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PRESSEKONFERENZ/374: Regierungspressekonferenz vom 10. Februar 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 10. Februar 2012
Regierungspressekonferenz vom 10. Februar 2012

Themen waren: Treffen der Eurogruppe in Brüssel, Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche (Gespräch mit der Issing-Kommission, informelles Abendessen mit europäischen Regierungschefs auf Schloss Meseberg, Treffen mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Valentinsgruß, Gespräch mit dem mazedonischen Ministerpräsidenten, Bundeskabinett, Teilnahme am Empfang der Initiative "wellcome", Abendessen des Bundeskabinetts mit den Richtern des Bundesverfassungsgerichts).
Weitere Themen waren: Umfragewerte des ZDF-Politbarometers zum Bundespräsidenten, finanzielle Hilfen für Griechenland, Standortreform der Bundeswehr, Reise des Bundesaußenministers nach Süd- und Mittelamerika

Sprecher: StS Seibert, Peschke (AA), Kothé (BMF), Dienst (BMVg)


Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren. Bevor ich zu den Terminen komme, will ich Ihnen nur kurz sagen, was Sie wahrscheinlich ohnehin schon wissen, dass die Bundeskanzlerin und der Finanzminister heute Vormittag im Kanzleramt die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien über die Ergebnisse des gestrigen Eurogruppen-Treffens in Brüssel und über den Stand der Vorbereitungen für ein neues Griechenland-Hilfsprogramm unterrichtet haben. Es wurde auch besprochen, welcher zeitliche Ablauf sich daraus für die notwendige Befassung des Deutschen Bundestages mit diesen Themen ergibt. Die Entscheidung über diese Befassung und die zeitliche Terminierung liegt natürlich beim Parlament selbst.

Nun kommen wir zu den öffentlichen Terminen der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche:

Am Montag, dem 13. Februar, empfängt Bundeskanzlerin Merkel um 15.00 Uhr zusammen mit Bundesfinanzminister Schäuble die Expertenkommission "Neue Finanzmarktarchitektur" - landläufig auch Issing-Kommission - im Kanzleramt zu einem Gespräch. Die Issing-Kommission übergibt der Kanzlerin ihre sechste Expertise zum Thema Aufbau einer neuen Finanzmarktarchitektur. Dieser Bericht befasst sich mit den wichtigen Themen Finanzmarktregulierung und insbesondere mit den Schattenbanken. Anschließend ist eine Pressebegegnung vorgesehen. Die Kanzlerin, der Finanzminister und der Vorsitzende der Kommission, Professor Issing, werden sich dann Ihren Fragen stellen.

Am Montagabend gegen 19.00 Uhr empfängt die Kanzlerin auf Schloss Meseberg drei Regierungschefs unserer europäischen Partnerländer, nämlich die Ministerpräsidentin Dänemarks, Frau Thorning-Schmidt, den Ministerpräsidenten von Estland, Herrn Ansip, und den niederländischen Premierminister Rutte zu einem informellen Abendessen auf Schloss Meseberg. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen ein informeller Gedankenaustausch, Fragen zur Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion sowie zur Europäischen Union allgemein. Dieses Treffen findet auf Einladung der Bundeskanzlerin statt.

Sie erinnern sich vielleicht: Ein ähnliches Treffen in einer Viererrunde hat am 19. Januar auf Schloss Meseberg stattgefunden, damals mit dem Bundeskanzler von Österreich und den Ministerpräsidenten von Schweden und Portugal. Die Bundeskanzlerin legt sehr stark Wert darauf, dass man einmal ohne eine formale Tagesordnung zusammenkommt, um einen zukunftsweisenden Dialog zu führen. Es wird auch weitere solcher Begegnungen geben. - Wie beim letzten Mal ist nach Ankunft der Gäste auf Schloss Meseberg ein Bildtermin vorgesehen.

