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PRESSEKONFERENZ/620: Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Obama, 19.06.2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 19. Juni 2013
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und US-Präsident Obama

Thema: Besuch von US-Präsident Barack Obama in Berlin
Sprecher: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Präsident Barack Obama

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)



BK'in Merkel: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich möchte dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama ein herzliches Willkommen hier in Berlin sagen. Es ist sein erster Besuch in Berlin als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika - mitnichten sein erster Besuch in Deutschland.

Wir haben inzwischen viele Begegnungen gehabt, wir haben eine freundschaftliche, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dafür möchte ich mich bedanken. Unsere Zusammenarbeit begründet sich auf der Grundlage freundschaftlicher, über Jahrzehnte dauernder Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika. Diese Beziehung ist deshalb so gut, weil sie auf gemeinsamen Werten gründet.

Wenn der amerikanische Präsident Barack Obama heute vor dem Brandenburger Tor sprechen wird, dann wird er ein Präsident sein können, der das vor einem durchlässigen Brandenburger Tor tun kann. Andere Präsidenten mussten daran erinnern, dass die Mauer weg muss. Sie ist weg, und das haben wir auch unseren amerikanischen Freunden und Partnern zu verdanken.

Wir beobachten aber auch, dass sich die Welt verändert, und zwar in rasantem Tempo. Deshalb treten neue Herausforderungen auf den Plan. Diese Herausforderungen wollen wir auch entschlossen miteinander bewältigen.

Ein Thema, das für uns in Europa, aber auch in Deutschland von großer Wichtigkeit ist und ein großes, wichtiges Projekt zwischen den größten Volkswirtschaften der Welt sein könnte, ist das Thema des Freihandelsabkommens. Ich freue mich sehr, dass wir die Eröffnung der Verhandlungen beschließen konnten. Ich will für die deutsche Seite sagen, dass wir uns mit voller Kraft dafür einsetzen werden. Denn über die Tatsache hinaus, dass die Volkswirtschaften beiderseits des Atlantik aus diesem Abkommen gewinnen werden - und zwar beiderseits -, wäre es auch ein Bekenntnis zu einer globalen Welt, in der sich gemeinsame Werte und auch gemeinsame wirtschaftliche Aktivitäten besser gestalten lassen. Deshalb liegt mir persönlich sehr viel an diesem Freihandelsabkommen. Das sage ich auch im Namen der gesamten Bundesregierung.

Wir haben über Fragen des Internets gesprochen, die im Zusammenhang mit dem Thema des PRISM-Programms aufgekommen sind. Wir haben hier sehr ausführlich über die neuen Möglichkeiten und die neuen Gefährdungen gesprochen. Das Internet ist für uns alle Neuland, und es ermöglicht natürlich auch Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grundordnung, mit völlig neuen Möglichkeiten und völlig neuen Herangehensweisen unsere Art zu leben in Gefahr zu bringen. Deshalb schätzen wir die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika in den Fragen der Sicherheit.

Ich habe aber auch deutlich gemacht, dass natürlich bei allen Notwendigkeiten von Informationsgewinnung das Thema der Verhältnismäßigkeit immer ein wichtiges Thema ist. Unsere freiheitlichen Grundordnungen leben davon, dass Menschen sich sicher fühlen können. Deshalb ist die Frage der Balance, die Frage der Verhältnismäßigkeit etwas, was wir weiter miteinander besprechen werden und wozu wir einen offenen Informationsaustausch zwischen unseren Mitarbeitern sowie auch zwischen den Mitarbeitern des Innenministeriums aus Deutschland und den entsprechenden amerikanischen Stellen vereinbart haben. Ich denke, dieser Dialog wird weitergehen.

Wir haben dann über eine Reihe von außenpolitischen Fragen gesprochen. Wir sind gemeinsam in Afghanistan engagiert. Dort ist ein neuer Prozess der Übergabe der Verantwortung angestoßen worden. Diesen Prozess werden wir genauso gemeinsam bewältigen, wie wir die Zeit der stärkeren militärischen Auseinandersetzung, die Zeit des Trainings der afghanischen Kräfte bewältigt haben. Deutschland wird hier gemeinsam mit den Vereinigten Staaten von Amerika die noch zu lösenden Probleme - und die sind natürlich gravierend - auch lösen.

Wir haben über das Thema Iran und auch über den Nahen Osten gesprochen. Was den Nahost-Friedensprozess anbelangt, so bin ich der Meinung, dass die Kerry-Initiative eine gute Grundlage ist, um Friedensgespräche wieder in Gang zu bringen, und dass die Region einen solchen Frieden braucht. Die Partner sollten dieses Angebot annehmen und die Chance nutzen, denn es ist dringend erforderlich. Wir werden auch, wie wir das in den letzten Jahren getan haben, gemeinsam weiter an dem Thema des Nuklearprogramms des Iran arbeiten; auch das haben wir vereinbart.

Es waren gute und wie immer sehr offene Gespräche. Noch einmal ein ganz herzliches Willkommen!

P Obama: Herzlichen Dank! - Guten Tag! Es ist wunderbar, wieder in Berlin zu sein. Ich habe immer die Warmherzigkeit geschätzt, mit der ich von den Deutschen begrüßt worden bin - heute ist das nicht anders. Ich bin durchaus beeindruckt von den hohen Temperaturen hier in Berlin, und ich bin auch sehr dankbar für die Einladung der Bundeskanzlerin 50 Jahre nach dem Besuch von Präsident Kennedy.

