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PRESSEKONFERENZ/490: Kanzlerin Merkel und der griechische Ministerpräsidenten Samaras, 9.20.12 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz in Athen - Dienstag, 9. Oktober 2012
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras

Thema: Besuch der Bundeskanzlerin in Griechenland
Sprecher: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Ministerpräsident Antonis Samaras

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung.)



MP Samaras: Meine Damen und Herren, ich empfange heute eine gute Bekannte, die Frau Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Es ist nicht das erste Mal, dass wir die Gelegenheit haben, miteinander zu diskutieren. Bei den vergangenen Malen, aber auch heute haben Aufrichtigkeit und gegenseitiges Verständnis vorgeherrscht sowie Solidarität, der Wille zur Zusammenarbeit und das Gefühl, dass wir sowohl das griechische Problem als auch die europäischen Probleme überwinden können. Europa ist unser gemeinsames Haus. Die gemeinsame Perspektive unserer Völker ist die europäische Integration.

Von meiner Seite aus hatte ich die Gelegenheit, der Bundeskanzlerin zu sagen, dass sich Griechenland entschieden hat, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Deshalb wollen wir Aufschwung erreichen und die Arbeitslosigkeit reduzieren. Auf der anderen Seite setzt dieses alles voraus, dass Griechenland im Euroraum bleibt und die Strukturreformen realisiert werden, weil sie seit langem sehr notwendig gewesen sind. Auch die volkswirtschaftliche Anpassung hat unsere Priorität und ist nicht nur unsere Verpflichtung in Bezug auf die Verträge.

Ich habe der Bundeskanzlerin gesagt, dass das griechische Volk im Moment sehr stark leidet. Wir sind aber trotzdem entschlossen, im Euroraum zu bleiben und den Wettbewerb zu gewinnen. Wir wollen alle Ziele erreichen sowie den Aufschwung.

Die Bundeskanzlerin ihrerseits hat volles Verständnis gezeigt und ihren Respekt ausgedrückt, was die Opfer des griechischen Volkes betrifft. Sie hat unterstrichen, dass diese Opfer nicht umsonst sein dürfen. Wir haben besprochen, wie das realisiert werden kann. Wir erwarten in der nächsten Zeit Beschlüsse der europäischen Organe. Aber nicht nur in diesem Rahmen wird allgemein anerkannt, dass das Bild Griechenlands im Ausland inzwischen sehr viel besser ist als früher. Die Eurogruppe hat gestern Entsprechendes deklariert und unsere Glaubwürdigkeit ist in beeindruckender Weise gestiegen. Die Bundeskanzlerin gehört zu den europäischen Regierungschefs, die das anerkennen. Der Besuch hier beweist das auch.

Wir haben nach praktischen Mitteln gesucht, wie unsere beiden Völker, unsere beiden Staaten enger zusammenarbeiten können, und zwar speziell auf dem Gebiet der Gesundheit und der kommunalen Verwaltung. Auch hier kann Griechenland direkten Nutzen aus der deutschen technologischen Hilfe und der Investitionshilfe Deutschlands ziehen.

Die Bundeskanzlerin hat ihrem Entschluss Ausdruck gegeben, Griechenland zu helfen. Sie versteht auch, dass das griechische Volk nicht mehr lange wird Opfer aufbringen müssen. Ich meinerseits habe unterstrichen, dass Griechenland sehr bald die Krise überwinden wird. Das wird auch für Europa ein Erfolg sein. Europa wird aus dieser Krise stärker und vereinter herauskommen. All diejenigen, die auf die Tatsache gesetzt haben, dass Griechenland es nicht schafft und dass die Europäische Union einen Schaden erleidet, werden die Wette verlieren.

Wir Griechen haben unseren Stolz. Wir wissen, wie wir unsere Freunde ehren sollen. Heute haben wir einen Freund unseres Landes empfangen können. Wir haben eine neue Seite aufgeschlagen, was die Beziehungen unserer beiden Länder betrifft, auch eine neue Seite, was den europäischen Weg unseres Landes betrifft. Vielen Dank!

