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BUNDESTAG/8057: Heute im Bundestag Nr. 191 - 20.02.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 191
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 20. Februar 2019, Redaktionsschluss: 13.57 Uhr

1. Kritik an Unabhängiger Patientenberatung
2. Strategie zur Künstlichen Intelligenz
3. CO2-Grenzwerte für Lkw und Busse
4. Renten für jüdische Kontingentflüchtlinge


1. Kritik an Unabhängiger Patientenberatung

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat sich in einem Expertengespräch erneut mit der Entwicklung bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) seit dem Gesellschafterwechsel 2016 befasst. Dabei wurde am Mittwoch neben Zustimmung zu dem neuen Konzept auch grundsätzliche Kritik geäußert.

Nach Ansicht der Patientenbeauftragten Claudia Schmidtke (CDU) gibt es keine Hinweise darauf, dass die Unabhängigkeit und Neutralität der Beratung nicht gewährleistet wäre. Sie habe sich vor Ort von der seriösen Arbeit der Mitarbeiter überzeugt. Zudem werde die UPD fortlaufend evaluiert. Die Kritik an der UPD sei oft nicht gerechtfertigt. Sie sprach sich allerdings für mehr Transparenz aus. Auch müssten die Beratungsangebote der UPD noch bekannter gemacht werden.

Die UPD-Auditorin Gabriele Fellermayer sagte, es würden regelmäßig Beratungsgespräche ausgewertet, um die Qualität zu überprüfen. Bei den Audits werde auch darauf geachtet, ob mehrere Optionen für eine Lösung angeboten und keine Empfehlungen für bestimmte Leistungserbringer ausgesprochen würden. Sie habe nie feststellen können, dass die Gespräche interessengeleitet verliefen, etwa pharmafreundlich.

Scharfe Kritik äußerte hingegen der Gesundheitsexperte Raimund Geene als Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der UPD. Bei aller Wertschätzung für die Arbeit der UPD gebe es eklatante Qualitätsmängel, einen Einbruch bei der Regionalität und eine hohe Diskontinuität des Angebotes.

Die Beratung sei sehr viel schlechter geworden, zudem habe es auf der Homepage der UPD falsche Aussagen etwa über die Vorsorge oder IGEL-Leistungen gegeben. Dies habe auch mit der Qualifikation der Mitarbeiter zu tun. Geene stellte die jetzige UPD-Struktur infrage und erklärte, die Patientenberatung sei ungeeignet für ein Geschäftsmodell.

UPD-Geschäftsführer Thorben Krumwiede wies die Grundsatzkritik zurück, räumte aber Fehler auf der Homepage in der Vergangenheit ein. Die Inhalte seien daraufhin überprüft worden. Die Arbeit der UPD werde sehr gut angenommen. Die telefonische Beratung stehe seit jeher im Vordergrund, jedoch seien auch kurzfristig Beratungstermine vor Ort zu bekommen. Dafür gebe es Berater an diversen Standorten.

Seit Januar 2016 betreibt die Callcenter-Firma Sanvartis die UPD. Zuvor wurde der Auftrag von einer Bietergemeinschaft aus Sozialverband VdK, Verbraucherzentrale Bundesverband und Verbund unabhängige Patientenberatung (VuP) wahrgenommen. Vor einiger Zeit hat es bei dem neuen Träger einen Gesellschafterwechsel auf Holdingebene gegeben.

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2. Strategie zur Künstlichen Intelligenz

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) "Künstliche Intelligenz (KI) ist ein wichtiger Beitrag, um Deutschland und Europa wettbewerbsfähig zu halten und muss als Schlüsseltechnologie begriffen werden." Das sagte Michael Meister (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Bildung und Forschung, vor dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in der Aussprache zur "Strategie der Bundesregierung zur Künstlichen Intelligenz (KI)" (19/5880). Gleichzeitig betonte Meister, dass KI immer auch dem Menschen dienen müsste und das Wohl des Menschen im Mittelpunkt stehe. "Es sei wichtig für einen ethischen, rechtlichen und kulturellen Rahmen zu sorgen, der unserem Verständnis gerecht wird und gesellschaftliche Grundwerte und individuelle Grundrechte wahrt", betonte Meister. Mit dem Bundeshaushalt 2019 stellt der Bund insgesamt 500 Millionen Euro zur Verfügung, bis 2025 sind 3 Milliarden Euro geplant. Die KI-Strategie der Bundesregierung trage vor allem die Handschrift des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, da über 50 Prozent der Maßnahmen in den Bereich Forschung und Innovation fallen würden. Federführend beteiligt sind zudem das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Für die KI-Forschung sollen zwölf überregionale Kompetenzzentren weiterentwickelt werden und mit weiteren einzurichtenden Zentren zu einem nationalen Netzwerk ausgebaut werden. "Mit dem dezentralen Ansatz kann Kompetenz und fachliche Exzellenz der verschiedenen Standorte genutzt und gefördert werden", unterstrich Meister. Er betonte, dass die Bundesregierung mit mindestens 100 zusätzlichen neuen Professuren eine breite Verankerung der KI an Hochschulen absichern will.