Die Bundeskanzlerin und ich waren gerade beim G8-Gipfel, dem jüngsten in einer Reihe von gemeinsamen Treffen. Während meiner Amtszeit im Weißen Haus habe ich die Ehre gehabt, bei sehr vielen Themen mit ihr zusammenzuarbeiten. Als sie das letzte Mal im Weißen Haus war, hatte ich auch die Ehre, ihr die Freiheitsmedaille zu präsentieren - die höchste zivile Auszeichnung, die ein Präsident der Vereinigten Staaten verleihen kann. Daran wird auch erkenntlich, wie eng wir zusammenarbeiten, und wird auch die Stärke unseres Bündnisses erkenntlich.

Ich weiß, dass hier in Deutschland manchmal darüber diskutiert wird, dass die transatlantische Allianz nicht mehr so wichtig sei und dass die Vereinigten Staaten eher nach Asien blickten. Bei den Gesprächen mit Bundeskanzlerin Merkel, aber auch beim Gespräch mit dem Bundespräsidenten habe ich in Erinnerung gerufen, dass aus unserer Perspektive die Beziehung mit Europa weiterhin der Eckstein unserer Sicherheit und unserer Freiheit ist. Europa ist in fast allem, was wir unternehmen, unser Partner. Die Herausforderungen haben sich in ihrer Art zwar geändert; die Stärke der Beziehungen und die Bande, die wir auf der Grundlage von gemeinsamen Werten und Idealen haben, bleiben jedoch weiterhin bestehen.

Wir haben die heutige Diskussion mit Wirtschaftsthemen begonnen und damit die Gespräche fortgesetzt, die wir beim G8-Gipfeltreffen begonnen haben. Deutschland ist auch unser wichtigster Handelspartner in der Europäischen Union. So haben wir beide ein grundlegendes Interesse am gegenseitigen Erfolg.

Es gibt noch mehr, was wir tun müssen. Wir müssen weiterhin Wachstum erzielen, wir müssen unsere Wirtschaften umstrukturieren. In Europa gibt es unterschiedliche Stadien dieser Reformprozesse. Auch in den Vereinigten Staaten gibt es die Notwendigkeit - zum Beispiel im Gesundheitswesen -, Strukturveränderungen durchzuführen. Das Gesundheitswesen ist in den Vereinigten Staaten sehr viel teurer als in den meisten anderen Industrieländern und führt zu einem wesentlichen Beitrag beim Haushaltsdefizit. Wir haben die schlimmste Rezession in Jahren durchgemacht, wir können jedoch stärker aus dieser Rezession herausgehen, wenn wir die vor uns liegenden Chancen nutzen.

Wir haben auch über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft - auch TTIP genannt - gesprochen. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union sind bereits die größten der Welt - 13 Millionen Amerikaner und Europäer haben Arbeitsplätze, die durch den transatlantischen Handel und transatlantische Investitionen direkt unterstützt werden. Die Bundeskanzlerin und ich haben gemeinsam die Überzeugung, dass, wenn wir erfolgreich sind, wir auf beiden Seiten des Atlantiks Tausende von Arbeitsplätzen schaffen können, zu mehr Wettbewerbsfähigkeit weltweit beitragen können und dadurch auch die Standards für den Freihandel weltweit verbessern können. Dadurch haben nicht nur wir Vorteile, sondern alle.

Was unsere Sicherheit betrifft, so sind die Vereinigten Staaten und Deutschland mehr als nur Nato-Bündnispartner. In Deutschland ist mehr amerikanisches Militärpersonal stationiert als in irgendeinem anderen Land außerhalb der Vereinigten Staaten. Wir sind sehr dankbar für die Gastfreundschaft der Deutschen. Als ich auf einem früheren Besuch in Deutschland war, hatte ich auch die Möglichkeit, einen Stützpunkt zu besuchen, auf dem auch auf dem Schlachtfeld Verwundete behandelt werden. Es war sehr schön zu sehen, wie dies gestaltet wurde und welche Gastfreundschaft es für verwundete Amerikaner gibt. Das ist für uns ein sehr starkes Symbol.

Unsere Soldatinnen und Soldaten dienen Seite an Seite in Afghanistan. Deutschland ist der drittgrößte Truppensteller dort. Wir sind beide sehr dankbar für die Opfer, die unsere Soldatinnen und Soldaten sowie ihre Familien bei diesen gemeinsamen Anstrengungen gemacht haben. Dank dieser Anstrengungen hat Afghanistan jetzt die Möglichkeit, die Sicherheit herzustellen und das eigene Schicksal zu gestalten. Wir begrüßen die Bekanntgabe von Präsident Karsai von gestern, dass die afghanischen Sicherheitskräfte die Federführung für die Sicherheit im Lande überall übernehmen werden. Das war ein wichtiger Meilenstein, der auf dem Nato-Gipfeltreffen festgelegt wurde. Wir führen diesen Krieg verantwortungsvoll zu Ende; der Kampfeinsatz der Nato in Afghanistan geht auch seinem Ende zu. Dabei müssen wir weiterhin in die gemeinsamen Kapazitäten und in die Interoperabilität investieren, die durch ungeheure Opfer unserer Bürger aufgebaut worden sind. Auch Deutschland möchte natürlich sicherstellen, dass wir nach dem Ende des Kampfeinsatzes weiterhin Fortschritte sehen.