BK'in Merkel: Ich möchte mich ganz herzlich für den freundschaftlichen Empfang bedanken. Ich bin heute sehr gerne hierhin, nach Athen, gekommen, nachdem der griechische Ministerpräsident uns Ende August in Deutschland, in Berlin, besucht hat.

Wir sind Partner und wir sind Freunde. Wir sind gemeinsam in der Europäischen Union. Wir haben die gleiche Währung. Wir arbeiten in der NATO zusammen. Deshalb heißt es auch, dass wir versuchen, die Probleme, die es gibt, gemeinsam zu lösen.

Ich bin heute in dem festen Wissen und Bewusstsein hierhergekommen, dass die Periode, die Griechenland durchlebt, gerade für die Menschen in Griechenland eine ausgesprochen schwierige Phase ist, dass viele Menschen leiden, dass ihnen viel abverlangt wird. Genau deshalb möchte ich auch sagen, dass ein großes Stück des Weges wirklich zurückgelegt ist. Wir haben bzw. der Finanzminister hat gestern in der Eurogruppe gehört, dass es Fortschritte gegeben hat. Aber auch unsere Gespräche machen ganz deutlich, dass es im Augenblick jeden Tag Fortschritte bei der Bewältigung der schwierigen Aufgabe gibt.

Ich glaube, dass, obwohl dieser Weg so schwierig ist, er sich für Griechenland lohnen wird; denn wenn man die Probleme nicht jetzt lösen würde, dann würden sie später noch dramatischer auftreten. Es ist unser gemeinsames Interesse, dass wir in Europa Glaubwürdigkeit in der Welt wieder zurückgewinnen, in der Eurozone zeigen, dass wir gemeinsam unsere Probleme lösen, und dass wir die Weichen so stellen, dass auch unsere Kinder und Enkel in der Zukunft in Wohlstand leben können.

Wir haben heute genau für diesen Weg auch die nächsten Schritte miteinander diskutiert. Es ist vieles geschafft, es ist noch etliches zu tun. Deutschland und Griechenland werden hier sehr, sehr eng zusammenarbeiten. Natürlich sind wir hier heute nicht die Troika, die zusammengetroffen ist und die den Bericht anfertigen muss, aber wir konnten über eine Vielzahl von bilateralen Projekten sprechen.

Als erstes möchte ich sagen, dass ich glaube, dass mit Staatssekretär Fuchtel jemand aus Deutschland hier in Griechenland bei der Deutsch-Griechischen Parlamentarischen Versammlung oder Griechisch-Deutschen Parlamentarischen Versammlung tätig ist, der mit Leidenschaft auch schon etliche Erfolge erreicht hat.

Wir haben eine gute Kooperation zwischen unseren beiden Ländern, was die bilateralen Projekte betrifft. Hier möchte ich zwei Projekte noch einmal erwähnen, die wir im Rahmen der europäischen Taskforce unter der Leitung von Herrn Reichenbach als Bundesrepublik Deutschland übernommen haben: Das sind das Projekt zur Verbesserung des Gesundheitswesens und das Projekt zur Modernisierung der regionalen Verwaltung. Wir haben jetzt die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass diese beiden Projekte starten können. Damit ist auch ein neues Kapitel in unserer Zusammenarbeit aufgeschlagen.

