weitergeleitet. Damals habe das Landeskriminalamt in Nordrhein-Westfalen wissen wollen, ob der Mann bei seiner Einreise nach Italien einen tunesischen Ausweis mitführte.

02. Transparenz bei Jefta-Abkommen
Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Die Bundesregierung bewertet das Transparenzniveau bei dem angestrebten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan (Jefta) als sehr hoch. In der Antwort (19/2944) auf eine Kleine Anfrage (19/2366) der Fraktion Die Linke weist sie auf mehrere Maßnahmen hin, mit denen die Öffentlichkeit und die Abgeordneten des Deutschen Bundestags über Stand und Inhalte der Verhandlungen informiert worden seien. Der Bundestag habe von Beginn an die Option erhalten, die Inhalte des Ferihandelsabkommens zwischen der EU und Japan zu prüfen und jederzeit die verfassungsrechtlich abgesicherte Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Auch eventuelle Änderungen würden dem Bundestag unverzüglich übermittelt.

Im weiteren Verlauf der Antwort gibt die Bundesregierung detailliert Auskunft etwa über Artikel des Abkommens, die das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen betreffen; sie äußert sich auch zu Themen der Daseinsvorsorge und zu Dienstleistungsaspekten. Die Linksfraktion hatte in ihrer Anfrage darauf hingewiesen, dass das geplante Jefta-Abkommen das erste von der EU verhandelte Freihandelsabkommen sei, das ohne die Ratifizierung nationaler Parlamente auskomme. Nach massiver Kritik an der Transparenz bei Verhandlungen zu Abkommen mit Kanada oder den USA stelle sich die Frage, ob nun mit Japan offener verhandelt worden sei.

03. Start der Konzertierten Aktion Pflege
Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Die im Koalitionsvertrag vereinbarte "Konzertierte Aktion Pflege" (KAP) soll am 3. Juli beginnen. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/2952) auf eine Kleine Anfrage (19/2607) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schreibt, sind die Ministerien für Gesundheit, Arbeit und Soziales sowie Familie, Senioren, Frauen und Jugend in die Initiative eingebunden.

Unter Beteiligung aller relevanten Akteure sollen längstens innerhalb eines Jahres konkrete Maßnahmen und Empfehlungen zur Verbesserung der Situation in der Alten- und Krankenpflege erarbeitet werden. Dazu würden zahlreiche Themenkreise gebildet mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte "unmittelbar und spürbar" zu verbessern.

Auch die jüngsten Vorschläge des Pflegebevollmächtigten Andreas Westerfellhaus würden als wichtige Impulse in den Beratungen diskutiert. Westerfellhaus hat unter anderem vorgeschlagen, Berufsrückkehrer mit Prämien zu locken. Wer aus der Teilzeit in die Vollzeit wechsle, solle auch eine Prämie erhalten. Zudem sollen Pflegekräfte ihre Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich auf 80 Prozent reduzieren können. Umgekehrt sollen Teilzeitkräfte auf 80 Prozent aufstocken können.

04. Auftritt der Bundeswehr bei der re:publica
Verteidigung/Antwort

Berlin: (hib/AW) Mit der Plakataktion der Bundeswehr bei der Konferenz re:publica 2018 in Berlin sollte auf das durch den Messerveranstalter ausgesprochene Uniformtrageverbot für Soldaten hingewiesen werden. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/2798) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (19/2363) mit. Wie andere Teilnehmer und ausstellende Arbeitgeber auf der Konferenz sei auch die Bundeswehr Teil der Gesellschaft und eine in der Verfassung verankerte und dem Auftrag des Parlaments verpflichtete Institution. An der Aktion seien zwei Jugendoffiziere, ein Offizier aus dem Bundesamt für Personalmanagement und ein Offizier aus dem Presse- und Informationsstab der Verteidigungsministeriums beteiligt gewesen. Aufgabe der Soldaten sei es gewesen, mit Besuchern der Konferenz über die Rolle der Bundeswehr in der Gesellschaft ins Gespräch zu kommen sowie über den Ausschluss der Bundeswehr von der re:publica zu informieren.

05. Ausbildung bei Rüstungsexporten
Verteidigung/Antwort

Berlin: (hib/AW) Im Zusammenhang mit privatwirtschaftlichen Rüstungsexporten hat die Bundeswehr im Jahr 2017 und im ersten Quartal 2018 Ausbildungsmaßnahmen für die Streitkräfte von Algerien, Singapur, Österreich und Peru geleistet. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/2793) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (19/2184) mit. Die Ausbildungsmaßnahmen hätten im Zusammenhang mit dem Export von Fregatten an Algerien, U-Booten an Singapur und Kampfflugzeugen vom Typ Eurofighter an Österreich stattgefunden. Die Kosten der Ausbildung seien durch die Empfängerländer der Rüstungsexporte getragen worden. Eine weitere Ausbildungsmaßnahme sei in diesem Jahr für die litauischen Streitkräfte im Zusammenhang mit der Lieferung von Transportkraftfahrzeugen vom Typ Boxer geplant.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 474 - 29. Juni 2018 - 10.29 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2018

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