Viele von Ihnen haben auch zur Kenntnis genommen, dass es eine Bekanntgabe hinsichtlich der Öffnung eines Büros der Taliban in Katar gibt. Ich habe schon gesagt, dass dieser Prozess schwierig sein wird. Die Parteien führen schon seit geraumer Zeit - schon seit vor dem 11. September - Kämpfe gegeneinander. Wir gehen nicht davon aus, dass es einfach sein wird. Letztendlich werden die Afghanen unter sich Gespräche über mögliche Vorgehensweisen und über die Frage, wie man den Zyklus der Gewalt beenden kann, sodass sie ihr Land aufbauen können, führen müssen.

Wir haben auch weitere regionale Herausforderungen besprochen, einschließlich Syriens. Wir sind vereint in dem Wunsch, eine Verhandlungslösung zu sehen. Wir wollen ein Syrien sehen, das demokratisch vereint ist und in Frieden aus dem Konflikt hervorgeht. Jetzt muss das Blutvergießen enden. Wir haben einige Fortschritte auf dem G8-Gipfel gesehen, was die erneute Bekräftigung der Notwendigkeit betrifft, eine Übergangsregierung zu gestalten, und auch was Ermittlungen, Untersuchungen durch die Vereinten Nationen über den möglichen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien betrifft.

Ich dankte der Bundeskanzlerin für die unerschütterliche Unterstützung in dem Streben nach Frieden bei den Israelis und Palästinensern. Ich habe der Bundeskanzlerin von den jüngsten Anstrengungen von Secretary Kerry berichtet, dort Gemeinsamkeiten zu finden.

Ich möchte Bundeskanzlerin Merkel für die sehr großzügige Einladung danken. Ich werde die Ehre haben, zu den Berlinern vom Pariser Platz aus zu sprechen - von der östlichen Seite des Brandenburger Tors, von der anderen Seite der Mauer, die einst dort stand, von der Präsident Reagan gesagt hat, dass sie niedergerissen werden muss. Im auf seine Rede folgenden Vierteljahrhundert hat es enorme Fortschritte gegeben; das sehen wir auch am Fortschritt in dieser lebendigen, modernen Hauptstadt Berlin. Wir genießen als Amerikaner und Deutsche natürlich sehr viele Vorteile und Segnungen und müssen deshalb auch gewährleisten, dass weitere Mauern weltweit verschwinden. Das können wir nur zusammen tun. Ich bin für diese Freundschaft und dieses Bündnis sehr dankbar.

Ich freue mich auf die Möglichkeit, einige Fragen zu beantworten.

Frage: Ich möchte auf die Taliban-Gespräche zurückkommen. Gestern haben Sie Hamid Karsai als mutig bezeichnet; heute sagt Präsident Karsai, dass er die Gespräche aussetzt. Wie ist es möglich, dass Sie und Präsident Karsai so unterschiedliche Standpunkte haben? Sagt Ihnen Präsident Karsai privat etwas anderes, als er in der Öffentlichkeit sagt?

Bundeskanzlerin Merkel, Sie haben gesagt, dass Sie in den heutigen Gesprächen mit Präsident Obama über PRISM gesprochen haben. Sind Sie jetzt zuversichtlicher oder beruhigter, was den Umfang dieser Programme betrifft und dass es keine Eingriffe in die Privatsphäre der Deutschen gibt?

P Obama: Wir haben ausführliche Gespräche mit Präsident Karsai geführt, und zwar bevor und nachdem die Taliban das Büro in Doha eröffnet hatten. Man hat auch darüber berichtet, dass es bezüglich der Art und Weise, wie das Büro eröffnet worden ist - zum Beispiel, welche Formulierungen verwendet worden sind -, Sorgen gebe. Das haben wir auch so kommen sehen. Wir wussten, dass es Spannungen geben würde - um das gelinde auszudrücken -, gerade auch wenn dieses Büro eingerichtet wird; das ist keine Überraschung. Wie ich schon gesagt habe, kämpfen die Parteien seit geraumer Zeit gegeneinander und es herrscht großes Misstrauen. Kämpfe zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban gibt es schon seit geraumer Zeit, und es gibt sie auch heute noch. Wir sind mitten im Krieg, Afghanen kommen immer noch ums Leben, und auch Mitglieder der internationalen Streitkräfte kommen dort immer noch ums Leben. Diese Entwicklungen gehen auch jetzt weiter.

Es gibt jetzt den Prozess, die afghanische Regierung auszustatten und Ausbildungsmaßnahmen durchzuführen, sodass die Afghanen die Verantwortung für die eigene Sicherheit übernehmen können. Die Verhandlungen sind dabei sehr schwierig - gerade wenn es darum geht, was es für die Staatengemeinschaft bedeuten würde, dauerhaft eine Präsenz für die Beratung und Unterstützung nach 2014 einzurichten. Wir sind dabei der Ansicht, dass man einen parallelen Weg haben muss, sodass es zu einer politischen Versöhnung kommen kann. Ob diese Anstrengungen Früchte tragen, ob es dazu kommt oder ob es nach 2014 weiterhin Kämpfe gibt, wie es vor dem Eingriff der ISAF-Streitkräfte der Fall war, ist eine Frage, die nur die Afghanen beantworten können.

Präsident Karsai hat auch zur Kenntnis genommen, dass politische Versöhnung notwendig ist. Die Herausforderung besteht darin, diesen Prozess in die Wege zu leiten, während man sich noch in einem Kriegszustand befindet. Ich habe die Hoffnung und Erwartung, dass man trotz dieser Herausforderungen mit diesem Vorhaben weiter vorangehen wird.