Insgesamt waren wir uns darüber einig, dass zu den Sparmaßnahmen, zu den strukturellen Reformen, die den Menschen ja sehr viel abverlangen, natürlich auch Wachstumsimpulse kommen müssen. Deshalb werden wir alles unterstützen, was möglich ist, um Griechenland Zugang auch zu den Kriterien der Europäischen Investitionsbank zu geben. Wir haben das Kapital dieser Investitionsbank jetzt um 10 Milliarden Euro aufgestockt. Wir werden alles tun, was zum Beispiel die KfW an Kooperation zeigen kann, um gerade kleineren und mittleren Unternehmen in Griechenland zu helfen. Und wir wollen bereits im November im Europäischen Rat versuchen, die mittelfristige finanzielle Vorausschau zu verabschieden, damit für die Investoren auch Klarheit für die nächsten Jahre herrscht, welche Strukturmittel, welche Fördermittel aus den europäischen Töpfen für Investitionen in Griechenland zur Verfügung stehen werden. Denn es wird in den nächsten Jahren immer um einen Wettlauf in der Frage gehen: Wie schnell kann man wachsen und wie schnell kann sich damit dann auch die Lage in Griechenland noch mehr stabilisieren?

Ich will abschließend nur sagen: Wenn ich sage, es sind wichtige Erfolge erreicht worden, dann will ich noch einmal darauf hinweisen, dass zwischen 2009 und 2011 das Primärdefizit in Griechenland von 10 Prozent auf 2 Prozent verringert wurde, dass es eine Halbierung des Außenhandelsdefizits gegeben hat und dass die Lohnstückkosten je nachdem, wie man das berechnet um mindestens 11 Prozent gesunken sind. Das alles sind ganz klare Fakten, die darauf hindeuten, dass hier vieles erreicht wurde was dann eben auch für die Menschen im Lande sehr hart ist. Aber ich sage noch einmal: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass sich dieser schwere Weg lohnt. Deutschland möchte dabei ein guter Partner und Freund sein.

Frage: Frau Merkel, in Südeuropa und vor allem in Griechenland gibt es ein Unbehagen wegen der Arbeitslosigkeit. Deshalb gibt es auch die sozialen Spannungen. Sie haben in der Vergangenheit gesagt, dass in Griechenland die Jugendarbeitslosigkeit 50 Prozent übersteigt. Frau Merkel, abgesehen von der Rettung des heutigen Kranken der Kranke ist der Grieche , können Sie uns sagen, ob dieser Kranke in der Lage sein wird aufzustehen, das Bett zu verlassen, zu laufen und vielleicht auch einmal zu rennen? Vielen Dank!

BK'in Merkel: Ich will vielleicht vorwegschicken: Da wir eine gemeinsame Währung haben, den Euro, ist es so, dass wir erkannt haben, dass wir alle natürlich auch aufs Engste miteinander zusammenhängen. Deutschland exportiert 60 Prozent seiner Güter in die Europäische Union, und 40 Prozent des Exports gehen in die Eurozone. Das heißt, wenn es einem nicht gut geht, geht es auch den anderen nicht gut. Insofern haben wir alle ein gemeinschaftliches Interesse daran, dass es uns besser geht.

Ich bin sehr fest davon überzeugt, dass der Weg, der jetzt ein harter Weg ist, zum Erfolg führen wird. Er ist noch nicht bis zu Ende gegangen, aber es sind wichtige Schritte gemacht worden. Gerade für die jungen Leute werden daraus Hoffnungen erwachsen. Es wird nicht über Nacht gehen. Es ist auch nicht die Auszahlung einer Tranche, die alleine alle Probleme lösen wird; vielmehr haben wir es mit Problemen zu tun, die zum Teil über Jahrzehnte entstanden sind. Diese Probleme können nicht mit einem Paukenschlag, mit einer Maßnahme erledigt werden, sondern es wird ein längerer Weg sein. Ich glaube aber, dass wir am Ende des Tunnels Licht sehen werden.