Am Dienstag, den 14. Februar, empfängt die Bundeskanzlerin um 10.45 Uhr den neuen Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi. Die aktuelle Entwicklung in Syrien wird sicherlich im Mittelpunkt dieses Gesprächs stehen. Weitere Themen werden der Nahost-Friedensprozess und generell die Beziehungen Deutschlands zur Arabischen Liga sein. Es wird zu Beginn des Termins einen Fototermin und Statements im Kanzleramt geben.

Gegen 11.50 Uhr am Dienstag nimmt die Bundeskanzlerin - das ist ein jährlich wiederkehrender Termin, der sich zu einer schönen Tradition entwickelt hat - den Valentinsgruß entgegen. Er wird vom Präsidenten des Zentralverbandes Gartenbau und der Deutschen Blumenfee 2011/2012 übergeben. Es ist ein Fototermin.

Am frühen Nachmittag, um 14.00 Uhr, empfängt die Bundeskanzlerin den Ministerpräsidenten von Mazedonien, Nicola Gruevski, im Bundeskanzleramt. Im Anschluss an diese Begegnung ist für etwa 14.45 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz der beiden geplant.

Der Mittwoch beginnt wie üblich um 9.30 Uhr mit der Tagung des Bundeskabinetts.

Ab 11.30 Uhr nimmt die Bundeskanzlerin am Empfang von "wellcome" teil. Das ist eine wichtige Initiative, die jungen Familien unmittelbar nach der Geburt ihres Kindes ehrenamtlich Hilfe zukommen lässt. Diese Initiative, deren Schirmherrin die Bundeskanzlerin seit 2007 ist, feiert ihren 10. Geburtstag. Die Kanzlerin hält die Festrede. Es geht bei dem, was "wellcome"-Teams machen, um sehr praktische und sehr lebensnahe Hilfe, besonders an junge Mütter in den ersten Monaten nach der Geburt ihres Kindes. Und das Ganze geschieht, wie gesagt, auf ehrenamtlicher Basis.

Am Mittwoch, ab 18.00 Uhr, besucht die Kanzlerin gemeinsam mit dem Bundeskabinett auf Einladung des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Professor Voßkuhle, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Es wird ein gemeinsames Abendessen des Kabinetts mit dem Richterkollegium sein. Ziel dieses Zusammenkommens, das informellen Charakter hat und so regelmäßig seit einigen Jahren stattfindet, ist ein allgemeiner Gedankenaustausch.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Peschke: Vor dieser Veranstaltung waren hier Vertreter der syrischen Opposition. Darin ging es u. a. um die Forderungen, die sie an die Bundesregierung haben. Ich würde gern wissen, ob es generell einen neuen Stand gibt, was Syrien angeht. Zweitens hätte ich gern eine Antwort auf die konkreten Forderungen der syrischen Oppositionellen, die heute hier waren. Sie haben gesagt, die gestrige Entscheidung von Herrn Westerwelle, vier syrische Diplomaten auszuweisen, sei natürlich höchst begrüßenswert und richtig. Es reiche aber nicht aus, sondern man müsse den syrischen Botschafter ausweisen und die Botschaft schließen lassen. Wie realistisch ist das? Behalten Sie sich das vor? Könnte das in den nächsten Tagen passieren?

Peschke: Zu den Forderungen im Einzelnen kann ich nur etwas sagen, wenn Sie mir diese noch einmal als Vorhalt machen. Ich habe die Pressekonferenz selber nicht verfolgen können. Insofern kann ich pauschal nicht im Einzelnen zu den Forderungen Stellung nehmen, die erhoben wurden. Ich werde mir das natürlich noch einmal ansehen, und wir können darüber im Gespräch bleiben.

Grundsätzlich ist es in Bezug auf unsere Tätigkeitsfelder so - dazu hat der Bundesaußenminister bei der außenpolitische Debatte im Bundestag auch noch einmal ein paar Worte gesagt -, dass wir auf verschiedenen Feldern arbeiten, um unseren Beitrag zur Lösung und Beilegung der Krise in Syrien zu leisten.