Bundeskanzlerin Merkel, die zweite Frage war an Sie gerichtet, aber wenn Sie nichts dagegen haben, wäre es meines Erachtens angebracht, dass auch ich auf die Frage der NSA eingehe; denn es hat dazu natürlich auch in den Vereinigten Staaten Kontroversen gegeben - aber natürlich auch hier in Europa. Bundeskanzlerin Merkel wird natürlich auch ihre eigene Ansicht dazu darlegen. Ich habe Bundeskanzlerin Merkel Folgendes dargelegt:

Bei meiner Amtsübernahme habe ich die Verpflichtung angenommen, das amerikanische Volk zu schützen und auch unsere Werte und Ideale hochzuhalten. Es gehört zu unseren höchsten Werten, die Privatsphäre und die Grundfreiheiten zu schützen. Ich habe auch die vorangegangene Regierung kritisiert, wenn sie meiner Meinung nach unsere Werte verletzt hatte, und ich hatte meiner Meinung nach eine sehr gute, gesunde Skepsis hinsichtlich der Struktur unserer Programme. Ich habe jedoch auch die Vorgehensweise der Nachrichtendienste genau überprüfen können und umstrukturieren können und bin zuversichtlich, dass wir jetzt das richtige Gleichgewicht haben. Ich möchte auch sehr genau sagen - das ist das, was ich Bundeskanzlerin Merkel beschrieben habe -, um welche Programme es sich bei diesen Kontroversen handelt.

Bei einem Programm haben wir die Möglichkeit, eine Telefonnummer zu nehmen, die durch bestimmte Informationen entdeckt worden ist. Es handelt sich hier um die normale Vorgehensweise unserer Nachrichtendienste. Mit anderen Worten: Wir erhalten eine Telefonnummer und wollen dann herausfinden, ob jemand anders diese Telefonnummer angerufen hat. Wir haben dann Daten, die es uns ermöglichen, Telefonnummern zu überprüfen - sonst nichts anderes, keine Inhalte. Das ist kein Abhörverfahren. Man möchte nur feststellen, ob zum Beispiel eine Telefonnummer, die man auf dem Gelände von Osama bin Laden nach dem Angriff gefunden hat, zum Beispiel in New York angerufen worden ist. Wenn wir dann entdecken, dass ein weiterer Anruf geschah, und wir weitere Informationen haben möchten, müssen wir beim Gericht vorstellig werden; denn wir brauchen einen richterlichen Beschluss. Das heißt, dass diese Vorgehensweise unter der Aufsicht der Gerichte ist. Diese Strukturen sind so eingerichtet, dass ein Richter vom Bundesgericht diese Überprüfung durchführt.

Wie Bundeskanzlerin Merkel gesagt hat, befinden wir uns im Zeitalter des Internets. Wir müssen gewährleisten, dass die Regeln und Vorschriften, die gelten, auch in dieser neuen Welt des Internets zeitgemäß sind. Ich möchte allen in Deutschland und überall auf der Welt sagen, dass es sehr strikte Vorgehensweisen gibt. Diese gelten für Informationen, die wir in Fragen des Terrorismus, der Proliferation von Massenvernichtungswaffen und in weiteren sehr spezifischen Kategorien erhalten. Wir bekommen dann bestimmte Informationen, und unter Aufsicht des Gerichts haben wir dann weiteren Zugang zu Informationen. Es handelt sich nicht um eine Situation, in der wir den E-Mail-Austausch von deutschen, amerikanischen oder französischen Bürgern überprüfen und E-Mails durchgehen. Das tun wir nicht. Wir haben nicht die Situation, dass wir einfach ins Internet gehen und beliebige Suchen und Recherchen durchführen. Es handelt sich hierbei um strikte Vorlagen, sodass wir die Möglichkeit haben, durch ein sehr striktes Vorgehen unsere Bevölkerung zu schützen. Es gilt hierbei, wie gesagt, die Aufsicht des Gerichts.

Die Folge davon ist, dass wir Leben retten. Wir wissen konkret, dass es mindestens 50 Bedrohungen gegeben hat, die vereitelt worden sind, nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch Bedrohungen, die es hier in Deutschland gab. Man hat durch diese Programme Leben gerettet. Der Eingriff in die Privatsphäre ist sehr beschränkt, denn es gelten hierbei ein richterlicher Beschluss und ein entsprechendes gerichtliches Verfahren für diese genau definierten Kategorien.

Das, was ich in den Vereinigten Staaten gesagt habe, ist auch das, was ich der Bundeskanzlerin mitgeteilt habe: Wir müssen hier ein Gleichgewicht herstellen. Wir müssen auch vorsichtig sein, gerade bei der Vorgehensweise unserer Regierungen in nachrichtendienstlichen Fragen. Ich begrüße diese Diskussion. Wenn ich wieder zuhause sein werde, werden wir nach Möglichkeiten suchen, weitere Teile der Programme der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sodass diese Informationen auch der Öffentlichkeit bereitgestellt werden. Unsere nachrichtendienstlichen Behörden werden dann auch die klare Anweisung bekommen, eng mit den deutschen Nachrichtendiensten zusammenarbeiten, um genau festzuhalten, dass es hierbei keine Missbräuche gibt. Aber wir begrüßen diese Debatten im Gegensatz zu anderen Regierungen. Darum geht es in Demokratien. Ich bin zuversichtlich, dass wir das notwendige Gleichgewicht herstellen können, unsere Bevölkerung schützen können und auch im Internetzeitalter die Grundfreiheiten schützen können.

