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BUNDESTAG/7831: Heute im Bundestag Nr. 983 - 12.12.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 983
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 12. Dezember 2018, Redaktionsschluss: 15.42 Uhr

1. Mehr tun für Familienplanung in Afrika
2. FDP: Mehr Auskunftpflichten für Regierung
3. FDP für Überprüfung von Meister-Regelung
4. Italien muss 224,6 Milliarden refinanzieren
5. Neue Technologien am Finanzmarkt
6. Nachfragen zum Antidepressivum Zoloft


1. Mehr tun für Familienplanung in Afrika

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Anhörung

Berlin: (hib/JOH) Angesichts des massiven Bevölkerungswachstums in Subsahara-Afrika haben sich Experten am Mittwochmittag in einer öffentlichen Anhörung des Entwicklungsausschusses für ein größeres Engagement Deutschlands bei der Stärkung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der Rechte von Frauen und Mädchen ausgesprochen. "Deutschland als wichtiger und angesehener Akteur in der Entwicklungspolitik sollte das Thema voranbringen", urteilte Sonja Birnbaum von Plan International Deutschland. Wenn Mädchen und junge Frauen in Ländern mit hohen Geburtenraten die Selbstbestimmheit und die Mittel hätten, gemäß der eigenen Wünsche und Vorstellungen über Familienplanung zu entscheiden, würden sie weniger Kinder bekommen.

Dorothee Klüppel vom Bischöflichen Hilfswerk Misereror betonte den engen Zusammenhang zwischen Bildung und Geschlechterrollen. "Je länger die Mädchen in der Schule sind, desto später bekommen sie Kinder. Und sie bekommen weniger." Wenn man die Situation von Frauen verbessern wolle, sei es aber auch wichtig, Jungen und Männer einzubeziehen, ergänzte sie.

Nadine Krysostan vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) verwies beispielhaft auf die 2008 in Niger initiierten "Ehemann-Schulen" ("Husbands' school"), die große Fortschritte mit Blick auf die reproduktive Gesundheit von Frauen gebracht hätten. Die Frauen würden nun häufiger zu Vorsorgeuntersuchungen gehen und ihre Kinder öfter in Krankenhäusern statt zu Hause bekommen. Auch sei die Akzeptanz von Verhütungsmitteln gestiegen.

Gisela Schneider von "Brot für die Welt" betonte die Bedeutung von Zivilgesellschaft und religiösen Führern bei der Umsetzung von Familienplanungsprogrammen. So könnten lokale "Community Workers" in ganz besonderer Weise Einfluss auf die Menschen nehmen, weil sie Kultur und Sprache kennen würden. Auch Pastoren, Priester oder Imame seien extrem wichtig, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.

Katrin Erlingsen von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) warb für eine frühe und umfassende Sexualaufklärung von Kindern und Jugendlichen und bedauerte, dass das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) initiierte Regionalvorhaben zur Verbesserung von sexueller und reproduktiver Gesundheit und HIV-Prävention unter jungen Menschen im östlichen und südlichen Afrika im Januar 2019 auslaufen wird. Sie appellierte an die Bundesregierung, innovative Ansätze im Bereich der Sexualaufklärung weiterzuführen und auf weitere Regionen auszuweiten.

Besorgt zeigte sich Erlingsen über mögliche Auswirkungen der 2017 durch die US-Regierung reaktivierte so genannte Global Gag Rule. Der Richtlinie zufolge bekommen ausländische Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die zum Thema Schwangerschaftsabbruch beraten, Abtreibungen anbieten oder sich für deren Legalisierung einsetzen, keine US-amerikanischen Entwicklungsgelder mehr. Dies gelte auch für die Finanzierung von Angeboten, die nichts mit Abtreibungen zu tun hätten, erklärte Katrin Erlingsen von der DSW. Ihrer Ansicht nach würden dadurch schon jetzt zivilgesellschaftliche Netzwerke "erheblich geschädigt".

Frank Strelow, Vize-Präsident des Global HealthCare Programs der Bayer AG, sprach von einer "Neuordnung der Geberlandschaft durch die US-Politik" und warnte vor "bestehenden und zu erwartenden Finanzierungslücken im dreistelligen Millionenbereich". Er betonte außerdem, dass die Zahl der Frauen in Subsahara-Afrika, die Verhütungsmittel benutzten, stetig ansteige. Um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden, gelte es, die Mittel für die internationalen Familienplanungsprogramme deutlich zu erhöhen.

Sabine Baunach von der Kinderrechtsorganisation "Save the Children" betonte, nur mit dem Zugang zu qualitativ hochwertiger und bezahlbarer Basisgesundheitsversorgung könnte vermeidbare Mütter-, Neugeborenen- und Kindersterblichkeit beendet werden. Die Regierungen müssten dafür die Gesundheitssysteme stärken und entsprechende finanzielle Ressoucen mobilisieren. Die globale Finanzierungslücke betrage jedoch schätzungsweise 33 Milliarden US-Dollar jährlich.

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2. FDP: Mehr Auskunftpflichten für Regierung

Auswärtiges/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/AHE) Die FDP-Fraktion dringt auf mehr Auskunftverpflichtungen der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag. "Für einen vitalen Parlamentarismus ist zunehmend erforderlich, dass die Regierung das Parlament aktiv und frühzeitig über die Lage innerhalb der europäischen und internationalen Gremien aufklärt und dem Parlament auf diese Weise auch die Möglichkeit einräumt, die Verhandlungslinie Deutschlands mitzuprägen", schreiben die Abgeordneten in der Begründung eines Entwurfs zu einem "Gesetz zur Sicherung der Gewaltenteilung bei internationalen Entscheidungsprozessen" (19/6399). Die Bundesregierung müsse die Positionen, die sie vertrete, erklären und zur Diskussion stellen, sie dürfe den Bundestag nicht vor vollendete Tatsachen stellen. "Sonst droht im Rahmen der Internationalisierung der Politik eine Umgehung der Aufsichtsfunktion des Parlaments."