Ich glaube des Weiteren, dass dieser Weg, den wir jetzt gehen auch in Europa insgesamt gehen , verbindlicher miteinander zu arbeiten und unsere Glaubwürdigkeit in der Welt zurückzugewinnen, ein Weg ist, den wir unbedingt gehen müssen. Es geht ja nicht darum, dass ein Land dem anderen eine Schwierigkeit zumutet, sondern es geht darum, dass Europa insgesamt auch in Zukunft ein Kontinent ist, der nicht nur Freiheit und Demokratie hat, sondern auch Wohlstand, der auf den Weltmärkten seine Güter verkaufen kann und der wettbewerbsfähig ist. Nur daraus entstehen Arbeitsplätze. Staaten können keine Arbeitsplätze schaffen, wir können jungen Menschen nicht einfach Arbeitsplätze zuweisen. Vielmehr müssen wir Unternehmen finden, die Lust haben, zu investieren, die gute Ideen haben und die jungen Leuten dann Chancen geben. Ganz konkret kann Deutschland zum Beispiel bei der Berufsausbildung oder Ähnlichem helfen. Der Grundtatbestand ist aber, dass es erst einmal den mittleren und kleinen Unternehmen, aber auch den großen Unternehmen in Griechenland wieder besser geht, damit die jungen Leute auch Chancen bekommen.

Frage Blome: Frau Bundeskanzlerin, können Sie sagen, wie lange die EU noch darauf warten kann, bis der Troika-Bericht kommt?

BK'in Merkel: Ich könnte jetzt sagen: Der Troika-Bericht wird dann kommen, wenn er fertiggestellt ist, und auch hierbei gilt, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht. Auf der anderen Seite haben die griechische Regierung und der Ministerpräsident heute noch einmal deutlich gemacht, dass natürlich auch die Tranche, die eigentlich schon im Sommer fällig gewesen wäre, jetzt dringend gebraucht wird, gerade auch für die griechische Wirtschaft. Insofern ist unsere Zeit begrenzt. Wir arbeiten mit Nachdruck daran, aber wir müssen auch alle Probleme lösen. Denn ich habe gesagt, dass wir Glaubwürdigkeit wieder zurückgewinnen müssen, und Glaubwürdigkeit entsteht nur daraus, dass die Fragen, die gestellt worden sind, dann auch wirklich beantwortet werden. Deshalb dauert es etwas länger, als vielleicht manch einer denkt.

Zusatzfrage Blome: Herr Ministerpräsident, haben Sie nach dem heutigen Gespräch das Gefühl, eine Garantie dafür bekommen zu haben, dass Griechenland in der Eurozone bleibt?

MP Samaras: Schauen Sie: Unser Feind ist die Rezession. Was wir benötigen und auch von der Europäischen Union erwarten, ist das Recht, nach allen diesen Opfern, die wir erbracht haben, dass wir es schaffen, dass wir einfach diese Wette hinkriegen, dass wir aus der Krise herauskommen. Ich bin absolut der Überzeugung und die Bundeskanzlerin hat es auch gesagt , dass die gesamte Welt augenblicklich nachvollziehen kann, was für Opfer und Anstrengungen wir unternehmen, um wirklich dieser schrecklichen Situation für unser Land ein Ende zu setzen, und zwar so bald wie möglich. Also ist es für mich nachvollziehbar und steht außer Frage, dass alle Mitglieder der Europäischen Union - aber vor allen Dingen die Länder der Eurozone - gemeinsam und ähnlich, wie Frau Bundeskanzlerin es dargestellt hat - wir haben eine gemeinsame Währung , gegenüber Griechenland Hilfe leisten möchten, indem anerkannt wird, dass Griechenland und das griechische Volk Opfer erbracht haben und indem anerkannt wird, dass wir heute eine Regierung haben, die tagtäglich d aran arbeitet und immer mehr Ziele erreichen und erfüllen kann.

In die Richtung werden wir weiter gehen. Aber vergessen Sie eines nicht: Unser Feind heißt Rezession. Unser Ziel heißt, die Möglichkeit zu haben, Chancen zu ermöglichen und vor allen Dingen für junge Menschen Arbeitsplätze zu schaffen. Dies schaffen wir nur, indem wir Aufschwung erreichen sowie über Mittel, die wir nun einmal das wissen Sie schlichtweg nicht haben. Natürlich hat die Europäische Union die entsprechenden Mittel, die auch bereit ist, uns zu unterstützen. Das wird die Europäische Union auch in Zukunft tun. Ich bin davon überzeugt.

