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BUNDESTAG/7423: Heute im Bundestag Nr. 573 - 08.08.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 573
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 8. August 2018, Redaktionsschluss: 12.00 Uhr

1. Beschlagnahme von Feindeslisten
2. Missbrauch bei Abmahnungen
3. Anschlag auf Gaststätte in Nürnberg
4. Umgang mit haftentlassenen Personen
5. Europäisches Hochschulnetzwerk fördern
6. Ausgründungen aus Hochschulen


1. Beschlagnahme von Feindeslisten

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/mwo) Einen Überblick über die bei Ermittlungen zum NSU-Komplex sowie gegen drei Rechtsextremisten und eine rechte Prepper-Gruppierung aufgefundenen Namenslisten gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/3628) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/3350). Die Abgeordneten wollten unter anderem wissen, wie viele Personen und potenzielle Anschlagsziele auf den beschlagnahmten Listen verzeichnet waren. Wie die Fragesteller schreiben, sind diese "Feindeslisten" Teil der bereits in den 1990er Jahren in der Neonaziszene aufgekommenen "Anti-Antifa"-Strategie. Betroffene hätten mehrfach die Sicherheitsbehörden kritisiert, weil diese sie nur unzureichend informiert und geschützt hätten und außerdem die Bedrohungslage relativieren würden.

In der Antwort heißt es, vom NSU gebe es beim Bundeskriminalamt (BKA) eine Gesamtliste mit rund 10.000 digital gespeicherten Datensätzen sowie Adresslisten in Papierform und Karten. Eine verlässliche Zuordnung, bei welchen Datensätzen, Adressen und Markierungen es sich um ein potenzielles Anschlagsziel gehandelt haben könnte, sei nicht möglich. Auf dem im Strafverfahren gegen Franco A., Maximilian T. Und Mathias T. sichergestellten schriftlichen Unterlagen seien insgesamt 32 Personen oder Örtlichkeiten verzeichnet. Bei den Durchsuchungen bei Mitgliedern der Gruppierung "Nordkreuz" seien bei der Auswertung elektronischer Datenträger bisher Aufzeichnungen zu 25.000 Personen festgestellt worden. Bei weiteren seit 2011 im Bereich des Rechtsextremismus und des Rechtsterrorismus durch den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) geführten Ermittlungsverfahren seien keine Listen mit Namen von Politikern und Politikerinnen festgestellt worden.

Über die Adresslisten des NSU seien die Polizeien der Länder Ende 2011 in Kenntnis gesetzt worden. Die Liste der drei Rechtsextremisten seien an die zuständigen Landespolizeibehörden beziehungsweise das BKA übermittelt worden, das Gefährdungsbewertungen erstellt und den für die Gefahrenabwehr zuständigen Ländern übermittelt habe. Die Information der betroffenen Personen sei durch die Länder beziehungsweise durch die Abteilung Sicherungsgruppe des BKA erfolgt, die drei Personen, für die Maßnahmen zum Schutz bestünden, informiert habe. Im Verfahren "Nordkreuz" seien die Listen sowie eine vom BKA erstellte Gefährdungsbewertung an die Länder übermittelt worden. Entsprechend der Gefährdungsbewertung sei eine Unterrichtung der auf der Liste aufgeführten Personen nicht erfolgt. Ohne detaillierte Hintergrundinformationen zur Intention des Anlegens oder Führen solcher Listen sei eine Aussage zur Gefährdung Betroffener erst nach einer Einzelfallprüfung und -bewertung möglich.

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2. Missbrauch bei Abmahnungen

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/mwo) Wie die Bundesregierung den Missbrauch des Abmahnrechts besser verhindern will, wird in der Antwort (19/3644) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen (19/3363) dargelegt. Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken von 2013 habe eindeutig zu einer rückläufigen Tendenz von Abmahnungen im urheberrechtlichen Bereich geführt, heißt es darin. Dennoch mehrten sich Anzeichen, dass trotz dieses erkennbaren Rückgangs weiterhin eine erhebliche Zahl von Abmahnungen missbräuchlich ausgesprochen wird. Verlässliche offizielle Daten lägen zwar nicht vor, aber die Bundesregierung erhalte zahlreiche Informationen aufgrund derer sich Handlungsbedarf ergebe. Die Bundesregierung begrüße die Aufforderung der Koalitionsfraktion CDU/CSU und SPD, bis zum 1. September einen Gesetzentwurf vorzulegen, der geeignete und wirkungsvolle Maßnahmen zur Eindämmung von Abmahnmissbrauch vorsehen wird. Derzeit prüfe die Bundesregierung, wie dieser Auftrag umgesetzt werden kann. Bereits der Koalitionsvertrag enthalte eine Einigung zum Kampf gegen Abmahnmissbrauch.

