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PRESSEKONFERENZ/440: Regierungspressekonferenz vom 20. Juni 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 20. Juni 2012 Regierungspressekonferenz vom 20. Juni 2012

Themen: Gewalt im Gazastreifen und in Südisrael, Termine der Bundeskanzlerin (Absage der Teilnahme am Festakt zum 10-jährigen Bestehen der Kulturstiftung des Bundes, Viertelfinalspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Danzig), Griechenland, Nationaler Bildungsbericht 2012, Asylbewerberleistungsgesetz, Atomprogramm des Iran

Sprecher: SRS Streiter, Peschke (AA), Kothé (BMF), Herbst (BMBF), Wendt (BMAS)



Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Peschke: Ich möchte eine aktive Stellungnahme abgeben, und zwar zur Eskalation der Situation im Gazastreifen und um den Gazastreifen herum in Südisrael. Ich muss Ihnen mitteilen, dass Außenminister Westerwelle die Eskalation der Gewalt im Gazastreifen und in Südisrael mit größter Sorge verfolgt. Auslöser dieser Eskalation der Gewalt sind ein anhaltender Raketenbeschuss auf Israel aus Gaza und Attacken auf Israel an der israelisch-ägyptischen Grenze. Dieser Raketenbeschuss und diese Attacken sind durch nichts zu rechtfertigen und werden von der Bundesregierung klar verurteilt. Aus Sicht von Außenminister Westerwelle muss eine erneute Zuspitzung der Lage mit weiteren zivilen Opfern auf alle Fälle vermieden werden. Deshalb ruft Außenminister Westerwelle im Namen der Bundesregierung alle Seiten zu äußerster Zurückhaltung und Besonnenheit auf.

SRS Streiter: Ich wollte Sie über eine Änderung im Terminkalender der Bundeskanzlerin informieren: Das für den Freitagnachmittag vorgesehene Treffen der Bundeskanzlerin in Rom mit Ministerpräsident Mario Monti, dem spanischen Ministerpräsidenten Rajoy und dem französischen Präsidenten Hollande ist von italienischer Seite von 17.30 Uhr auf 14 Uhr vorverlegt worden. Das Treffen wird bis ca. 16.15 Uhr dauern. Dies bedeutet, dass die Bundeskanzlerin deswegen leider nicht wie ursprünglich vorgesehen am Festakt anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Kulturstiftung des Bundes in Halle teilnehmen kann. Sie wäre wirklich gerne sehr gerne dabei gewesen, musste ihre Teilnahme aber deswegen leider absagen. Sie wird bemüht sein, zu einem anderen Zeitpunkt die wichtige und hervorragende Arbeit der Kulturstiftung persönlich zu würdigen.

Andererseits ermöglicht diese Terminverschiebung der Bundeskanzlerin die Möglichkeit, die Einladung des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk anzunehmen, sich am Freitagabend das Viertelfinalspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Danzig anzusehen und die deutsche Mannschaft persönlich zu unterstützen. Sie muss sich also nicht dorthin beamen, sondern sie wird fliegen, und sie wünscht sich eine spannende und faire Partie.

Frage: Stellt sich die Kanzlerin denn darauf ein, dort möglicherweise auch schon auf Herrn Samaras zu treffen und ein erstes Gespräch mit ihm persönlich zu führen?

SRS Streiter: Die Kanzlerin stellt sich auf ein spannendes Fußballspiel ein. Das ist der Tag des Sports. Sollte Herr Samaras dort sein, wird auch er sich voll dem Sport widmen, nehme ich an.

Zusatzfrage: Aber es könnte natürlich wieder eine kurzfristige Terminänderung geben, und man würde dann sicherlich Zeit für ein bilaterales Gespräch finden.

SRS Streiter: Wahrscheinlich in der Halbzeitpause.

Frage: Ist vielleicht ein bilaterales Treffen mit Ministerpräsident Tusk geplant? Steht diese Reise schon fest?

SRS Streiter: Meinen Sie ein Treffen anlässlich dieser Reise? Ja, er hat sie ja eingeladen. Deshalb werden sie sich - - -

Zusatzfrage: Aber wird es vor dem Spiel noch zu einem bilateralen Treffen zwischen Frau Merkel und Herrn Tusk kommen, oder werden die nur einmal zusammen das Spiel sehen?

SRS Streiter: Es handelt sich um ein Fußballspiel, und dabei geht es ausschließlich um Sport.

Frage: Wie ist denn diese Verschiebung zustande gekommen, auf wessen Initiative oder Bitte hin?

SRS Streiter: Wie ich gerade gesagt habe, hat die italienische Regierung dieses Treffen vorverlegt.

Zusatzfrage: Was ist der Grund?

SRS Streiter: Das weiß ich nicht. Das müssen Sie die Italiener fragen.

Zusatzfrage: Aber ist es nicht so, dass die Kanzlerin darum gebeten hat? Das wäre auch eine Möglichkeit.

SRS Streiter: Davon ist mir nichts bekannt. Mir ist nur bekannt, dass das Treffen von der italienischen Seite vorverlegt wurde.

Frage: Herr Streiter, es steht noch nicht fest, wer der zukünftige Ministerpräsident in Athen sein wird. Höchstwahrscheinlich werden wir heute Abend mehr wissen. Höchstwahrscheinlich wird es Samaras werden. Für den Fall, dass Samaras auch dabei sein wird, wird es ja eine erstklassige Gelegenheit geben, dieser fußballerischen Unterstützung auch eine politische Dimension zu geben, und zwar mit einer ersten Begegnung zwischen Frau Merkel und Samaras. Besteht diese Möglichkeit?