BK'in Merkel: Ich will für die deutsche Bevölkerung auch nur sagen: Es ist richtig und wichtig, dass wir darüber debattieren, dass Menschen auch Sorge haben, und zwar genau davor, dass es vielleicht eine pauschale Sammlung aller Daten geben könnte. Wir haben deshalb auch sehr lange, sehr ausführlich und sehr intensiv darüber gesprochen. Die Fragen, die noch nicht ausgeräumt sind - solche gibt es natürlich -, werden wir weiterdiskutieren.

Wir müssen das richtige Verhältnis finden, die Balance, die Verhältnismäßigkeit, zwischen Sicherheit für unsere Menschen in unseren Ländern auf der einen Seite - dabei gibt es Dinge, hinsichtlich derer wir von den Vereinigten Staaten von Amerika wichtige Informationen bekommen haben - und auf der anderen Seite der Unbeschwertheit, mit der Menschen die neuen technischen Möglichkeiten nutzen möchten, die ja auch sehr viel Freiheit und sehr viel neue Möglichkeiten mit sich bringen. So, wie man gelernt hat, mit anderen technischen Erfindungen verhältnismäßig umzugehen, müssen wir jetzt lernen, damit verhältnismäßig umzugehen. Diesen Austausch werden wir fortführen, und das war heute ein wichtiger Beginn dafür. Ich glaube, das wird uns alle weiter bringen.

Frage: Herr Präsident, einige Hoffnungen der Welt für Ihre Amtszeit sind enttäuscht worden. Wann werden die USA so weit sein, dass Guantanamo geschlossen werden kann und in allen Staaten der USA die Todesstrafe abgeschafft sein wird?

Ich habe eine Nachfrage zur NSA. Sie haben gerade auf Deutschland verwiesen. Ist der Grund dafür, dass Sie besonders Deutschland so ausspähen lassen, dass es auch hier ein besonderes Gefährdungspotenzial gibt?

Frau Bundeskanzlerin, wie bewerten Sie es, dass der Friedensnobelpreisträger Obama auch über Deutschland einen Drohnenkrieg führt? Darf er das nach deutschem Rechtsverständnis?

P Obama: Ich möchte zunächst feststellen, ob ich die Frage richtig verstanden habe. Bei der ersten Frage geht es um die Innenpolitik, um Zuhause, um Guantanamo und die Todesstrafe. Dann ging es um Drohnen?

BK'in Merkel: Über Drohen sollte ich sprechen und über Guantanamo du, glaube ich.

P Obama: Ich möchte Guantanamo weiterhin schließen. Das ist natürlich schwieriger gewesen, als ich hoffte. Das hängt damit zusammen, dass es wesentlichen Widerstand gegeben hat, auch seitens des Kongresses. Bei einzelnen Fragen brauche ich auch die Zustimmung des Kongresses. Vor etwa einem Monat habe ich eine Rede gehalten. Ich habe dabei auch gesagt, dass ich meine Anstrengungen, Guantanamo zu schließen, verdoppeln würde.

Es gab den 11. September, und wir sind seit mehr als einem Jahrzehnt in unterschiedlicher Weise bei Kriegen dabei. Ein Krieg in Afghanistan war notwendig. Ich war auch strikt gegen einen weiteren Krieg im Irak. Aber wenn es dazu kommt, dass wir weiterhin in diesem Zustand sind, dann wächst die Gefahr von terroristischen Angriffen. Wir müssen auch Schritte unternehmen, um uns zu schützen, die im Einklang mit unseren Werten und auch mit dem Völkerrecht stehen. Wir müssen uns jedoch auch davon abhalten, uns einfach von der Angst vorantreiben zu lassen, was dazu führen würde, dass wir die gesellschaftlichen Strukturen auf eine Art und Weise verändern, die wir für die Zukunft nicht wünschen. Die Schließung von Guantanamo ist ein Beispiel dafür, wie wir diese Kriegsmentalität überwinden. Einige Häftlinge von Guantanamo sind gefährlich. Einige haben schlimme Dinge angerichtet. Aber es darf keine ständige Einrichtung geben, auch wenn wir jetzt dabei sind, einen Krieg in Afghanistan zu beenden, der auch zu der Festnahme einiger dieser Häftlinge geführt hat.

Ich bin zuversichtlich, dass wir weiterhin Fortschritte erzielen werden. Aber Sie haben recht: Man ist nicht so schnell vorgegangen, wie ich mir das wünschte. Als Politiker denkt man dann auch, dass die Menschen nicht immer das machen, was man möchte. Das ist natürlich schockierend. Aber man muss sich weiter an die Arbeit setzen.

Was die Drohnenpolitik betrifft, habe ich dieses Thema auch in dieser Rede angesprochen. Angriffe gegen Terroristen, die zum Tode führen, sind auch bei uns ein sehr kontroverses Thema. Es gibt diesbezüglich sehr strenge Vorschriften. Beim Besiegen von Al-Qaida müssen wir immer wieder darüber nachdenken, wie diese Technologien eingesetzt werden. Ich kann jedoch bekräftigen, dass wir Deutschland nicht als Ausgangspunkt für unbemannte Drohnen verwenden, die dann auch Teil unserer Aktivitäten im Bereich der Terrorismusbekämpfung sind. Ich weiß, dass es einige Berichte in Deutschland darüber gegeben hat, dass das eventuell der Fall sei. Das ist nicht der Fall.