Die Grünen hatten nach Zahlen und Fakten zur missbräuchlichen Verwendung von Abmahnungen gefragt, um damit Transparenz zu schaffen und konkrete Ansatzpunkte für gesetzgeberisches Handeln zu identifizieren.

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3. Anschlag auf Gaststätte in Nürnberg

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/mwo) Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass es - anders als in einer Pressemitteilung angedeutet - eine Verbindung zwischen dem Bombenanschlag auf eine Gaststätte in Nürnberg im Juni 1999 und einer Frau aus Zwickau gibt, gegen die wegen möglicher Unterstützung des NSU ermittelt wird. Wie es in der Antwort (19/3664) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/3418) heißt, war der Anschlag 1999 kein Prüffall bei der Bundesanwaltschaft. Täter und Motiv für den Anschlag, bei dem der türkischstämmige Inhaber Mehmet O. verletzt wurde, hätten damals nicht ermittelt werden können. Die Ermittlungen seien offen erfolgt, ein politischer Hintergrund sei nicht ausgeschlossen worden und der polizeiliche Staatsschutz sei in die Ermittlungen miteinbezogen worden. In der Kleinen Anfrage zitieren die Fragesteller aus einer Pressemitteilung des Bayerischen Rundfunks vom 26. Juni 2018 über neue Erkenntnisse aus gemeinsamen Recherchen mit den Nürnberger Nachrichten, wonach die Explosion 14 Jahre lang als ungelöster Fall gegolten habe, bis Carsten S. ausgesagt habe, die Bombe sei der erste Anschlag des NSU gewesen, und das Opfer auf einem Bild Susann E. erkannt habe.

Nach der Aussage von Carsten S. im NSU-Prozess vor dem OLG München am 11. Juni 2013 sei am 13. Juni ein Ermittlungsverfahren gegen Beate Zschäpe eingeleitet worden, heißt es weiter in der Antwort. Die Ermittlungsbehörden hätten neben den Ermittlungen zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe Abklärungen zu weiteren Personen und zu weiteren möglichen Anschlägen getroffen und zehn Personen als Zeugen befragt. Bei einer Lichtbildvorlage habe das Opfer des Anschlags angegeben, dass ihm mehrere Personen bekannt vorkämen, darunter eine Frau mit dem Aussehen von S. E. Die Frau, gegen die die Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung weiterhin als Beschuldigte ermittele, sei nicht erneut vernommen worden, weil der Zeuge Mehmet O. seine Wahrnehmung weder zeitlich noch örtlich noch situativ habe zuordnen können, so dass eine sinnvolle Befragung ebenso wie sinnvolle weitere Ermittlungen unmöglich gewesen seien. Hinzu komme, dass der Anschlag nach den durchgeführten Ermittlungen von Böhnhardt und Mundlos 1999 begangen wurde. Zu diesem Zeitpunkt hätten Böhnhardt und Mundlos die Beschuldigte S. E. noch nicht kennengelernt. Im Übrigen weiche das damalige Aussehen von S. E. von dem vorgelegten Lichtbild altersbedingt ab. Abschließend heißt es, eine Beteiligung an dem Sprengstoffanschlag in Nürnberg werde der Beschuldigten nicht vorgeworfen.

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4. Umgang mit haftentlassenen Personen

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/mwo) Eine Übersicht über Personen, die nach dem Strafrechtsparagrafen 129b (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland) seit 2006 verurteilt wurden, gibt die Bundesregierung in der Antwort (19/3647) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/3394). Den Angaben lägen die beim Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) zu diesen Verfahren erfassten Daten zugrunde, nicht aber Strafverfahren, die von Staatsanwaltschaften der Länder geführt werden. Aufgelistet werden 141 Fälle.

Zu den erfragten Hintergründen der Festnahme dieser Personen und zu eventuellen Auflagen nach einer Haftentlassung heißt es in der Antwort, diese Daten würden in den elektronisch geführten Verfahrensregistern beim GBA nicht geführt. Ein Teil der in der Übersicht aufgeführten Personen befinde sich noch in Haft. Angaben zum Aufenthaltsstatus beziehungsweise zur Abschiebung könnten im Übrigen nur für Personen gemacht werden, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Zu 15 Personen gebe es Erkenntnisse nach deren Haftentlassung. Von diesen hätten acht ein Aufenthaltsrecht und einen Aufenthalt in Deutschland. Sieben hätten kein Aufenthaltsrecht. Von diesen seien zwei abgeschoben worden und zwei seien freiwillig ausgereist, sodass sich elf Personen weiterhin in Deutschland aufhielten. Acht der 15 hätten einer Asylantrag gestellt, davon sei einer positiv und drei ablehnend beschieden worden. Vier Asylverfahren seien noch nicht abgeschlossen. Die Antwort enthält ferner Angaben zur Anzahl der Personen, die nach ihrer Haftentlassung als Gefährder oder Relevante Personen eingestuft wurden.