Das ist zum einen natürlich unsere politische Unterstützung für die Initiativen der Arabischen Liga, die eine wichtige politische Rolle in dem Syrien-Konflikt spielt und eine aktive Rolle spielen möchte, um den Konflikt beizulegen. Gestern hat der Bundesaußenminister deswegen auch noch einmal mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga telefoniert. Es gibt den Vorschlag, eine gemischte Beobachtermission aus Beobachtern, die die VN stellt, gemeinsam mit den Beobachtern der Arabischen Liga aufzustellen. Diesen Vorschlag unterstützt Außenminister Westerwelle. Dann gibt es den Vorschlag, einen VN-Sonderbeauftragten für Syrien zu benennen, um die Tätigkeit der internationalen Staatengemeinschaft noch besser abzustimmen. Auch diesen Vorschlag unterstützt Außenminister Westerwelle.

Dann gibt es selbstverständlich das Handlungsfeld des politischen und diplomatischen Drucks. Es ist so, dass wir in Vorbereitung des EU-Außenministertreffens Ende des Monats daran arbeiten, die Sanktionen in Bezug auf Syrien massiv zu verschärfen, um dem Assad-Regime sozusagen die Quellen abzuschneiden, um die Gewalt gegen die syrische Bevölkerung weiter durchführen zu können.

Dann gibt es natürlich das Feld der humanitären Unterstützung. Soweit ich weiß, war das am Rande auch Thema der vorhergehenden Pressekonferenz. Wir sind natürlich ständig im Kontakt mit den humanitären internationalen Organisationen und unseren Partnern und überprüfen, ob - und gegebenenfalls was - getan werden kann. Es war immer eine Forderung von uns, dass humanitärer Zugang zu Syrien eröffnet werden muss. Da werden wir natürlich dran bleiben und werden uns mit jeder Initiative, die es gibt, konstruktiv befassen und versuchen, Fortschritte zu erreichen. - Das zum grundsätzlichen Engagement.

Zur syrischen Opposition kann ich sagen, dass wir natürlich selber im ständigen Kontakt mit der syrischen Opposition stehen. Außenminister Westerwelle hat selber mehrfach mit dem Vorsitzenden des oppositionellen syrischen Nationalrats, Prof. Ghaliun, telefoniert. Unsere Diplomaten sind im ständigen Kontakt mit dessen Mitarbeitern und Vertretern der Opposition. Unser Ziel ist es, die syrische Opposition zu stärken und sie dabei zu unterstützen, eine einheitliche oppositionelle Front gegen das Assad-Regime aufbauen zu können.

Zu dem Punkt, den Sie zum Schluss in Bezug auf die Ausweisung der Botschaftsmitarbeiter erwähnt haben: Außenminister Westerwelle hat gestern den Kontext erläutert, in dem die Ausweisung stattgefunden hat. Er hat ganz klar gemacht, dass er sich ausdrücklich weitere Schritte vorbehält. Insofern kann ich Ihnen im Moment nichts darüber verkünden, welche konkreten weiteren Schritte erfolgen könnten. Aber klar ist, dass wir die Lage in Syrien, auch die Lage für syrische Oppositionelle in Deutschland und das politische Gesamtbild die ganze Zeit sehr eng beobachten und in einer täglich vorzunehmenden Neubewertung darüber entscheiden werden, ob und welche weiteren Schritte erforderlich sind.

Zusatzfrage: Noch ein Versuch: Das heißt also, der Außenminister denkt darüber nach, den syrischen Botschafter auszuweisen?

Peschke: Das habe ich ausdrücklich nicht gesagt. Er behält sich ausdrücklich weitere Schritte vor. Welche konkreten Schritte das sein können, lasse ich ganz ausdrücklich offen. Es gibt eine ganze Bandbreite von Schritten, die hypothetisch denkbar wären. Dazu möchte ich in keine konkrete Diskussion einsteigen.