BK'in Merkel: Ich will vielleicht ich wiederhole das, was ich in Berlin gesagt habe nur noch einmal sagen: Ich wünsche mir, dass Griechenland in der Eurozone bleibt. Die Voraussetzungen, die wir jetzt zu erfüllen haben, umfassen als nächsten Schritt den Troika-Bericht. Alles, was für diesen Troika-Bericht notwendig ist, haben wir heute besprochen. Vieles ist geschafft, manches bleibt noch übrig. Daran arbeiten wir jetzt mit Nachdruck und in Partnerschaft.

Frage: Ich habe eine Frage an beide Regierungschefs. Frau Merkel, Sie sagten, dass Sie der Einladung des griechischen Premierministers gefolgt sind. Aber was ist das Ziel dieses Besuchs? Glauben Sie, dass Sie Griechenland durch diesen Besuch geholfen haben?

Frage an den griechischen Ministerpräsidenten: Wie steht es bei Ihnen? Glauben Sie, dass die Präsenz der Bundeskanzlerin von Hilfe sein kann?

BK'in Merkel: Das Ziel ist, dass ich noch besser und vor Ort das kennenlerne, was die griechische Regierung bewegt, dass ich mit dem Präsidenten sprechen kann, dass ich mit der Wirtschaft sprechen kann und dass ich mir dadurch ein vertieftes Bild von der Situation in Griechenland machen kann, wenn natürlich auch kein vollkommenes. Ich glaube, immer dann, wenn Menschen miteinander über Probleme sprechen das gilt für Politiker ganz besonders , finden sie auch neue Lösungswege. Dann bekommen sie neue Ideen, dann kann man den anderen auch besser verstehen, und damit kann man dann auch die Probleme besser lösen. Damit sind sie noch nicht von alleine gelöst. Aber der intensive Kontakt, in den wir jetzt getreten sind, hat, wie ich finde, etwas für das Verständnis der Probleme Griechenlands aufseiten unserer Bundesregierung, aber vielleicht auch Deutschlands, gebracht. Was das für Griechenland bedeutet, muss der griechische Premierminister sagen. Aber für mich ist es einfach sehr wichtig, die Dinge sehr gut kennenzulernen, mich als Partner in ein solches Problem hineinzuarbeiten und dann auch Lösungen zu finden.

MP Samaras: Ich würde sagen, dass dieser Besuch der Bundeskanzlerin in Griechenland zum einen den Beweis erbringt, dass wir eine internationale Isolation durchbrechen, die wir bis heute hatten, und zwar zum einen aus eigenen, aus hausgemachten Fehlern. Aber beachten Sie Folgendes: Die politischen Kräfte und das Image eines Landes stehen im absoluten Verhältnis zu der Glaubwürdigkeit dieses Landes. Überlegen Sie sich, wo Griechenland noch vor Kurzem im Hinblick auf seine Glaubwürdigkeit stand. Bedenken wir, dass heutzutage alle der Auffassung sind, dass Griechenland nicht ein verlorener Fall ist und dass der Ausweg aus der Krise doch möglich ist. Somit glaube ich, dass dann, wenn man feststellt, dass eine handfeste Unterstützung vorhanden ist, die auch ganz konkrete Formen annimmt - das sind nun einmal bilaterale Beziehungen und die Beziehungen hier zur Bundesrepublik Deutschland , man erkennt, dass wir richtig Kontakte mit unseren Bündnispartnern pflegen können. Wir können Nutzen aus der Präsenz der deutschen Bundeskanzlerin ziehen. Jeder versteht das Ausmaß, die Wichtigkeit, die politische und wirtschaftliche Potenz Deutschlands in der Eurozone. Also ist dieser Kontakt von ganz großer Wichtigkeit und kann für unser Land nur von Nutzen sein.

Frage Quadbeck: Sind Sie der Meinung, dass das Reformtempo noch ein wenig erhöht werden müsste?