Nach den Vorstellungen der Liberalen sollen künftig bei Treffen des Europäischen Rates, der G7- und G20-Staaten sowie der Nato- und OSZE-Staaten sowie bei Sitzungen der UN-Generalversammlung auf Ebene der Staats- und Regierungschefs jeweils eine Vor- und eine Nachbereitungsdebatte im Bundestag stattfinden. "Der Bundeskanzler soll verpflichtet werden, vor jedem dieser Treffen im Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung über Lage, Themen und Ziele der Bundesregierung bei diesen Treffen abzugeben." In Nachbereitungsdebatten sollen Fraktionen und auf Verlangen von 25 Prozent der Mitglieder des Deutschen Bundestages das Recht haben, eine Debatte mit dem Bundeskanzler oder der Bundeskanzlerin "dazu zu führen, inwieweit sich die Ergebnisse eines Gipfels mit den Erläuterungen aus der Vorbereitungsdebatte in Einklang bringen lassen".

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3. FDP für Überprüfung von Meister-Regelung

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/PEZ) Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, die Folgen der abgeschafften Meisterpflicht in zahlreichen Handwerksberufen zu überprüfen. Das Handwerk kritisiere, dass die Abschaffung der Meisterpflicht in diesen Berufen keinen messbaren Beitrag geleistet habe, um mehr und qualifizierte Fachkräfte heranzubilden, begründen die Abgeordneten ihren Antrag (19/6415). Nach einer Evaluation solle bis zur Wahl zum Europäischen Parlament im Mai 2019 ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt werden, "der in seiner Ausrichtung Ausgangspunkt ist für weitere Initiativen zur Verbreitung des bewährten Modells der handwerklichen Aufstiegsfortbildung und des Meisterbriefs in einem Europäischen Bildungsraum gemäß des ,Kopenhagen-Prozesses' für die verstärkte europäische Zusammenarbeit in der beruflichen Aus- und Weiterbildung". Für bereits bestehende Betriebe, für die nach derzeitiger Gesetzeslage kein Meisterabschluss notwendig ist, solle es Bestandsschutz geben, heißt es in dem Antrag weiter.

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4. Italien muss 224,6 Milliarden refinanzieren

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Das Euroland Italien muss von Januar bis September 2019 rund 224,6 Milliarden Euro Staatsschulden durch Herausgabe von neuen Staatsanleihen refinanzieren. Wie aus der Antwort der Bundesregierung (19/6079) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/5767) weiter hervorgeht, stehen allein im ersten Quartal des nächsten Jahres kurzfristige Anleihen mit einem Volumen von 39,2 Milliarden Euro zur Refinanzierung an. Bei mittel- und langfristigen Anleihen sind es 47,6 Milliarden Euro in diesem Zeitraum.

Die durchschnittliche Verzinsung von öffentlichen Schulden wird für Deutschland für das Jahr 2018 mit 1,5 Prozent angegeben. In Italien rechne die EU-Kommission mit einer durchschnittlichen Verzinsung von rund 2,9 Prozent. Während die Rendite deutscher Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit 0,4 Prozent betrage, würden italienische Staatsanleihen mit dieser Laufzeit mit 3,6 Prozent rentieren. Der öffentliche Schuldenstand Italiens erhöhte sich seit 2013 von 2,07 Billionen Euro auf 2,26 Billionen Euro (Ende 2017). Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt stieg der Schuldenstand in diesem Zeitraum von 129 auf 131,2 Prozent.

Die Bundesregierung erklärt in der Antwort, sie beurteile "die Einhaltung der Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts als zentral für die Glaubwürdigkeit des Paktes und die Gewährleistung der Stabilität der Eurozone". Der Rat der Finanzminister (ECOFIN) habe in seinen Empfehlungen vom Juli 2018 besonderen Handlungsbedarf für Italien gesehen, da von dessen erheblichen gesamtstaatlichen Schuldenstand "Risiken von grenzüberschreitender Bedeutung" ausgehen. Die Bundesregierung will die Schuldentragfähigkeit Italiens nicht bewerten.

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5. Neue Technologien am Finanzmarkt

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Wie viele Finanzinstitute in Deutschland und Europa einen "Chief Digital Officer" haben, will die FDP-Fraktion in einer kleinen Anfrage (19/6207) erfahren. Außerdem soll die Bundesregierung angeben, warum bei neuen Finanzprodukten nur Einzelerlaubnisse erteilt werden und welche Hindernisse für die Schaffung einheitlicher Standards bestehen.

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6. Nachfragen zum Antidepressivum Zoloft

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PK) Die Fraktion Die Linke richtet sich mit einer Kleinen Anfrage (19/6345) zur Zulassung des Antidepressivums Zoloft erneut an die Bundesregierung. Es gehe um den Verdacht, dass die Risiken des Mittels im Zulassungsverfahren möglicherweise verschleiert worden seien. Die Abgeordneten wollen nun mehr erfahren über das damalige Prüfungs- und Zulassungsverfahren.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 983 - 12. Dezember 2018 - 15.42 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Dezember 2018

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