Tatsache ist, dass der syrische Botschafter im Moment in Deutschland ist, hier auch weiter tätig ist und dass wir - darüber haben wir auch immer wieder informiert - dem syrischen Botschafter leider immer wieder und immer häufiger per Einbestellung sehr klare Botschaften übermitteln müssen, damit unsere Positionen auch auf diesem Wege sehr klar an das Regime in Damaskus herangetragen werden.

Frage: Ich habe eine Frage an den Regierungssprecher zum Thema Bundespräsident. Laut aktuellem ZDF-Politbarometer sehen 77 Prozent der Befragten das Ansehen Christian Wulffs dauerhaft im Amt beschädigt. Wie geht die Bundeskanzlerin mit diesem andauernden Glaubwürdigkeitsverlust um?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat sich oft - und auch wieder in den letzten Tagen - zu ihrer Haltung zum Bundespräsidenten geäußert, die sich im Übrigen nicht verändert hat und die schon gar nicht den Erhebungen des Politbarometers unterliegt.

Zusatzfrage: Können Sie diese aktuelle Haltung noch einmal wiederholen?

StS Seibert: Die Haltung der Bundeskanzlerin ist, dass sie die Arbeit des Bundespräsidenten schätzt, dass sie überzeugt ist, dass er die gute Arbeit, die er in den ersten anderthalb Jahren seiner Amtszeit zum Wohle dieses Landes und des Volkes gemacht hat, auch fortsetzen wird, dass sie schätzt, mit welcher Offenheit er auf Anfragen aus allen Richtungen in hunderten von Fällen eingegangen ist, welche Transparenz er hergestellt hat und dass sie auch davon ausgeht, dass diese Transparenz auch weiterhin gelten wird, sollte es weitere Anfragen zu einzelnen Sachverhalten geben.

Frage: Eine Frage zum Griechenland-Komplex: Bis vor Kurzem haben wir von etlichen Stellen immer wieder die Warnung gehört, dass die Zeit dränge und eine schnelle Lösung her müsse. Bis Mitte März muss sowohl die Beteiligung privater Gläubiger als auch das zweite Paket verabschiedet sein. Jetzt gibt es die Planung, dass der Deutsche Bundestag sich Ende Februar mit dem Thema Griechenland befasst. Reicht die Zeit bis Ende März für all diese Modalitäten aus?

StS Seibert: Ich kann nicht für den Deutschen Bundestag sprechen. Ich kann auch nicht bestätigen, ob der Deutsche Bundestag sich schon wirklich unter allen Fraktionen auf diesen 27. Februar als Tag der Befassung geeinigt hat. Da müssen Sie wirklich im Bundestag nachfragen. Ich bin aber ganz überzeugt, dass die Abgeordneten und auch die Fraktionen sehr wohl im Blick haben, welche zeitlichen Abläufe einzuhalten sind und dass sie das dabei auch berücksichtigen.

Zusatz: Aber der Vorschlag für den 27. Februar kam von der Bundeskanzlerin.

StS Seibert: Heute Morgen ist die Frage des zeitlichen Ablaufs zwischen der Bundeskanzlerin und den Partei- und Fraktionsvorsitzenden besprochen worden. Aber die Entscheidung darüber, welcher Tag es dann wird, wird immer in den Händen des Parlaments und der Fraktionen liegen.

Zusatzfrage: Eine Frage an das Bundesfinanzministerium. Gibt es für den Fall, dass die Zeit drängt, eine Alternative, wie man das Ganze beherrschen kann? Gibt es eine andere Herangehensweise, was die Entscheidungen hinsichtlich dieses Pakets betrifft?

Kothé: Wir hoffen - und arbeiten mit allem Nachdruck daran -, dass wir innerhalb dieses Zeitrahmens zu Entscheidungen kommen und das Programm auch umgesetzt werden kann.

Frage: Frau Kothé, welche Voraussetzungen müssen noch erfüllt werden, damit kommende Woche die Eurogruppe der Finanzminister den Beschlüssen und dem neuen Hilfspaket zustimmen kann?