SRS Streiter: Wenn er da sein wird, werden sie sich zwangsläufig begegnen. Dann werden sie sich sicherlich sehr herzlich begrüßen, dem Fußball widmen und dann über Abseits und sonstige solche Dinge diskutieren.

Frage: Da wir nun mitten im Thema sind und über Abseits reden, könnten wir auch über Griechenland, über dessen mögliches Abseits und darüber reden, wie man dem abhelfen möchte. Ein Thema wird sicherlich der möglicherweise veränderte Zeitplan sein, und ein anderes sind mögliche Bemühungen in Brüssel, Athen nicht nur mehr Zeit für Reformen zu geben, wie man einer Berichterstattung in der "Süddeutschen Zeitung" heute entnehmen kann, sondern auch die Erwartung zu wecken, dass es ein ganz neues Memorandum zur Umsetzung der Sparbeschlüsse für Griechenland geben könnte. Kann sich die Bundesregierung vorstellen, dass es nicht nur Kleinigkeiten an Änderungen gibt, sondern eventuell auch ein ganz neues Memorandum, mit dem die Umsetzung der Sparbeschlüsse dann sozusagen festgelegt wird?

SRS Streiter: Was die Zeitachse betrifft, sieht sie ja so aus: Es wird erst eine Regierungsbildung in Griechenland geben, dann wird die Troika nach Griechenland reisen, dann wird die Troika zurückkehren, dann wird die Troika berichten, und dann wird entschieden werden. Alles andere ist wirklich pure Spekulation. An dem Grundsatz, dass die getroffenen Vereinbarungen alle umgesetzt werden müssen und dass daran nicht gerüttelt wird, hält die Bundesregierung fest.

Zusatzfrage: Kann sich die Regierung denn die Divergenz erklären, die heute Morgen zwischen den Aussagen von Herrn Kauder und Herrn Brüderle entstanden ist? Herr Kauder sagte auf "Spiegel ONLINE", er könne sich eine Verschiebung der Zeitachse nicht vorstellen, und er warnt davor. Herr Brüderle hat wiederum genau das Gegenteil gesagt. Gibt es dazu also eine klare Linie der Bundesregierung?

SRS Streiter: Ja. Die klare Linie der Bundesregierung habe ich ja gerade beschrieben, und weder Herr Kauder noch Herr Brüderle gehören der Bundesregierung an.

Frage: Dass die Bundeskanzlerin auch definitiv ein neues Paket ausgeschlossen hat, ist das eine. Aber zwischen dem Ausschließen eines neuen Pakets für Griechenland und Gedanken und Diskussionen über Anpassungen des bestehenden Programms gibt es viel Spielraum. Wie steht die Bundesregierung politisch dazu? Das eine ist das Prozedere, dass die Troika nach Athen fahren und die Lage beurteilen soll, aber wie steht die Bundesregierung politisch zu dem Problem, ob Anpassungen des bestehenden Programms notwendig werden oder nicht? Die Frage richtet sich auch an Frau Kothé.

SRS Streiter: Wir haben diese Frage ja am Montag schon sehr lange und ausführlich diskutiert. Diese politische Frage kann erst beantwortet werden, wenn man überhaupt über die Fakten informiert ist. Dabei ist es halt ganz wichtig, dass es in Griechenland eine Regierung gibt, dass die Troika nach Griechenland fährt und dass die Troika berichtet. Dann wird man entscheiden können.

Im Übrigen ist es ja auch so - auch das habe ich schon am Montag gesagt -, dass die Bundeskanzlerin schon mehrfach darauf hingewiesen hat, dass selbstverständlich, wo es möglich ist, auch Griechenland Nutznießer dieser europäischen Wachstumsagenda sein soll. Darüber wird dann auf dem Europäischen Rat Ende des Monats gesprochen werden. Ich bitte Sie also wirklich, jetzt nicht zu sehr zu spekulieren; denn Prognosen sind immer schwierig - besonders, wenn sie sich auf die Zukunft richten. Das kann man doch jetzt noch nicht sagen! Wir sind jetzt wieder da, wo wir am Montag waren. Ich habe Ihnen dargestellt, wie die Zeitachse aussieht. So sieht sie aus.

Zusatzfrage: Noch einmal zu dieser politischen Dimension und der neuen Lage: Das Wahlergebnis in Griechenland ist das Beste, was die Eurozone und die Europäer erhoffen konnten. Bald wird es eine pro-europäische Regierung in Athen geben. Die Alternative wäre eine ganz anti-europäische Regierung gewesen. Ist die Bundesregierung nach diesem Wahlergebnis politisch bereit, ein Signal der Milde nach Athen zu senden?

SRS Streiter: Ein Signal der Milde? Auch das ist jetzt alles Spekulation. Bitte gewöhnen Sie sich doch einfach einmal an den Gedanken, dass die Bundesregierung immer aufgrund von Fakten entscheidet. Jetzt fehlen einige Fakten. Deswegen wird die Troika dorthin reisen. Dann wird die Troika zurückkehren und die Fakten auf den Tisch legen. Dann wird man politisch entscheiden.