BK'in Merkel: Ich möchte ergänzen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika hier Stützpunkte und Soldaten haben, dass die auch gerade im Kampf gegen den Terrorismus eine wichtige Funktion innehaben, wenn ich zum Beispiel an Ramstein und an die Versorgung der verwundeten Soldaten dort denke, dass wir als Verbündete und Mitglied der Nato selbstverständlich solche Stützpunkte zur Verfügung stellen, dass wir unsere Arbeit auf der Basis gemeinsamer Werte vollziehen und uns natürlich auch immer über diese Werte austauschen, aber dass ich es auch ein Stück weit für sehr gut und sehr wichtig halte, dass die Vereinigten Staaten von Amerika auch in Deutschland solche militärischen Stützpunkte unterhalten. Das ist innerhalb eines Bündnisses normal, und so soll es auch bleiben.

Frage: Herr Präsident, zu Syrien: Aufgrund der Transparenz möchte ich fragen, ob Sie genau darlegen können, welche Waffen die Rebellen in Syrien erhalten und welche Gruppen sie genau erhalten.

Zum selben Thema: Präsident Putin war beim G8-Gipfeltreffen sehr entschlossen und auch isoliert. Wie kann ein politischer Prozess, Frieden zu erreichen, erfolgreich sein, wenn Assad weiterhin Unterstützung erhält?

Frau Merkel, wenn ich meine Frage auf Deutsch stellen darf: Die Bundesregierung hat immer argumentiert, dass Waffenlieferungen den Konflikt eskalieren lassen, weil die Waffen in der Hand von Islamisten landen können. Glauben Sie nicht, dass es die Situation verschlimmert, wenn die USA Waffen liefern?

Wenn Sie sich auch zu Herrn Putin äußern wollen, bitte schön!

P Obama: Ich bin zutiefst von Ihrem Deutsch beeindruckt, Jeff. Ich weiß nicht, ob Sie den Satz geübt haben, aber das war wirklich toll! Bundeskanzlerin Merkel sagte, dass das ganz okay sei.

Ich kann keine Kommentare dazu abgeben, was unsere Unterstützung der syrischen Rebellen betrifft. Das werde ich nicht tun. Ich möchte jedoch betonen, dass wir in unserer Politik sehr konsequent gewesen sind. Wir wünschen, dass es in Syrien Frieden gibt, dass es keine religiösen Konflikte gibt und dass Demokratie, Legitimität und Toleranz herrschen. Das ist das hohe Ziel. Wir wollen, dass dem Blutvergießen ein Ende gesetzt wird. Wir wollen gewährleisten, dass Chemiewaffen nicht verwendet werden und dass sie nicht in die Hände von denjenigen gelangen, die sie auch konkret anwenden würden. Unsere Meinung ist hinsichtlich der Ergebnisse in Syrien auch sehr konsequent gewesen.

Wir vertreten auch die Ansicht, dass man diese Ziele am besten durch einen politischen Wandlungsprozess wird erreichen können. Das haben wir vor einem Jahr gesagt, und das haben wir vor zwei Jahren gesagt. Präsident Assad hat eine andere Entscheidung getroffen. Das hat zu Chaos und Blutvergießen in seinem Land geführt. Er bringt seine eigene Bevölkerung um. Wir vertreten die Meinung, dass es für ihn nicht möglich ist, Legitimität wiederzuerlangen, nachdem mehr als 100.000 Menschen getötet und Tausende vertrieben worden sind. Das ist eine praktische Frage, und das habe ich auch Präsident Putin gesagt. Wenn Syrien weiterhin vereint bleiben soll und das Blutvergießen beendet werden soll, dann muss man sich die Frage stellen, wie man das erreicht. Die einzige Möglichkeit ist ein politischer Wandlungsprozess.

Die gute Nachricht des G8-Gipfeltreffens besteht darin, dass alle Länder einschließlich Russland das Kommuniqué (unterstützt haben), das sich aus den ersten Genfer Gesprächen ergeben hat und in dem festgehalten wurde, dass wir dann auch eine Übergangsregierung haben müssen. Das zweite gute Ergebnis des G8-Gipfeltreffens, mit dem alle einschließlich Russland einverstanden waren, war: Es muss Untersuchungen zum Einsatz von Chemiewaffen geben, und alle müssen auch hinsichtlich dieser Untersuchungen kooperieren. Wir glauben, dass es zum Einsatz von Chemiewaffen gekommen ist. Die Russen sind skeptisch. Wir haben gesagt: Die Vereinten Nationen sollen ernsthafte Untersuchungen durchführen; denn wir möchten nicht, dass Chemiewaffen von irgendjemandem verwendet werden.

Für uns besteht die Frage darin, wie wir weiterhin eine politische Opposition und eine militärische Opposition unterstützen können, die fähiger wird, die zunehmend vereint wird und die Extremisten isoliert, die innerhalb von Syrien auch Teile der Opposition geworden sind. Wenn es zu einem politischen Wandlungsprozess kommt, dann brauchen wir auch jemanden, der das Land führen kann, der die Regierung führen kann und der auch insgesamt zu einer Verbesserung für die Menschen beitragen kann. Das ist ein schwieriger politischer Prozess. Das wird nicht von heute auf morgen geschehen. Die Unterstützung, die wir anbieten - politisch und auch für die militärische Opposition -, hat dieses Ziel vor Augen.

Es hat Berichte gegeben, die auch hochgedreht worden sind, wonach sich die Vereinigten Staaten angeblich darauf vorbereiten, sich an einem weiteren Krieg zu beteiligen. Wir wollen einen Krieg beenden. Das wird nur geschehen, wenn es einen Übergang gibt, wie ich ihn eben beschrieben habe.