Herr Seibert, warum liegt eine Staatspleite nicht im Interesse der Bundesregierung?

Kothé: Sie wissen, dass bis gestern zu wichtigen Punkten entscheidungsreife Unterlagen teilweise nur in Entwürfen und teilweise noch gar nicht vorgelegen haben. Die wichtigsten Dinge, die ich hier nennen kann: Erst einmal ist die Grundvoraussetzung ein Beschluss des griechischen Parlaments hinsichtlich der Sparmaßnahmen, die noch notwendig sind, um die Finanzlücke im Haushalt 2012 zu schließen. Am Sonntag soll das Parlament wohl entscheiden. Dann sind auf europäischer Ebene - auch das steht noch aus -, feste Zusagen der Parteien verlangt worden, sich zu verpflichten, die Auflagen des Programms beziehungsweise der Umschuldungsmaßnahmen umzusetzen. Was gestern auch noch nicht vorgelegen hat, ist eben eine Liste der sogenannten "prior actions", also der Maßnahmen, die von Griechenland durchzuführen sind, bevor es zu einer Programmentscheidung kommt. Dazu gehören - das wissen Sie - auch Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem ersten Programm vereinbart worden waren.

StS Seibert: Ich möchte gerne ganz generell, aber aus tiefer Überzeugung sagen, dass die Bundesregierung für eine positive Zukunft Griechenlands arbeitet. Die Bundesregierung arbeitet dafür, dass Griechenland seine Schuldentragfähigkeit und seine Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen kann. Die Maßnahmen, die dafür ergriffen werden müssen und die Deutschland wie andere europäische Partner ausdrücklich unterstützen, sind Konsolidierungsmaßnahmen, sind Reformmaßnahmen, die, wie gesagt, die Wettbewerbsfähigkeit und die finanzielle Stabilität dieses Landes wiederherstellen. Darin, glauben wir, liegt die positive Zukunft für die griechischen Menschen. Das ist das deutsche Interesse. Ein Prozess, den vielerlei Experten als vollkommen unberechenbar und mit schweren Risiken behaftet darstellen, kann weder im deutschen noch im griechischen noch im europäischen Interesse sein.

Frage: Frau Kothé, Sie haben von festen Zusagen der Parteien, die die griechische Regierung unterstützen, gesprochen. Welche Form sollen diese Zusagen haben? Sollen das separate Schreiben sein? Reicht es aus, wenn die Parteien unterschreiben?

Kothé: Das sollen schriftliche Erklärungen - ich glaube, der im griechischen Parlament vertretenen Parteien - zu diesen beiden Bereichen sein.

Zusatzfrage: Muss jeder Einzelne oder müssen alle zusammen in einem Papier unterschreiben?

Kothé: Ich weiß es nicht, aber ich glaube, solche Formvorschriften - ob jetzt alle auf einem Papier oder einzeln unterschreiben - sind da nicht vereinbart. Wichtig ist, dass es alle tun.

Zusatzfrage: Ich frage deswegen nach, weil uns dieses Thema auch demnächst bestimmt beschäftigen wird; denn das wird ein heikler Punkt, das haben wir auch in der Vergangenheit erlebt. Gibt es insofern bestimmte Vorgaben?

Kothé: Ich kann Ihnen zu formalen Vorgaben nichts sagen. Der zentrale Punkt ist doch die politische Verpflichtung und Bindung der Parteien. Ob es dazu schon irgendwelche formalen Verabredungen gibt oder nicht, weiß ich nicht; da bin ich jetzt schlicht überfragt. Wie gesagt, das Wichtige ist die politische Bindung der Parteien zu den Beschlüssen.

Frage: Die Bundesregierung spricht immer über Reformen, die Griechenland noch nicht durchgeführt habe. Haben Sie eine Liste dieser Reformen? Was genau meinen Sie mit "Reformen"?