Ich glaube, hierbei geht es auch nicht um Milde, Rabatte oder solche Dinge, sondern es geht erst einmal darum, dass Verträge gemacht und Vereinbarungen getroffen worden sind. Diese Vereinbarungen sind natürlich grundsätzlich erst einmal einzuhalten.

Frage: Können Sie uns sagen, wann die Troika zurückkehren wird? Wird das noch vor dem EU-Gipfel der Fall sein? Erwarten Sie also eine Einschätzung der Troika noch vor dem Ende nächster Woche, also Donnerstag oder Freitag?

Die zweite Frage geht an Frau Kothé. Es gibt Einschätzungen, die aussagen, dass dieses Memorandum durchaus zeitliche Flexibilität bei einzelnen Schritten vorsieht, also dass Griechenland bestimmte Zahlungen zwar leisten muss, aber möglicherweise nicht innerhalb des Zeitraums, der vereinbart wurde. Stimmt es, dass dieses Memorandum diese Flexibilität zulässt?

SRS Streiter: Die erste Frage kann ich ganz einfach beantworten: Da niemand im Moment weiß, wann die Troika hinfahren wird, kann man auch nicht erahnen, wann sie wieder zurückfahren wird - am liebsten möglichst schnell.

Zusatzfrage: Aber gibt es keine Festlegung darauf, dass die dort ab diesem Zeitpunkt für ein oder zwei Wochen sein werden?

SRS Streiter: Nein, es muss ja erst einmal eine Regierung geben.

Zusatzfrage: Nein, ich meine den Zeitraum der Anwesenheit in Athen.

SRS Streiter: Das weiß ich nicht. Es wird sicherlich so ähnlich wie in der Vergangenheit sein, aber ich habe jetzt gerade nicht präsent, wie lange die dort immer waren. Aber natürlich wird angestrebt, dass das alles möglichst schnell geht, weil ja schon genug Zeit verloren wurde.

Kothé: Vielleicht nur noch als ganz kurze Ergänzung: Diese Zeitpläne, die Sie vorhin erwähnt haben, sind ja keine irgendwie einseitigen Diktate. Das ist ein Programm, das einfach auch ein klares Ziel hat, nämlich die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Griechenland wiederherzustellen und auch die griechische Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig zu machen. Das ist wechselseitig vereinbart worden, und das wird Schritt für Schritt umgesetzt. Dabei finden immer Zwischenevaluierungen statt - so ist es auch vorgesehen -, um den Umsetzungsstand dieses Programms zu beurteilen, wo es nötig ist, ohne dabei natürlich das große Ziel - die Umsetzung des Programms - irgendwie infrage zu stellen. Man hat sich irgendwie darauf verständigt. Wir hatten da im Kleinen - so war es ja auch immer - Anpassungen vorgenommen; das war auch bisher der Fall. Deswegen ist das ja auch eine Abfolge von Gesprächen. Vor der Auszahlung der nächsten Tranche fährt immer wieder die Troika ins Land, spricht dann mit den Behörden und der Regierung, und dann werden die Dinge entsprechend auf europäischer Ebene beurteilt und entschieden. Von daher ist, denke ich, die Wahrnehmung als irgendwie einseitiges zeitliches Diktat immer falsch. Das ist vielmehr ein gemeinsamer Anstrengungsprozess von beiden Seiten, um Griechenland zu helfen.

Zusatzfrage: Das klingt dann doch relativ flexibel. Heißt das, wenn man feststellt - - -

Kothé: Nein, das klingt nicht relativ flexibel!

Zusatzfrage: Ich meine nicht den Inhalt. Aber wenn man feststellt, dass Griechenland jetzt drei Monate lang keine Steuern eingezogen hat, sagt man dann "Die Zahlungsverpflichtungen stehen, aber ihr müsst dann eben in sechs Monaten das nachholen, was ihr bisher versäumt habt"?

Kothé: Wir wissen, wie gesagt, nicht genau, was in den letzten drei Monaten in Griechenland passiert ist. Von daher kann ich das jetzt auch nicht irgendwie im Einzelnen kommentieren. Das ist im Übrigen auch ein Prozess, der auf europäischer Ebene abläuft, nicht zwischen Deutschland und Griechenland. Es gibt den großen Konsens, dass man an der Umsetzung so entschlossen festhält, wie es vereinbart worden ist.

Peschke: Vielleicht darf ich noch eine generelle Beobachtung zu den Wahlen in Griechenland und dem Ergebnis der Wahlen ergänzen: Wir können festhalten, und das sollte man an dieser Stelle vielleicht auch einmal erwähnen, dass mit dem Wahlergebnis dieser Wahl vom Sonntag mehrheitlich Parteien in das griechische Parlament gewählt wurden, die sich vor den Wahlen explizit zu dem mit Europa vereinbarten Modernisierungs- und Reformkurs bekannt haben. Sie haben das Bekenntnis abgelegt, diesen Reform- und Modernisierungskurs für Griechenland umzusetzen. Ich denke, das ist eine gute Nachricht für Europa. Auf diesem Bekenntnis und auf diesem Wahlergebnis lässt sich sicherlich auch eine gute Politik für Griechenland und für Europa aufbauen.

Frage: Herr Streiter, Sie haben mehrmals darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung aufgrund von Fakten entscheide und deshalb, weil die Troika noch nicht in Athen war, natürlich auch noch nicht entscheiden könne, ob es zeitliche Streckungen geben könne. Da frage ich mich: Warum weiß schon der Außenminister, dass das möglich ist? Er hat sich in diesem Sinne wiederholt geäußert.