Gut, Sie haben Recht: Präsident Putin ist der Meinung, dass das, was Assad ersetzen würde, nur schlimmer als Assad sein würde. Es wird in den kommenden Monaten noch zunehmend offensichtlich werden, dass es ohne eine andere Regierung keinen Frieden geben kann und dass diese Unterschiede zwischen den einzelnen religiösen Gruppen zunehmen werden. Dieser Konflikt wird sich wahrscheinlich in der Region ausbreiten. Das wäre für niemanden gut.

BK'in Merkel: Zu der Frage der Waffenlieferungen: Deutschland hat ganz klare Regeln, auch rechtliche Regeln, nach denen wir in Bürgerkriegsgebiete keine Waffen liefern. Das ist unsere deutsche Regelung, und an die halten wir uns. Das hat also mit der Frage von Syrien im Augenblick nicht spezifisch etwas zu tun, sondern das ist unsere allgemeine Herangehensweise.

Das heißt aber nicht, dass wir nicht eine konstruktive Rolle bei der Frage der politischen Prozesse, bei der Frage der humanitären Hilfe und auch bei der Diskussion über den richtigen Weg spielen können, wie man die Opposition, und zwar die Kräfte, die auch im Interesse der Menschen in Syrien agieren, unterstützen kann. Die Situation ist insbesondere, was die Opposition anbelangt, sehr unterschiedlich. Unsere Aufgabe ist es, sehr dazu beizutragen, dass diejenigen, die eine gute Zukunft für Syrien wollen, die nicht mit dem Terrorismus verbunden sind, eine Chance bekommen, eine volle Legitimation zu haben, denn auch nach Meinung von Deutschland hat Assad seine Legitimation verloren.

Der russische Präsident - so verstehe ich ihn - trifft diese Aussage nicht so klar, dass der syrische Präsident seine Legitimation verloren hat. Dennoch haben wir eine Einigung gefunden, dass wir daran arbeiten wollen, eine Übergangsregierung hinzubekommen. Es muss auch natürlich die Frage gestellt werden: Was kommt danach? Ich glaube, über diese Frage muss man sprechen. Über die haben wir gesprochen. Dazu wird im Kommuniqué der G8 gesagt: Wir lehnen alle gemeinsam terroristische Kräfte in Syrien ab, denn sie würden das Leid der Bevölkerung noch einmal vergrößern.

Jetzt kommt es darauf an, Schritt für Schritt zu versuchen, die verschiedenen Dinge zusammenzubringen. Denn es ist leider noch zu keiner gemeinsamen UN-Haltung im Sicherheitsrat gekommen, weil Russland noch nicht auf der Seite stand. Aber man darf auch nichts unversucht lassen - das haben wir im Rahmen von G8 getan -, immer wieder zu gucken, wo der gemeinsame Grund, die gemeinsame Basis ist, auf der wir auch mit Russland sprechen können. Darüber hinaus bleiben Teile, in denen wir einfach unterschiedlicher Meinung sind. Aber unsere politische Verantwortung heißt, immer wieder zu gucken, ob man ein Stück vorankommt.

Da, wenn wir nach Jordanien und in andere Länder gucken, die Situation in Bezug auf die Flüchtlinge und auch die Situation in der Region erkennbar immer instabiler wird, ist es, glaube ich, aller Mühe wert, zu schauen, dass wir gemeinsam aus dem Kommuniqué von gestern auch etwas machen, was dann den Menschen in Syrien direkt hilft.

Frage: Herr Präsident, in der Vergangenheit hat es unterschiedliche Meinungen zur Lösung der weltweiten Finanzkrise gegeben. Bundeskanzlerin Merkel möchte, dass die Defizite zurückgeschraubt werden, sodass es mehr Vertrauen in die Märkte gibt. Haben Sie darüber diskutiert? Was ist Ihre Position dazu?

Frau Bundeskanzlerin, die gleiche Frage auch an Sie: Hat die Situation in der Eurozone eine Rolle gespielt? Wollen Sie weiter an der Politik trotz der wirtschaftlichen Krise und des Niedergangs gerade in den südlichen Ländern der Eurozone festhalten?

BK'in Merkel: Vielleicht darf ich beginnen, weil Ihre Frage etwas insinuiert, was nun wirklich nicht mein Ansinnen ist.

Wir wollen Prosperität, wir wollen Wettbewerbsfähigkeit, wir wollen wirtschaftliche Stärke und natürlich den Abbau der Arbeitslosigkeit. Wir haben ausführlich darüber gesprochen. Ich habe noch einmal deutlich gemacht: Deutschland wird es auf Dauer nur gut gehen, wenn es auch Europa gut geht. Deshalb wäre es eine ganz falsche Herangehensweise, wenn wir jetzt von uns aus eine Politik betrieben, die unsere eigenen Exportländer, in die wir exportieren, schwächen würde.

Ich glaube nur, dass sich die Welt ändert und dass Europa nicht in allen Fragen nicht genug wettbewerbsfähig ist. Da ist die Haushaltskonsolidierung als ein Teil, aber nicht als der einzige zu nennen, sondern da sind Strukturreformen zu erwähnen. Der italienische Ministerpräsident hat bei dem G8-Gipfel darüber ausführlich gesprochen, was das für die jungen Leute bedeutet, was das für Arbeitsplätze für junge Leute bedeutet. Dennoch heißt die Aufgabe, dass wir, wenn 90 Prozent des weltweiten Wachstums außerhalb von Europa stattfindet, fähig sein müssen, Produkte herzustellen, die so wettbewerbsfähig sind, dass sie auch außerhalb Europas gekauft werden, dass sie genommen werden. Diesen Prozess müssen wir gestalten. Wir müssen Bürokratie abbauen, Strukturreformen durchführen, offener für Innovation und Forschung sein. Für Deutschland gesprochen: Wir müssen bezahlbare Energien haben, wenn ich sehe, wie sich die Energiepreise in den Vereinigten Staaten von Amerika entwickeln.