StS Seibert: Ich kann Ihnen hier jetzt sicherlich keine abschließende Liste vortragen. Ich könnte erwähnen, dass sich Griechenland beispielsweise zu umfangreichen Privatisierungen bereitgefunden hat, die bestenfalls zum Teil umgesetzt wurden. Es ist seit Langem darüber gesprochen worden, dass Berufsfelder geöffnet, liberalisiert werden sollen. Das alles sind Maßnahmen, die kein Geld verschlingen, aber Wachstumskräfte freisetzen. Auch da muss man wahrscheinlich sagen - das ist jedenfalls auch die Einschätzung der Troika, soweit wir sie aus Athen hören -, dass bisher noch nicht sehr viel geschehen ist. Ich glaube, in dieser Richtung müssen Sie denken.

Es geht ja in der öffentlichen Betrachtung dessen, was Griechenland derzeit vor sich hat, der schwierigen Phase, in der Griechenland derzeit steckt - dass es eine sehr schwierige Phase ist, wird ja auch hier anerkannt -, geht es immer nur um das Sparen. Ich glaube, es wäre sinnvoll, daran zu erinnern, dass viele der Maßnahmen, zu denen die Griechen sich verpflichtet haben und deren wir Umsetzung in Europa auch erhoffen, nicht Sparmaßnahmen sind, sondern Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Maßnahmen, die dazu führen sollen, dass das Land wieder reif und attraktiv für Investitionen wird und dass es seine Wachstumskräfte entfesseln kann, die derzeit - eben auch aufgrund solcher struktureller Blockaden - gefesselt sind.

Frage: Herr Dienst, wie äußern Sie sich zur Kritik des grünen Abgeordneten Tobias Lindner, er sei vom Ministerium nicht richtig über die Infrastrukturkosten der Standortreform der Bundeswehr informiert worden?

Dienst: Was soll ich mich dazu äußern? Wenn das sein Gefühl ist, dann ist das sein Gefühl.

Zusatzfrage: Er sagt ja, dass es ihm schleierhaft sei, wie die Kosten für die Entscheidung, welcher Standort geschlossen wird und welcher ausgebaut wird, eine Rolle gespielt haben können, da ihm mitgeteilt wurde, diese Aufstellung der Kosten gebe es noch nicht.

Dienst: "Verschleierung" ist ja ein wohlfeiles Wort aus dem Behauptungsrepertoire. Wenn wir jetzt konkret in die Frage des Zusammenhangs von Kosten und Standortkonzept gehen, dann ist es so, dass das Stationierungskonzept anhand der Kriterien Funktionalität, Kosten, Attraktivität und Präsenz in der Fläche entwickelt worden ist. Das Kriterium der Kosten wurde anhand der an den Standorten getätigten Infrastrukturmaßnahmen und anhand der Betriebskosten bewertet. Das ist die Bewertungsgrundlage gewesen. Was jetzt kommt, sind die Kosten, die im Zusammenhang mit der Realisierung stehen, die also entstehen, wenn Verbände wirklich umziehen. Diese Kosten werden zurzeit abgeschätzt beziehungsweise konkret aufgelegt. Es ist aber nicht so, dass die der Realisierungsplanung zugrunde liegenden Kosten - die in der Zukunft liegen - die Grundlage für die Entscheidungen in der jüngsten Vergangenheit waren.

Zusatzfrage: Einer der explizit aufgeführten Kostenpunkte sind ja die bisherigen sowie die mittelfristig und langfristig erforderlichen Infrastrukturinvestitionen. Ist das so zu verstehen, dass eine Kalkulation der Kosten, die an einem neuen Standort - an dem vielleicht Kräfte gebündelt werden - zu erwarten sind, bei der Standortkonzeption gar nicht erfolgte?