SRS Streiter: Wir haben am Montag wiederholt darüber gesprochen. Ich hatte doch dringend darum gebeten, darin keinen Dissens zu sehen. Ich habe gesagt: Es haben sich viele dazu geäußert. Der eine benutzt diese Worte, der andere benutzt jene Worte. Ich bitte, da nicht mehr hineinzuinterpretieren, als vielleicht gemeint ist. Es hat mich schon immer in der Schule aufgeregt, dass man in Texte etwas hineininterpretieren soll. Vielleicht war es einfach nur so gemeint, wie es gesagt war. Es gibt da keinen Dissens. Es ziehen alle an einem Strang.

Frage: Herr Peschke, eine Frage in Bezug auf das, was Sie gerade gesagt haben. Ich habe da eine ganz andere Akzentuierung erkannt. Wenn es so ist, wie Sie es hinsichtlich des Wahlergebnisses und der pro-europäischen Parteien in Griechenland beschrieben haben, dann sollte das in der Praxis Konsequenzen für das haben, was diese Parteien, die die Wahl gewonnen haben, schon vor den Wahlen an Forderungen gegenüber Brüssel gestellt haben.

Peschke: Das war eine Tatsachenbeschreibung in Bezug auf dieses Wahlergebnis, das uns alle miteinander erfreut hat. Dazu gehört eben auch, dass die mehrheitlich gewählten Parteien sich vor den Wahlen zu diesem Modernisierungs- und Reformkurs bekannt haben, der zwischen Griechenland, der Troika und den EU-Institutionen vorher vereinbart wurde. Das ist genauso eine Tatsache. Ich denke, das ist ja gerade der Anlass, weswegen wir uns so über den Wahlausgang gefreut haben, dass im Grunde genommen das Wahlergebnis ein klares Bekenntnis zu dem vereinbarten Reformkurs ist.

Zusatzfrage: Kurze Nachfrage: Tatsache ist auch, dass diese Parteien vor den Wahlen Nachbesserungen gefordert haben. Wenn diese Nachbesserungen nicht folgen, werden diese pro-europäischen Parteien in Griechenland unglaubwürdig sein. Ist das auch eine Überlegung für Sie?

Peschke: Dazu kann ich nur sagen - das hat Herr Streiter schon am Montag gemeinsam mit Frau Kothé in extenso ausgeführt -: Lassen Sie uns einfach bei dem bleiben, was vereinbart wurde und was die nächsten notwendigen Schritte sind. Es gibt Vereinbarungen für die notwendigen Reformen und Modernisierungsschritte in Griechenland. Diese liegen im Interesse Griechenlands, aber auch ganz Europas. Deren Umsetzung ist für eine gute Zukunft Griechenlands erforderlich. Das wurde so vereinbart. Das gilt. Jetzt wird eine neue Regierung gebildet. Dann wird die Troika nach Griechenland fahren, wird eine Analyse treffen und wird mit einem Bericht zurückkommen. Dann wird auf Grundlage dieser fachlichen, sachlichen Expertise über das weitere Vorgehen zu beraten sein. Das sind die Schritte. Mehr kann man in der Sache zurzeit schlechterdings nicht sagen.

Frage: Eine Frage an Frau Kothé und Herrn Streiter im Zusammenhang mit dem Gipfel nächste Woche. Strebt die Bundesregierung dort konkrete Verabredungen an, was den Wachstumspakt angeht? Oder strebt sie nur allgemeine Grundsatzbeschlüsse an?

Kothé: Für den Gipfel ist Herr Streiter zuständig.

SRS Streiter: Sie sind verabredet, dort zusammenzukommen, um alles das auf den Tisch zu legen, was an Vorschlägen da ist. Dann wird beraten. Dann wird man sehen, ob man weiter beraten will oder ob man schon Dinge beschließt.

Zusatzfrage: Das hängt ein bisschen mit den Fiskalpakt- und ESM-Verhandlungen zusammen, die morgen weiterlaufen. Die Opposition würde wahrscheinlich sagen: Wir erwarten konkrete Abschlüsse und konkrete Vereinbarungen.

Zu den Verhandlungen morgen im Kanzleramt: Gibt es vonseiten der Bundesregierung Erwartungen, dass man da schon zu einem Abschluss der Verhandlungen kommt? Oder wird das ein Zwischenschritt sein?

SRS Streiter: Es wäre zu früh, das zu prognostizieren. Je früher man zum Abschluss kommt, desto besser. Ende nächster Woche soll ja abgestimmt werden.

Zusatzfrage: Eine letzte Frage an Frau Kothé: Lässt sich etwas zum Zwischenstand der Verhandlungen mit der Länderseite sagen? Ist man sich da mittlerweile schon etwas näher gekommen?

Kothé: Zu dem Inhalt der Gespräche kann und möchte ich im Augenblick nichts mitteilen. Aus unserer Sicht ist es wichtig - das unterstreichen wir nach wie vor -, dass der Fiskalpakt Ende des Monats im Bundestag verabschiedet wird. Wir appellieren in dem Zusammenhang immer auch an die Opposition, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und nachzukommen.

SRS Streiter: Um das noch zu ergänzen: Der bisherige Verlauf hat ja gezeigt, dass alle stark daran interessiert sind, dass das zu einem guten Abschluss kommt.