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5. Europäisches Hochschulnetzwerk fördern

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antwort

Berlin: (hib/ROL) Die Bundesregierung begrüßt die Initiative des französischen Staatspräsidenten Macron und der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union aus dem Jahr 2017, Europäische Hochschulnetzwerke aufzubauen. Europäische Hochschulnetzwerke können einen Beitrag zur Stärkung des europäischen Hochschul- und Forschungsraums, der europäischen Identität und der Wettbewerbsfähigkeit Europas leisten. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/3646) auf die Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen (19/3382). Wenn es gelinge, die europäische Hochschulkooperation in Lehre, Forschung, Innovation und Transfer auf ein neues Niveau zu heben und dieses auch institutionell in den Hochschulen zu verankern, könne Europa in wichtigen Zukunftsfeldern voranschreiten. Eine vernetzte Hochschullandschaft in Europa sei Ausdruck gelebter Freizügigkeit und Basis kulturellen Austausches sowie gegenseitigen Lernens und Verstehens.

Nach Angaben der Europäischen Kommission sollen die Europäischen Hochschulnetzwerke auf der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Hochschulen beruhen, die sich mit den gleichen Vorstellungen und Werten identifizieren und gemeinsame langfristige institutionelle Strategien für hochwertige Bildung, Forschung und Innovation entwickeln. Die Europäischen Hochschulnetzwerke sollen - so die Europäische Kommission - unter anderem die Entwicklung hochintegrierter, offener Studienprogramme vorantreiben, bei denen Module in verschiedenen Ländern miteinander kombiniert werden können. Jede Art von Hochschuleinrichtung aus jedem Mitgliedstaat könne sich nach Maßgabe fairer, ausgewogener Kriterien beteiligen. Dabei könnten die Hochschulen das Modell vorschlagen, das ihren Bedürfnissen entspreche, und zwar nach einem auf dem Bottom-up-Prinzip basierenden, offenen und transparenten Ansatz.

Die Europäische Kommission plant für Oktober 2018 eine erste Pilotausschreibung für die Förderung einer begrenzten Zahl von Hochschulnetzwerken mit Projektstart in der zweiten Jahreshälfte 2019. Die Bundesregierung plant ab dem Jahr 2019 eine zusätzliche komplementäre Förderung aus nationalen Mitteln. Nach Kenntnis der Bundesregierung wollen weitere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ebenfalls eine komplementäre nationale Förderung ins Leben rufen. Insbesondere Frankreich habe dies bereits angekündigt.

Die Bundesregierung unterstützt die Pläne der Europäischen Kommission, in den Jahren 2019 und 2020 Pilotprojekte im Rahmen des Programms Erasmus+ zu starten, um die Förderung in einem Nachfolgeprogramm zu Erasmus+ ab 2021 vorzubereiten und das Ziel von mindestens zwanzig Europäischen Hochschulnetzwerken bis 2024 zu erreichen.

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6. Ausgründungen aus Hochschulen

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/ROL) Die Förderung von Unternehmensgründungen ist eine vorrangige Aufgabe der Bundesregierung. Unternehmensgründer tragen entscheidend zur Weiterentwicklung der Wirtschaft und des Wohlstands in Deutschland bei. Das schreibt die FDP in ihrer Kleinen Anfrage (19/3653).

Eine besondere Rolle spielten dabei Ausgründungen aus den vier großen - maßgeblich mit Bundesmitteln geförderten - außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Zu deren Aufgaben gehöre unter anderem auch, Ausgründungen zu unterstützen, die die Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen ermöglichen, die innerhalb der Einrichtungen entstehen.

Obwohl der Bundesregierung die Wichtigkeit von Gründungen für Innovation seit Jahren bekannt sei, gebe es bislang keine umfassende systematische und transparente Darstellung über die Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen bei den vier großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen. In ihrer Kleinen Anfrage kritisiert die FDP, dass die Antwort der Bundesregierung (19/3057) in Teilen unzureichend gewesen sei. Die FDP legt nun eigene Berechnungen vor und fragt die Bundesregierung, ob sie diesen Berechnungen zustimme und warum aus Sicht der Bundesregierung ein Vergleich der vier großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit internationalen Universitäten wie der ETH Zürich, MIT oder Stanford nur schwer möglich sei.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 573 - 8. August 2018 - 12.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2018

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