All das müssen wir leisten. Dazu gehört auch, insbesondere in einem Kontinent, der durchschnittlich älter wird, dass es uns gelingt, unsere Haushaltsdefizite zu reduzieren, damit wir heute nicht auf Kosten zukünftiger Generationen unseren Wohlstand aufbauen. Das ist mein Anliegen. Nur ein starkes Europa wird auch ein Europa sein, das Deutschland wirklich hilft. Insofern kann ich mir eine Zukunft ohne Europa für Deutschland gar nicht vorstellen. Deshalb sind das zwei Seiten derselben Medaille, nämlich dass Deutschland auf der eine Seite wettbewerbsfähig sein will und andere auch Wettbewerbsfähigkeit verbessern lassen will, und wir auf der anderen Seite in Europa alle zusammengehören. Deshalb haben wir auch schon viel Solidarität gezeigt. Auch darüber haben wir gesprochen.

P Obama: Wie Angela gesagt hat, möchten wir alle das Gleiche. Wir möchten, dass es Wirtschaftswachstum gibt - wenn man dazu bereit ist, hart zu arbeiten, wenn man die Möglichkeit hat, erfolgreich zu sein, wenn man einen Arbeitsplatz finden kann, von dem man auch leben kann, dass man im Rentenalter Würde erfährt, dass die Kinder gute Schulen besuchen können, dass das Gesundheitswesen auch bezahlbar ist. Wir müssen dies alles in einer Art und Weise tun, die, was die Haushaltssituation betrifft, weise ist, sodass es keine zusätzlichen Lasten für die Kinder und Enkelkinder gibt.

Fast alle Industrieländer haben mit diesen Herausforderungen auf irgendeine Art und Weise zu tun. Wir haben gerade die schlimmste Rezession seit vielen Jahren durchgemacht. Die gute Nachricht besteht darin, dass es in den Vereinigten Staaten einige Fortschritte gegeben hat. Wir haben eine Bankenstrukturreform durchgeführt. Das war auch ein Auslöser für viele dieser großen Probleme. Das Bankensystem ist jetzt sehr viel stärker. Die Aufsicht ist sehr viel strenger. Die Immobilienmärkte erholen sich. Es hat seit dreieinhalb Jahren Wirtschaftswachstum gegeben. Wir haben sieben Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen.

Aber wir müssen weitere durchführen. Wir müssen auch die Kompetenz unserer Arbeitskräfte verbessern. Wir müssen die Infrastruktur weiter ausbauen. Wir müssen weiterhin in Forschung und Entwicklung investieren. In allen Ländern weltweit gibt es eine Zunahme in Bezug auf Ungleichheiten. Wir müssen gewährleisten, dass es Aufstiegsmöglichkeiten für die Menschen gibt, die unten stehen, und dass Gewinne und Produktivität nicht nur denen zugutekommen, die ganz oben sind.

Was in den Vereinigten Staaten gilt, ist auch in Europa der Fall. Es gibt andere Probleme in Europa. Eine Herausforderung der Eurozone besteht auch darin, dass die Länder in unterschiedlichen Produktivitätsphasen sind und einige wenige bei den Strukturreformen weiter vorangeschritten sind als andere. Wir führen seit vier Jahren das Gespräch über dieses Thema. Es gibt auch kein Patentrezept. Wir müssen alle gewährleisten, dass die Haushaltssituation tragfähig ist. Wir müssen alle Strukturreformen durchführen, denn man muss in der heutigen Wirtschaft wettbewerbsfähiger sein. Wir müssen alle den Schwerpunkt auf das Wachstum legen und dabei auch gewährleisten, dass wir beim Streben nach weiteren politischen Zielen - ob es um Haushaltskonsolidierung, um Umstrukturierung der Arbeitsmärkte oder Reformen der Rentensysteme geht - langfristig gesehen das Hauptziel nicht aus den Augen verlieren, nämlich die Lebensumstände der Menschen zu verbessern. Wenn wir feststellen, dass die Jugendarbeitslosigkeit zu stark nach oben geht, müssen wir auch irgendwann unseren Ansatz ändern, sodass wir gewährleisten, dass eine Generation nicht verlorengeht, die sich eventuell nie davon erholt, was ihre berufliche Entwicklung betrifft.

Das war Diskussionsthema beim G8-Gipfeltreffen. Wir haben auch heute das Gespräch darüber fortgesetzt. Ich bin zuversichtlich, dass Deutschland bei diesem Prozess erfolgreich sein wird. Ich bin zuversichtlich, dass Bundeskanzlerin Merkel sich auch weiterhin dafür einsetzen wird, das europäische Vorhaben umzusetzen, die Eurozone aufrechtzuerhalten. Sie darf auch zuversichtlich sein, dass die Vereinigten Staaten von Amerika ihren Beitrag leisten werden, diese schwierige Phase zu überwinden, sodass wir in Zukunft auch eine Kraft für Wachstum und Wohlstand sein können. - Danke schön!

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 19. Juni 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/06/2013-06-19-pk-merkel-obama.html;jsessionid=12995C07B553693D046C505E6CF0F200.s1t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juni 2013