Zusatzfrage: Zu diesem ganzen Komplex des Fiskalpaktes: Herr Streiter, erwarten Sie eigentlich, wenn Bundestag und Bundesrat Ende kommender Woche zustimmen, dass der ESM dann am 1. Juli tatsächlich fristgemäß in Kraft treten kann, oder gibt es noch die Hürde Bundesrat und Bundesverfassungsgericht, die das verhindern?

Die zweite Frage an Frau Kothé: Es gibt Berichte, dass die Franzosen ihren Finanzminister als neuen Chef der Eurogruppe gegen Herrn Schäuble ins Rennen schicken wollen. Deswegen die Frage, ob die Bundesregierung an der Kandidatur von Herrn Schäuble festhält.

SRS Streiter: Ende nächster Woche sollen nicht nur der Bundestag, sondern auch der Bundesrat abstimmen. Der Sinn der ganzen Operation war, dass möglichst vor dem 1. Juli alles in Kraft treten kann. Deswegen werden Bundestag und Bundesrat nächste Woche zusammentreffen.

Zusatzfrage: Die Frage zielte darauf: Erwarten Sie, dass der Bundespräsident auch sofort unterschreibt?

SRS Streiter: Der Bundespräsident?

Zusatz: Habe ich Bundesrat gesagt? Entschuldigung, ich meinte den Bundespräsidenten.

SRS Streiter: Das weiß ich nicht. Ich nehme einmal an, dass er zeitnah unterschreibt. Das wäre ganz hilfreich, wenn es zum 1. Juli in Kraft treten soll.

Kothé: Ich kann Ihnen da in dem Sinne keine neuen Informationen zum Stand der Diskussion um den Eurogruppen-Vorsitz liefern. Aus unserer Sicht - das hat der Minister auch immer deutlich gemacht - und aus Sicht der Bundesregierung soll ein amtierender Finanzminister den Eurogruppen-Vorsitz innehaben, aus dem gutem Grund, weil die Geldpolitik vergemeinschaftet ist, die Finanzpolitik aber eben noch nicht. Deswegen ist es wichtig, dass die Eurogruppe von einem in der nationalen Verantwortung stehenden Finanzminister geleitet wird. Die Entscheidung und die Diskussion darüber werden in Kürze weitergeführt. Die Amtszeit von Herrn Juncker - das haben wir wiederholt dargelegt - läuft im Juli aus. Es wird also darüber zu sprechen sein. Eine Entscheidung oder irgendwelche Veränderungen unserer Haltung gibt es nicht.

Zusatzfrage: Um da nachzufragen: Herr Schäuble steht zur Verfügung oder nicht?

Kothé: Er hat immer darauf hingewiesen - mehrfach -, dass er zur Verfügung steht, er hat aber auch gesagt, dass er nichts dagegen hätte, wenn Herr Juncker weitermacht. Er hat nur immer seine grundsätzliche Bereitschaft erklärt. Da gibt es keine Veränderung.

Frage: Eine Frage an Herrn Streiter: Gibt es denn grundsätzliche Vorbehalte gegen einen französischen Präsidenten der Eurogruppe?

SRS Streiter: Da wir uns da bisher sehr zurückhaltend beziehungsweise gar nicht dazu geäußert haben, möchte ich mich jetzt dazu auch nicht äußern. Ich wollte aber noch auf das zurückkommen, was Sie vorhin gefragt haben: Das Entscheidende - das war das Bestreben, und Deutschland hat es angeregt - für die Bundesregierung ist, dass Deutschland in Sachen Fiskalpakt und ESM das starke Signal setzt, dass zugestimmt wird. Das ist das politisch Interessante daran. Dieses Signal möchte auch die Opposition setzen, zumindest ist bisher erkennbar gewesen, dass es so gemeint ist. Die Verhandlungen werden konstruktiv und nicht destruktiv geführt. Es ist einfach - man könnte es fast sagen - der Wille aller großen politischen Kräfte, dieses in Kraft zu setzen.

Frage: Ich würde gern auf das Thema "Euro" zurückkommen und nach den Instrumenten des EFSF fragen. Es gibt Zeitungsberichte, nach denen es offensichtlich Überlegungen gibt, Sekundärmarkthilfen - das ist eines der Instrumente aus dem Portfolio des Rettungsfonds - mit Blick auf Spanien und womöglich auch auf Italien und die hohen Spreads der Staatsanleihen einzusetzen. Wie steht die Bundesregierung denn zum Einsatz eines solchen Instrumentes und der Frage, ob konditioniert oder nicht konditioniert.

SRS Streiter: Ich glaube, dazu ist gestern schon alles gesagt worden. Diese Sekundärmarktkäufe sind als eines von mehreren Instrumenten sowohl in der EFSF als auch im künftigen ESM vorgesehen. Die sind natürlich alle an Konditionen geknüpft, es wird nie irgendwelche Ankäufe ohne Konditionen geben. Aber das ist schon Schnee von gestern.

Zusatz: Für mich jetzt nicht.

SRS Streiter: Das ist gestern schon erklärt worden.

Zusatzfrage: Dann darf ich vielleicht nachfragen, wo Sie das gestern erklärt haben.

SRS Streiter: Herr Kotthaus hat das gestern über die Agentur erklärt.

Zusatzfrage: Herr Kotthaus hat das gestern erklärt?

Kothé: In Los Cabos war das bei der Pressekonferenz irgendwie Thema.

Zusatz WEFERS: Das tut mir leid, da war ich zufällig nicht dabei.