Dass das Fachgebiet KI jetzt schon in Deutschland in gewissem Rahmen etabliert ist, machte der Vertreter der CDU deutlich, indem er darauf verwies, dass es bereits 15 KI-Professuren gebe. Er setzte sich zudem dafür ein, die Förderung der Anwendung von KI in der Wirtschaft zu stärken. Zudem betonte er, dass Deutschland den Standort für die Chipentwicklung weiter fördern müsse, da sonst die Gefahr bestünde, dass diese in die USA abwandere.

Der Vertreter der AfD lobte die Bundesregierung dafür, dass sie bei KI das Wohl des Menschen in den Mittelpunkt stelle. Es gebe die Sorge, dass der Mensch durch KI degradiert werde und nicht mehr Herr seiner Person sei. Grundsätzlich kritisierte er die Strategie als eine Abfolge von "Absichtserklärungen". Man müsse zudem fragen, wie sich die Bundesregierung die angestrebte Weltmarktführerschaft in der KI vorstelle, wenn hierzulande für KI jährlich 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werdem und in China hingegen Milliardenbeträge aufgerufen würden.

Die Vertreterin der SPD betonte, dass im Bereich KI große Potentiale liegen würden, die es zu heben gelte. Gleichzeitig unterstrich sie: "KI wird Menschen nicht überflüssig machen." Ferner plädierte sie für einen sorgsamen Umgang mit Daten und unterstrich, dass die SPD den "Rohstoff Daten" nicht einigen wenigen Konzernen überlassen wolle. Sie forderte zudem, sich gerade bei der KI viel mehr zu Europa zu bekennen und zwar weit über das Vorhaben der EU-Kommission hinaus. Ziel der EU-Kommission ist es unter anderem, die Wirkung der Investitionen auf nationaler und EU-Ebene zu maximieren sowie Synergien zu fördern. Die privaten und öffentlichen KI-Investitionen sollen unionsweit auf 20 Milliarden Euro jährlich gesteigert und im künftigen Haushalt 2021-2027 sollen dafür mindestens 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden. Der Vertreter der FDP kritisierte ebenfalls, dass die Strategie sich nicht "geeint" lese, und keine klaren messbaren Zielkriterien definiert seien. Auch er monierte den Ansatz "Made in Germany" und sagte, die Strategie sei zu wenig an Europa orientiert. Das unterstrich auch die Vertreterin der Linken und die der Grünen. Die Vertreterin der Linken betonte, dass sich die Strategien der europäischen Mitgliedsländer sehr glichen und man mehr Kompetenz und Effizienz durch eine sinnvolle Arbeitsteilung erreichen könnte. Sie plädierte zudem dafür, den zivilgesellschaftlichen Anteil bei KI zu stärken. Die Vertreterin der Grünen sagte: "Eigentlich müssten die Prioritäten auf dem Ausbau eines europäischen Netz liegen."

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3. CO2-Grenzwerte für Lkw und Busse

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Anhörung

Berlin: (hib/SCR) Die geplanten EU-Flottengrenzwerte für den CO2-Ausstoß schwerer Nutzfahrzeuge sind am Mittwoch bei einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit auf ein gemischtes Echo gestoßen. Am Dienstag hatten sich Unterhändler von Kommission, Rat und EU-Parlament im Rahmen von Trilog-Verhandlungen auf einen gemeinsamen Vorschlag geeinigt: Demnach sollen die durchschnittlichen CO2-Emissionen von Lkw und Bussen gegenüber dem Referenzjahr 2019 bis 2030 um 30 Prozent sinken. Für 2025 ist als ein Zwischenziel eine Minderung von 15 Prozent vorgesehen. Zudem sollen emissionsarme beziehungsweise emissionsfreie Antriebe gefördert werden.

Nach Darstellung der EU-Kommission machen Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge aktuell sechs Prozent der Gesamtemissionen und 25 Prozent der CO2-Emissionen im Straßenverkehr aus. Ohne Maßnahmen würden die CO2-Emissionen zwischen 2010 und 2030 aufgrund des wachsenden Verkehrsaufkommens um neun Prozent zunehmen, schätzt die Kommission in der Begründung ihres Vorschlages (KOM(2018)284). Für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge hatte die EU im Dezember verschärfte Flottengrenzwerte beschlossen, Lkw und Busse waren bisher nicht in dieser Form reguliert.

Grundsätzlich positiv bewertete in der Anhörung Daniel Rieger vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) das Konzept der CO2-Flottengrenzwerte. Damit würden Anreize gesetzt, damit Hersteller entsprechende Fahrzeuge lieferten, die bereits jetzt nachgefragt würden. Für die Erreichung der Klimaziele sei allerdings sei ein höheres Ambitionsniveau nötig. Der NABU fordert in seiner Stellungnahme für 2025 ein CO2-Minderungsziel von 25 Prozent und für 2030 von 45 Prozent.