Dienst: Natürlich wurde eine Grobabschätzung gemacht. Wenn Sie Panzer verlegen müssen, die einer Halle zum Unterstellen bedürfen, müssen Sie ja unterscheiden zwischen Standorten, die eine solche Halle haben, und Standorten, die keine solche Halle haben. Dann ist Ihnen in der Abschätzung klar: Wenn Sie an einen Standort gehen, der keine Halle hat, dann müssen Sie eine Halle bauen. An einem anderen Standort haben Sie vielleicht eine Halle. Das heißt aber noch lange nicht, dass an dem Standort, an dem eine Halle ist, auch der Truppenübungsplatz für die Panzer direkt in der Nähe ist. Es macht aber keinen Sinn, einen Standort mit einer Halle für Panzer, aber ohne einen Truppenübungsplatz in der Nähe auszuwählen. Sie müssen dann vielmehr an einen Standort gehen, in dessen Nähe Sie einen Truppenübungsplatz haben, und müssen dort vielleicht eine Halle bauen. All diese Gesichtspunkte sind Bestandteil der Realisierungsplanung.

Ansonsten gilt aber - ich sage es noch einmal -: Das Wort "Verschleierung" ist ein wohlfeiles Wort aus dem Behauptungsrepertoire.

Zusatzfrage: Sie sagten gerade, eine Grobabschätzung sei natürlich vorgenommen worden. Warum ist dies dem Abgeordneten denn nicht mitgeteilt worden?

Dienst: Es gibt Dutzende von Anfragen von Abgeordneten; fast alle Wahlkreisabgeordneten, in deren Bereich sich Standorte verändern, haben Anfragen gestellt. Die Antworten sind in dem Sinne ergangen, wie ich Ihnen das gesagt habe: In die Stationierungsentscheidung sind die Kosten insbesondere für bereits getätigte Investitionen und für Betriebskosten eingeflossen. Wenn der Herr Abgeordnete mit dieser Antwort nicht zufrieden ist, dann kann er das äußern; das ändert aber nichts an meinen Auskünften Ihnen gegenüber.

Peschke: Ich möchte noch die Gelegenheit ergreifen, auf die Reise des Außenministers nach Süd- und Mittelamerika in der nächsten Woche hinzuweisen. Außenminister Westerwelle wird in der ersten Wochenhälfte in Brasilien sein und dort Brasília, São Paulo und Rio de Janeiro besuchen. Er wird dort mit dem Außenminister zusammentreffen und eine Rede vor dem brasilianischen Industrieverband halten. Er wird gemeinsam mit dem brasilianischen Wissenschaftsminister das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo einweihen und er wird gemeinsam mit dem Präsidenten des Goethe-Instituts, Professor Klaus-Dieter Lehmann, die Pläne für das Deutschlandjahr in Brasilien 2013/2014 vorstellen. Er wird im Anschluss an den Aufenthalt in Brasilien noch die Länder Peru und Panama besuchen.

Im Anschluss daran wird er in Mexiko, in Los Cabos, am G20-Außenministertreffen teilnehmen. Dieses G20-Außenministertreffen ist das erste Treffen im Kreis der G20, das auf Außenministerebene stattfindet. Das ist sozusagen die Bereicherung des G20-Kreises um eine weitere Komponente, (sodass es dort neben) wirtschafts- und finanzpolitischen Themen nun auch gezielt um außenpolitische und sicherheitspolitische Themen (gehen wird).

Ziel der Reise ist es, unsere ohnehin schon engen Verflechtungen und Beziehungen zu Lateinamerika weiter zu vertiefen. Das gliedert sich - auch strategisch - in das am Mittwoch von Außenminister Westerwelle vorgeschlagene und vom Kabinett verabschiedete Konzept "Globalisierung gestalten - Partnerschaften ausbauen - Verantwortung teilen" - in Kurzform Gestaltungsmächtekonzept genannt - ein. Sie sehen also, dass die Umsetzung des Konzeptes nicht irgendwann, sondern schon jetzt in Angriff genommen wird. Es ist ein wichtiger Schwerpunkt für den Außenminister und für die Bundesregierung, die Beziehungen zu strategisch wichtigen Regionen systematisch auszubauen, zu erweitern und zu vertiefen.


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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 10. Februar 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/02/2012-02-10-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2012