SRS Streiter: Ich habe es dann auch gern noch einmal gesagt.

Frage: Eine Nachfrage zum Treffen der Eurogruppe, das morgen stattfindet: Wenn ich das richtig verstanden habe, kann Griechenland noch kein Thema sein. Zu ESM und EFSF gibt es anscheinend nichts zu klären, weil alles geklärt ist. Was könnten denn morgen die Themen in der Eurogruppe sein? Erwarten Sie da schon Klarheit über den spanischen Antrag? Oder was für Themen werden morgen beratschlagt?

Kothé: Es geht natürlich auch immer um die Lage. Es wird natürlich auch einen Austausch zu den Ländern geben. Es wird übermorgen im Ecofin-Rat auch um das Thema FTT gehen. Was den spanischen Antrag anbetrifft: Die spanische Regierung hat ja erklärt, dass sie diesen in Kürze vorlegen wird.

Zusatzfrage: Darf ich da noch einmal nachfragen, wenn Sie die FTT ansprechen: Wird die Bundesregierung denn mit einem konkreten Vorschlag in die Beratung der Eurogruppe oder des Ecofin ziehen?

Kothé: Wir gehen mit keinem konkreten Vorschlag in die Beratungen. Wir wollen aber auf europäischer Ebene die Entscheidungsfindung über das weitere Vorgehen beschleunigen und darüber, wie man auf europäischer Ebene weitergeht, in welchem Verfahren, ob verstärkte Zusammenarbeit, usw. Da möchten wir möglichst ein klares Bild herbeiführen.

Zusatzfrage: Wenn ich nachfragen darf: Das heißt bei diesen beiden Treffen der Eurogruppe und des Ecofin wird klar sein, ob die Bundesregierung im Kreis mit einigen anderen "like-minded" Ländern vorangeht.

Kothé: Uns liegt viel daran, und wir werden alles tun, dass wir diese Klarheit schaffen und erreichen können.

Frage: Frau Kothé, haben wir denn heute eine konkrete Zahl von Ländern, die die FTT mit Deutschland und Frankreich mittragen würde?

Kothé: Die haben wir eben noch nicht. Darum geht es gerade, genau in diesem Punkt Klarheit zu bekommen.

Zusatzfrage: Eine zweite Frage an Herrn Streiter: Erwarten Sie durch das Verfassungsgerichtsurteil von gestern zur Parlamentsbeteiligung noch einmal eine Verzögerung oder eine Erschwerung der in dieser und nächster Woche anstehenden Verhandlungen über ESM und Fiskalpakt?

SRS Streiter: Nein, ich glaube, das ist für jeden erkennbar, dass, gerade jetzt was diese Verhandlungen anbetrifft, es keinen Mangel an Information des Parlaments gibt. Es gibt beinahe eher fast eine Überinformation. Die sehen sich fast täglich.

Frage: Nicht ganz direkt zu diesem Thema, aber eine Frage, die in den großen Kontext passt: In der Presse ist notiert worden, dass die Kanzlerin zum Abschluss des G-20-Gipfels in Mexiko nicht vor die Presse gegangen sei. Gab es dafür irgendwelche Gründe?

SRS Streiter: Nein, ich glaube, das hatte einfach zeitliche Gründe.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bildungsministerium. Herr Herbst, der Nationale Bildungsbericht, der von Ihrem Ministerium und der Kultusministerkonferenz in Auftrag gegeben worden ist - er wird übermorgen veröffentlicht -, kommt zu dem Ergebnis, dass die Einführung des Betreuungsgeldes eigentlich kontraproduktiv sei, wenn es darum geht, den Rechtsanspruch von unter 3-Jährigen auf einen Kita-Platz zu verwirklichen. Meine Frage: Welche Konsequenzen zieht Ihr Ministerium aus diesem Bericht, und wie werden diese Konsequenzen einfließen in die Meinungsbildung der Koalition über das Thema Betreuungsgeld?

HERBST: Der Nationale Bildungsbericht 2012 wird übermorgen hier in Berlin von der Kultusministerkonferenz und vom Bundesbildungsministerium vorgestellt. Der Bericht befasst sich mit vielen Aspekten in der Bildung. Es geht auch um die frühkindliche Bildung, das ist richtig, es geht um allgemeinbildende Schulen, es geht um den Hochschulbereich, es geht um berufliche Ausbildung, es geht auch um Weiterbildung und lebenslanges Lernen für Erwachsene. Es geht auch um kulturelle Bildung. Das ist ein sehr umfassender Bericht, wenn man so will, ein Kompendium für die Situation der Bildung in Deutschland.

Es ist so, dass der Satz, auf den Sie rekurrieren, im Grunde genommen in diesem Bericht wirklich nur ein einziger Satz ist. Bei diesem Satz geht es um die Finanzierbarkeit von Familienleistungen. Mehr möchte ich dazu jetzt nicht sagen. Sie wissen sicherlich, dass die Bundesbildungsministerin Annette Schavan den Beschluss zum Betreuungsgeld im Kabinett mitgetragen hat und dazu auch steht. Der Nationale Bildungsbericht gibt die Meinung der Experten wieder und nicht die Meinung der Bundesregierung. Das ist ein unabhängiger Bericht. Sie wissen auch, dass wir diesen Bericht später - also in seiner gesamten Breite - analysieren werden und auch eine Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Bericht in seiner Gänze erarbeiten werden. Diese wird dann weiter in die Meinungsbildung einfließen.