Stimmt Sie das, was Sie heute neu über den Reformprozess erfahren haben, optimistischer, was den Troika-Bericht angeht, als vor der Reise?

BK'in Merkel: Ich glaube, dass das Reformtempo in der letzten Zeit sehr viel schneller geworden ist. Das heißt nicht, dass man nicht noch an allen Stellen versuchen kann, die Dinge möglichst schnell umzusetzen. Hierbei geht es ja zum Teil um sehr große Vorhaben. Es geht ja nicht einfach nur darum, einen neuen Haushalt aufzustellen, sondern es geht zum Beispiel um eine Steuerreform oder eine neue Form der Kooperation mit den lokalen Behörden. Der Entwicklungsminister hat uns hier heute dargestellt, welche Reformen alle in Griechenland auf der administrativen Ebene durchgeführt wurden. Jeder, der Zeitung liest, hört jeden Tag, inwieweit bestimmte Verletzungen von Gesetzen doch auch sehr viel intensiver überprüft werden.

Das ist ein Prozess, der, glaube ich, das ganze Land auf ein neues Fundament stellt, der jetzt mitten im Gange ist und der für viele Menschen in Griechenland auch die Hoffnung mit sich bringt, dass in Zukunft diejenigen, die sich anstrengen, auch die Früchte ihrer Arbeit ernten können. Insofern glaube ich, dass hier vieles im Gange ist. Dort, wo wir helfen können, Dinge zu beschleunigen, wollen wir das gerne tun. Ansonsten bin ich weder als Lehrerin noch als Notengeberin hierhergekommen, sondern um mich zu informieren und um auch Unterstützung auf einem sehr schwierigen Weg zu leisten.

Wir wissen im Übrigen doch auch aus Deutschland, wie lange es dauert, eine Reform wirklich umzusetzen. Diese Erfahrung ich komme aus den neuen Bundesländern und weiß, wie lange es bei uns gedauert hat, völlig neue Verwaltungen aufzubauen, und ich weiß, wie viel Hilfe wir aus der alten Bundesrepublik dafür bekommen haben ist zum Teil sicherlich auch ein ganz neues Denken, das hier Platz greifen muss. Deshalb ist es, glaube ich, auch gut, dass wir das nicht nur auf der zentralen Ebene tun, sondern dass gerade auch Kommunen enger zusammenrücken. Das alles ist ein Prozess, der innerhalb kurzer Zeit und in absehbarer Zeit wirklich noch mehr Früchte zeigen wird, als es heute schon der Fall ist.

Zusatzfrage Quadbeck: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich )

BK'in Merkel: Ich habe mich natürlich im Zusammenhang mit diesem Besuch schon vorher etwas informiert. Aber ich glaube, wir haben jetzt das ist sehr klar eine völlig gemeinsame Vorstellung davon, welche Schritte noch zu absolvieren sind, bis der Troika-Bericht abgefasst werden kann. Die Arbeit der Troika mache ich nicht. Das ist die Arbeit der Troika. Aber es ist ja wichtig, dass wir zum Schluss auch politisch darüber entscheiden müssen und dass wir wissen, was noch zu tun ist und was getan wird. Dabei gibt es überhaupt keine unterschiedlichen Bewertungen dessen, was noch zu leisten ist.

MP Samaras: An dieser Stelle würde ich gerne hinzufügen, zumal das die letzte Frage ist, dass noch strukturelle Reformen in Gang gebracht werden müssen. Das Land muss noch wettbewerbsfähiger werden. Ich sage nie, dass ich zufrieden bin und dass das (akustisch unverständlich) in der Politik bedeutet, dass man vielleicht nicht mehr bereit ist, weiter aktiv zu werden. Aber ich bin bereit, weiter aktiv zu werden, unabhängig von Daten und Fristen. Wir versuchen, ein neues Bild vom Land zu bekommen. Wir werden das schaffen. Vielen Dank!

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 9. Oktober 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/10/2012-10-09-merkel-samaras-athen.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2012