Auch Peter Mock vom International Council on Clean Transportation mahnte Ambitionssteigerungen an. Der aktuelle Vorschlag sei zwar ein "wichtiger und guter Schritt in die richtige Richtung", aber aus Perspektive des Klimaschutzes nichts ausreichend. Es müsse zudem auf Schlupflöcher geachtet werden. So warnte Mock davor, dass Hersteller im Referenzjahr 2019 ihre Emissionswerte nach oben drücken könnten, um später Einsparungen leichter erzielen zu können.

Stef Cornelis von Transport & Environment nannte das Ergebnis des Trilogs einen "guten Kompromiss". Die avisierten Ziele seien auch für die Hersteller machbar.

Philipp Kluschke vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung verwies darauf, dass zur Dekarbonisierung im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge noch kein "technologisches Heilmittel" in Sicht sei. Entsprechend seien "technologieunspezifische Anreize für Treibhausgasminderungen" wie Flottengrenzwerte notwendig. Es brauche aber zusätzliche Maßnahmen, etwa den Ausbau von öffentlicher Infrastruktur für alternative Antriebs- und Treibstoffkonzepte, sagte Kluschke.

Hans-Christian Pflug (Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden) begrüßte den Vorschlag. So werde darin ein ganzheitlicher Fahrzeugansatz statt eines Komponentenansatzes verfolgt. Der Zielwert für 2025 werde mit konventionellen Möglichkeiten der Fahrzeugoptimierung aber nicht erreichbar sein, man werde auf neue Technologien umsteigen müssen. Zudem müsse der Straßengüterverkehr im Ganzen in den Blick genommen werden, etwa logistische Abläufe oder auch Fahrerschulung, um die Ziele zu erreichen, sagte Pflug.

Skeptischer gegenüber dem von der EU gewählten Ansatz äußerte sich Götz Reichert vom Centrum für Europäische Politik. Statt auf Flottengrenzwerte zu setzen, wäre es nach Reicherts Auffassung sinnvoller, Raffinerien und Kraftstoffimporteure in ein Upstream-Emissionshandels-System einzubeziehen. Eine derartige CO2-Bepreisung könne anders als Flottengrenzwerte etwa eine kraftstoffsparende Fahrweise anregen. Zudem würden durch eine Einbeziehung in einen Emissionshandel auch Altfahrzeuge Teil der Klimaschutzanstrengungen. Deutschland habe die Möglichkeit, den Verkehrssektor national in ein Handelssystem zu integrieren, führte Reichert aus.

Heinrich Dismon (Rheinmetall Automotive AG) begrüßte den Vorschlag zwar als grundsätzlich "sinnvoll", stellte aber die technische Machbarkeit in Frage, da die Maßgaben "sehr anspruchsvoll" seien. So seien etwa motorische Potentiale nicht mehr sehr groß. Auch gegenüber synthetischen Kraftstoffen zeigte sich Dismon skeptisch. Vielmehr müsse es im Transportverkehr auch konzeptionelle Anpassungen geben, wolle man die Zielvorgaben einhalten. Grundsätzlich müsse zudem die Frage gestellt werden, wer das bezahlen solle. "Da ist ein sehr großes Fragezeichen", kritisierte Dismon.

Frank Iwer von der IG Metall betonte, dass die CO2-Regulierung sinnvoll sei, da die bisherige Reduktion des Treibhausgasausstoßes in dem Sektor nicht ausgereicht habe. Das Minderungsziel von 30 Prozent könne aber nicht allein durch die Lkw-Industrie erzielt werden, sagte Iwer. So brauche es flankierende regulatorische Maßnahme und Anreize, etwa mögliche Ausnahmen bei der zulässigen Fahrzeuglänge bei aerodynamisch effizienteren Fahrzeugen oder beim Einsatz modernerer Reifensysteme.

Der Sachverständige Horst-Joachim Lüdecke lehnte CO2-Flottengrenzwerte grundsätzlich als "unverhältnismäßig" ab und verwies auf mögliche volkswirtschaftliche Schäden. In seinen Ausführungen zweifelte er zudem den menschengemachten Klimawandel an.

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4. Renten für jüdische Kontingentflüchtlinge

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will die Alterssicherung jüdischer Kontingentflüchtlinge verbessern. Sie hat dazu einen Antrag (19/7854) vorgelegt, in dem sie auf die schwierige finanzielle Lage vieler der 200.000 jüdischen Zuwanderer aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion hinweist. Die Grünen verlangen von der Bundesregierung deshalb, einen Härtefallfonds nicht nur für jene Menschen einzurichten, die vom Rentenüberleitungsprozess nach 1991 benachteiligt wurden, sondern auch für Spätaussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge. Dies hätten Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag auch angekündigt, schreiben die Grünen. Ferner soll ein Sozialversicherungsabkommen mit den betroffenen Nachfolgestaaten der Sowjetunion abgeschlossen werden, um einen rückwirkenden Ausgleich von Alterssicherungsleistungen zu erzielen. Auch sollen jüdische Kontingentflüchtlinge rentenrechtlich mit Spätaussiedlern gleichgestellt werden, fordern die Grünen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 191 - 20. Februar 2019 - 13.57 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Februar 2019

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