Zusatzfrage: Dazu habe ich noch eine Nachfrage. Sie sagen, es sei nur ein Satz, aber wenn der Satz richtig formuliert ist und eine klare Aussage hat, hat auch ein einzelner Satz eine große Bedeutung. Sie sagten, der Bildungsbericht gebe die Meinung von unabhängigen Experten wieder, und Sie werden als Ministerium dazu Stellung nehmen. Heißt das, dass Sie sich in diesem Punkt zunächst einmal vorläufig von dieser Ansicht dieser Experten, die von Ihnen beauftragt wurden, distanzieren?

Herbst: Ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe, dass dieser Bericht von unabhängigen Experten erstellt ist und die Meinung dieser Experten wiedergibt - auch die Einschätzung zu diesem Punkt. Die Bundesregierung macht sich diese Meinung nicht zu eigen.

Frage: Frau Kothé, fühlt sich denn der Bundesfinanzminister durch die Einschätzung in diesem Bericht, was das Betreuungsgeld angeht, in seiner skeptischen Haltung gegenüber dieser Familienleistung bestätigt oder gestärkt?

Kothé: Woher nehmen Sie Ihre Erkenntnis, dass wir eine skeptische Haltung gegenüber dem Betreuungsgeld haben? Das ist mir neu.

Zusatz: Das war eine Suggestivfrage.

Kothé: Der Gesetzentwurf ist einvernehmlich verabschiedet.

Zusatzfrage: Die Haltung des Bundesfinanzministers ist so, dass er sagt: Geld für alles ist da?

Kothé: Der Bundesfinanzminister sagt niemals, dass Geld für alles da sei.

SRS Streiter: Ich würde gern noch ergänzen, damit es nicht in den falschen Hals gerät: Dieser Bildungsbericht ist kein Gutachten über das Betreuungsgeld, sondern er ist ein Bildungsbericht. Es ist eine ganz dicke Schwarte, in der ein Satz zum Thema Betreuungsgeld steht.

Frage: Ich weiß gar nicht, an wen ich die Frage richten muss, an das Innenministerium oder an das Arbeitsministerium. Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wird zurzeit über das Asylbewerberleistungsgesetz verhandelt. Es geht darum, ob die Leistungen für Asylbewerber verfassungskonform sind. Nun hat die Bundesregierung dazu selbst schon eine Antwort gegeben, und zwar im Herbst 2012 in der Antwort auf eine Große Anfrage der Links-Fraktion. Da ist sie nämlich zu dem Resultat gekommen: "Die Leistungen für Asylbewerber sind verfassungswidrig und müssen neu berechnet werden." - Das ist nun mittlerweile fast zwei Jahre her. Jetzt verhandelt das Verfassungsgericht darüber. Mich würde interessieren, warum in all der Zeit nichts passiert ist, wenn man zu so einem klaren Befund gekommen ist.

Wendt: Es ist richtig, dass das Verfassungsgericht darüber heute verhandelt, aber es ist tatsächlich nur eine mündliche Verhandlung. Das Urteil in dem Sinne ist heute nicht zu erwarten. Es hat so lange gedauert oder die Gespräche zwischen Ländern und Bund haben bereits mehrere Monate stattgefunden. Es ist so, dass die Länder die Leistungen sozusagen umsetzen müssen. Das heißt, die Länder sind diejenigen, die die Kosten tragen und die sich überlegen müssen, wie sie das umsetzen - ob in Sachleistungen oder in Geldleistungen direkt. Der Bund ist zwar zuständig für die technische Umsetzung - das heißt, das Gesetz wird vom Bund geschrieben -, die Umsetzung selbst erfolgt aber in den Ländern. Insofern ist es eher nicht förderlich, ein Gesetz zu schreiben, das von den Ländern nicht mitgetragen wird. Deshalb haben in den vergangenen Monaten zwischen Bund und Ländern immer wieder Verhandlungen dazu stattgefunden.

Nun ist das Thema vor dem Verfassungsgericht in Verhandlung. Wir warten jetzt schlicht und ergreifend ab, welche Hinweise es noch von den Richtern geben wird. Die werden wir dann definitiv noch in das Gesetz und in die Umsetzung mit aufnehmen.

Zusatzfrage: Muss ich das so verstehen: Sie hätten das Gesetz gern geändert, aber weil die Länder signalisiert haben: "Wir machen das nicht mit!", haben Sie gesagt: "Gut, dann lassen wir es!".

Wendt: Das habe ich nicht gesagt.

Zusatz: Sie haben gesagt, der Bund schreibe das Gesetz.

Wendt: Der Bund schreibt das Gesetz, richtig.

Zusatzfrage: Die Länder sind für die Umsetzung zuständig. Meine Frage war ja, warum man das Gesetz nicht geändert hat.

Wendt: Es wird darüber verhandelt, wie es umgesetzt oder geändert werden kann, aber es gibt in den Ländern verschiedene Formen, die gewählt werden, die Leistungen an Asylbewerber auszuzahlen oder auszugeben, also sprich: Sachleistungen, Gutscheine oder Geldleistungen. Diese Geschichte auf einen Nenner zu bringen, sodass es alle Bundesländer mittragen können, ist sicherlich nicht so einfach zu lösen. Deshalb gab es die Verhandlungen.

Zusatzfrage: Aber der Kern - wenn ich noch diese Zusatzfrage stellen darf - ist doch, dass die Leistungen zu niedrig sind und nicht, ob sie als Sachleistungen oder Bargeldleistungen ausgezahlt werden.

Wendt: Das ist richtig. Es ist gesagt worden, die Sätze müssten transparent und nachvollziehbar sein, ähnlich wie der ALG-II-Satz. Es ist aber leider nicht gesagt worden, anhand welcher Maßstäbe die Leistungen für Asylbewerber gezahlt oder umgesetzt werden müssen. Was bei ALG II relativ leicht machbar war, ist in dem Fall leider etwas komplizierter. Deshalb dauert es etwas länger.

Frage: Eine Frage an Herrn Peschke zum Stichwort Iran und Nuklearverhandlungen: Der Bundesaußenminister hat sich in seiner ersten Reaktion zu den Moskauer E3+3-Gesprächen mit dem Iran für eine Fortsetzung der Verhandlungen mit dem Iran ausgesprochen, aber gleichzeitig auch gesagt, dass die neuen Sanktionen am 1. Juli in Kraft treten werden. Der Iran hat wiederholt gesagt, dass diese Verhandlungen praktisch sinnlos wären, wenn die neuen Sanktionen umgesetzt werden. Wäre ein Ende der Verhandlungen auch ein Scheitern des Gesprächsformats E3+3 mit dem Iran? Ich frage auch vor dem Hintergrund, dass es gestern deutsche Medienberichte über ein neues Gesprächsformat gab, bei dem nur Iran, Russland und die USA Verhandlungen führen würden.

Peschke: Nein, das ist eine ganz und gar hypothetische Frage. Grundsätzlich ist zu dem Gesprächsformat E3+3 Folgendes zu sagen: Dieses Gesprächsformat hat sich bewährt, auch in den jüngsten, auch schwierigen drei Verhandlungsrunden mit dem Iran.

Zum Stand der Verhandlungen: Der Bundesaußenminister hat deutlich gemacht, dass im Lichte des Standes der Verhandlungen die E3+3 an der Doppelstrategie festhalten - einerseits Anreize, eine offene Tür und das Angebot zu Gesprächen, um den Iran zur Kooperation zu bewegen, andererseits der beschlossene Kurs der Sanktionierung von nicht ausgeräumten Fragen hinsichtlich der Natur des iranischen Atomprogramms. Dieser Kurs wurde beschlossen und wird, da es bisher keine Ergebnisse der Verhandlungen gibt, auch so fortgesetzt und umgesetzt, wie es beschlossen wurde.

Ansonsten ist zu den Gesprächen selbst zu bemerken - auch das hat der Bundesaußenminister ausgeführt -: Es waren schwierige Gespräche, in denen auch deutlich geworden ist, so der Bundesaußenminister, dass die Verhandlungsposition der E3+3 einerseits und des Iran andererseits noch weit auseinanderliegen. Im Interesse aller liegt es, diese Unterschiede zu überbrücken und zu einer politischen Verhandlungslösung zu kommen. Deswegen ist es richtig, dass zunächst erst einmal Experten gebeten wurden, die Vorschläge beider Seiten zu prüfen, und dass es auf Expertenebene weitere Treffen geben wird, im Lichte derer dann zu entscheiden sein wird, wie und wann auf politischer Ebene weiter gesprochen werden kann.

Zusatzfrage: Nun standen die Gespräche gestern kurz vor dem Abbruch. Wie ernst nehmen Sie die Drohung Irans, dass, wenn neue Sanktionen umgesetzt werden, dann die Verhandlungen abgebrochen werden?

Peschke: Die Bewertung "kurz vor dem Abbruch" ist Ihre Bewertung, die ich mir ausdrücklich nicht zu eigen mache. Ich kann hier nur sagen, dass es sich aus unserer Sicht und aus Sicht des Außenministers, die sich im Übrigen mit der Sichtweise der E3+3 deckt, um schwierige Gespräche gehandelt hat, die gestern noch zu keinem definitiven Ergebnis beziehungsweise zu keiner Klärung aller Fragen gekommen sind. Die Schlussfolgerung, die wir aus dem Gesprächsverlauf ziehen - das waren Gespräche, die sich über zwei Tage erstreckt haben und unter intensiven diplomatischen Bemühungen auch der E3+3 und der russischen Gastgeber stattfanden, die wir ausdrücklich würdigen -, habe ich Ihnen gerade erläutert. Die heißen: zum einen Fortsetzung unserer doppelten Strategie - das habe ich Ihnen gerade geschildert - und zum anderen Prüfung der von beiden Seiten vorgelegten Vorschläge durch Experten.

Zusatzfrage: Und die Drohung Irans zum Abbruch der Gespräche?

Peschke: Die Frage habe ich Ihnen jetzt schon zweimal beantwortet. Der Iran hat seine Position in den Verhandlungen ausführlichst dargelegt. Im Hinblick auf diese Position haben die E3+3 unter Verhandlungsführung der Hohen Beauftragten Catherine Ashton ihre Position dargelegt. Die Schlussfolgerung, dass es jetzt eine Prüfung der Vorschläge beider Seiten durch Experten gibt, ist eine Schlussfolgerung, die die beiden Seiten der Verhandlung - sowohl der Iran als auch die E3+3 - gemeinsam gezogen haben. Insofern ist das der Stand der Dinge. Mehr kann ich Ihnen dazu leider im Moment nicht sagen.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 20. Juni 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/06/2012-06-20-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juni 2012